Wiesbaden stimmt ab über die City-Bahn

  • Am kommenden Wochenende (Sonntag, 1. November) stimmen die Wiesbadener darüber ab, ob sie in Zukunft mit einer Straßenbahn mobill sein können.

    Für die City-Bahn sprechen viele gute Gründe:

    - mehr Platz im ÖPNV

    - schnellerer ÖPNV

    - barrierefreier ÖPNV

    - Beitrag zur Verkehrswende

    - leise und sauber (keine Abgase wie Busse)

    Gegenwind hat die FDP entfacht, die sich als Statthalter der Autofahrerschaft aufspielt und seit Jahren gegen das Projekt Stimmung macht.

    Das hier steht zur Abstimmung:

      

    Oben das FDP-Plakat, darunter das Plakat der Partei Die Linke.

       

    Die Gegner der City-Bahn-Pläne schrecken nicht vor drastischen Vergleichen zurück. Obwohl der finanzielle Rahmen für das City-Bahn-Projekt im Vergleich zu Stuttgart 21 ehr im Promillebereich liegt.

    Darunter ein Plakat der City-Bahn-Befürworter aufgenommen auf Wiesbadens Hausberg, dem Neroberg, ein beliebtes Ausflugsziel der Wiesbadener.

  • Vom Graslutscher gibt’s auf Twitter einen lesenswerten Thread zu diesem Thema:

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  • Aus dem Faden auf Twitter gepickt: "Die Stadtbahn ist meist leiser als der Bus".

    Das hat mich erstaunt. Ich kenne die Tram als laut und quietschend und den Gleiskörper als ewiges Gekratze. Jetzt, wo Der Graslutscher es aber vorträgt: das sind definitiv Kindheitserinnerungen. Ich muss wirklich mal wieder einer Straßenbahn beim Vorbeifahren zuhören. Das kann sich durchaus massiv geändert haben.

  • Aus dem Faden auf Twitter gepickt: "Die Stadtbahn ist meist leiser als der Bus".

    Das hat mich erstaunt. Ich kenne die Tram als laut und quietschend und den Gleiskörper als ewiges Gekratze. Jetzt, wo Der Graslutscher es aber vorträgt: das sind definitiv Kindheitserinnerungen. Ich muss wirklich mal wieder einer Straßenbahn beim Vorbeifahren zuhören. Das kann sich durchaus massiv geändert haben.

    Bingo. Da dürften wir die Vorurteile haben, von denen viele - auch hier in Hamburg - geprägt sind, wenn sie Stadtbahn/Straßenbahn/Tram hören. Das ist, als wenn ein Ford Model T vor dem inneren Auge steht, wenn man "Tesla" oder "Prius" sagt.

    Das "kann" sich nicht nur geändert haben, das hat sich definitiv geändert! Ich durfte das in Paris, Strasbourg, Montpellier genießen ... und auch in Heilbronn und Karlsruhe.

  • Auf gerader weichenloser Strecke sind sie leise.

    Über regelmäßig genutzte Weichen rumpelt's schon ordentlich (leise Lösungen gibt es nur für sporadisch genutzte Weichen).

    Und in engeren Kurven quietscht es immer noch mehr oder weniger, auch wenn man stets experimentiert mit div. Lösungen.

    Aber an regelmäßige Geräusche gewöhnt man sich eigentlich besser, im Gegensatz zum eher unregelmäßigen Kfz-Verkehrslärm.

    Mag aber sein, dass es in Orten mit einfachen Tramsystemen besser klappt als in Orten mit Kompromissprofilen für Tram- und Eisenbahneinsatz ...

    Gruß aus Karlsruhe

  • Bingo. Da dürften wir die Vorurteile haben, von denen viele - auch hier in Hamburg - geprägt sind, wenn sie Stadtbahn/Straßenbahn/Tram hören. Das ist, als wenn ein Ford Model T vor dem inneren Auge steht, wenn man "Tesla" oder "Prius" sagt.

    Das "kann" sich nicht nur geändert haben, das hat sich definitiv geändert! Ich durfte das in Paris, Strasbourg, Montpellier genießen ... und auch in Heilbronn und Karlsruhe.

    So schlecht, wie es gerne hingestellt wird, war die Straßenbahn nie. Vielmehr gab es stets eine fortschreitende Entwicklung.

    In Hannover (und vielen, vielen anderen Städten, auch kleinen Städten) begann es mit einer Pferdebahn. Dann wurde noch im vorletzten Jahrundert der erste Pferdebahn-Wagen mit E-Motor ausgestattet.

    Hier ein Bild von ener Tramparade mit historischen Fahrzeugen:

    https://fahrtenbuch.uestra.de/wp-content/upl…himUhlenhut.jpg

    Der Fahrgstraum war 4,00 m lang und 2,20 m breit mit Plattformen 6,40 m.

    Es gab 16 Sitzplätze und 14 Stehplätze.

    Die modernen TW3000-Fahrzeuge von heute sind als Drewagenzug 75 m lang und 2,65 m breit.

    Als Dreiwagenzug passen über 500 Menschen da rein!

    Und auch in Wiesbaden solle ähnlich große Fahrzeuge an den Start gehen.

    Aber die Stadt hat eine unrühmliche Tradition:

    Wiesbaden hat schon vor dem zweiten Weltkrieg sein gut funktionierendes Straßenbahnnetz abgebaut, um Platz zu schaffen für den Autoverkehr. Der ÖPNV wurde auf Busse umgestellt. Aus den meisten anderen deutschen Städten wurde erst nach dem zweiten Weltkrieg die Straßenbahn verbannt. In ostdeutschen Städten nicht. Nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen hat man dort am Straßenbahnbetrieb festgehalten.

    Immerhin führte das massive Omnibusaufkommen dazu, dass Wiesbaden die erste Stadt in Deutschland gewesen ist, die eine Busspur eingerichtet hat.

    "Die Busspur ist 50 Jahre alt

    Die Stadt Wiesbaden schreibt am 1. September 1968 verkehrspolitisch Geschichte und ruft die Busspur ins Leben."

    Wiesbadener Kurier vom 1.9.2018

    https://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesba…re-alt_19038462

    Langer Rede kurzer Sinn:

    Das Straßenbahnbashing feiert in Wiesbaden fröhliche Urständ und ich hoffe eine Mehrheit der Wiesbadener Bürger lässt sich nicht von den vielen Falschbehauptungen und der Polemik gegen die Straßenbahn beeinflussen.

    Die Namen für die Straßenbahn, die heute so grassieren, zeigen, dass es tatsächlich so ist, dass der Straßenbahn ein schlechter Ruf angehängt wurde, dem man durch eine Neubenennung entfliehen will.

    In vielen Städten heißt die Straßenbahn heute Stadtbahn. In Wiesbaden wird der Begriff City-Bahn benutzt.

    In Wiesbadens Nachbarstadt Mainz, bekannt durch die Mainzelmännchen aus den ZDF-Werbeblöcken, wurde eine Neubaustrecke sogar Mainzelbahn getauft.

  • "Stadtbahn" wurde als Bezeichnung für Systeme entwickelt, bei denen die Bahn in der Innenstadt unter die Erde verlegt wurde - Beispiel Stuttgart, Frankfurt, Ruhrgebiet. Da hängen dann auch "U"-Schilder.

    Die begriffliche Camouflage betrifft Städte wie Hamburg, wo alles oberirdisch laufen sollte.

  • Zum Beispiel die Verkehrsbetriebe in Erfurt (EVAG) bezeichnen die Straßenbahn, die sie betreiben, als Stadtbahn. "Wir sind auch in Zeiten der Corona-Pandemie für unsere Fahrgäste da! Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben ihr Bestes, um den Betrieb mit Stadtbahnen und Bussen sicherzustellen." https://www.evag-erfurt.de/evag/coronamassnahmen

    Und die fährt nicht unterirdisch.

    Ursprünglich, das weiß ich aus Hannover, gab es den etwas sperrigen Begriff Unterpflasterstraßenbahn für unterirdisch verkehrende Straßenbahnen.

  • Nach dem bisherigen Zwischenstand lehnten zwei Drittel der Wähler die Bahn ab: Abstimmung der City-Bahn: Der Zwischenstand

    Nun ja. Ein Beispiel dafür, wie in Zeiten wie diesen Projekte für die Verkehrswende ablaufen.

    Edit: Interessant ist die Verteilung von Befürwortern und Gegnern der City-Bahn. Ich denke, ich tue niemandem Unrecht, wenn ich behaupte: In der Innenstadt wohnen die Menschen, die unter der Verkehrslawine leiden und gerne bessere öffentliche Verkehrsmittel hätten, weiter außen wohnen all jene, die angeblich aufs Auto angewiesen sind und sich gar nicht vorstellen können, auf andere Wege in die Innenstadt zu kommen.

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  • Vom Graslutscher gibt’s auf Twitter einen lesenswerten Thread zu diesem Thema:

    Und auch einen ausführlichen Beitrag auf seiner Website: Der Verkehrswende-Brexit von Wiesbaden, powered by FDP

    Der Wiesbadener Merkurist hat in den letzten Tagen dutzende Artikel zu dem Thema veröffentlicht, die größtenteils auch auf Facebook zur „Diskussion“ freigegeben wurden. Während sich die Kommentatoren zu Beginn noch freuten, dass die blöden Nicht-Autofahrer und die doofen Grünen verloren hatten, stellt sich so langsam heraus, dass es ohne die Bahn auch nicht viel besser wird, weil hinsichtlich der Kapazität einer Straße irgendwann die physikalischen Grenzen erreicht sind.

    Aber so ist es nunmal mit demokratischen Entscheidungen: Die Wiesbadener werden auch die nächsten Jahrzehnte mit überfüllten Straßen leben müssen. Und die Gegner der City-Bahn waren ja ohnehin wie in den 1960er Jahren der Überzeugung, dass ein Dieselbus viel besser als eine Straßenbahn ist und „den Verkehr“ nicht behindert.

    Allerdings habe ich nur geringe Hoffnung, dass ein ähnlicher Entscheid in anderen Städten positiv beschieden würde. In Hamburg soll irgendwie eine Stadtbahn kommen, in Kiel eine StadtRegionaBahn, aber beide Projekte wurden schon mehrfach aufgrund der Kosten oder Verkehrsbehinderungen abgesagt und wieder neu belebt und wieder abgesagt — und wenn es irgendwann einmal zur Abstimmung käme, ginge es nicht um eine Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs, sondern nur um die Behinderungen des Kraftverkehrs und die so genannte Parkplatzvernichtung und so weiter und so fort. Komplexe Sachverhalte sind nunmal nicht auf eine Ja-Nein-Antwort zu reduzieren.

  • Ob schon jemand durchgerechnet hat, was es brächte, wenn man Städte so Simpsons-like (S09E22-Trash of Titans) einfach komplett umzieht. 20km weiter alles gleich aufbaut - aber nach Stand der Technik :D

    Wenn man mal schaut, wie oft Straßen (auch gerade saniert) aufgerissen werden, um die Infrastruktur im 2.Level zu reparieren oder neu zu machen...

    Einfach 20km alles auf dem Reißbrett planen. Leerrohre usw. rein. Das hält 100 Jahre.

    Dann hat alles seine beste Zeit hinter sich und plant erneut am Reißbrett für den nächsten Umzug :D

  • Im Gegensatz zu Wiesbaden baut Karlsruhe ja das Prinzip "Straßenbahn" weiter kräftig aus. Als ich mit 18 also 1990 Karlsruhe verließ fuhr die Straßenbahn bis Bad Herrenalb und Knielingen. Nun kommt man durch den halben Schwarzwald und in den Kraichgau. Das Karlsruhe nun seit 2010 eine gigantische Baustelle ist, da man in der Innenstadt die Straßenbahn nun unterirdisch führt, steht auf einem anderen Blatt. Nächstes Jahr soll das fertig sein? Guck ich mir dann bei einer Familienfeier an.

  • Ja sie ist praktisch. Ähnliches vom Aufbau fand ich in keiner anderen deutschen Großstadt.

    Überall sonst in ähnlich großen Städten ist man irgendwann am Hauptbahnhof am Umsteigen. Schade drum dass die Wiesbadener diese Chance vertan haben. Die Hamburger Stadtbahn ist leider ein Hirngespinst der Grünen dass mehr Widerspruch als Konsens findet. Der "Pöbel" in HH kann ja mit den schnellen Metrobussen (lol) von Bramfeld Richtung City fahren. Für die vergleichsweise viel weniger Bewohner der neuen Hafencity hatte man gleich die U4 mit in der Planung

  • Warum meinst du, die Hamburger Stadtbahn sei ein Hirngespinst?

    Hamburg erlebe ich immer wieder als eine mit Autos vollgestopfte Stadt.

    Autos raus, Stadtbahn rein. Und zwar eine oberirdische Stadtbahn. Platz genug ist dafür auf Hamburgs Straßen. Und dabei müssten gar nicht mal alle Autos raus, um Platz zu schaffen für die Stadtbahn.

    Schon in einem einzigen Stadtbahnzug passen rund 500 Menschen. Als die alle noch mit dem Auto gefahren sind (so wird es hoffentlich einmal bald in Hamburg heißen), ergab das eine Autoschlange von rund 15 km!

    Rechnung: 5m (Autolänge) + 25m (Sicherheitsabstand bei Tempo 50) = 30m.

    30 m x 500 = 15.000 m = 15 km (sic!)

    Es müssen also gar nicht alle Autos raus, denn eine Stadtbahn braucht längst nicht so viel Platz wie Autos. Leider wird in der Propaganda oft so getan, als wollten diejenigen, die eine Stadtbahn bauen, alle Autos verbannen.