Einsatzorte von Zeichen 277.1

  • Die 54. Änderungsverordnung zur Straßenverkehrs-Ordnung, sofern wir denn von ihrer Gültigkeit ausgehen, brachte uns ja das lustig aussehende Zeichen 277.1 „Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen“.

    Auf Twitter kursieren seit einiger Zeit Fotos von dem neuen Verkehrszeichen aus dem Stuttgarter Raum, wobei ich mir nicht sicher bin, welche davon echt oder gefälscht sind. Das hier scheint echt zu sein:

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    Diese hier wohl auch:

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    Ein paar andere halte ich wiederum für Photoshop-Arbeiten aus dem Drucker.

    Die Böblinger Straße in Stuttgart bin ich allerdings auch schon mal mit dem Rad hinaufgeschnauft. Das ist alles andere als angenehm, man wird auf diesem engen Schutzstreifen eingeklemmt, bei etwas mehr Abstand zu den parkenden Kraftfahrzeugen noch enger überholt, bei noch mehr Abstand zu den parkenden Kraftfahrzeugen von hinten angehupt und überdies geht’s auch noch unablässig den Berg hoch.

    Wir hatten hier doch vor einigen Jahren mal eine Faustregel für Schutzstreifen entwickelt: Wo die Fahrbahn breit genug für Schutzstreifen ist, braucht man keine Schutzstreifen. Wo sie zu eng ist, sind Schutzstreifen ohnehin nicht zulässig. Nun kann ich mir vorstellen, dass das Radfahren auf der Böblinger Straße ohne Schutzstreifen noch unangenehmer ist als in der jetzigen Form, bei der dem Kraftfahrer wenigstens signalisiert wird, dass die Anwesenheit von Radfahrern grundsätzlich mit rechten Dingen zugeht.

    Aber grundsätzlich denke ich mir, dass hier eine ähnliche Regelung greift: Wo Zeichen 277.1 aufgestellt wird, wäre das Überholen von einspurigen Fahrzeugen ohnehin unzulässig — dort müssten die in § 5 Abs. 4 StVO definierten Überholabstände genügen. Nun ist es bekanntlich illusorisch, dass diese Abstände beim Überholen eingehalten werden, aber ich mag nicht so richtig glauben, dass Zeichen 277.1, sofern es denn am Lenkrad überhaupt wahrgenommen wird und bekannt ist, an dieser Problematik etwas zu ändern vermag.

    Insofern meine Frage: Gibt es denn irgendwo Strecken, auf denen grundsätzlich Radfahrer mit dem vorgeschriebenen Abstand überholt werden können, aus irgendeinem Grunde aber dennoch die Aufstellung von Zeichen 277.1 angezeigt wäre?

  • bei der dem Kraftfahrer wenigstens signalisiert wird, dass die Anwesenheit von Radfahrern grundsätzlich mit rechten Dingen zugeht.

    Das ginge auch prima mit Piktogrammspuren und die so mittig, dass die Radler so radeln, dass Überholen unmöglich ist ...

    Wo Zeichen 277.1 aufgestellt wird, wäre das Überholen von einspurigen Fahrzeugen ohnehin unzulässig

    Das könnte in der Tat ein Problem werden ...

  • Insofern meine Frage: Gibt es denn irgendwo Strecken, auf denen grundsätzlich Radfahrer mit dem vorgeschriebenen Abstand überholt werden können, aus irgendeinem Grunde aber dennoch die Aufstellung von Zeichen 277.1 angezeigt wäre?

    Ganz spontan fällt mir da nur die kurvige Landstrasse agO durch den Wald ein, die zwar grundsätzlich breit genug ist, auf der aber kurvenbedingt die Sicht nicht ausreicht

  • Das Redundanz-Beschilderungsverbot nach § 45 Abs 3 StVO lässt doch das Aufstellen von Verkehrszeichen zu, solange zwingende Gründe vorliegen, die Sicherheit gefährdet ist.

    Auf Straßen agO stehen viele Überholverbot-Zeichen vor Kuppen und Kurven. Eigentlich überflüssig, weil die StVO ja schon davon spricht, dass an unübersichtlichen Stellen nicht überholt werden darf. Aber offensichtlich hat man auch dort die Beschränkung des fließenden Verkehrs nochmal direkt per VZ deutlich gemacht, weil es - aus Gründen - geradezu notwendig war.

    An deppert geplanten Schutzstreifen wie in Stuttgart (oder Hamburg, Bebelallee) ist de facto nach StVO das Überholen von Rad Fahrenden allgemein nicht erlaubt, da der nötige ausreichende Seitenabstand nicht eingehalten werden kann.

    Die Realität sieht anders aus. Rad Fahrende werden sehr wohl überholt, dabei gefährdet. Um diese Gefahrenlage so weit möglich zu reduzieren, kann meiner Meinung nach das neue VZ dennoch angeordnet werden.

  • Das Problem sehe ich auch eher darin, dass die Leute glauben könnten, dass man Radfahrer überall überholen darf, wo das VZ 277-1 nicht steht. Verstöße gegen allgemeine Verkehrsregeln (z.B. Sichtfahrgebot, Überholverbot an unübersichtlichen Stellen, ...) werden ja quasi nie sanktioniert, sondern allenfalls bei einem Unfall berücksichtigt.

  • Das Problem sehe ich auch eher darin, dass die Leute glauben könnten, dass man Radfahrer überall überholen darf, wo das VZ 277-1 nicht steht.

    Das Problem hat man aber bei vielen Sachen im Radverkehr:

    Man muss nur in Fahrradstr. auf Radler aufpassen,

    beim Abbiegen muss man nur bei roter Furt aufpassen,

    ...(Fortsetzung folgt ...)

  • Naja:

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    Wie toll das Überholverbot funktioniert, sieht man ja an dem weißen Kraftfahrzeug, das mutmaßlich gerade zum Überholen ansetzt. Ich mag auch nicht glauben, dass ein nennenswerter Anteil an Kraftfahrern dort artig hinter dem bergauf kurbelnden Radverkehr bleiben wird. Vielleicht bringt so mancher das Zeichen 277.1 ohnehin in Einklang mit der dort aufgepinselten Infrastruktur, weil ja quasi jeder auf seinem Straßenteil bleibt?

    Ansonsten hätte es auch abseits der momentan dort eingerichteten Arbeitsstelle noch Optimierungspotenzial gegeben. Das parkende Kraftfahrzeug hier vorne im Bild steht auch ungünstig weit im Schutzstreifen drin, da dürfte der Spiegel bestimmt lockere zwanzig Zentimeter zu weit nach links reichen. Auch ohne den Spiegel ist der Schutzstreifen eher die Markierung der Door-Zone. Hätte man die Parkplätze entfernt, gäbe es auch kein Platzproblem — aber halt auch keine Parkplätze.

  • Vielleicht bringt so mancher das Zeichen 277.1 ohnehin in Einklang mit der dort aufgepinselten Infrastruktur, weil ja quasi jeder auf seinem Straßenteil bleibt?

    Mal abgesehen davon, dass ein Schutzstreifen mit dünner Strichlinienmarkierung kein Radfahrstreifen ist (dicke durchgezogene Markierung). Bei einer Schutzstreifen-Markierung verbleibt eben nicht jeder auf seinem Straßenteil sondern es wird eine Fahrbahn gemeinsam benutzt. Aber da hast du ganz recht, wer weiß dass schon. Und leider gibt es auch Radfahrstreifen die sehr schmal sind. Trotzdem halte ich breite Schutzstreifen mit breitem Abstandsstreifen (im gezeigten Beispiel leider nicht gegeben) an stark befahrenen Straßen für besser als gar keine Radverkehrswege-Markierung.

    Unabhängig davon gilt die Schutzstreifen-Markierung im Beispiel nicht, denn es ist eine gelbe durchgezogene Baustellenlinie aufgebracht worden. Leider hat es den Radfahrer im Bild nicht dazu bewogen fahrbahnmittig zu fahren.