Die dreistesten Unfallursachenausreden

  • Moin, wenn ihr schon die Seefahrt heranzieht, dann auch richtig. Die Einführung des Kollisionsverhütungsradar ( ARPA) hat zu keiner Verringerung der Seeunfälle geführt, da die Risikobereitschaft gestiegen ist. Und die wichtigste Regel ist Segelfahrzeuge haben immer "Vorfahrt". Einzige Ausnahme, sie queren das Fahrwasser. Theoretisch muss eine 400m Containerinsel sogar einem Surfbrett ausweichen. Inwiefern das möglich ist steht auf einem anderen Blatt. Aber diese Regel gehört in den Straßenverkehr. Muskelkraft geht vor Motorkraft und alle Diskussionen sind vorbei.

    Gruß Delle

    Das habe ich auch häufiger schon über ABS und ESP gelesen. Deshalb sollte man keineswegs blind darauf vertrauen, dass ein Assistenzsystem wirklich hält, was es verspricht. Und auch damit rechnen, dass es das Autofahren (Schifffahren) vielleicht sogar noch gefährlicher machen könnte. Deshalb reicht es auch nicht einfach nur die Assistenzsysteme zu ersinnen, herzustellen und einzubauen, ohne solche Fragen mit zu bedenken wie die, welche zusätzlichen Gefahren möglicherweise heraufbeschworen werden.

    So frage ich mich manchmal, ob die Einführung der Sicherheitsgurte (ebenfalls ein Sicherheitssystem, dessen Nutzung von heutigen Autos in der Regel sogar durch Piepstöne eingefordert wird, in Verbindung mit einer Sitz-Belastungs-Elektronik) möglicherweise zu einer deutlichen Beschleunigung des Autoverkehrs mit nachteiligen Folgen für den Autoverkehr geführt hat.

    Aber es wäre auch fatal, die Assistenzsysteme in der Berichterstattung über Unfälle einfach unerwähnt zu lassen. Dass der Fahrer trotz aller Assistenzsysteme immer noch selbst die Verantwortung trägt, schließt ja nicht aus, dass Assistenzsysteme ihn wesentlich dabei unterstützen können, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Ein Kapitän jedenfalls dürfte ganz wesentlich davon profitieren, dass zahlreiche Assistenzsysteme seine Arbeit unterstützen. Vielleicht muss gezielt nachgeschult werden, um zu verhindern, dass Assistenzsysteme für besonders riskante Fahrmanöver missbraucht werden. Eine technische Lösung, um das einzudämmen, ist die "Blackbox", die ebenfalls Vorschrift wird beim Neuwagenverkauf. So was wie eine Blackbox in Flugzeugen gibt es doch bestimmt auch auf großen Schiffen?

  • Sie verlagern hier die Schuld eines Menschen ohne Rücksicht auf technologische Möglichkeiten und die Verantwortung des Bedieners in ein mysteriöses "die Technik wars". Das ist ein unverantwortliches, unentschuldbares Verhalten gegenüber den Menschen, die andere Menschen gefährden, verletzen und umbringen.

    Sie beschreiben hier sehr genau eine der Gefahren, die daraus entstehen, wenn Fahrassistenzsysteme dem Fahrer dabei helfen, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Denn es ist natürlich nicht auszuschließen, dass das Assistenzsystem versagt, der Fahrer aber auf die hundertprozentige Funktionssicherheit des Assistenzsystems vertraut. Kommt es deswegen zu einem Unfall, könnte der Fahrer versucht sein, seine Verantwortung abzuwälzen auf das Versagen des Assistenzsystems.

    Das haben auch die Autoproduzenten längst erkannt. Hier ein Zitat aus einer mercedes-Produktbeschreibung mit Bezug auf den Ausstiegsassistenten:

    "Die Ausstiegswarnung ist nur ein Hilfsmittel und kann die Aufmerksamkeit der Fahrzeuginsassen nicht ersetzen. Die Verantwortung beim Öffnen der Türen und beim Verlassen des Fahrzeugs liegt stets bei den Fahrzeuginsassen."

    https://moba.i.daimler.com/baix/cars/177.0_mbux-high_2018_a/de_DE/page/ID_680f413b4fde9a2b354ae36578d07aff-3f9c030daa093869354ae36528c4d931-de-DE.html#

    Andererseits bieten Assistenzsysteme selbstverständlich immense Vorteile. Und wenn alles gut geht, dann verhindert zum Beispiel der Ausstiegsassistent ein gefährliches Öffnen der Tür.

    "Radfahrer fährt gegen geöffnete Autotür

    Nördliche Innenstadt, Friedrich-Ebert-Straße Potsdam

    Kategorie Verkehrsunfall Datum 07.01.2021

    Ein 58-jähriger Radfahrer war am Mittwochmittag auf der Friedrich-Ebert-Straße in Richtung Nauener Tor unterwegs. Als er an einem geparkten PKW vorbeifuhr, öffnete dessen 61-jähriger Fahrer unvermittelt die Autotür. Der Radler konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen oder ausweichen und es kam zum Zusammenstoß. Der 58-Jährige stürzte und zog sich leichte Verletzungen zu."

    Quelle. https://polizei.brandenburg.de/pressemeldung/…-autotu/2359568

    Das Wahrscheinlichste und Beste was passieren kann, wenn alle PKW mit guten Ausstiegsassistenten ausgestattet sind, ist, dass wir solche Berichte wie den oben zitierten, nicht mehr lesen müssen, weil diese Unfälle dann nicht mehr passieren. Und dann stellt sich auch nicht mehr die Schuldfrage bei einem Dooring-Unfall. Bis es so weit ist, werden aber sicher noch Dooring-Unfälle passieren. Und es wäre eigentlich an der Zeit, dass die Presse endlich aufwacht und im Falle von Dooring-Unfällen darüber berichtet, ob ein Ausstiegsassistent den Unfall hätte verhindern können und wie der Ausstiegsassistent funktioniert.

    Die Forderung des ADFC ist: "Um Dooring-Unfälle zu verhindern, müssen Kraftfahrzeuge mit automatischem Stopp-System für Autotüren ausgestattet werden, die das Öffnen kurz vor und während des Vorbeifahrens eines Radfahrenden verhindern."

    ADFC-Berlin vom 13. März 2018

    https://adfc-berlin.de/radverkehr/sic…verhindern.html

    Leider wurde die Gesetzgebung, die unter anderem den Ausstiegsassistent ab 2022 vorschreibt, nicht dem Wunsch des ADFC entsprechend formuliert. Es genügen auch weniger anspruchsvolle Varianten eines Ausstiegsassistenten die lediglich akustisch und optisch warnen. Schade :(

  • Boa Ei. Das steht da überhaupt nicht. Im von Ihnen verlinkten Artikel zur Costa Concordia wird richtigerweise die "Steuerung des Schiffes" als entscheidender Fehler bezeichnet. NICHT, wie Sie frecher- und unrichtigerweise behaupten, das Abschalten des Navigationssystems.

    Vielleicht haben Sie das nicht genau gelesen was ich geschrieben habe? Vielleicht hatten Sie auch Probleme, die Quelle aufzufinden, die ich genannt hatte? Hier ist noch mal die Quellenangabe:

    risknet.de vom 31.3.2014: Ursachenanalyse und Risikoanalyse der Humanfaktoren - Die Havarie der Costa Concordia

    Link zu der Quelle: https://www.risknet.de/themen/risknew…osta-concordia/

    In diesem Bericht wird eine ganze Kette von Fehlentscheidungen des Kapitäns bei der Steuerung des Schiffes aufgezählt. Darunter das Umgehen mehrerer üblicher Sicherheitsvorkehrungen. Und dann kommt diese Stelle in dem der Bericht aussagt: "Es war der entscheidende Fehler in der Kette der Ereignisse. Die nach den begangenen Fehlern noch vorhandenen Barrieren (INS-Navigationssystem) wurden teils außer Kraft gesetzt." Damit entlaste ich doch nicht den Kapitän, wenn ich auf diese Passage in dem Unfallbericht hinweise, wie Sie behaupten.

    Allerdings hätte möglicherweise die Havarie nicht stattgefunden, wenn der Kapitän bzw. die Führungscrew nicht auch noch nach all den anderen vorangegangenen Fehlern wenigstens das beschriebene INS-Navigationssystem beachtet hätte. Das ist vergleichbar damit, dass ein LKW-Fahrer beim Rechtsabbiegen einen Fußgänger verletzt und sich bei der Unfalluntersuchung herausstellt, dass ein oder mehrere der vorgeschriebenen Außenspiegel defekt waren oder nicht richtig eingestellt waren. Oder vom Fahrer nicht beachtet wurden. Waren aber alle Spiegel intakt und hatte der Fahrer sie alle beachtet, dann wäre der Unfall möglicherweise gar nicht passiert.

    Die Kapitäns-Schuldfrage übertragen auf den LKW-Fahrer: Alle Außenspiegel waren kaputt oder falsch eingestellt und der Fahrer hatte zwar einen Abbiegeassistenten in seinem Fahrzeug, aber den hatte der Fahrer außerdem noch ausgeschaltet.

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (16. Mai 2021 um 12:37) aus folgendem Grund: Verbesserung Grammatikfehler, Verständlichkeit

  • Auch irgendwie passend zum Thema:

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  • Auch irgendwie passend zum Thema:

    Nun denn, da Du das ohne weitere Einordnung hier stehenläßt, gibt es meinen Twitter-Kommentar von gestern auch hier nochmal:

    Da die sichere Radinfrastruktur bereits da ist (Fahrbahn), muß man, um diese für den Radverkehr unbrauchbar zu machen, Radwege bauen und diese mit Blauschildern (VZ 237, 240 oder 241) ausstatten. Darüber denken Behörden tatsächlich ständig nach.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Einen ganzen Strauß von Unfallursachenausreden bei LKW-Abbiegeunfällen stellt die Fachzeitschrift eurotransport.de zur Verfügung:

    eurotransport.de vom 7.6.2018, Wer schützt die Lkw-Fahrer?

    vom 7.6.2018

    https://www.eurotransport.de/artikel/jans-b…r-10177850.html

    Der physische Schutz ist ja beim LKW-Fahrer gegenüber einem Fahrradfahrer oder Fußgänger in der Unfallopfer-Rolle in jedem Fall schon mal hinreichend gegeben. Der Autor meint wohl mehr einen psychischen Schutz. Nach seinen Angaben führt ein Abbiegeunfall bei dem ein LKW-Fahrer einen Fußgänger schwer verletzt oder tot fährt, nicht selten dazu, dass ein Fahrer seinen Beruf nicht mehr ausüben kann.

    Zum Ende des Aufsatzes hin versteift sich der Autor sehr stark auf die Empfehlung eines elektronischen Außenspiegels: "Nach jedem schlimmen Unfall ertönen reflexartig die Forderungen nach der gesetzlichen Pflicht für einen radargestützten Abbiegeassistenten, den derzeit nur Daimler anbietet und sich als Sonderausstattung bezahlen lässt. Dabei ginge es viel schneller und einfacher – mit Kamerasystemen wie Cornereye, mit dem etwa die Spedition Berners aus Euskirchen ihre Lkw nach und nach ausstattet. Mit so einem System für rund 1.200 Euro hätte der Unfall in Hamburg durch den Blick über einen großen Bildschirm in den "toten Winkel" auch direkt vor dem Lkw (siehe Bild) wahrscheinlich nicht passieren müssen." Hier der Link zum Bild: https://imgr2.eurotransport.de/image-articleD…ae30-302877.jpg

    Nach Angaben des Herstellers ist "Corner Eye als Ersatz für Rampenspiegel und Frontspiegel zugelassen: "Das Kamera-Monitor-System CornerEye ist als Ersatz für Rampen- und Frontspiegel zugelassen." https://www.orlaco.de/cornereye#r

    Aber "Corner Eye" ist kein Ersatz für einen Abbiegeassistenten. Leider wird in dem Artikel in Eurotransport.de genau dieser Eindruck erweckt: Corner Eye wird sogar vom Autor als schnellere und einfachere Lösung im Vergleich zu einem Abbiegeassistenten gelobt.

    Nun gut, der Artikel ist von 2018 und die Abbiegeassistentenpflicht kommt langsam: "Ab 2022 sollen Abbiegeassistenten EU-weit verpflichtend für alle neuen Fahrzeugtypen eingeführt werden, ab 2024 für alle neu zugelassenen Lkws und Busse." aus: mdr.de vom

    17.11.2020: Abbiegeassistenten für Lkw kommen - aber nur langsam

    Ironie ein: X/ Aber wozu überhaupt einen Abbiegeassistenten, wenn nach Auffassung der Fachpresse, ohnehin ein Kamerasystem die überlegene Unfallverhütungsmaßnahme darstellt. :rolleyes: Ironie aus.

  • Der Pressesprecher der Stader Polizei könnte direkt auch als Strafverteidiger arbeiten.

    Zitat

    Der Mann hatte mit seinem Fahrrad einen Müllwagen überholt und war vor diesem, gerade zu dem Zeitpunkt als dieser wieder anfuhr, eingeschert.

    Für den 45-jährigen-Fahrer des schweren Fahrzeuges aus Wischhafen war der E-Bike-Fahrer dabei offensichtliche im toten Winkel und konnte nicht gesehen werden.

    80-jähriger E-Bike-Fahrer bei Unfall in Freiburg/Elbe schwer verletzt

  • Hier einmal schematisch die Sichtbereiche der verschiedenen Spiegel. Eine Besonderheit bei dem Unfall ist, dass der LKW ein Rechtslenker ist. Der Frontspiegel und der Rampenspiegel sind daher auf der linken Fahrzeugseite angebracht. Anstatt vom Toten Winkel zu schreiben, sollte man besser von "Blinden Flecken" sprechen. Die gibt es tatsächlich, z.B. hinter den A-Säulen und Spiegeln, oder auch in dem Bereich außerhalb der Einsehbarkeit durch den Rampenspiegel, bevor man wieder im direkten Sichtbereich auftaucht. Bei LKW von MAN sind die Unterkanten der Seitenscheiben recht hoch und daher sind kleine Personen in dem Bereich, wo sie nicht mehr im Weitwinkelspiegel erkennbar sind, bis sie im Frontspiegel oder im direkten Sichtfeld vor dem LKW auftauchen, nicht zu sehen.

    Dennoch muss der Radfahrer natürlich kurz vorher im Rückspiegel und im Weitwinkelspiegel sichtbar gewesen sein, wenn er den LKW überholt hat.

  • 360°-Kamerasysteme sind mittlerweile für beinahe jede Fahrzeugklasse verfügbar.

    Was daran so schwer sein soll, diese standardmäßig in Schwer-KFZ einzubauen, die vorwiegend oder ausschließlich im Stadtgebiet unterwegs, ist für mich unverständlich. Zumal die Verzerrung bei hoher Anbringung deutlich geringer ausfällt, als bei der Platzierung an der Unterkante Außenspiegel im PKW und so ein größerer Bereich sicher dargestellt werden könnte.

  • 360°-Kamerasysteme sind mittlerweile für beinahe jede Fahrzeugklasse verfügbar.

    Was daran so schwer sein soll, diese standardmäßig in Schwer-KFZ einzubauen, die vorwiegend oder ausschließlich im Stadtgebiet unterwegs, ist für mich unverständlich. Zumal die Verzerrung bei hoher Anbringung deutlich geringer ausfällt, als bei der Platzierung an der Unterkante Außenspiegel im PKW und so ein größerer Bereich sicher dargestellt werden könnte.

    Warum sind diese Kamera-Systeme kein vorgeschriebenes Ausstattungs-Merkmal für LKW? Es wird ja ab 2022 der Abbiegeassistent vorgeschrieben sein. Wer genau hat es versäumt, diese 360°-Kamerasysteme als festen Bestandteil eines Abbiegeassistenten vorzuschreiben?

  • Auch wenn das Satzzeichen nicht ganz dazu passt, lese ich in DMHHs Beitrag einen Imperativ.

    Er persönlich erwartet folglich keine Antwort vom Ministerium. ;)

    Wie erklärst du dir dann, dass diese 360°-Kamerasysteme, die mittlerweile für beinahe jede Fahrzeugklasse verfügbar sind, so selten eingebaut werden?

    Und woran liegt es, dass diese Kamerasysteme nicht vorgeschrieben werden, wenn sie so gut sind?

    Außerdem erwarte ich, dass ein verbessertes Modell Pflicht wird, das mit Hilfe einer Software, die die Kamerabilder auswertet, Fußgäner*innen und Radfahrer*innen erkennt, und dann warnt, wenn es zur Gefährdung kommen kann, und dann auch eine Notfallbremsung vornehmen kann.

  • Da wird mal wieder jedes Vorurteil erfüllt: Radfahrerin hält sich nicht an die Regeln, trägt keinen Helm und verursacht einen Verkehrsunfall: Radfahrerin kracht ohne Helm gegen Auto und wird schwer verletzt

    Was eigentlich wirklich geschah: Zusammenstoß zwischen Pkw und Radfahrerin - Radfahrerin schwer verletzt

    Die Radfahrerhin war hier offenbar auf einer Vorfahrtstraße unterwegs.

  • Beitrag von krapotke (8. Juni 2021 um 12:54)

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht (5. Januar 2023 um 10:12).