Hamburg - Unfälle mit Radfahrern

  • Mutmaßung anhand des Bilds:

    Rechtsabbiegender LKW aus dem Veddeler Bogen in den Georgswerder Bogen,

    Radfahrer auf Radfurt geradeaus vom Veddeler Bogen zum Niedergeorgswerder Deich.

    Polizeimeldung ist raus. Demnach tatsächlich Radweg-Rechtsabbieger*, weil erstens beide aus der selben Richtung kamen und zweitens sich die Pressemeldung darüber wundert, dass beide an der Ampel Grün gehabt hätten (und damit zu erkennen gibt, dass einmal mehr der Berichterstatter das Problem nicht mal ansatzweise erkannt hat).

    *) erst der sechste deutschlandweit im ersten knappen halben Jahr 2023

  • Auch wenn es dort keine Radwegbenutzungspflicht gibt, bin ich mir recht sicher, dass die stark untermaßigen Radwege von vielen Fahrradfahrenden benutzt werden.

    Es muss einfach mehr dafür getan werden, dass abbiegende PKW keine Fahrradfahrende zu Fall bringen oder sogar Todesopfer zu beklagen sind. Auch dann nicht, wenn Fahrradfahrende untermaßige Hochbordradwege benutzen. Für LKW gilt ja bereits Schrittgeschwindigkeit beim Abbiegen, was leider von vielen LKW-Fahrenden ignoriert wird. Außerdem gibt es den Abbiegeassistenten. Diese Assistenzsysteme sind zu verbessern, aber nicht nur in dem Sinne, dass sie den LKW-Fahrenden dabei helfen, die Verkehrssituation zu überschauen, sondern auch in der Form, dass sie Geschwindigkeit-reduzierend eingreifen, wenn es nötig ist. Dazu kommen niedrige Tempolimits, deren Einhaltung ebenfalls heute schon technisch besser realisiert werden könnten als durch Tempokontrollen, die vom Boulevard als "Abzocke" bezeichnet werden. Auf der verlinkten Mapillary-Route sieht es so aus, als gelte dort Tempo 50. Das ist zu schnell. Tempo 30 + Abbiegen im Schritttempo für alle, auch für PKW würde mehr Sicherheit gewährleisten, wenn die vorhanden Möglichkeiten vollumfänglich genutzt würden, das Einhalten von Tempolimits sicherzustellen.

  • Polizeimeldung ist raus. Demnach tatsächlich Radweg-Rechtsabbieger*, weil erstens beide aus der selben Richtung kamen und zweitens sich die Pressemeldung darüber wundert, dass beide an der Ampel Grün gehabt hätten (und damit zu erkennen gibt, dass einmal mehr der Berichterstatter das Problem nicht mal ansatzweise erkannt hat).

    *) erst der sechste deutschlandweit im ersten knappen halben Jahr 2023

    Immerhin wird in der Polizeimeldung darauf eingegangen, dass es so etwas wie einen Abbiegeassistenten gibt. Und der Erkenntnisstand mitgeteilt, ob der LKW mit einem solchen ausgestattet war: "Dem jetzigen Stand zufolge ist die Sattelzugmaschine nicht mit einem Abbiegeassistenzsystem ausgestattet."

    Leider kann diese Aussage im polizeilichen Unfallbericht dazu verleiten, dass hinreichen abgebrühte Zeitgenossen sich sagen, dass der Fahrradfahrer halt Pech gehabt habe, dass der LKW nicht entsprechend ausgestattet war. Vielleicht trägt der Hinweis aber auch dazu bei, dass die Forderung nach einer höheren Verbindlichkeit für Abbiegeassistenten mit optimalen Sicherheitsmerkmalen lauter wird.

    Die Vorschrift, dass solche Abbiegevorgänge von LKW-Fahrenden nur in Schrittgeschwindigkeit durchgeführt werden dürfen, fehlt in dem Unfallbericht. :(

    Es wird nur allgemein auf weitere Untersuchungen hingewiesen.

    Der Hinweis auf "beide hatten Grün" kann so verstanden werden, dass der Autor in getrennten Ampelphasen eine Möglichkeit sieht, die Sicherheit für den Fahrradverkehr zu stärken.

  • Getrennte Phasen sind natürlich generell ein Mittel gegen derartige Unfälle. Hier allerdings ist die Frage, ob sich das noch lohnt. Eine Ausschreibung, die Stelle umzubauen läuft schon, Baubeginn angedacht Mitte August – dann wird der Veddeler Bogen eine Fahrradstraße und das LKW-Parken dort hat sich eh erledigt.

    Wenn derartige Unfälle auf einen pro Monat runter sind, ist das ja ein gutes Zeichen und man kann sich die konkrete Situation an den Stellen mal genauer ansehen. Das hier ist ein gutes Beispiel, dass die ERA-Tabellen eben nicht alles aussagen: Minimaler Autoverkehr, darunter aber sicher viele LKW, die rechtsrum zur B75 wollen. Dafür Veloroute gerade aus. Schreit eigentlich nach "Autos kriegen nur per Kontaktschleife und getrennt grün"…

  • Getrennte Phasen sind natürlich generell ein Mittel gegen derartige Unfälle.

    Getrennte Phasen bedeuten vor allem eines: Länger rot für den Radverkehr. Man würde also versuchen, das Problem "getrennte Infrastruktur" durch ein neues Problem zu lösen.

  • aber zur Vermeidung von Unfällen wirst du doch nichts dagegen haben, oder? :evil:

    Außerdem gibt es ohne getrennte signalisierung bestimmt auch bald so lustige gestellte Bilde, wie ein 8 Jahre altes Kind mit dem Rad über eine Kreuzung will und ein 40-Tonner rechts abbiegen will :rolleyes:

  • Getrennte Phasen bedeuten vor allem eines: Länger rot für den Radverkehr.

    Wenn man strunzdumme Ampeln hat ja – sonst im Gegenteil: Gerade bei einer Kreuzung wie hier, wo wohl aus keiner Richtung "Dauerverkehr" zu erwarten ist, rüstet man ALLE Richtungen mit zwei Detektoren aus (einen ~10 (Rad) bzw. ~20m (Auto) vorher, einen direkt auf der Haltelinie). Die Ampel ist als Default für alle Richtungen rot und sobald was erkannt wird, bekommt diese und nur diese Richtung grün (für die Autos ohne das eh sinnlose rot/gelb) und wird sofort wieder rot, wenn das Fahrzeug die Haltelinie überfahren hat.

  • aber zur Vermeidung von Unfällen wirst du doch nichts dagegen haben, oder? :evil:

    Entgegen den insbes. aus Darmstsadt gestreuten Gerüchten, "niederländische" Kreuzungsgeometrien wären schon von sich aus sicherer, obwohl es ganz ähnliche schon ewig in einigen Regionen Schlands gibt, ist der wahre Erfolg in den Niederlanden wohl wirklich nur den anderen Ampelschaltungen geschuldet, s.a. hier, was ja auch bei anderen Geometrien funktionierern täte ... Wird die "niederl. Geometrie" mit "unseren" Standardschaltungen kombiniert, wereen auch in den NL Radfahrer plattgefahren, hatte ich das Bsp. dafür nicht sogar von hier?

  • Jetzt erst Mapillary angeklickt, das ist ja sogar dort abgerücktes "quasi-NL"-Design, wo das vom UDV angesprochene Designproblem bei dieser Geometrie beid en Sichtverhältnissen vom Lkw auf Radfahrer voll zum Tragen kommt ...

    Gibt's bei den Rechtsabbiegeunfällen eig. auch eine Auswertung bzgl. NL-Absetzmaß?

  • Getrennte Phasen bedeuten vor allem eines: Länger rot für den Radverkehr. Man würde also versuchen, das Problem "getrennte Infrastruktur" durch ein neues Problem zu lösen.

    Muss das unbedingt so sein, dass getrennte Phasen länger Rot für den Radverkehr bedeuten?

    Mir kommt das auch immer sofort in den Sinn, wenn diese Forderung nach getrennten Ampelphasen erhoben wird. Da sehe ich mich mit meinem Geradeaus-Fahrtwunsch vor der roten Fahrradfahrerampel stehen, während vor mir die Rechtsabbieger vorbeifahren, die von der rechten Fahrspur, der Abbiegespur kommen. Und auf der linken Fahrspur donnert der Auto-Geradeausverkehr entlang.

    Und weil das Rechtsabbiegen mit eigener Ampelphase auch ein längeres Warten für die rechtsabbiegenden Autos bedeutet, kommt dann die Verkehrsverwaltung und will die Rechtsabbiegespur verlängern, was dann wieder schnell auf Kosten des nichtmotorisierten Verkehrs geschieht.

    Und als Fahrradfahrer*in frage ich mich auch deshalb, ob es das bringt, diese getrennten Ampelphasen zu fordern, weil doch das Problem mit dem Übersehenwerden beim Rechtsabbiegen an vielen anderen Kreuzungen weiter bestehen wird. Sowohl an den vielen Ampelkreuzungen, die keine getrennten Ampelphasen für Rechtsabbieger haben, als auch an den vielen, vielen Kreuzungen, wo es keine Ampeln gibt.

  • https://www.abendblatt.de/hamburg/hambur…der-Veddel.html

    hm. ich bin mir sehr sicher, dass das an der Einmündung Veddeler Bogen in den Georgswerder Bogen passiert ist.

    StreetView

    Mapillary

    jeweils mit Blickrichtung auf die Unfallstelle wie beim Abendblatt.

    Am Sonnabend findet dort um 14 Uhr eine vom ADFC organisierte Mahnwache statt.

    Ich finde die Ecke dort absolut gruselig, obwohl sie einigermaßen gut einsehbar ist. Vor ein paar Wochen kam ich dort mal langgeradelt und wunderte mich auch schon über die locker abbiegenden Kraftfahrzeuge.

    Andererseits: Man kann sich an so gut wie jeder Kreuzung über die locker abbiegenden Kraftfahrzeuge wundern und nach einem tödlichen Unfall die Told-you-Karte spielen. Aber diese Ecke blieb mir aus irgendeinem Grunde in Erinnerung.

  • Gibt's bei den Rechtsabbiegeunfällen eig. auch eine Auswertung bzgl. NL-Absetzmaß?

    Soweit ich die UDV-Studie mal überflogen hab, haben die sich gar nicht mit der konkreten Umsetzung der jeweiligen Richtlinien beschäftigt, sondern nur mit der Zahl der getöteten Radfahrer pro Verkehrsanteil (da schneidet NL schlechter ab) und der Verteilung auf Kreuzung/Strecke (da hat DE 66 statt nur 60% Kreuzung…) – und da wird's dann kompliziert, weil es zumindest in Deutschland und Dänemark zumindest zwei verschiedene verbreitete Ansätze gibt und es wohl in allen Ländern von Kreuzungen wimmeln wird, die aus Platz- oder Kostengründen inkonsequent gebaut sind. In Deutschland findet man einerseits leicht abgesetzte Schutzkreuzungen (da, wo der Radverkehrsanteil hoch ist geschätzt sogar überwiegend) und andererseits eine Führung direkt neben der Fahrbahn. In Dänemark gibt's direkt neben der Fahrbahn oder sogar das Radweg und Abbiegespur verschmelzen (stell ich mir nicht sehr gemütlich vor…). Und dann geht der doppelt so hohe Fahrrad-Anteil in NL ja auch mit einer anderen Demographie einher (man achte auf den gigantischen Anteil der Ü80 unter den getöteten Radfahrern!).

  • Gerade bei einer Kreuzung wie hier, wo wohl aus keiner Richtung "Dauerverkehr" zu erwarten ist, rüstet man ALLE Richtungen mit zwei Detektoren aus (einen ~10 (Rad) bzw. ~20m (Auto) vorher, einen direkt auf der Haltelinie). Die Ampel ist als Default für alle Richtungen rot und sobald was erkannt wird, bekommt diese und nur diese Richtung grün (für die Autos ohne das eh sinnlose rot/gelb) und wird sofort wieder rot, wenn das Fahrzeug die Haltelinie überfahren hat.

    Wenn da so wenig los ist, braucht man eigentlich gar keine Ampel, oder?

    *edit: und keine separierte Radverkehrsführung :)

  • Soweit ich die UDV-Studie mal überflogen hab,

    Meinte eher die Internetsammlung aller tödlichen Unfälle ...

    geschätzt sogar überwiegend

    Ich tippe eher auf a) regionale Vorlieben und b) zeitliche Vorlieben, also wann die Straße (um)gebaut wurde. Aus meiner alten Heimat Bremerhaven kenne ich deutlich mehr abgesetzte Kreuzungen vmtl. ähnlichen Alters, während ich im Raum KA vergeblich Bsp. gesucht habe für den obigen Artikel.

    die aus Platz- oder Kostengründen inkonsequent gebaut sind

    Das dürfte überall das Hauptproblem sein ...

    Muss das unbedingt so sein, dass getrennte Phasen länger Rot für den Radverkehr bedeuten?

    Hängt vmtl. auch davon ab, ob Platz da ist für die Trennung beider Abbiegerarten vom Geradeausverkehr.

  • Ich tippe eher auf a) regionale Vorlieben und b) zeitliche Vorlieben, also wann die Straße (um)gebaut wurde. Aus meiner alten Heimat Bremerhaven kenne ich deutlich mehr abgesetzte Kreuzungen vmtl. ähnlichen Alters, während ich im Raum KA vergeblich Bsp. gesucht habe für den obigen Artikel.

    In Lüneburg ist auch fast alles abgesetzt, wo es der Platz zulässt – frische Umbauten definitiv eingeschlossen. Bei einer (Lünertorstraße) verzichtet man absichtlich drauf, vielleicht sogar mal zurückgebaut – die hat aber so wenig Rechtsabbieger, dass man daraus nichts ablesen kann. Und eine andere (Pulverweg Südende) ist berüchtigt für "Rechtsabbieger trifft Radfahrer".

    Und dann werf' ich den Gockel mal auf Bremen, Oldenburg, Münster, Hamburg, Lübeck (graue Radwege!)… was finde ich? Jede Menge abgesetzte. Flensburg würde ich eher als "Schutzraum fortgesetzt" bezeichnen (weiter draußen dann wieder richtig abgesetzt). Also der ganze Norden, wo ja der Fahrradanteil am höchsten ist, ist voll von abgesetzten Kreuzungen. Nur in Kiel entdecke ich nennenswert "dänisches Design".

    Lübeck hat übrigens Kreisel mit Schutzstreifen im Angebot – tauchen die in der Unfallstatistik auf?

  • Das Radfahren auf der Fahrbahn ist im Georgswerder Bogen ganz sicher erlaubt (😉), wenn auch nicht ganz freiwillig… Letztes Jahr wurden die VZ 237 entfernt, da sie ohne jegliche Rechtsgrundlage standen.

    Die Kreuzung ist übrigens Teil der „Veloroute 10“ und soll ab 18.08.2023 durch das BA HH-Mitte umgebaut werden. Leider ändert sich dadurch im wesentlichen NICHTS: https://fbhh-evergabe.web.hamburg.de/evergabe.biete…4373436/details

    Der „Unfall“ ist sogar auf der „Veloroute 10“ passiert…

  • Der Veddeler Bogen wird zur Fahrradstraße (inklusive massiv verengt), damit entfällt sowohl das LKW-Parken (2,10 reichen nicht) wie auch die Möglichkeit da schnell draus rechts abzubiegen. Und wo wir beim stark abgesetzt waren: Die zukünftige Querung müsste tatsächlich 5 m entfernt sein…