Hamburg - Unfälle mit Radfahrern

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    Ich bin da paar Minuten vor'm Unfall langgefahren.

    Auffällig an der Kreuzung ist die nicht-intuitive Ampelschaltung. Teilweise zeitgesteuert, teils aber auch Bedarf. Und um die Zeit gibt's da kaum noch Verkehr und die Ampel zeigt ewig lange rot.

    Ich mutmaße mal, dass einer der Verkehrsteilnehmer bei rot gefahren ist.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Gerhart (23. April 2022 um 09:09)

  • Zitat

    ...öffnete dessen Fahrer (22) offenbar ohne Achtung der erforderlichen Sorgfaltspflicht gerade die Autotür.

    Wenn die Polizei solche Vorfälle nicht als "Unfall" bezeichnen würde, sondern das Wort "Unfall" reserviert wäre für alles, was passiert, obwohl sich alle an die Regeln gehalten haben (z.B. Herzinfarkt am Steuer, Elefant fällt vom Himmel, etc), hätten wir m.E. einen ganz anderen Blick auf den Verkehr. Wenn sowieso alles ein Unfall ist, was ist denn dann ein "echter" Unfall?

  • Wenn die Polizei solche Vorfälle nicht als "Unfall" bezeichnen würde, sondern das Wort "Unfall" reserviert wäre für alles, was passiert, obwohl sich alle an die Regeln gehalten haben (z.B. Herzinfarkt am Steuer, Elefant fällt vom Himmel, etc), hätten wir m.E. einen ganz anderen Blick auf den Verkehr. Wenn sowieso alles ein Unfall ist, was ist denn dann ein "echter" Unfall?

    Ganz genau!

    Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz münden ganz klar NICHT in Unfällen, sondern in Ereignissen oder Vorkommnissen, die aus den genannten Verhaltensmustern zwangsläufig entstehen, wenn nicht andere Verkehrsteilnehmer solche Unzulänglichkeiten ausgleichen. Wie nennt man sowas dann aber? Wie wär's mit einem kurzen, knackigen Begriff, den es bislang noch nicht gibt? Und wie bringt man diese neue Wortkreation dann der Presse bei, wenn bereits heute der Unterschied zwischen "Übersehen" und "nicht geguckt" unbekannt scheint.

  • wie bringt man diese neue Wortkreation dann der Presse bei, wenn bereits heute der Unterschied zwischen "Übersehen" und "nicht geguckt" unbekannt scheint.

    Was ist denn nun der genaue Unterschied zwischen beidem?😈

    In Wahrheit dreht sich die vehemente Kritik an der „Übersehen“-Diktion doch darum, dass deren Kritiker unterstellen wollen, dass der Radfahrer bewusst ignoriert worden sei. Das wäre aber das genaue Gegenteil von „nicht geguckt“.

  • In Wahrheit dreht sich die vehemente Kritik an der „Übersehen“-Diktion doch darum, dass deren Kritiker unterstellen wollen, dass der Radfahrer bewusst ignoriert worden sei. Das wäre aber das genaue Gegenteil von „nicht geguckt“.

    Für mich persönlich ist „nicht geguckt“ tatsächlich das, was es aussagt: Jemand hat nicht geguckt. „Übersehen“ ist eher gucken, aber nicht wahrnehmen — übertrieben deutlich beschrieben: Das Bild kommt auf der Netzhaut an, wird auch irgendwie ins Gehirn geleitet, aber nicht ordentlich verarbeitet, weil entweder der Radling im grellen Gegenlicht auf der regennassen Straße im Außenspiegel tatsächlich nicht besonders gut zu sehen war oder weil das Gehirn auch schon wieder mit anderen Dingen beschäftigt war oder weiß der Geier was.

    Abgesehen davon habe ich den Eindruck, dass „übersehen“ (auch von mir) geradezu inflationär und im falschen Kontext benutzt wird. Wenn jemand beim Abbiegen aufs Handy schaut und darum einen nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer auf die Hörner nimmt, dann ist das kein „übersehen“.

  • »... hat nicht auf ... geachtet ...«

    »... hat versäumt, ... zu schauen / prüfen ...«

    »... hat ... unterlassen ...« (z. B. den Schulterblick)

    Polizei und Presse können ja gerne »vermutlich« oder »offenbar« ergänzen.

  • Polizei und Presse können ja gerne »vermutlich« oder »offenbar« ergänzen.

    Die Polizei sollte keine Vermutungen anstellen. Aber dass jemand gemäß Maltes Definition übersehen wurde, ist ebenfalls eine Vermutung: Die Polizei vermutet dann, dass zwar geguckt wurde, aber der Unfallgegner nicht wahrgenommen wurde / oder gar nicht werden konnte ("Toter Winkel", tiefstehende Sonne, dunkel gekleideter Radfahrer, ...).

    Was aber offensichtlich wäre:

    "...missachtete die Vorfahrt"

    "...missachtete den Vorrang"

    "...wechselte auf die Fahrspur, wo XY fuhr"

    "...überholte vor einer Kurve/Kuppe"

    Vielleicht gäbe es auch ein anderes Wort statt "missachten", das keine böse Absicht impliziert. Warum das passierte, wäre dann noch zu klären, ggf. vor Gericht. Stattdessen liefert die Polizei in ihren Pressemeldungen oftmals die Entschuldigung des Unfallverursachers auf Basis von Vermutungen gleich mit. Es wird damit regelmäßig versäumt, z.B. auf das Sichtfahrgebot hinzuweisen oder auf die besondere Sorgfaltspflicht beim Ausfahren aus einer schlecht einsehbaren Grundstücksausfahrt.

  • Vielleicht gäbe es auch ein anderes Wort statt "missachten", das keine böse Absicht impliziert. Warum das passierte, wäre dann noch zu klären, ggf. vor Gericht. Stattdessen liefert die Polizei in ihren Pressemeldungen oftmals die Entschuldigung des Unfallverursachers auf Basis von Vermutungen gleich mit.

    … was sich ja auch bei der Unfallaufnahme niederschlägt. Das ist mir ja auch mal widerfahren: Da wird dann mitunter ganz genau nachgeforscht, ob der Radfahrer denn Licht am Fahrrad hat und alle Speichenreflektoren und ob er denn beweisen könne, dass er vor dem Unfall auch wirklich mit Licht gefahren ist, aber warum der Unfallgegner auf dem Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung mit dem Auto fährt, das interessiert irgendwie nicht so doll.

    Ist halt irgendwie so: Radfahrer halten sich ja angeblich nie ohne Regeln und führen immer ohne Licht, insofern ist es natürlich auch total plausibel zu behaupten, der radfahrende Unfallgegner wäre ohne Licht gefahren. Die Lebenserfahrung von Polizisten und Richtern wird bestätigen: Ja, so kennt man sie, unsere lieben Radfahrer.

  • Vielleicht gäbe es auch ein anderes Wort statt "missachten", das keine böse Absicht impliziert. Warum das passierte, wäre dann noch zu klären, ggf. vor Gericht. Stattdessen liefert die Polizei in ihren Pressemeldungen oftmals die Entschuldigung des Unfallverursachers auf Basis von Vermutungen gleich mit.

    Jemanden zu "übersehen" ist verboten - ergo ist diese Diktion auch keine "Ent-Schuldigung", sondern im Gegenteil eine konkrete "Be-Schuldigung". Ent-Schuldigung wäre m.E. nur ein konkreter Vorwurf an den Radfahrer, zB, dass er bei Dunkelheit mangels Beleuchtung unsichtbar gewesen sei.

  • Mit dieser Interpretation dürftest du allerdings ziemlich alleine sein.

    Naja, eigentlich hat Th(oma)s schon recht, nur im Kontext, in dem das Wort „übersehen“ gebraucht wird, steckt halt immer das entschuldigende Element mit drin: Das kann ja im unübersichtlichen Straßenverkehr schon mal passieren. Insofern hat das Wort nach meinem Dafürhalten im Kontext einer Unfallmeldung eher einen entschuldigenden Charakter.

  • Naja, eigentlich hat Th(oma)s schon recht, nur im Kontext, in dem das Wort „übersehen“ gebraucht wird, steckt halt immer das entschuldigende Element mit drin: Das kann ja im unübersichtlichen Straßenverkehr schon mal passieren. Insofern hat das Wort nach meinem Dafürhalten im Kontext einer Unfallmeldung eher einen entschuldigenden Charakter.

    Wenn ich im Polizei-Presseportal nach "übersehen" oder "übersah" suche, bekomme ich auch unzählige Treffer, wo am Unfall gar keine Radfahrer beteiligt waren. Ebenso gibt es regelmäßig Treffer, wo es die Radfahrer selbst waren, die ein KFZ übersehen haben. IMO ist damit auch ohne systematische Auszählung der Häufigkeit die Mutmaßung grundsätzlich zurückzuweisen, die Vokabel werde einseitig und parteiisch seitens einer vermeintlich sich mit Ihresgleichen solidarisierenden "Autopolizei" dazu benutzt, um Autofahrer auf Kosten der nicht-KFZ-Nutzer zu entlasten.

  • Da hast Du völlig recht, das ist nicht Radfahrer-spezifisch. Auch KFZ-KFZ Unfälle werden so verharmlost. Ist halt Faktor Mensch. Der komt selbst bei Bahn oder Flugunfällen ins Spiel.


    Im Straßenverkehr wäre das sonst auch heutzutage unakzeptabel. Wenn bei uns im Jahr 5-8 vollbesetzte Flugzeuge vom Himmel fallen würden, hätten die Piloten wahrscheinlich auch das Gewitter, den Berg oder das andere Flugzeug übersehen. Sonst würde da keiner mehr einsteigen, auch wenn es zur Summe der Flüge immer noch eine geringe Anzahl an Abstürzen wäre.

    Selbige bei der Bahn. Wenn es im Jahr 3000 Tote geben würde bei der Nutzung, da würde man sich das schon überlegen. Oder, wenn es seit vielen Jahren so wäre, halt eben nicht.

  • Die 2 Mio. polizeilich gemeldeten Verkehrsunfälle in D pro Jahr heißen, dass ca. 4 Mal pro Minute bei der Polizei das Telefon wegen eines Verkehrsunfalls klingelt - rund um die Uhr. Würd mich schon interessieren, bei wie vielen davon tatsächlich niemand etwas falsch gemacht hat, also "höhere Gewalt" im Spiel war. Der Rest sind dann wohl Verkehrsvergehen, die vermieden hätten werden können.

    Wenn man noch die ca. 365.000 Verkehrsverletzten in Kauf nimmt, kann man m.E. sagen, dass der Straßenverkehr eher sowas wie Autoscooter-Fun ist.

  • ... und dann noch die sicher vielfach häufigeren "ist ja nichts passiert"-Unfälle mit Lackkratzern und Schürfwunden.

    Klar, die "Bagatell-Schäden", bei denen man gar nicht weiß, ob man überhaupt die Polizei rufen soll/darf und die dann halt "vor Ort" geregelt werden. Sicher nochmal ein paar Millionen. Schon irre.