Heute hat’s dann also geschneit. Das kam eigentlich nicht überraschend und ließ sich in den einschlägigen Wettervorhersagen bereits seit Tagen ablesen, aber im Endeffekt kommt es halt immer wieder ganz überraschend und schlimm. Nach meinen Einschätzungen sind insgesamt vielleicht fünf Zentimeter gefallen, von denen die unteren vier im Laufe des Tages gleich wieder weggetaut sind.
Der Winterdienst fand, soweit ich es in Erfahrung bringen konnte, wieder einmal nur auf der Fahrbahn statt. In Hamburg sollen diese Radwege hier geräumt werden: http://www.hamburg.de/contentblob/48…esamtgebiet.jpg
Angesichts dieses Planes frage ich mich schon ein wenig, was das denn bringt. Dann kann ich zwar im besten Fall von Niendorf-Nord bis in die Innenstadt fahren und innerhalb der U3 auf so ziemlich allen Hauptverkehrsstraßen, aber wenn ich Pech habe und nicht direkt an der Hauptverkehrsstraße wohne, komme ich dort gar nicht erst hin.
An der Kieler Straße hatte ich heute Morgen ein paar Radfahrer gesehen, die einfach auf der Fahrbahn gefahren sind. Leider hatte ich da keine Kamera griffbereit, gegen Mittag sah es so aus:
Durchaus viel Platz auf der Fahrbahn und etwa sechs Radfahrer, die sich über den Radweg gekämpft haben. Nun habe ich zwar vor einem Jahr recht schlechte Erfahrungen mit dem so genannten Vehicular Cycling gemacht, aber irgendwie ging ich davon aus, dass die meisten Radfahrer heute ganz chillimilli fahrbahnradelnd ans Ziel gekommen wären. Frohen Mutes bat ich auf facebook um ein paar Fotos für Fahrradstadt.Hamburg und wurde erst einmal darüber in Kenntnis gesetzt, dass es mit fröhlichen Fotos heute nicht ganz so weit her war, ein Winterdienst auf Radwegen zum größten Teil nicht stattgefunden habe und das Radfahren auf der Fahrbahn eher stressig denn schnell wäre. Tja — da hatte ich natürlich gut reden als jemand, der seit einer Woche gesundheitsbedingt das Bett gehütet hat und offenbar gar keine Ahnung mehr von der Welt dort draußen hatte.
So war’s am Sievekingplatz, der eigentlich Teil der geräumten Radwege sein sollte. Anstatt auf die Fahrbahn auszuweichen, bleiben die Hamburger Radfahrer artig auf den ohnehin nicht benutzungspflichtigen Radwegen und ackern sich dort einen ab. Da ist der Respekt vor der Fahrbahn immer noch recht groß:
Der Respekt vor der Fahrbahn ist selbst in Tempo-30-Zonen ungebrochen. Hinter der Lieth hat eine Art handtuchbreiten Radweg, der früher in beide Richtungen benutzungspflichtig war, aber die Leute fahren halt total drauf ab. Anstatt ganz ordnungsgemäß auf der geräumten Fahrbahn zu rollen, kämpft man sich hier auf dem vereisten Gehweg neben dem früheren Radweg im Schneckentempo ab. Ich versteh’s ehrlich gesagt nicht:
Tja. Und was passiert, wenn man auf dem Gehweg fährt? Richtig, man muss sich mit Fußgängern arrangieren. Das gelingt aber nicht jedem und so wurde ich direkt nach der Aufnahme dieses Fotos von einem weiteren Radfahrer angefahren, der wohl davon ausging, ich löste mich in Luft auf, sobald er mich nur einmal kurz anklingelte. Ich bekam noch einen blöden Spruch gedrückt, dann setzte er seine wackelige Fahrt fort. Kannst dir echt nicht ausdenken sowas.
Tja: Wenn der Radweg nicht erkennbar oder nicht nutzbar ist, wird er eben als Parkplatz umgewidmet:
Mülltonnen auf dem nicht erkennbaren Radweg. Hier wurde es aber schon lästig: Stellt man sich mit dem Rad im stockenden Verkehr auf der Fahrbahn an oder fährt man im Buckeltempo auf dem Radweg vorbei?
In der Koppelstraße staut es sich noch mehr, der Bus brauchte fast zwanzig Minuten vom Siemersplatz hierher — normalerweise sind für diese Strecke vier Minuten angesetzt. Auch hier stellt sich die bange Frage: Lieber auf dem Radweg herumkrachen oder auf der Fahrbahn im Stau stehen?
Niendorfer-Gehege-Brücke. Der Radverkehr fand hier offenbar auch zum Teil auf dem Gehweg anstatt auf dem halb geräumten Schutzstreifen statt:
Gegenrichtung mit der tollen Aufleitung vom Schutzstreifen auf den Buckelradweg:
Auch jenseits der Brücke: Ordnungswidrig über den nicht geräumten Gehweg kampfradeln oder lieber im Stau auf der geräumten Fahrbahn stehen?
Im Dörpsweg wird auch lieber auf dem Gehweg geschoben als auf der Fahrbahn gefahren:
Und zum Abschluss noch einmal die Kieler Straße. Auch hier gilt: Wo kein Radweg zu sehen ist, kann man schon mal parken. Und wieder die bange Frage: Lieber im Stau auf der Fahrbahn stehen oder auf dem nicht geräumten Radweg stürzen?
Mich hat fünfzig Meter weiter vorne dann gleich der nächste Experte angefahren, als er beim Versuch, mich über die vereiste Grünfläche zu überholen, in mich reingefahren ist. Ich will gar nicht wissen, was Kindern oder Senioren in dieser Jahreszeit passiert, die solche Manöver vielleicht nicht einfach locker wegstecken.
Insgesamt find ich’s aber schade, dass Forderungen nach geräumten Radwegen immer noch in die linksgrüne Spinnerecke gedrängt werden. Ich will eigentlich auch gar nicht in die Diskussion einsteigen, ob es wichtiger ist, dass ein paar Arbeitnehmer mit dem Rad oder dass deutlich mehr Arbeitnehmer mit dem Auto zur Arbeit fahren können und letzteres noch den Bonus liefert, dass auch für den Bus-, Liefer- und Rettungsverkehr die Fahrbahnen geräumt werden. Unsere beiden fahrradaffineren Nachbarländer zeigen ja, dass gerade bei diesen Witterungsbedingungen eine deutliche Entlastung des Straßenverkehrs gewährleistet werden kann, indem auch Radwege vernünftig geräumt werden. Hamburg blieb von den heutigen Orkanböen größtenteils verschont, es wäre durchaus möglich gewesen, den Weg zur Arbeit auch mit dem Rad zu bestreiten — wenn, ja, wenn denn wenigstens ein rudimentärer Winterdienst stattgefunden hätte.