Vom alltäglichen "Kampf gegen das Auto" zum "Kampf gegen den Automat"?

  • Das ganze setzt voraus, dass Bremsen, Sensoren, car-to-car-Kommunikation, Software usw. reibungslos funktionieren. Das wird nichts.

    Bei den heutigen Autos reicht es auf einem Parkplatz schon aus ein kräftiges Funksignal mit 70cm Wellenlänge zu senden. Schon gibt es Chaos weil die Leute ihre Autos nicht mehr auf oder zu geschlossen bekommen mit den Fernbedienungen. :evil:

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Das geht vor allem auch nur, wenn aus irgendeinem Grund die Robofahrzeuge keinen Sicherheitsabstand einhalten müssen. Denn daran scheitert doch das simultane Losfahren aller KFZ, sobald die auf 20 beschleunigt haben müssen ja schon 10m Abstand da sein.

    Nun, die Quelle zitiert folgendermaßen:

    Zitat

    Eine Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little hat die Effekte dieses sogenannten Mischverkehrs am Beispiel einer realen Ampel beobachtet. Aktuell – noch ganz ohne Roboterfahrzeuge - passieren die Lichtzeichenanlage an der B3 nahe Frankfurt 43 Autos pro Grünphase. Wären nur noch autonome Pkw unterwegs, würden es 500 über die Kreuzung schaffen, bevor die Ampel wieder Rot zeigt. Das klappt allerdings nur, wenn alle Pkw eine Standardlänge von drei Metern hätten und der Abstand zwischen ihnen elektronisch geregelt konstant einen Meter betrüge – dann könnte die Autoschlange wie ein Güterzug in einem Rutsch über die Kreuzung fahren.

    Also erstens: das sind Smarts oder Cinquecentos und keine Teslas oder Golfs.

    Zweitens: 1 Auto plus 1 Abstand = 4 Meter. 500 Autos + 500 Abstände = 2.000 Meter.

    Drittens: Wenn die alle in einem Rutsch über ein Grünphase von 40 Sekunden Dauer sollen (halbe Umlaufzeit bei 90 Sekunden, minus 5 Sekunden für Gelbphasen), dann muss das erste Fahrzeug 40 Sekunden nach dem Grünwerden 2 Kilometer weitergefahren sein. Das ergibt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 180 km/h.

    Noch Fragen?

  • Noch Fragen?

    Ja: Wenn ich rechne: 2000m geteilt durch 40s ergibt 50 m/s. Kommt dir die "50" auch bekannt vor?

    Haben die m/s und km/h verwechselt?

    Selbst wenn es nur 138 PKW sind, ist das immernoch nicht erstrebenswert.

    Vielleicht rechnen die auch einfach mit einer Grünphase von 2.5min Länge?

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Und ihr findet nicht, dass ein Tippfehler von 500 statt 50 die wahrscheinlichste Fehlerquelle ist?

    Doch. Aber wie kann so etwas den Weg in den Artikel schaffen?

    Okay, ich bin Generation Rechenschieber, das heißt, ich musste doch abschätzen, ob der Ablesewert 345 für 0,345, für 3,45 oder für 34,5 stand. Aber die Generation Taschenrechner ... na ja ...

  • 43 Autos passieren die Lichtzeichenanlage pro Grünphase. Ich würde mindestens davon ausgehen, dass damit zwei Fahrspuren in eine Richtung gemeint sind, wären 90 km/h nach obiger Rechnung. Ggf. sind auch jeweils beide Fahrstreifen in beide Fahrtrichtungen gemeint. Dann wären noch 45 km/h notwendig und das ggf. noch ausserorts.

  • Nun, die Quelle zitiert folgendermaßen:

    Also erstens: das sind Smarts oder Cinquecentos und keine Teslas oder Golfs.

    Zweitens: 1 Auto plus 1 Abstand = 4 Meter. 500 Autos + 500 Abstände = 2.000 Meter.

    Drittens: Wenn die alle in einem Rutsch über ein Grünphase von 40 Sekunden Dauer sollen (halbe Umlaufzeit bei 90 Sekunden, minus 5 Sekunden für Gelbphasen), dann muss das erste Fahrzeug 40 Sekunden nach dem Grünwerden 2 Kilometer weitergefahren sein. Das ergibt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 180 km/h.

    Noch Fragen?

    Dein Rechenansatz gefällt mir, aber ich komme zu einem anderen Ergebnis und ich komme zum selben Eregebnis:

    Ein 2000 m (=2km) langer "Autozug" passiert die Ampelhaltlinie in 40 Sekunden.

    Wie oft passen 40 Sekunden in eine Stunde?

    3600 : 40 = 90

    Das 90fache von 40 Sekunden ergibt 3600 Sekunden, das ist eine Stunde.

    Das 90fache von 2km ergibt ein Strecke von 90km 180km die in einer Stunde gefahren wird.

    "Doppeltbockmist!" Hab ich mich jetzt verrechnet? 2 x 90 = 180 und du liegst goldrichtig!

    Bei dieser Rechnung ist das Beschleunigen nicht berücksichtigt, es wird quasi so getan, als käme der 2km lange "Autozug" mit vollen 90km/h 180km/h angerauscht und fährt über die Ampelhaltlinie. Aber das ist bei deiner Berechnung von dir ja auch so angenommen worden, wenn ich es richtig verstehe.

    Wenn ein 2000m langer "Autozug" 90km/h 180km/h fahren muss, um in 40 Sekunden die Ampel passieren zu können, dann muss ein 2000m langer Autozug "nur" 45km/h 90km/h (also halb so schnell sein) schnell sein, wenn die Grünphase doppelt so lang, also 80 Sekunden lang ist.

    Oder die Fahrzeuge sind zweireihig aufgestellt. Nachdem ich noch mal die Quelle gelesen habe, stelle ich fest, dass das nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Bei dreireihiger Aufstellung sind es dann statt 180km/h "nur" noch 60km/h.

    Ich frage mich bloß, selbst mal angenommen, es wäre technisch machbar, dass man 500 autonome "Beförderungskabinen" elektronisch gesteuert zu einem 2000m langen "Autozug" zusammenschließen könnte, warum benutzen diese 500 Leute nicht ganz einfach gemeinsam eine Straßenbahn?

    In einem 75m langen Dreiwagenzug mit den neuen TW3000-Fahrzeugen der Üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG finden 500 Fahrgäste Platz.

    Foto: Haltestelle Universität

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (4. Juli 2019 um 09:24) aus folgendem Grund: Rechenfehler Erweiterung Betrachtung bei drei Fahrspuren

  • Wenn man davon ausgeht, dass alle Ampeln 'smart' sind, und mit den Autonomen kommunizieren, kann der Autozug tatsächlich in vollem Tempo angerauscht kommen. Das Auto weiß dann ja, wann es an der Kreuzung sein muss, und wie lange es grün ist.

    Der nächste Schritt ist dann, überhaupt keine Ampeln mehr zu brauchen, weil alle Fahrzeuge miteinander kommunizieren.

    Wie in den 1960er Jahren gilt dann wieder: Fußgänger in die Unterführung, Radfahrer unerwünscht.

  • Wo du gerade die 60er-Jahre erwähnst. Der Film ist zwar von 1974, aber dieser Gedanke der miteinander kommunizierenden Autos gab es in den 60er-Jahren schon mal in Form des "Cabinentaxis", über das an anderer Stelle im Forum schon mal diskutiert wurde. Ich hab' grad den entsprechenden Youtube-Beitrag wieder gefunden:

    https://www.youtube.com/watch?v=ERdF0FK-2io

    Gerade an diesem Film ist meines Erachtens einer der Hauptgründe erkennbar, warum immer wieder und immer wieder das Auto ideologisch in den Vordergrund geschoben wird. Es geht um Individualisierung!

    Der Idee der Individualisierung kann scheinbar nur die Automobilität als die angemessene Form der Mobilität entsprechen. Oder umgekehrt: Nur die Automobilität kann in angemessener Form dem Streben nach Individualisierung gerecht werden. Wer in eine Straßenbahn oder einen Omnibus steigt ist quasi schon ein rettungslos verlorener "Kommunarde". "Angehöriger eines verachtenswerten Gemeinschaftssystems". Weil alle Gemeinschaftssysteme verachtenswert sind, da sie der Idee von Individualisierung widersprechen.

    In dem Film über das Cabinentaxi ist als einziges Zugeständnis hinsichtlich einer gemeinschaftlichen Lebensform die Familie zugelassen: Vater, Mutter und Kind und Hund besteigen in dem Film gemeinsam das Cabinentaxi. Siehe Minute 4:44 von 6:49

  • Ich kann mich erinnern, dass es in unserem Haushalt ein Buch über die Zukunft aus den 1960er Jahren gab. Das war eine schöne Mischung aus Wissenschaft und Science-Fiction, dazu noch großflächig von Hand illustriert. Neben Themen wie Wohnen in Mega-Wolkenkratzern, Zeitungen aus dem heimischen Drucker und die Lösung aller Energie- und Ernährungsprobleme der Welt ist bei mir (natürlich) besonders der Verkehrs-Sektor hängengeblieben.

    Damals bestand der 'alternative Antrieb' noch aus einem kompakten Kernreaktor im Kofferraum.

    Es gab weniger über fliegende Taxis zu berichten, dafür sollte eine Art Transrapid auf Steroiden das Ultimative Verkehrsmittel werden.

    Komisch, kein Wort über das Fahrrad. Und auf fliegende Hoverboards habe ich bis 2015 auch vergeblich gewartet...

  • Dein Beitrag hat mich ermuntert, den bereits weiter oben verlinkten Werbefilm noch mal anzuklicken. Diesmal mit den deutschen Untertiteln. In Minute 1:54 von 6:49 wurde ich fündig. In dem schon weiter oben diskutierten Artikel, https://www.next-mobility.news/warum-autonome…oesen-a-840042/ heißt es, dass 500 autonom fahrende PKW auf einen Schwung eine Ampelkreuzung passieren könnten.

    In dem Film über das Kabinentaxi heißt es an der angegebenen Stelle: "Extrem hohe Fahrzeugdichte bei jeder Geschwindigkeit,"

    Déjà vu?

    Hier noch mal der Link zum Film: https://www.youtube.com/watch?v=ERdF0FK-2io

  • Noch etwas Grundsätzliches ist mir bei dem Cabinentaxi aufggefallen:

    Es kann meines Erachtens keine nachhaltigen motorisierten Form von motorisierter Massenmobilität geben, wenn keine Stehplätze in den Fahrzeugen eingeplant sind.

    Ich bezeichne das mal als eine Art "Naturgesetz".

    MIV kann ohnehin nicht nachhaltig und umweltverträglich so organisiert werden, dass es eine Form von Mobilität für alle Menschen dieser Welt sein kann.

    Bereits diese Tatsache erfordert, dass die sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien einen deutlichen Reformprozess beschreiten müssen. Denn ihre Ideologie beruht in der Mobilitätsfrage überwiegend darauf, dass sie das ursprünglich einmal bourgeoise Vergnügen der Autofahrerei jedem Menschen zugänglich machen wollen. Mit der Feststellung, dass das ressourcentechnisch nicht umsetzbar ist, droht den sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien der Bedeutungsverlust, denn die vom Autofahren ausgehende Faszination wirkt so stark, dass es für sehr viele Menschen außerordentlich erstrebenswert erscheint, ein Auto zu besitzen und damit fahren zu können.

    Das in dem Film vom Anfang der 70er-Jahre vorgestellte Verkehrssystem Cabinentaxi beinhaltet bereits die Erkenntnis, dass der MIV am Ende ist, weil er zu viel Verkehrsfläche in Anspruch nimmt:

    Minute 0:32 von 6:49: "Großstadtverkehr, Staus und Flaschenhälse, Probleme, die wir bewältigen müssen. Das Cabinentaxi ist eine neue Problemlösung."

    Aber auch das Kabinbentaxi der 70er Jahre, da bin ich mir sicher, kann genau so wenig eine auskömmliche Mobilitätslösung für alle Menschen darstellen, wie autonom fahrende Autos. Die Ideen für autonom fahrende Autos wurden übrigens auch schon in den 1960er und 1970er Jahren vorgestellt. Das Kabinentaxi allerdings wurde als Versuchsanlage in Hagen tatsächlich auch von1974 bis 1981 verwirklicht.

    Das Cabinentaxi kann man als Hybridmodell bezeichnen, mit dem Anspruch flächen- und ressourceneffizient zu arbeiten wie der ÖPNV und gleichzeitig individuelle Mobilität zu ermöglichen wie der MIV.

    Eine flächen- und ressourceneffiziente Nutzung eines Mobilitätssystems funktioniert jedoch nicht ohne Stehplätze und genau die sind in diesen cabinentaxis nicht vorgesehen.

    Kommt der Radfahrer um die Ecke und sagt: Geht doch! Ich bin flächen- und ressourceneffizient mobil und habe einen Sitzplatz!

  • Zitat

    Eine flächen- und ressourceneffiziente Nutzung eines Mobilitätssystems funktioniert jedoch nicht ohne Stehplätze und genau die sind in diesen cabinentaxis nicht vorgesehen.

    Ich finde das immer beeindruckend, woher diese Behauptungen so ganz ohne Quellen kommen.

    Deswegen nehme ich diese hier als Beispiel und frage mal nach:

    1) Wieso lösen Stehplätze das Problem, dass zwischen 20 Uhr und 5 Uhr nur sehr wenige Menschen den öffentlichen Nahverkehr im ländlichen Raum nutzen?

    2) Warum sind Sitzplätze (In einem Ryanair Flugzeug 0,32 m² Sitz + Beinfreiheit: Quelle https://www.ryanair.com/de/de/nutzlich…abe-im-flugzeug) ein Hemmniss, gegenüber einem Stehplatz mit einer Größe von 0,25m² in Sonderfällen, 0,33-0,5m² in allen Bereichen in denen Brandevakuierung eine Rolle spielt? (https://de.wikipedia.org/wiki/Stehplatz). Ich sehe dort den Vorteil derzeit bei den Sitzplätzen?

    Danke für die weitere Info.