Highlight: Rechtsabbieger - Anckelmannsplatz

  • Hallo,
    ich habe im VP einen Beitrag eingestellt, der hier ohne Zweifel auch passt. Ich hatte mir - die Forengemeinde hier möge mir vergeben - dort drüben ein wenig mehr Paragraphen- und Urteilsschlagabtausch erhofft als hier. <3

    Vielleicht dient der Beitrag einfach nur dem ein oder anderen als Anregung, einen kritischen Blogbeitrag oder ähnliches zu formulieren. :rolleyes:
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    Zur Sache:
    @Malte hatte vor einiger Zeit das Thema "Sammlung sehenswerter Hamburger Fußgängerüberweg-Fahrradfurt-Kombinationen" aus der Taufe gehoben.

    Damals hatte ich den Anckelmannsplatz angeführt.
    Seit meinem damaligen Beitrage ist die Anzahl meiner Befahrungen gestiegen. Damit auch die Anzahl der Beinahe-Unfälle.

    Kurz zur Situation:
    Der Anckelmannsplatz stellt das nördliche Ende des Heidenkampsweges dar. Der Heidenkampsweg ist kein Weg, er ist eine 2-spurige Haupteinfallstraße ins Hamburger Zentrum.
    Am Heidenkampsweg sind innerorts 60km/h angeordnet - deshalb gibt es dort auch jeweils in Fahrtrichtung rechts einen benutzungspflichtigen Radweg.

    Wer als Radfahrer von der Elbinsel nach Hamburg möchte, kann also über die Neuen Elbbrücken und weiter auf Heidenkampsweg auf dem benutzungspflichtigen Radweg ins Zentrum radeln.
    Das war zumindest mein Stand bis heute.

    An dieser Stelle, (Luftbild, BingMaps) wird im Heidenkampsweg eine neue Fahrspur aufgemacht, um an der LSA am Anckelmannsplatz vorbei, rechts in Richtung Eiffestraße abbiegen zu können - ein sogenannter "freier Rechtsabbieger"
    Hier aus der Streetview-Perspektive: klick

    ungünstigerweise wird auch der benutzungspflichtige Radweg weiterhin parallel zu der Rechtsabbiegerspur geführt.
    Wer also dem Heidenkampsweg in Richtung Norden, zur Bürgerweide folgen will, muss den freien Rechtsabbieger queren.

    Und da fängt der Zirkus an...

    Ich stelle mich auf den Standpunkt, dass ich als Radfahrer auf dem Radweg des Heidenkampsweges dessen Vorfahrtsregelung folge. Wenn ich über den freien Rechtsabbieger fahre, so muss der Autoverkehr mir wegen §9 StVO Vorrang gewähren. Radfahrer will geradeaus, Autofahrer will abbiegen.
    Da ich mir sicher bin, dass es mich dort irgendwann einmal erwischen wird, habe ich heute der zuständigen Straßenverkehrsbehörde (PK41) eine E-Mail geschrieben.



    Die Straßenverkehrsbehörde im PK41 leitet das zur Beantwortung an die nächsthöhere Stelle weiter. Ich erhalte wenig später Antwort von der Verkehrsdirektion, VD51, Sachgebiet Fahrradverkehr.



    Verstanden?
    Die Verkehrsdirektion des Landes Hamburg teilt mir hier mit:
    - dass im Heidenkampsweg in Fahrtrichtung Nord KEINE stetige Radverkehrsführung gibt
    - dass jeder Radfahrer an dieser Stelle absteigen und sein Fahrrad schieben muss
    - dass der benutzungspflichtige Radweg nach rechts in Richtung Eiffestraße, nicht jedoch nach Norden zur Bürgerweide führt
    - dass ich bisher ordnungswidrig gehandelt habe, weil ich dort gefahren bin

    Ich weiß auch Stunden später noch nicht, wie mein Kopf das einordnen soll. Mein Humorzentrum kämpft mit dem Wutgebiet und dem Zynismusgraben schon recht lange um die Deutungshoheit.

    Aktuell stellen sich mir 3 Szenarien zur Auswahl:
    - weiter nachfragen bei VD51, wie die sich das mit dem Radverkehr vorstellen
    - mich bei VD51 bedanken und mitteilen, dass ich von nun an auf der Fahrbahn fahren werde, da nach dieser Auskunft der ben.pfl. Radweg weder straßenbegleitend ist, noch mich dorthin führt, wohin ich fahren möchte
    - auf der Fahrbahn fahren und eine Selbstanzeige wegen nichtbenutzung des benutzungspflichtigen Radweges machen und das vor das Amtsgericht zerren, dort entscheiden lassen.

  • VD51 schrieb: »Die daneben befindliche Radfurt ist nur ein markierter Hinweis auf den vorhandenen Radweg.«

    Und ich dachte immer, eine Radfurt sei eine Streckenführung, die von Radfahrern fahrenderweise benutzt werden darf.

    Bei der Antwort dieser Stelle und der Nummer 51 kommt mir leider der legendäre "Jagdschein" des § 51 in den Sinn, Ältere werden sich erinnern.

  • Die Verkehrsdirektion des Landes Hamburg teilt mir hier mit:

    Mich wundert diese Auslegung. Gegenbeispiel hier die frühere Radverkehrsführung am Glockengießerwall bei der Ungers-Kunsthalle vor dem Ferdinandstor.
    Im Verlauf von b-pflichtigen Radwegen ist ein FGÜ als Straßenquerung unzulässig. Das Problem ergab sich u.a auch beim Ochsenzoll-Irrsinn mit der Pannenflicken-Auszeichnung.


  • - mich bei VD51 bedanken und mitteilen, dass ich von nun an auf der Fahrbahn fahren werde, da nach dieser Auskunft der ben.pfl. Radweg weder straßenbegleitend ist, noch mich dorthin führt, wohin ich fahren möchte

    Nach deren Antwort wäre das für mich die einzig praktikable Lösung.
    Und wenn's Ärger gibt: Schwarz auf weiß unter die Nase halten.

  • Zitat von VD51

    Weiterhin überqueren Sie mit einem Fahrrad fahrenderweise einen Fußgängerüberweg. Die Rechtsprechung hat in mehreren höchstrichterlichen Urteilen hierzu entschieden, dass
    es sich hierbei um ein ordnungswidriges Verhalten handelt.

    Ist das wirklich so?
    Ich kenne die Rechtsprechung so, dass ein Radfahrer den Zebrastreifen sehr wohl befahren dürfen (wenn sie ihn legal erreichen können). Allerdings genießen sie dann keinen Vorrang.

    Zur Situation selbst: Die rein juristische Beurteilung dürfte wohl selbst für einen Amtsrichter recht schwierig sein. Unterhalb von OLG darf man da keine zuverlässigen Infos erwarten.
    Vom Gesamteindruck vor Ort würde ich sagen: Ja, Du biegst nach links ab. Ist mal wieder eine Verkehrsführung, die man einem Auto niemals zumuten würde.

  • Widerspruch gegen die RWBP in dem Bereich und Bitte um (a) Aufhebung ab der letzten Möglichkeit die Fahrbahn zu erreichen, oder (b) Anlage einer Ableitung vor Beginn des freien Rechtsabbiegers (da der Radweg neben dem freien Rechtsabbieger laut Auskunft nicht fahrbahnbegleitend sei), oder (c) Erstellung einer durchgängigen Radverkehrsführung auch im Bereich des freien Rechtsabbiegers.

    Ich mach ja auch viel Kleinkram, aber unterhalb Widerspruch ist's eigentlich alles umsonst.

  • Die weiteren, von @Forumteilnehmer verlinkten freien Rechtsabbieger mit einbezogen, bedeutet das:
    "Hamburg tut etwas für die Verkehrssicherheit - stadtweit Radschiebestrecken eingeführt"

    Sicherheitshalber muss ich bei VD51 nochmal nachfragen, ob er das wirklich so meint...
    Ich ringe noch um eine freundliche Formulierung.

  • Wandsbeker Allee (Ring 2) in Fahrtrichtung Nord/Barmbek, Abbieger zur Walddörferstraße.
    (Sorry für den Screenshot, mir gibt Streetview auf dem Tragtelefon keine Ansicht mit Koordinaten)

  • DMHH:
    Ich sehe da den taktischen Fehler, dass Du der Behörde ihre Antwort geradezu aufgedrängt hast, indem Du von vorneherein angenommen hast, Vorfahrt sei einer freien Interpretation zugänglich und könne von Fall zu Fall neu ausgelegt werden.
    Das verbunden mit lediglich einer unverbindlichen Bitte (nicht klare Forderung, an dieser Stelle die StVO durchzusetzen), kann m.E. kaum anders ausgehen.

    Dass die ganzen nachfolgenden Ausführungen des VD51 zu Vorfahrt, Fußgängerüberweg und Abbiegen grober Unfug sind, wurde ja bereits klargestellt.

    Für zukünftige "Anfragen" empfehle ich:
    Situation darstellen,
    die eigene (richtige ;) ) Rechtsauffassung gilt selbstverständlich (und lässt sich auch anhand der StVO mit ein paar guten Argumenten unterfüttern),
    wird aber von vielen Verkehrsteilnehmern falsch verstanden
    und muss daher klargestellt oder neu geregelt werden.
    Das MUSS kann man zum Beispiel gleich als "Antrag" formulieren (Antrag auf Vornahme verkehrsregelnder Maßnahmen zur Herstellung der Verkehrssicherheit), hat mehr Biss. :thumbup:

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • ooooch, mittlerweile finde ich die Aussage der VD51 ja durchaus belustigend.

    Immerhin erklären sie landesweit Schiebestrecken an der Querung der freien Rechtsabbieger.
    Daraus kann man durchaus etwas machen.

    Und: ich glaube im vorliegenden Falle Anckelmannsplatz nicht, dass auch bei klarer Aussage: "hier gilt §9 Abs.3 StVO, bitte sorgen sie für Klarheit durch entsprechende VZ!" etwas anderes gekommen wäre.
    Denn: die Kreuzung wurde 2015 umgebaut. Wenn die VD51 also JETZT einen Handlungsbedarf sähe, sie JETZT tätig werden würde, sagte sie damit direkt aus, dass sie bei der Beteiligung an der Planung der Kreuzung 2014 großen Mist gebaut hat, in dem sie es damals unterlassen hat, tätig zu werden.

  • Hallo,

    für mich als Nicht-Hamburger wären alle diese Regelungen, ob nun mit Radfahrer-Vorrang oder ohne, ob aus der Radfahrer- oder Autofahrer-Perspektive, erst einmal völlig verwirrend. Ich könnte mich da ohne einige Andachtssekunden nicht vorwärts bewegen.

    Möglicherweise kann man die Behörde ja mal darauf stupsen, dass die Beschilderung (jetzt einmal unbetrachtet der Absicht der Planer und der VwV) notfalls auch für Außerirdische erkennen lassen muss, was eigentlich gemeint ist.

    Ach ja: Hier in Berlin wären die Schilder von militanten Auto- oder vielleicht auch Radfahrern wahrscheinlich längst umgedreht oder sinnentstellend beklebt.

  • Um niemanden auf dumme Ideen zu bringen, unterschlägt man dabei besser, dass das Gericht eine Aufrechterhaltung der RWBP befürwortete mit dem Argument, insbesondere "jüngere Kinder" wären mit der Möglichkeit, auch die Fahrbahn (anstelle des RW) zu benutzen überfordert.
    Wie jung sind denn "jüngere Kinder"? Ich dachte immer, "jüngere Kinder" müssen ohnehin noch auf dem Gehweg radeln. :saint:

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Es wird gesagt, dass Du nicht über den Fußgängerüberweg fahren darfst.
    Was auch falsch ist.

    Die Radfurt nebendran darfst Du sehr wohl fahrend nutzen - nur eben laut VD51 nicht vorrangig.


    Nimm doch nochmal Kontakt mit VD51 auf und bitte um einen Gesprächstermin. Der Gesprächspartner sollte allerdings bitte die StVO kennen - darauf würde ich vorab hinweisen.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab