Woche 21 vom 20. bis 26. Mai 2024

  • Es gibt da ja den alten Sponti-Spruch "Wenn Wahlen was ändern würden, wären sie längst verboten!". Auf dem Gebiet der Verkehrspolitik gilt entsprechend der zynische Satz "Wenn die Aufhebung der allgemeinen Benutzungspflicht umgesetzt worden wäre, wäre sie schon längst wieder zurückgenommen worden."

    Tatsächlich? Nachdem ja ein Großteil der Radfahrenden bei jeder sich bietenden Gelegenheit von der Fahrbahn irgendwohin flüchtet, während den allermeisten Leuten auf dem Rennrad die Benutzungspflicht am Allerwertesten vorbeigeht - was würde sich denn ändern? Exakt gar nichts!

  • Und eben dieses Fluchtverhalten lässt mich an der Aussage "auf der Fahrbahn ist sicherer" zweifeln – denn wo keine Radfahrer sind, können auch keine verunglücken.

    So ist in Schleswig-Holstein seit 2013 kein einziger Radfahrer durch einen Ü-Unfall auf einer Bundesstraße außerorts getötet worden. Aber ist das Fahrbahnradeln dort deswegen sicher? Oder liegt es daran, dass 80% davon einen Radweg haben (und wenn man die abzieht, wo das Radfahren verboten oder ob der Routenführung sinnlos ist, werden's vermutlich noch deutlich…). In Niedersachsen waren es übrigens deren drei; zwei davon, weil Radfahrer meinten, dass sowohl die Radwegbenutzungspflicht wie auch die Beleuchtungspflicht unangemessene Einschränkungen ihrer Freiheit wären.

    Das viele Radwege dem zügigen Vorankommen nicht eben zuträglich sind, lässt sich nicht bezweifeln – allerdings auch, dass dieser Maßstab für einen Rennradfahrer, der mit 40 km/h auf zwei Asphalt-Trennscheiben durch die Gegend rauscht sehr deutlich anders aussieht als für einen Rentner, der mit 12 km/h auf seinem Hollandrad zum Einkaufen zuckelt. Mit der Sicherheit hat diese Frage allerdings nur wenig zu tun.

    Und bevor einer mit Beinahe-Unfällen kommt: "Beinahe" ist eben kein Unfall, sondern etwas, das noch verhindert werden konnte.

  • Bei uns gibts schon noch genug Außerorts-Straßen ohne einen Radweg, und auch wenn dort oft keine Massen an Radfahrern langfahren, ist mir keine bekannt, die besonders auffällig wäre. Bzw. bei Strecken mit Teilabschnitten ohne RW.

    Selbst bei Touri-Routen, die viel genutzt werden, wie Schöngeising-Mauern, Maisach - Mammendorf,...., sind die Abschnitte ohne RW nicht auffällig. Nur Kreuzungen und Querungen.

  • Auf dem Gebiet der Verkehrspolitik gilt entsprechend der zynische Satz "Wenn die Aufhebung der allgemeinen Benutzungspflicht umgesetzt worden wäre, wäre sie schon längst wieder zurückgenommen worden."

    Das Vereinigte Königreich auf der anderen Seite des Kanals kommt jedenfalls ganz ohne Benutzungspflicht durch Beschilderung aus ... Aber da fährt man ja auch auf der falschen Seite, alle, nicht nur die Radfahrer, da braucht man das wohl nicht ...

  • Bei uns gibts schon noch genug Außerorts-Straßen ohne einen Radweg, und auch wenn dort oft keine Massen an Radfahrern langfahren, ist mir keine bekannt, die besonders auffällig wäre.

    Die Auffälligkeit besteht a er eben nicht in vielen Unfällen, sondern in der weitgehenden Abwesenheit von Radfahren. Wobei dabei in Bayern eh andere Maßstäbe gelten als hier im Norden.

  • Wie oben schon geschrieben, gibt es Routen die stark von Freizeitradlern frequentiert werden und auch unauffällig sind, bei Teilstücken ohne Radweg. Und auch Teilstücke von Pendler-Wegen ohne RW sind völlig unauffällig, das einzige was da fehlt sind Rad-Rad-Unfälle.

  • Die Annahme, das Primat des Autos wäre eine deutsche Besonderheit, weil es damals von den Nazis durchgesetzt worden wäre, trügt. Das ist nur eine zufällige Koinzidenz, wie der Blick auf die Einstellung zum Auto im Ausland zeigt.

    Ich bezweifle allerdings, dass im Ausland während, bzw. unmittelbar nach den Bombardements von Städten durch die Deutsche Luftwaffe ähnliche Äußerungen von Spitzenpolitikern gemacht wurden, wie zum Beispiel diese Aussage von Hitler über das Bombardement der deutschen Städte durch die Alliierten, die in einem Film über den Bombenkrieg im 2. Weltkrieg zitiert wird:

    "Es ist klar, dass unsere im Mittelalter gebauten Städte zum großen Teil für den modernen Verkehr gar nicht aufgeschlossen werden können. Eine Stadt wie Magdeburg zum Beispiel passt in die heutige Zeit nicht mehr hinein. Es kann deshalb im Hinblick auf die Gegenwart bedauert werden, dass der Feind uns hier eine Vorarbeit leistet. Für die Zukunft wird daraus nur ein Segen entspringen." Zitat von Hitler bei Minute 41:18

    Hitlers Reich privat: Bombenkrieg
    Das Filmen zerbombter Städte wird vom NS-Regime streng verboten. Trotzdem wagen es einige: Amateurfilme zeugen von den Zerstörungen des Bombenkrieges.
    www.zdf.de

    Weiter heißt es in dem Film: "Nicht wenige Städteplaner der Nachkriegszeit stammen aus den Planungsstäben von Hitlers Lieblingsarchitekt Albert Speer. Ihre Konzepte prägen das Aussehen vieler deutscher Großstädte - bis heute." Das sind extrem überbreite mehrspurige Autostraßen, die die Städte zerschneiden, mit einer gegenüber dem Fuß- und Radverkehr extrem rücksichtslosen Verkehrsinfrastruktur, die ganz und gar einseitig auf das Auto ausgerichtet ist.

    In Hannover ist es Rudolf Hillebrecht, ebenfalls aus Speers Stab, der Hannover zur Autogerechten Stadt macht und dafür bis heute noch von Autofahrer*innen posthum beklatscht wird, die überhaupt nicht verstanden haben oder es nicht wahrhaben wollen, wie der Autowahn in Deutschland von den Nazis instrumentalisiert wurde. Die völlig einseitige pro Autoverkehr ausgerichtete Propaganda von rechtsextremen Parteien wie der AfD, aber auch von den Rechtspopulisten bei den Freien Wählern und der CSU wurzelt in Deutschland in diesem braunen Sumpf der NS-Zeit.

  • Zitat

    "Entsprechende Umfragen von seriösen Marktforschungsinstituten deuteten darauf hin, dass sich viele Deutsche ein Leben ohne Verbrenner nicht vorstellen können."

    Meine Güte, was macht man für ein Geschiss um diese dämlichen Verbrennerautos. Als vor ein paar Jahren das Rauchverbot in Gastwirtschaften durchgesetzt wurde, da konnten sich auch viele Deutsche einen Kneipenbesuch ohne Qualmen nicht vorstellen.

  • Ich frag mich ja, ob es unter den ca. 1000 Kommunen, die sich über die StVO beschweren, eine einzige gibt, in der die StVO zugunsten des Radverkehrs rigoros umgesetzt worden ist. Ich befürchte, die Allzweck-Wunderwaffe "gemeinsamer Geh/Radweg" ist überall...

    Die meisten Gemeinden, die sich über die StVO beschweren, würden vermutlich vor allem kritisieren, dass die Anordnung solcher "Radwege" einfacher möglich sein sollte.

  • Die meisten Gemeinden, die sich über die StVO beschweren, würden vermutlich vor allem kritisieren, dass die Anordnung solcher "Radwege" einfacher möglich sein sollte.

    Die Anordnung, welche ziemlich sicher nicht vor dem Verwaltungsgericht landen wird, steht in Randnummer 38a zu § 2 StVO in den VwV-StVO. Ganz easy-peasy.

  • Entsprechende Umfragen von seriösen Marktforschungsinstituten deuteten darauf hin, dass sich viele Deutsche ein Leben ohne Verbrenner nicht vorstellen können.

    Ob sich viele Deutsche stattdessen ein Leben im Hochwasser vorstellen können?

    Hochwasser in Süddeutschland: Liveblog zu den aktuellen Entwicklungen - DER SPIEGEL

    Die Temperatur des Oberflächenwassers im Atlantik ist nochmals höher als im letzten Jahr. Ich erwarte daher in diesem Sommer weiterhin häufige Starkregenereignisse, da auch die Luft über dem Atlantik wärmer ist und mehr Wasser verdunstet.

  • Die Anordnung, welche ziemlich sicher nicht vor dem Verwaltungsgericht landen wird, steht in Randnummer 38a zu § 2 StVO in den VwV-StVO. Ganz easy-peasy.

    Das wollen die nicht, weil dann trotzdem renitente Radfahrer den richtigen Verkehr stören könnten.

  • Das wollen die nicht, weil dann trotzdem renitente Radfahrer den richtigen Verkehr stören könnten.

    Das Leben ist nunmal kein Wunschkonzert. Allerdings tun sich da erfahrungsgemäß gerade Straßenverkehrsbehörden sehr schwer damit.

  • Das werden die Gemeinden an der StVO kritisieren, dass sie nicht einfach so tun und lassen können was sie wollen.

    Dann sollen sie schauen, dass mit den blauen Verkehrszeichen kein Benutzungszwang mehr verbunden ist.

    Tipp: dafür sind Bundesregierung und Bundesverkehrsministerium zuständig, also mal ran an die richtigen Gremien.

  • Zitat

    "Entsprechende Umfragen von seriösen Marktforschungsinstituten deuteten darauf hin, dass sich viele Deutsche ein Leben ohne Verbrenner nicht vorstellen können."

    Die können ja in Andenken an die große Zeit der verbotenen Verbrenner ein Teelicht ins Fenster stellen ...

  • Dann sollen sie schauen, dass mit den blauen Verkehrszeichen kein Benutzungszwang mehr verbunden ist.

    Das hilft ihnen ja nicht, wenn sie vor allem daran interessiert sind, die Fahrrad-Assis von der "Straße" [sic.] runter zu bekommen. Mit den Erfahrungen, die ich vor Ort mache, gruselt es mich, wenn ich lese, dass den Gemeinden mehr "Gestaltungsspielraum" gegeben werden soll. Die Verantwortlichen träumen hier immer noch im Geiste der 1960er Jahre davon, den Autoverkehr weiter zu optimieren. Fahrräder werden dabei als störende Verkehrshindernisse betrachtet, die man auf ungeeigneten Ra(n)dwegen aus dem Weg schaffen muss. Daher möchte ich auch keine anderen Regeln und nicht mehr Gestaltungsspielraum für die Gemeinden, sondern strengere Überwachung, dass die bestehenden Regeln eingehalten werden.

  • Da bin ich ja ganz bei dir.

    Mir klingen immer noch die Worte von der Vorsitzenden Verwaltungsrichterin während meines erstens Verfahrens gegen eine Benutzungspflicht in den Ohren. Da hatte sich die Beklagtenvertreterin (ihres Zeichens Anwältin der bayerischen Landesanwaltschaft) darüber beschwert, dass Radfahrer ja soviel gegen die Benutzungspflichten klagen.

    Da sagte sie sinngemäß: "Solange den blauen Radwegschildern eine Benutzungspflicht innewohnt, ist eine Klage dagegen grundsätzlich zulässig. Und das wissen Sie ganz genau". Das war natürlich das genaue Gegenteil von dem, was die gute Damen vom Gericht hören wollte.

    Seitdem sind übrigens ziemlich genau elf Jahre vergangen. Hat sich seitdem viel geändert? Nicht dass ich es bemerkt hätte. Die Steigung der Lernkurve bei den Straßenverkehrsbehörden ist halt so flach wie die norddeutsche Tiefebene (ich wiederhole mich...).