• Anstatt die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sperrt man lieber die Gefährdeten aus und zwingt sie auf ungeeignete Wege, damit der Autoverkehr freie Bahn hat und sich ungehindert austoben kann.

    Noch fieser: man erklärt die objektiv Ungefährdeten (i.e. nicht stärker als andere Verkehrsteilnehmer Gefährdeten) anhand eines willkürlich gewählten Kriterium, welches kausal gar keine rationale Grundlage für eine Gefährdung bilden kann, zu "Gefährdeten", und tut dabei dann auch noch so, als seien die solcherart als gefährdet Definierten auch noch die Störer, die ihre eigene Gefährdung selbst zu verantworten hätten. Erst diese unlogische Denke erlaubt auf Basis des alten Polizeirechts dann den dem Fahrbahnverbot immanenten Platzverweis.

  • Es ist sogar entgegen anderslautender Verordnungen und Vorschriften so, weil die Behörden sich einen Scheixx darum scheren, was sie eigentlich tun müssten. Anstatt die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sperrt man lieber die Gefährdeten aus und zwingt sie auf ungeeignete Wege, damit der Autoverkehr freie Bahn hat und sich ungehindert austoben kann.

    Oder wie es das BVerfG einmal im Beschluss einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde so schön formuliert hat:


    "Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den Störer, sondern ohne Weiteres - und schwerwiegend in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden."

  • Ich stimme dir ja zu, dass ein Pedalantrieb keine Gefährdung erklären kann. Trotzdem sehe ich Verkehrsteilnehmer, die nicht von 2 Tonnen Stahl und diversen Sicherheitssystemen umgeben sind, als stärker gefährdet an, weil sie bei einem Unfall weniger geschützt sind.

    Unlogisch bleibt es trotzdem, weil man dann auch Motorradfahrer auf Radwege zwingen müsste, um sie vom gefährlichen Autoverkehr zu separieren.

    Wir sind uns aber wohl darin einig, dass der angebliche Schutz vor allem ein Vorwand ist, die "Störer" aus dem Weg zu schaffen. Die Taktik geht auch bestens auf. Wenn ich mich mit Leuten unterhalte, kommen wir oft zu dem Ergebnis, dass die Angst auf der Fahrbahn weniger eine Angst ist, von hinten überfahren zu werden, als vielmehr die Angst, "den Verkehr" zu stören. Dieselbe Angst erklärt meiner Meinung nach auch, warum die Leute auf Gehwegen parken, obwohl es am Fahrbahnrand erlaubt ist.

  • "Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den Störer, sondern ohne Weiteres - und schwerwiegend in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden."

    Quelle: Bundesverfassungsgericht - Presse - Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt

  • Ich stimme dir ja zu, dass ein Pedalantrieb keine Gefährdung erklären kann. Trotzdem sehe ich Verkehrsteilnehmer, die nicht von 2 Tonnen Stahl und diversen Sicherheitssystemen umgeben sind, als stärker gefährdet an, weil sie bei einem Unfall weniger geschützt sind.

    Unlogisch bleibt es trotzdem, weil man dann auch Motorradfahrer auf Radwege zwingen müsste, um sie vom gefährlichen Autoverkehr zu separieren.

    Einmal das. Und dann kommt hinzu, dass diese "Gefährdung durch den Autoverkehr" entgegen des realen Unfallgeschehens immer nur einseitig als "Gefährdung durch Überholen mit Autos im Längsverkehr" gedacht wird.

  • immer nur einseitig als "Gefährdung durch Überholen mit Autos im Längsverkehr" gedacht wird.

    Diese "Gefährdung" existiert ja bei Motorradfahren nicht, da sie mindestens gleich schnell sind und nach dieser "Logik" damit auch keinen "sicheren Motorradweg" benötigen. Und ist auch ein Hinweis auf den wahren Grund für Benutzungspflichten. Autofahrer sollen nicht in Gefahr gebracht wegen Radfahrern bremsen zu müssen.

  • Autofahrer sollen nicht in Gefahr gebracht wegen Radfahrern bremsen zu müssen.

    Mit derselben Logik werden auch Trekker verbannt. Die Methode: Eine Straße wird als Kraftfahrtstraße ausgewiesen, sodass nur Kraftfahrzeuge dort fahren dürfen, die schneller als 60 km/h fahren können. Aber die Bauern lassen sich das nicht einfach so gefallen.

    Die kippen schließlich auch Mist auf Autobahnen, wenn ihnen danach ist.

    In Hannover ignorieren sie ganz einfach das Trekker-Verbot auf der B3: "Hier, zwischen dem Anfang der vor fast genau vier Jahren freigegebenen Ortsumgehung in Ricklingen und der Ampeleinmündung der alten B3 südlich von Arnum, ist die Strecke ausschließlich für Kraftfahrzeuge bestimmt, die schneller fahren können als 60 Kilometer pro Stunde. Fahrzeuge, die höher als vier Meter oder breiter als 2,55 Meter sind, dürfen diese Straße ebenso nicht befahren. Und dennoch waren in der Erntezeit im Sommer und auch jetzt im Herbst immer wieder Landwirte mit ihren Treckern, vollbeladenen Anhängern oder einem hinterhergezogenen Dreschwerk unterwegs."

    HAZ vom 21.10.24:

    Ausnahmen nicht möglich? Land bleibt bei Treckerverbot auf der neuen B3 in Hemmingen

  • Mit derselben Logik werden auch Trekker verbannt.

    Jep. In meinem Blog hatte ich zu dem Thema drei lange Beiträge über die Situation an der B 50 im Hunsrück und den mehrjährigen juristischen Kampf eines Landwirts gegen die Ausweisung als Kraftfahrstraße verfasst. An der B 10 im Pfälzerwald läuft es ähnlich. Nur, dass das auch den Forst- und Landwirten hier vollkommen egal ist. Die fahren zukünftig dann auch auf den Fake-"Radwegen". Und so ähnlich sieht das auch dort dann vermehrt aus.

    Vor ein paar Tagen war ich mal wieder bei einem Radhändler; eigentlich ein netter Typ. Aber halt auch primär ein Autofahrer, für den das Radfahren (MTBen) auch überwiegend nur Freizeitcharakter hat. In einem Nebensatz äußerte er sich auch verächtlich gegenüber den 45-km/h-Autochen. Die an der B 10 vollkommen aufgeschmissen sind, denn die dürfen auch die Fake-Radwege nicht benutzen.

  • In einem Nebensatz äußerte er sich auch verächtlich gegenüber den 45-km/h-Autochen. Die an der B 10 vollkommen aufgeschmissen sind, denn die dürfen auch die Fake-Radwege nicht benutzen.

    Was sind 45 km/h-Autochen? So was wie der Opel-Rocks?

    "Der Rocks Electric hat eine Nenndauerleistung von 6kW. Diese reicht aus um die Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h zu fahren und ist gleichzeitig maßgebend dafür, dass der Rocks Electric in Deutschland bereits ab 15 Jahren gefahren werden kann. Die Maximalleistung des Rocks Electric liegt bei 9kW, die nutzt der Rocks Electric um zügig zu beschleunigen – also noch mehr Fahrspaß für dich!" Quelle: https://www.opel.de/fahrzeuge/rock…en-wartung.html

  • Bei älteren Autofahrern würde man wahrscheinlich 90% schon aussortieren, wenn man zur jeweiligen Verlängerung des Führerscheins (muss man jetzt ja eh alle 5 Jahre!) einen aktuellen Sehtest (der is eh kostenlos!) und einen einfachen Test der Reflexe verlangt. Wohlgemerkt, unabhängig vom Alter, also auch schon wenn man mit ~23 zum ersten Mal den Lappen erneuert.

    n ein bisschen spät dran mit der Antwort aber jetzt kommt trotzdem eine: Mein Punkt sollte darauf hinaus, dass in der Regel gecheckt wird, ob der Mensch körperlich fit ist. Man kann die Reaktionsgeschwindigkeit einer Schnappschildkröte haben, aber mit Diabetes ist man raus. Ein gesunder 70-Jähriger, der (alle Klischees an) im silbernen Kleinwagen innerorts 35 km/h fährt und mit 65 km/h auf die Autobahn auffährt weil er geistig sonst Meilen hinter seinem Fahrzeug her wäre kommt durch solche Tests aber locker durch. Da bräuchte es eher Reflex-Tests und Tests, die das Überblicken einer komplexen Verkehrssituation testen. Wenn ich so sehe, wie langsam und schwerfällig (offensichtlich teils unter Schmerzen) viele in ihre Fahrzeuge einsteigen, dann bin ich mir sicher, dass so ein Test zu massiv vielen Führerscheinentzügen führen würde.

  • Wenn ich so sehe, wie langsam und schwerfällig (offensichtlich teils unter Schmerzen) viele in ihre Fahrzeuge einsteigen, dann bin ich mir sicher, dass so ein Test zu massiv vielen Führerscheinentzügen führen würde.

    Und genau das ist das Problem. Die Mehrheit der Menschen hat heutzutage einen Führerschein und die Bereitschaft den abzugeben geht gegen Null, egal was da komme. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst älter werde, aber diese Geschichten aus dem Bekanntenkreis, wo ein Partner nicht mehr wirklich in der Lage ist, Auto zu fahren, es aber trotzdem tut, häufen sich. Da redet man sich dann ein, man habe ja auch Erfahrung und fahre vorsichtig und defensiv usw.

    Aber selbst wenn es so ist, und selbst wenn es zutrifft, dass das Unfallrisiko bei Älteren niedrig ist, auch wenn sie nicht mehr so hundertprozentig reagieren, wäre es denn so schlimm, wenn einige sehbehinderte, orientierungslose oder reaktionseingeschränkte Autofahrer weniger auf den Straßen unterwegs sind? Und stattdessen mehr und verbesserter ÖPNV stattfindet?

    Das eigentliche Problem ist doch, dass die Autofahrerei an sich nicht infrage gestellt wird. Nach einem barrierefreien ÖPNV zu verlangen, wäre eine logische Reaktion einer älter werdenden Bevölkerung. Und beim Siedlungsbau von vornherein kurze Wege einzuplanen, die zu Fuß zurückgelegt werden können. Aber die Partei, die den ÖPNV-Ausbau in ihr Wahlprogramm schreibt und eine Verkehrswende fordert, wird dafür abgestraft.

  • Da bräuchte es eher Reflex-Tests und Tests, die das Überblicken einer komplexen Verkehrssituation testen. Wenn ich so sehe, wie langsam und schwerfällig (offensichtlich teils unter Schmerzen) viele in ihre Fahrzeuge einsteigen, dann bin ich mir sicher, dass so ein Test zu massiv vielen Führerscheinentzügen führen würde.

    Die ganze Testerei fußt auf der irrigen Ansicht, dass die Verkehrsteilnehmer sich sauber in Unfäller und Nichtunfäller trennen ließen. Das ist für Laien so naheliegend wie nach Ansicht der Unfallforschung falsch. Unfallrisiko ist ein sttistisches Phänomen. Wer behauptet, er könne in einer unfallfreien Stichprobe diejenigen konkret nominieren, die später einen Unfall gehabt haben werden, der lügt sich selber in die Tasche.

    Gedankenexperiment: 10.000 zufällig ausgewählte Senioren testen und anhand des Ergebnisses die 100 benennen, die aufgrund der Testkriterien am wahrscheinlichsten einen Unfall haben werden. Danach die Stichprobe die folgenden drei Jahre nur beobachten. Ich wette, die Unfallquote unter den Nominierten wird nicht größer sein als beim Rest.

  • Das eigentliche Problem ist doch, dass die Autofahrerei an sich nicht infrage gestellt wird.

    Umgekehrt ist die Infragesstellung des Autoverkehrs aber auch keine Rechtfertigung für skrupelloses Ausschließen vom KFZ-Verkehr auf der Basis von Tests mit allenfalls zufallsbasierter Trefferquote.

  • Die ganze Testerei fußt auf der irrigen Ansicht, dass die Verkehrsteilnehmer sich sauber in Unfäller und Nichtunfäller trennen ließen. Das ist für Laien so naheliegend wie nach Ansicht der Unfallforschung falsch. Unfallrisiko ist ein sttistisches Phänomen. Wer behauptet, er könne in einer unfallfreien Stichprobe diejenigen konkret nominieren, die später einen Unfall gehabt haben werden, der lügt sich selber in die Tasche.

    Konkret benennen und Statistik schließt sich natürlich gegenseitig aus. Aber es gibt Faktoren, die die Unfallwahrscheinlichkeit einer Gesamtgruppe nennenswert steigern. Alkohol und (andere) Drogen gehören zum Beispiel dazu, aber auch Faktoren wie Müdigkeit, die sich nicht so ohne weiteres einer Bevölkerungsgruppe zuordnen lassen. Wir haben uns als Gesellschaft deshalb entschieden, 15-jährigen keinen B-Führerschein zu geben, obwohl genug Jugendliche in der Lage wären, ein Fahrzeug sicher zu führen.

  • Konkret benennen und Statistik schließt sich natürlich gegenseitig aus. Aber es gibt Faktoren, die die Unfallwahrscheinlichkeit einer Gesamtgruppe nennenswert steigern. Alkohol und (andere) Drogen gehören zum Beispiel dazu, aber auch Faktoren wie Müdigkeit, die sich nicht so ohne weiteres einer Bevölkerungsgruppe zuordnen lassen. Wir haben uns als Gesellschaft deshalb entschieden, 15-jährigen keinen B-Führerschein zu geben, obwohl genug Jugendliche in der Lage wären, ein Fahrzeug sicher zu führen.

    Eben: die Altersgrenze gilt pauschal. Aber wir testen die Kids nicht, und vergeben dann Führerscheine an anhand Tests mit fragwürdiger Trefferquote ermittelte "frühreife" Jugendliche. Dementsprechend könnte man auch am anderen Ende der Lebensspanne allen Senioren ab 80 das Autofahren verbieten. Die ganze Testerei ist aber gemessen am gewünschten Ziel Voodoo pur.