25. Geburstag Fahrradnovelle

  • Nein.

    Sehe ich genauso. Die Regelung zu Fußweg - Radfahrer frei ist in Bezug auf die Geschwindigkeit des Radverkehrs absolut. Ohne Einschränkungen und Ausnahmen. Das dies in der Praxis vmtl. anders gehandhabt wird, steht auf einem anderen Blatt.


    Edit: Der wesentliche Unterschied der beiden beiden Regelungen, neben der Geschwindigkeit, ist, dass der Gemeinsama Fuß- und Radweg ein Fahrbahnverbot für den Radverkehr beeinhaltet, wohingegen bei Fußweg Radfahrer frei die Nutzung der Fahrbahn zulässig ist. Vmtl. gelten gem. ERA auch unterschiedliche Anforderungen an Mindesbreiten.

  • Nein.

    Solche pauschale Antworten können in Diskussionen zu Blockaden führen.

    Ich hatte weiter oben erwähnt, dass der Gesetzgeber Kindern und sie begleitende Eltern oder andere geeignete Begleiter*innen es ermöglicht, den Gehweg zu benutzen. Dabei geht die StVO davon aus, dass das mit höheren Geschwindigkeiten geschieht als mit Schrittgeschwindigkeit.

    Siehe Tabelle mit dem Vergleich:

    §2, Abs. 5 StVOAnlage 2 zur StVO lfd Nr. 18

    Die Behauptung, Fahrräder dürften auf Fahrradwegen maximal Schrittgeschwindigkeit fahren, ist hilfreich, um zu verdeutlichen, dass ein Fußweg mit Radverkehrsfreigabe keine angemessene Infrastruktur darstellt, die den Bedürfnissen des Fahrradverkehrs gerecht wird.

    Außerdem dient die Verpflichtung zur Schrittgeschwindigkeit auch den Autofahrenden, die zum Beispiel aus einer Einfahrt kommend einen Unfall mit einem schnell fahrenden Fahrradfahrer herbeiführen. Darauf weist z. B. der ADFC hin:

    "Überwiegend kommen diese [Autofahrenden] aus Tiefgaragen, von Tankstellen, Parkplätzen oder anderen Grundstücken und dürfen den Gehweg queren – allerdings nur mit äußerster Vorsicht (§ 10 StVO). Gelingt Autofahrenden der Nachweis, dass sie im Schritttempo oder noch langsamer über den Gehweg gefahren sind, geben Richter überwiegend Radfahrenden die Schuld."

    Ein Irrweg: Radfahren auf Gehwegen
    Radfahrende, die auf dem Gehweg fahren und in einen Unfall verwickelt werden, haben vor Gericht schlechte Karten. Der ADFC warnt: Vollen Schadensersatz…
    www.adfc.de

    Der ADFC Diepholz hat eine gute Darstellung der Thematik veröffentlicht, bei der die Problematik im Vordergrund steht, dass Kommunen aus Kostengründen und/oder weil sie keine Parkplätze zurückbauen wollen, oder weil sie mit dieser Thematik bei niemandem anecken wollen (insbesondere nicht bei den Autofahrenden) einfach liegen lassen.

    "Gehweg + Radfahrer frei" sind keine Radwege!!! - ADFC Kreisverband Diepholz
    MIt dem Zusatzzeichen Radfahrer frei können Gehwege auch zur Benutzung durch den Radverkehr freigegeben werden.
    www.adfc-diepholz.de

    In so einer Diskussion macht der Hinweis auf diesen Satz Sinn: "Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Fahrverkehr warten; er darf nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren." (aus den Erläuterungen zum Fußweg mit Radverkehrsfreigabe Anlage 2 zur StVO lfd Nr. 18) Als pauschale Behauptung den Satz in den Raum zu stellen "Auf Gehwegen mit Radverkehrsfreigabe gilt grundsätzlich immer Schrittgeschwindigkeit", das halte ich aus mehreren Gründen für problematisch.

    Passender ist der Schlusssatz aus dem Text vom ADFC-Diepholz:

    "MERKE: Wenn nur ein einziger baulich abgesetzter Weg neben der Fahrbahn läuft und er keine Beschilderung hat, dann ist das ein GEHWEG — kein Radweg! Dazu dieses Symbol: [Zeichen 239]"

  • Solche pauschale Antworten können in Diskussionen zu Blockaden führen.

    Es ist aber so: Schrittgeschwindigkeit - PUNKT. Dass das (wie so vieles in der StVO, was den nicht-motorisierten Verkehr angeht) nicht überall sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Zu dieser Frage gibt es übrigens einen Aufsatz von Olaf Dilling in der NZV.

  • Es ist aber so: Schrittgeschwindigkeit - PUNKT. Dass das (wie so vieles in der StVO, was den nicht-motorisierten Verkehr angeht) nicht überall sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Zu dieser Frage gibt es übrigens einen Aufsatz von Olaf Dilling in der NZV.

    Es geht doch um folgendes:


    Lt. § 2 StVO dürfen bzw. müssen Kinder bis zu einem bestimmten Alter den Gehweg befahren. Ein Begleiter darf dabei sein.

    In diesem Fällen gilt keine Schrittgeschwindigkeit, sondern eine dem Fußgängerverkehr angepasste Geschwindigkeit. Das heißt, dass man unter Umständen auch deutlich schneller fahren darf als Schrittgeschwindigkeit, z.B. wenn sichtbar überhaupt keine Fußgänger in der Nähe sind.

    Bei der allgemeinen Freigabe von Gehweg mittels Verkehrszeichen hat man diese Formulierung aber gerade nicht gewählt.

    Deshalb ist die in der Anlage 2 zu Vz 239 beschriebene Forderung nach Schrittgeschwindigkeit absolut und ohne Ausnahme zu verstehen. Andernfalls hätte man dort genauso die Formulierung aus § 2 StVO wählen können. Das hat man aber nicht.

    Meines Erachtens sind das beides Regulierungen, die die Welt nicht benötigt und die nur zu Verwirrungen führen.

  • Vor allem beide Regelungen in Kombination sind absurd…

    Bist du mit Kind auf einem nicht zugelassen (und vermutlich auch nicht ansatzweise geeigneten) Gehweg unterwegs, musst du nur auf die Fußgänger Rücksicht nehmen – ist das aber ein "freigegebener Gehweg", der womöglich voll die ERA-Vorgaben für einen Radweg erfüllt (nur eben ohne Benutzungspflicht), musst du Schrittgeschwindigkeit fahren. Ignoriert entsprechend natürlich jeder ganz offen – inklusive ADFC, Stadt oder Polizei…

  • Das Ignorieren von Fakten übrigens auch. :)

    Fakt ist auch, dass du nur bei wenigen Fahrradfahrenden Gehör finden wirst, solltest du versuchen Fahrradfahrende darüber "aufzuklären", dass sie z. B. auf einem solchen Fahrradweg maximal Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen, wenn weit und breit keine Gefahr durch den Radverkehr für den Fußverkehr besteht, weil kein Fußverkehr auf dem Fußweg erkennbar ist und auch niemand plötzlich aus einem Haus oder einer Gartenpforte treten könnte.

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    Käme natürlich auch noch ein bisschen darauf an, wie du in einem solchen Aufklärungsgespräch Schrittgeschwindigkeit definieren würdest. (bis 7 km/h oder eher bis 15 km/h) 15 km/h ist etwa die Geschwindigkeit, die ein Fahrradfahrer fährt, der keine sportlichen Ambitionen hat. (Und ohne Tretunterstützung fährt, wie Rückenwind oder "eingebauter Rückenwind", sprich Pedelec)

  • Bei der allgemeinen Freigabe von Gehweg mittels Verkehrszeichen hat man diese Formulierung aber gerade nicht gewählt.

    Deshalb ist die in der Anlage 2 zu Vz 239 beschriebene Forderung nach Schrittgeschwindigkeit absolut und ohne Ausnahme zu verstehen.

    So auch der Gesetzgeber bei seiner Erläuterung zu den Gründen, warum er die 2009 mit der angeblich wg Zitierfehler "nichtigen" Schilderwaldnovelle der StVO eingeführte "angepasste" Geschwindigkeit beim Neuerlass der StVO 2012 wieder kassiert hat. Das wurde hier schon 2016 diskutiert.

  • Meines Erachtens sind das beides Regulierungen, die die Welt nicht benötigt und die nur zu Verwirrungen führen.

    Vermutlich ist eine Kommune im Vorteil, wenn sie einen Fußweg mit Fahrradverkehrfreigabe mit [Zeichen 239]+[Zusatzzeichen 1022-10] auszeichnet und so verkommen lässt, dass dort Gefahrenstellen entstehen, die einen Fahrradfahrer zum Sturz bringen können.

    Die Kommune könnte dann argumentieren: War ja nicht mit [Zeichen 240] ausgeschildert, sondern nur mit [Zeichen 239]+[Zusatzzeichen 1022-10] ausgeschildert, wärste langsamer gefahren, dann wäre nix passiert. Müsste man mal prüfen, ob eine Kommune damit schon mal durchgekommen ist! Ich fürchte ja.

    Darauf aufmerksam zu machen, wäre auch ein gutes Argument, Fahrradfahrer*innen davon abzuhalten, Fußwege mit Fahrradverkehr-Freigabe zu nutzen. Aber einfach nur sagen: Auf einem Fußweg mit Fahrradverkehr-Freigabe darfst du maximal Schrittgeschwindigkeit fahren, hört sich ziemlich verkopft-ideologisch an.

  • Das hört sich einfach nur nach aktuell gültigem Stand der StVO an. Ob das so sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.

    Wenn man da anders argumentiert, landet man schnell bei der Frage, ob man denn an roten Ampeln anhalten muss, wenn man offensichtlich allein an der Kreuzung steht.

    Die Einschränkung gilt bedingungslos auf freigegebenen Gehwegen. Sollte man also auch seinen Kindern im Zuge der Verkehrserziehung so beibringen.

    Einmal editiert, zuletzt von Silence (8. Dezember 2023 um 14:03)

  • Na, den Benutzungszwang jetzt endlich komplett abzuschaffen. So langsam sollten ja alle gemerkt haben, dass die 1998 eingeführte Regel nicht funktioniert. Einfache Kommunikation: die mit den blauen Schildern ausgewiesenen Verkehrsflächen sind ein Angebot an den Radverkehr.

  • ...Einfache Kommunikation: die mit den blauen Schildern ausgewiesenen Verkehrsflächen sind ein Angebot an den Radverkehr.

    Das kann ich nicht nachvollziehen. Bisher haben wir eine noch einfachere Kommunikation:

    Radwege sind ein Angebot für den Radverkehr.

    Ist daran irgendetwas nicht zu verstehen? Ist das vielleicht irgendwie kompliziert? Oder ist das zu einfach, so dass man es komplizierter machen muss?

    Es wäre bei fehlender Möglichkeit der Benutzungspflicht einfach nur Geldverschwendung, ein riesen Aufwand... und für was?

    Und wenn ein Radweg nicht wie ein Radweg aussieht, weil man ihn nicht als solchen erkennen kann, dann hat man Pech gehabt. Radverkehrsanlagen muss man sich halt erbauen und sich nicht erschildern.

  • Es wäre bei fehlender Möglichkeit der Benutzungspflicht einfach nur Geldverschwendung, ein riesen Aufwand... und für was?

    Und wenn ein Radweg nicht wie ein Radweg aussieht, weil man ihn nicht als solchen erkennen kann, dann hat man Pech gehabt. Radverkehrsanlagen muss man sich halt erbauen und sich nicht erschildern.

    Bitte? Das wirklich Allerletzte, was ich als Radfahrer brauchen kann, sind Zwangsbeglückungen von Behörden, wo Leute arbeiten, die von Tuten und Blasen (=Radfahren) keine Ahnung haben. Von diesen Zwangsbeglückungen hatte ich das vergangene Vierteljahrhundert mehr als genug.

  • Nach meiner Erfahrung werden gute Radwege gerne freiwillig genutzt.

    Schlechte ja auch.😈

    Das Problem an der Benutzungspflicht ist der Umstand, dass sie selbst ihre Ursache darstellt. Weil Radwegebenutzungspflichten offiziell damit begründet werden, dass sie aus Gründen der Verkehrssicherheit zwingend notwenig seien, wähnen alle (Auto- und Radfahrer gleichermaßen), dass die Gefährdung von Radfahrern auf der Fahrbahn erstens objektiv gegeben sei, zweitens sie nicht anders als durch Fahrbahnverbote zu beheben wäre und drittens Vorsatztaten, die zu ihr führen, durch die unterstellte Gefährdungslage legitimiert seien. Am Ende führt diese verdrehte Begründung dazu, dass sich die autofahrenden Biedermänner bei ihren rabiateren Kollegen dafür bedanken können, dass sie sich dafür hergeben, psychischen Druck auszuüben und auch ab und zu physisch zum „Vollstrecker“ zu werden. Wundert sich da noch jemand, dass Radwege mit Inbrunst „freiwillig“ benutzt werden?

  • Hätte man nicht besser sagen können!

    Gerade bei neu gebauten und dann sofort benutzungspflichtig gemachten Radwegen muss man sich ja immer fragen: wie wurde denn der (angeblichen) Gefährdung des Radverkehrs vorher begegnet? Da herrscht dann bei der Straßenverkehrsbehörde meist betretenes Schweigen, weil es vorher gar keine Maßnahmen gab (denn die hätte man ja nur - ohje! - gegen den Kfz-Verkehr verhängen können).

  • Bitte? Das wirklich Allerletzte, was ich als Radfahrer brauchen kann, sind Zwangsbeglückungen von Behörden, wo Leute arbeiten, die von Tuten und Blasen (=Radfahren) keine Ahnung haben. Von diesen Zwangsbeglückungen hatte ich das vergangene Vierteljahrhundert mehr als genug.

    Vom Blasen haben die durchaus Ahnung, nur vom Tuten nicht.8)

    Aber welche Zwangsbeglückung?

    Ich hatte vorgeschlagen, die Möglichkeit, eine Radwegebenutzungspflicht anzuordnen, aus der StVO zu streichen und die entsprechenden Verkehrszeichen nicht mehr zu verwenden. Auf Radwegen darf man dann immer noch fahren.

    Allerdings könnte man dann nicht mehr einfach Gehwege per Schild zum Radweg umfunktionieren. Und das ist auch gut so.

    Auch der Radfahrstreifen muss dann so gestaltet sein, dass man ihn als solchen erkennt. Und so sollte es ja auch jetzt schon sein. Das Verkehrsschild benötigt man einfach nicht.

    Auch sonst sind der Fantasie bei einer StVO-Reform ja kaum Grenzen gesetzt. Man könnte z.B. außerorts eine generelle Benutzungspflicht normieren, nicht jedoch innerorts. Oder man normiert eine Benutzungspflicht nur für Bundes- und Landesstraßen. oder oder oder...

    Schilder benötigt man dafür aber nicht.