Die Waffen nieder - ziviler Widerstand gegen Putins Angriffskrieg

  • Ist der Pazifismus am Ende?

    Wenn ich mir die Leute anschaue, die hin und wieder noch für „den Frieden“ demonstrieren, dann bin ich mir tatsächlich recht sicher, dass die so genannte Friedensbewegung einen Neustart benötigt.

    Im März standen gegenüber meines Arbeitsplatzes in der Hamburger Innenstadt einige Banner herum, unter anderem dieses:

    Dort steht, dass man den Überfall der russischen Armee auf die Menschen in der Ukraine verurteile. Nicht den Überfall auf die Ukraine. Und auch nicht den Überfall Russlands auf die Ukraine.

    Nun weiß ich natürlich nicht, wer dieses Banner gedruckt hat, wer sich den Text dort ausgedacht hat, aber das ist ja die Dogwhistle schlechthin, laut der es gar keine Ukraine als Völkerrechtssubjekt gibt, wohl aber Menschen auf irgendeinem Gebiet, das auf der Landkarte unscharf als „Ukraine“ bezeichnet wird.

    Wir hatten uns damals unfreiwillig noch mit ein paar Leuten dort unterhalten, deren Antwort auf die geopolitischen Spannungen dieser Welt leider nicht über „Abrüstung“ und „Ergeben“ hinausgeht. Die Ukraine möge sich einfach ergeben, dann wäre doch Frieden, Deutschland möge abrüsten, damit wir den russischen Bären nicht provozieren.

    Passend dazu hielt damals eine junge Dame eine Rede, in der „bei Hamburg stationierte Atomwaffen“ erwähnt wurden. Sie hatte Büchel mit Büchen verwechselt.

    Und ich denke, mit dieser Art von Friedensbewegung möchte ich persönlich dann doch nichts zu tun haben.

  • Im März standen gegenüber meines Arbeitsplatzes in der Hamburger Innenstadt einige Banner herum, unter anderem dieses:

    Dort steht, dass man den Überfall der russischen Armee auf die Menschen in der Ukraine verurteile. Nicht den Überfall auf die Ukraine. Und auch nicht den Überfall Russlands auf die Ukraine.

    Nun weiß ich natürlich nicht, wer dieses Banner gedruckt hat, wer sich den Text dort ausgedacht hat, ...

    Möglicherweise geht der Text auf dem Transparent auf diesen Text von Detlef Mielke zurück, ein Redebeitrag für den Ostermarsch Jagel am 15.4.22, bei dem Detlef Mielke für die Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgenerInnen (DFG-VK) spricht.

    Detlef Mielke, Jagel
    Redebeitrag für den Ostermarsch Jagel am 15. April 2022   - Es gilt das gesprochene Wort -   Liebe Freundinnen und Freunde, wir verurteilen den Überfall der…
    www.friedenskooperative.de

    In dem verlinkten Redetext heißt es am Anfang:

    "Liebe Freundinnen und Freunde,

    wir verurteilen den Überfall der russischen Armee auf die Menschen in der Ukraine. Diesen Satz wiederhole ich immer wieder, um klarzustellen: Es gibt keine Rechtfertigung für Krieg.

    Mir ist klar, dass die Friedensszene sich nicht einig ist, mir ist bewusst, dass es Differenzen gibt. – Gerade deswegen verurteile ich den Überfall der russischen Armee auf die Menschen in der Ukraine immer wieder. – Wir sind gegen jeden Krieg."

    Kann sein, dass es so ist, wie du es vermutest, dass damit heruntergespielt werden soll, dass es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Russischen Förderation gegen die Ukraine handelt. Allerdings steht im selben Text weiter unten:

    "Andere ehemalige Verbündete verurteilen den brutalen Überfall der russischen Armee auf die Menschen in der Ukraine nicht öffentlich, sie verurteilen die Kriegsbeteiligung der NATO Staaten mehr, als den Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine. Schade – Die NATO Kriege verurteile ich ebenso. In der Ukraine hat aber die russische Armee angegriffen. – Ringe mit mir, wie ich damit umgehe. Vielleicht können wir gemeinsam auf den Ostermarsch gehen, wir müssen dann aber unsere eigenen Flugblätter machen mit einer klaren Verurteilung des russischen Angriffskrieges."

    Hier fallen die Begriffe, die in dem von dir fotografierten Transparent fehlen, nämlich dass es sich um einen "russischen Angriffskrieg" gegen die "Ukraine" handelt. Und Detlev Mielke weist auf Differenzen innerhalb der Friedensszene hin.

    Aus dem Kontext lässt sich folgern, dass Detlev Mielke mit der Formulierung "Überfall der russischen Armee auf die Menschen in der Ukraine" zum Ausdruck bringen will, dass da nicht ein "abstrakter Machtblock" (Russland oder besser die Russischen Föderation) einen anderen abstrakten Machtblock (die Ukraine) überfallen hat, sondern dass Menschen von anderen Menschen getötet werden. Genau das ist ja die Kritik der Friedensbewegung an Krieg.

  • Welche Art von Friedensbewegung hättest Du denn gern?

    Ich kenne keine andere Art von Friedensbewegung.

    Da gibt es aber einige Organisationen, die für sich sogar den "Titel" Friedensbewegung mit Superlativ in Anspruch nehmen oder so bezeichnet werden:

    "Karneval ist die größte Friedensbewegung der Welt"

    Blick aktuell vom 28.2.22

    "Reisen ist die größte globale Friedensbewegung"

    Welt vom 7.3.2014

    "Die NATO - "die größte Friedensbewegung aller Zeiten"

    Aussage von Chuck Hagel als US-Verteidigungsminister 2014

    "Friedensbewegung, die stärkste Bürgerbewegung in Deutschland"

    NDR über die Massenproteste gegen nukleare Aufrüstung, insbesondere die Demonstration im Bonner Hofgarten 1981, an der 300.000 Menschen teilnahmen.

    NDR vom 22.2.23.

    "Die Bewegung der Blockfreien: »Größte Friedensbewegung der Geschichte«?"

    von Volker Matthies: Verfassung und Recht in Übersee / Recht und Politik in Afrika, Asien und Lateinamerika Bd. 17, Nr. 3 (3. Quartal 1984), S. 311-330 (20 Seiten) Herausgegeben von: Nomos Verlagsgesellschaft mbH

    "Als größte oppositionelle Massenbewegung nach dem Volksaufstand im Juni 1953 ging die Protestbewegung "Schwerter zu Pflugscharen" 1980/82 in die DDR-Geschichte ein."

    Bundeszentrale für Politische Bildung vom 30.9.2005

    Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

  • Publik Forum vom 22.8.23 berichtet: "Der Jurist und Mitgründer der ukrainischen pazifistischen Bewegung Juri Scheljaschenko (...) steht für 60 Tage unter teilweisem Hausarrest. Das Bezirksgericht Kiew ordnete an, dass er von 22 Uhr abends bis zum nächsten Morgen die Wohnung nicht verlassen darf; er muss seinen Reisepass abgeben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm »Rechtfertigung der russischen Aggression« vor.

    Dieser Text stammt von der Webseite https://www.publik-forum.de/publik-forum-1…ewer-pazifisten des Internetauftritts von Publik-Forum

    Einem Pazifisten vorzuwerfen, dass er angeblich einen Angriffskrieg rechtfertige, ist schon ein recht heftiger Vorwurf. Auch der Hinweis darauf, dass in Russland mit Pazifisten noch weniger zimperlich umgegangen wird, kann da nicht als Rechtfertigung dienen.

    Auch in der FR vom 18.8.23 wurde darüber berichtet:

    In beiden Artikeln wird ein Foto mit einer Fahne gezeigt, auf der das Peace-Zeichen abgebildet ist.

    "Für ihren an Ostern 1958 geplanten Protestmarsch sucht eine britische Anti-Atomkriegs-Initiative ein Emblem. Der Grafikdesigner und Künstler Gerald Holtom soll es entwerfen. Am 21. Februar präsentiert er seine Skizzen. Später übernimmt die aus der Initiative und anderen Bewegungen entstandene Campaign for Nuclear Disarmament (Kampagne für nukleare Abrüstung) das Logo."

    aus: https://www.badische-zeitung.de/das-peace-zeic…-149617520.html

  • Den Frieden voran bringen – das Töten beenden! Das ist das Motto des Ostermarsches in Hannover zu dem das Friedensbüro Hannover am Ostersamstag, 30.3.2024 einlädt.

    Bild: Ostermarsch-Auftakt 2022

    Die Auftaktkundgebung zum Ostermarsch 2024 in Hannover ist um 11:00 Uhr an der Ruine der Aegidienkirche, anschließend Demonstration durch die Innenstadt und um 13:00 Uhr ist die Abschluss-Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz.

    Schwerpunkte sind der Krieg in Nahost und in der Ukraine: Dazu heißt es im Aufruf:

    "Das barbarische Massaker der Hamas in Israel hat die langjährige Krise im Nahen Osten verschärft. Israel antwortete mit exzessiver Bombardierung des Gaza-Streifens. Allein bis Ende Februar 2024 wurden 28.000 Menschen getötet. Nötig sind ein sofortiger Waffenstillstand und humanitäre Hilfe für Gaza sowie Verhandlungen, um den Weg zur Freilassung der Geiseln und zu einer langfristigen Friedenslösung zu öffnen."

    (...)

    "Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine muss beendet werden. Es droht die Ausweitung bis hin zum Atomwaffeneinsatz. Weder militärische Offensiven noch Waffenlieferungen oder Sanktionen gegen Russland haben zu Frieden geführt."

    Den Frieden voran bringen – das Töten beenden!Ostermarsch Hannover am 30. März 24 - Friedensbüro Hannover e.V.
    Der diesjährige Ostermarsch findet statt am Ostersamstag, 30.3. 2024Start ist um 11.00 in der Aegidienkirche (Hannoversches Mahnmal gegen den Krieg).Danach…
    frieden-hannover.de

    Eine Liste der verschiedenen Veranstaltungsorte und Termine findet man hier:

    Terminkalender
    Hinweise: FAQ zu Termin eintragen;
    www.friedenskooperative.de

    Die Veranstaltungen werden von den lokalen Friedensgruppen organisiert und haben zum Teil unterschiedliche Themenschwerpunkte.

    In Hamburg ist der Ostermarsch am 01. April und beginnt mit einer Auftaktkundgebung um 12.30 Uhr, Piazzetta Ralph Giordano (Bhf. Barmbek)
    Motto: "Krieg ist kein Mittel zur Lösung von Konflikten! Kriegskurs der Bundesregierung stoppen!"

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (18. März 2024 um 15:05)

  • Wenn ich mir die Leute anschaue, die hin und wieder noch für „den Frieden“ demonstrieren, dann bin ich mir tatsächlich recht sicher, dass die so genannte Friedensbewegung einen Neustart benötigt.

    Das hatte Malte im vorletzten Sommer geschrieben.

    Trumps Hetztiraden gegen Selensky erinnerten mich daran, dass es diesen Thread noch gibt, den ich selbst gestartet hatte, aber schon länger nicht mehr mit Beiträgen bedient habe.

    Verdammt, wie sich die Zeiten ändern. Ist der Hinweis auf Bertha von Suttners Buch nun endgültig obsolet?

    Zur Erinnerung nochmal dieses Foto vom Frühjahr 2022, das ich weiter vorne schon eingestellt hatte:

    Irgendwann verschwand dann die Aufschrift "Stoppt den Krieg" an den Öffis in Hameln, die auf Pausenmodus geschaltet sind.

    Und auch diese Ukraine-Herzaufkleber an den Stadtbahnen in Hannover sind inzwischen verschwunden:

    Auf diesen neueren Bildern von Januar 24, bzw. September 24 sind keine Aufkleber mehr zu sehen:

    Dabei ist ja die Bedrohungslage für die Ukraine unverändert heftig, vielleicht sogar heftiger denn je.

    Niemand kann glauben, dass ausgerechnet Trump in Bertha von Suttners Fußstapfen tritt. Und jeder weiß, dass er sich als Ukraine-Friedensengel mit falschen Federn schmückt.

    Trotzdem stellt sich die Frage: Wie sollte der von Malte angeregte "Neustart der Friedensbewegung" aussehen?

    Oder hat die Friedensbewegung jetzt einfach Pause und "Die Waffen nieder"-Bücher verstauben im Regal?

  • Schwierig.

    Der Feindbildaufbau ist heutzutage viel besser und umfassender verankert als noch im ersten kalten Krieg.
    Im ersten kalten Krieg gab es ja abseits der Panikmache rund um die 'Kommunistische Gefahr' noch eine ziemlich breit aufgestellte Linke, die sich dem Feindbildaufbau gegen Kommunismus und gegen antikoloniale Befreiungsbewegungen weitgehend entzogen hatte, ja sogar Solidarität mit selbigen zu zeigen bereit war.

    Mittlerweile aber lauern ja überall nur noch Feinde:
    'Der Russe', 'Der Chinese', Orbans Ungarn, Trumps USA, Palästinenser, Muslime, 'Illegale' Ausländer im Generellen, nicht zu vergessen die Unterstützer:innen dieser Feinde im eigenen Land, die es natürlich auch intensiv zu überwachen und zu bekämpfen gilt, ...
    An 'Feinden' herrscht wahrlich kein Mangel mehr, und es werden ja fast jährlich mehr.

    Im System des globalen Kapitalismus ist das allerdings auch schwer zu vermeiden, da die Beziehungen innergesellschaftlich wie international grundlegend auf Konkurrenz beruhen, und nicht auf Kooperation.
    (Partielle) Kooperationen gibt es eher im Bereich von 'Waffenbrüderschaften', die sich dann 'binnen solidarisch' mit intensiver 'Zusammenhalts-Rhetorik' gegen konkurrierende 'Waffenbrüder' bzw. 'Blöcke' zusammenschließen.

    Die Idee von 'Kapitalismus ohne Krieg' (im Westen maskiert in der Formel vom 'Demokratischen Frieden') ist m.E. eine irreale Fiktion ohne sachlich/fachliche Grundlage.
    Was dagegen reale Wirkung entfalten konnte war 'pax americana' in einer teils bipolaren ('Westblock' vs. 'Ostblock') im Kern aber unipolar aufgestellten Welt mit unbestrittener Dominanz der USA.

    Insofern ist es in einer Zeit, in welcher zwar der Kapitalismus von Krise zu Krise stolpert, aber zugleich Kritik am Kapitalismus quasi ausgestorben ist, nicht zu erwarten, dass noch eine wirksame Opposition zu den grassierenden Kriegsplänen entstehen wird.
    Bei den Grünen ist das doch perfekt und in Echtzeit zu beobachten gewesen.
    Die emsig selbstsatte Beflissenheit eines in edlen und bewesteten Zwirn gezurrten Anton Hofreiter in Talk-shows über die unterschiedlichsten Typen unserer tollen 'Hart wie Kruppstahl - Haubitzen' zu dozieren kann da durchaus als pars-pro-toto durchgehen.
    Und der Herr gilt ja immer noch als 'Parteilinker' !!
    Mit diesem Schwenk der Olivgrünen hin zum hardcore Militarismus, in welchem die so tapfer und heroisch kämpfenden ukrainischen jungen Männer und Frauen als 'zu bewundern' geframt wurden, statt das elendig blutige Verrecken in den schlammigen kalten Schützengräben mit Menschen, die verzweifelt versuchen sich ihre herausquellenden Gedärme wieder in die Bauchhöhle zu schieben (der erste Weltkrieg lässt grüßen), zu thematisieren, wurde ja auch genau jener Teil der 'Liberal-progressiven' Mittelschichten in die neue deutschen Kriegsbegeisterung mitgenommen, die früher als Anti-Kriegs Opposition zur Verfügung gestanden hätten und zu Millionen auf die Straßen gegangen waren.

    Von den im gesamten 'Wertewesten' aufstrebenden rechts-faschistischen Kräften und der erneuten Kumpanei mit der sogenannten 'bürgerlichen' aka kapitalistischen 'Mitte' mal ganz zu schweigen.

  • Im System des globalen Kapitalismus ist das allerdings auch schwer zu vermeiden, da die Beziehungen innergesellschaftlich wie international grundlegend auf Konkurrenz beruhen, und nicht auf Kooperation.
    (Partielle) Kooperationen gibt es eher im Bereich von 'Waffenbrüderschaften', die sich dann 'binnen solidarisch' mit intensiver 'Zusammenhalts-Rhetorik' gegen konkurrierende 'Waffenbrüder' bzw. 'Blöcke' zusammenschließen.

    Das ist mir zu sehr monokausal gedacht: "Es gibt den Kapitalismus und der ist an allem Schuld."

    Die Gründung von Verteidigungsbündnissen (ich halte das für einen geeigneteren Namen als "Waffenbrüderschaften") ist verständlich, anders könnten kleine Länder gar nicht fortbestehen. Das, was Trump uns jetzt beschert, ist das Versagen eines Verteidigungsbündnisses, weil er anscheinend glaubt beliebig agieren zu können ohne Rücksicht auf gewachsene Strukturen.

  • Wie oft wurde denn die kleine Schweiz bereits in Schutt und Asche gelegt, weil sie ja in keiner Waffenbruderschaft organisiert ist?
    Was den Kapitalismus angeht, gilt m.E. der alte Horkheimer Satz in abgewandelter Form durchaus nicht nur, wie im Original, für Faschismus, sondern auch für Krieg und Imperialismus:

    "Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll auch vom Kriege schweigen"

    Wir erleben doch derzeit Beides:
    die erneute Hinwendung des zwischen Krise und Extragewinnen daher stolpernden Kapitalismus zur faschistischen Option auch in den 'Kernländern der Formaldemokratie', sowie das konkurrierende Abstecken der globalen claims (klassische Rohstoffe, Wasser, Sonnengebiete, seltene Erden, ...) im beginnenden postfossilen Produktionsmodus.
    Begleitend wird, wie es in kriegsvorbereitenden Zeiten notwendig ist, in den jeweiligen Blöcken versucht weitgehende Autarkie herzustellen ('neuer' Protektionismus).
    Gleichzeitig verschärft sich die Frage bzw. die Notwendigkeit der Herstellung von stabiler innerer Hegemonie zugunsten des Status Quo Erhalts der (be-)herrschenden Gruppen und Institutionen, was sich in extremer Ausweitung des Überwachungsstaates, in Kämpfen um die Verfügbarkeit und den Zugriff auf 'Öffentlichkeit' und die an die aufgebauten Feindbilder gekoppelten Diskursverengungen (zB DAS IST KREMLNARRATIV !!1elf1!1" oder auch in der Variante "DAS IST ANTIAMERIKANISMUS11!1elf1" oder "DAS IST ANTISEMITISCH !!11elf1!1".

    Es stimmt natürlich, dass auch und vor allem in Deutschland der Antisemitismus wieder anwächst bzw. sichtbarer wird, aber das sind zwei verschiedene Paar Schuhe: einerseits die Gefahr/Bedrohung durch anwachsenden realen Antisemitismus, anderseits die PR-Figur, mit welcher unliebsame Meinungen/Positionen/Tatbestände aus den Diskursen verdrängt werden (sollen).
    Siehe die jüngsten Debatten bzw. Vorgänge rund um Uni-Veranstaltungen, etc.

    Siehe das 'Aufräumen' des Trump-Regimes in der US-Kulturlandschaft, siehe das 'Aufräumen' des russ. Regimes in vielen gesellsch. Bereichen incl. Medienzensur, Kulturzensur, harter Repression bei abweichenden Äußerungen oder gar Protest.
    In Deutschland wird das vergleichsweise erstmal weniger sichtbar, aber immerhin sind wir ein Land, dessen Regierung/Justiz harmlose junge Menschen, die sich für den grundgesetzlich vorgeschriebenen Klimaschutz einsetzen und den systemrelevanten Autoverkehr dazu mal für ein paar Minuten blockieren als kriminelle Vereinigung verfolgt und einkerkert incl. mehrwöchiger 'Präventivhaft' bereits für lediglich 'zu erwartende' Vergehen, was durchaus an die alte deutsch 'Schutzhaft' erinnert.

    Wir können doch gerade die klassische doppelte Hochrüstung nach Außen und nach Innen als Zeitzeugen live miterleben.
    Das "Wehret den Anfängen" wurde erfolgreich auf die AfD eingezäunt, nach dem Motto:
    menschenverachtendes Asylsystem bzw. Abschiebungs- und Pushback-System ist böser Faschismus, wenn von der AfD vertreten, aber zugleich die Rettung des Abendlandes, wenn von cDU oder den Grünen vertreten.
    Und wenn's der Stabilität der Waffenbrüderschaft dient, dann gibt's auch das Küsschen der 'Mitte' mit der Faschistin Meloni, wo mir gleich der alte Tucholsky einfällt:
    "Küsst die Faschisten wo ihr sie trefft"

    Dass solche Entwicklungen nicht nur im Kapitalismus auftreten bzw. auftraten stimmt natürlich, wie sich in der Geschichte der Sklavenhaltergesellschaften und des Feudalismus ja gezeigt hat. Aber das sind ja, obwohl sich immer noch erstaunlich große Restbestände von Sklavenausbeutung und Feudalstrukturen auffinden lassen, historische Systeme, die zur Zeit nicht akut diskutiert werden müssen, wenn es um die Klärung der Frage geht, warum wir erneut vor der sehr realen Gefahr eines weiteren großen Weltkrieges stehen, und warum die Remilitarisierung der Gesellschaften so rapide voranschreitet bei gleichzeitig minimierten Widerstandskräften.

    Aber es gibt ja auch positive Seiten! Die Aktionäre und Aktionärinnen der börsennotierten Rüstungskonzerne können beruhigt auf einträgliche und gesicherte Reichtumsmehrung hoffen.