Gemeinsame Geh- und Radwege ohne Benutzungspflicht

  • Es gibt seit ca. 4 Jahren bundesweit die Möglichkeit, gemeinsame Geh/Radwege ohne Benutzungspflicht zu kennzeichnen. Kennt ihr das/was haltet ihr davon? 10

    1. Hab ich schon mal gesehen (3) 30%
    2. Hab ich noch nie gesehen (6) 60%
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    4. Find ich gut, sollte statt RWBP eingesetzt werden (8) 80%

    Würde mich interessieren, was ihr von nicht benutzungspflichtigen gemeinsamen Geh/Radwegen haltet. Man kann also wählen, ob man auf der Fahrbahn oder auf dem Gehweg radelt.

  • Würde mich interessieren, was ihr von nicht benutzungspflichtigen gemeinsamen Geh/Radwegen haltet. Man kann also wählen, ob man auf der Fahrbahn oder auf dem Gehweg radelt.

    Deine Frage lautet: "Es gibt seit ca. 4 Jahren bundesweit die Möglichkeit, gemeinsame Geh/Radwege ohne Benutzungspflicht zu kennzeichnen. Kennt ihr das/was haltet ihr davon?"

    Das ist meines Erachtens so nicht richtig. Wie genau sieht denn so ein gemeinsamer Geh-/Radweg aus hinsichtlich der Ausschilderung?

    Es gibt die Möglichkeit einen Gehweg für den Radverkehr freizugeben. Das ist dann jedoch kein gemeinsamer Geh- und Radweg, sondern ein Gehweg, der für den Radverkehr freigegeben ist, was mit sehr hohen Auflagen für den Radverkehr verbunden ist. Zum Beispiel maximal Schrittgeschwindigkeit fahren, um Fußverkehr nicht zu gefährden.

    In Hannover werden nach meiner Beobachtung Angebotsradwege niemals als gemeinsame Geh- und Radwege ausgeschildert oder durch Boden-Piktogramme markiert. Es gibt allerdings zahlreiche Angebotsradwege in der Form, dass ehemalige Hochbordradwege vom Radverkehr benutzt werden dürfen, wenn diese Hochbordradwege durch eine unterschiedliche Pflasterung oder einer Begrenzungslinie als solche erkennbar abgegrenzt sind vom parallel verlaufenden Gehweg.

    Wenn der dann außerdem in beide Richtungen benutzt werden darf, dann ist das nicht nur an Bodenmarkierungen ersichtlich, sondern außerdem durch dieses Ausschilderung [Zusatzzeichen 1000-33] erkennbar.

    Zum Beispiel hier an der Wülfeler Straße:

    Wenn ein solcher Hochbordradweg keine Ausschilderung hat, dann ist es ein Angebotsradweg, der rechtsseitig nur in die richtige Fahrtrichtung befahren werden darf. Das gibt es sehr oft in Hannover.

    Zum Beispiel hier an der Straße Döhrbruch in Kirchrode:

    (Als das historische Fahrzeug auf dem Foto erstmalig zugelassen wurde, da war der Radweg ohne entsprechende Ausschilderung noch Pflicht für den Radverkehr.)

    Was ich davon halte, dass es seit ca. 4 Jahren bundesweit die Möglichkeit gibt, gemeinsame Geh/Radwege ohne Benutzungspflicht zu kennzeichnen? Das ist für mich in Hannover eigentlich ziemlich uninteressant, weil es in Hannover sehr viele dieser Angebotsradwege gibt, die nicht erst gekennzeichnet werden müssen.

    Und wo es reine Fußwege gibt, da sollen sie auch so bleiben, oder allenfalls mit [Zeichen 239] + [Zusatzzeichen 1022-10]gekennzeichnet werden.

    Mir ist in Hannover kein gemeinsamer Fuß- und Radweg bekannt außer denen, die so ausgeschildert sind:

    [Zeichen 240]

    Ich halte nichts von der Diskussion über die Frage, ob Radfahrer*innen grundsätzlich auf der Fahrbahn fahren sollten, wenn diese Frage einfach so solitär in den Raum gestellt wird. Ich halte allerdings ganz viel davon, dass Radfahrer*innen grundsätzlich auf der Fahrbahn fahren und breite Gehwege für Fußgänger angeboten werden. Und das akzeptieren die allermeisten Radfahrer*innen auch ganz selbstverständlich und fahren entsprechend auf der Fahrbahn, wenn dort kein Autoverkehr oder nur ein sehr stark reduzierter Autoverkehr mit niedrigen Geschwindigkeiten stattfindet. Und nur so kann es funktionieren. Nicht in der Form, dass Fahrradfahrer gezwungen werden auf stark vom Autoverkehr belasteten Fahrbahnen zu fahren. Neuplanungen müssen so gestaltet sein, dass kein privater Autoverkehr stattfindet. Und der bestand muss sukzessive dahin entwickelt werden. Leider sehe ich derzeit keine politische Mehrheiten dafür, den Autoverkehr flächendeckend entsprechend zu reduzieren und das Tempo des Autoverkehrs wirksam zu begrenzen.

  • Pepschmier zu seiner Umfrage:

    Der Verein FUSS e.V. (Fachverband Fußverkehr Deutschland) schreibt zu dem gemeinsamen Fuß- und Radweg, der mit einem Bodenpiktogramm gekennzeichnet ist:

    "Gemeinsame Geh- und Radwege führen vor allem innerorts oft zu Konflikten zwischen Fuß- und Radverkehr. Die nun (seit 2017) erlaubte Regelung ohne Beschilderung, aber mit Piktogrammen kann dazu führen, dass noch mehr Radler*innen unerlaubterweise den Gehweg benutzen: RadlerInnen werden förmlich eingeladen, von der Straße auf den Gehweg abzubiegen. Das wäre fatal, und nicht nur - aber auch -, weil der Radverkehr durch die Elektrifizierung zunimmt und schneller wird."

    Quelle: https://www.fuss-ev.de/?view=article&…-und-radverkehr

    Da kann ich mich FUSS e.V. im Prinzip nur anschließen. Allerdings stimmt die von FUSS e. V. getroffene Stellungnahme nicht ganz. Denn es heißt, dass die Bodenpiktogramm-Regelung dazu führen könne, dass noch mehr Radler*innen unerlaubterweise den Gehweg benutzen. Dort wo diese Bodenpiktogramme aber aufgetragen sind, wäre es allerdings keine "unerlaubte" Benutzung. Außerdem wünsche ich von FUSS e.V., dass sie Fahrradfahrer*innen statt Radler*innen als Begriff für Fahrradfahrende benutzen.

    Und auch FUSS e.V. darf gerne etwas grundsätzlichere Autokritik üben. Schließlich ist vielerorts die hohe Autopräsenz dafür verantwortlich, dass es den Fußgängerinnen, quasi "am Ende der Verdrängungskette" schlecht ergeht.

    Der bekannte Verkehrswissenschaftler Knoflacher sagt zu der Frage: "Welche Fortbewegungsart hat Vorrang?

    Das Gehen erhält oberste Priorität, das Rad mit seinen 12 bis 13 km/h Reisegeschwindigkeit steht an zweiter Stelle. Für höhere Geschwindigkeiten gibt es den öffentlichen Verkehr. Aber meistens brauchen wir keine höheren Geschwindigkeiten."

    Hermann Knoflacher: Warum das Auto die Welt furchtbar macht
    Hermann Knoflacher (78) ist der geistige Vater der weitgehend autofreien Wiener Innenstadt. Der Professor für Verkehrswissenschaften bezeichnet das Auto als…
    www.manager-magazin.de
  • Jeder Angebotsradweg (und so mancher Gehweg) hat leider eine ungeschriebene Benutzungspflicht eingebaut, sobald er durch eine Windschutzscheibe gerade so als solcher erkennbar ist.

  • Woran ist denn diese "ungeschriebene Benutzungspflicht" zu erkennen, wenn sie doch ungeschrieben ist. Klar: So wie sich viele Teilnehmer am Autoverkehr (leider oft auch Verkehrsordnungsdienste) aufführen, kann man schon das Gefühl bekommen, in einen Angebotsradweg (oder einen Fußweg) sei eine ungeschriebene Benutzungspflicht eingebaut. Bei Abwesenheit von Autoverkehr hingegen hatte ich noch nicht das Gefühl in einen parallel verlaufenden Angebotsradweg sei eine "ungeschriebene Benutzungspflicht" eingebaut.

    Bei Anwesenheit von Autoverkehr wiederum hatte ich schon häufiger das Gefühl, dass sowohl in nicht benutzungspflichtige, als auch in benutzungspflichtige Fahrradwege und Fußwege eine "ungeschriebene Benutzungspflicht" für den Autoverkehr eingebaut sei.

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (8. November 2021 um 13:00) aus folgendem Grund: Ergänzung zweiter Absatz und Bilder

  • Jeder Angebotsradweg (und so mancher Gehweg) hat leider eine ungeschriebene Benutzungspflicht eingebaut, sobald er durch eine Windschutzscheibe gerade so als solcher erkennbar ist.

    Und das wird eben umso schlimmer, je mehr Hochbordwege, die zum Radfahren eigentlich völlig ungeeignet sind, zum Radfahren tatsächlich freigegeben oder sogar benutzungspflichtig sind.

    So wirklich toll ist es ja nirgends, aber man merkt schon einen gewissen Unterschied auch im Verkehrsklima zwischen unterschiedlichen Kommunen, wenn dort die Regeln konsequenter umgesetzt werden. Je normaler es ist, dass jeder Kackweg zum Radfahren da sein soll, desto weniger Akzeptanz findet man auf der Fahrbahn und desto weniger Wege gibt es, auf denen man tatsächlich passabel Radfahren kann.

  • Dass viele Autofahrer*innen es für selbstverständlich halten, dass Fahrradfahrer*innen jeden Radweg benutzen, hat nicht nur damit zu tun, dass es tatsächlich bis 1998 für Fahrradfahrer*innen eine Benutzungspflicht für alle Radwege gab.

    "Seit dem 1.10.1998 gibt es keine allgemeine Radwegbenutzungspflicht mehr. Die von den Nazis 1934 eingeführte Regel, wonach Radfahrer IMMER einen Radweg benutzen mussten, wurde aufgehoben."

    „benutzungspflichtige“ Radwege sollen die Ausnahme sein › Hochbord, Radweg, Radweg mit Benutzungspflicht, Radwegbenutzungspflicht, Sonderweg, StVO
    Seit dem 1.10.1998 gibt es keine allgemeine Radwegbenutzungspflicht mehr. Die von den Nazis 1934 eingeführte Regel, wonach Radfahrer IMMER ...
    www.adfc-diepholz.de

    Autofahrer*innen informieren sich aber nicht unbedingt beim ADFC über Verkehrsregeln.

    Auf der Internetseite kfz-auskunft.de steht dagegen in einem Artikel mit der Überschrift, "Radwegbenutzung: Müssen Radfahrer den Radweg benutzen?":

    "Wenn keine Verkehrsschilder am Wegrand stehen, dürfen Radfahrer seit 2010 auch auf der Straße fahren - selbst wenn es einen Radweg gibt", erklärt Karl Walter, der Verkehrsexperte beim Infocenter der R+V Versicherung in Wiesbaden.

    Das sollten Autofahrer wissen: Vor fünf Jahren hob das Bundesverwaltungsgericht die generelle Pflicht zur Benutzung von Radwegen auf. (...) Experten raten jedoch dazu, immer den Radweg zu benutzen."

    Radwegbenutzung: Müssen Radfahrer den Radweg benutzen?

    Vermutlich spielt der Artikel auf kfz-auskunft.de auf ein Urteil von 2010 des Bundesverwaltungsgerichtes an:

    "Urteil vom 18.11.2010 -

    BVerwG 3 C 42.09

    ECLI:DE:BVerwG:2010:181110U3C42.09.0

    Leitsatz:

    Eine Radwegebenutzungspflicht darf nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt..."

    Es geht in dem Urteil des BVerwG also gar nicht um die Radwegbenutzungspflicht, die für viele Radwege ja bereits seit 1998 aufgehoben ist, sondern um die Frage der Anordnung einer Benutzungspflicht. Die Internetseite benutzt also (bewusst?) eine falsche Zeitangabe für die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht für Radwege, die nicht mit [Zeichen 237] , [Zeichen 240] oder [Zeichen 241-30] gekennzeichnet sind. (Statt 1998 wird 2010 genannt.)

    Welche Experten das sein sollen, die laut kfz-auskunft.de dazu anraten, "immer den Radweg zu benutzen", bleibt unklar.

    Der ADFC schreibt dazu: "Etwa seit Ende der 80er Jahre ist bekannt, dass das Fahren auf Radwegen keinesfalls sicherer ist als das Fahren auf der Fahrbahn. Deshalb wurde die generelle Radwegbenutzungspflicht bereits 1998 aufgehoben („Fahrradnovelle“)." (ebenda)

  • Und das wird eben umso schlimmer, je mehr Hochbordwege, die zum Radfahren eigentlich völlig ungeeignet sind, zum Radfahren tatsächlich freigegeben oder sogar benutzungspflichtig sind.

    So wirklich toll ist es ja nirgends, aber man merkt schon einen gewissen Unterschied auch im Verkehrsklima zwischen unterschiedlichen Kommunen, wenn dort die Regeln konsequenter umgesetzt werden. Je normaler es ist, dass jeder Kackweg zum Radfahren da sein soll, desto weniger Akzeptanz findet man auf der Fahrbahn und desto weniger Wege gibt es, auf denen man tatsächlich passabel Radfahren kann.

    Das würde ich so pauschal nicht sagen. Es gibt Kommunen, die schreiten sehr mutig voran, wenn es um die Aufhebung der Radwege-Benutzungspflicht geht. Aber besonders bei Fahrbahnen die sehr schnell und/oder sehr dicht vom Autoverkehr befahren werden, ist es in vielen Kommunen üblich, die Option offen zu halten, einen vorhandenen Hochbordradweg als Angebotsradweg weiter zur Verfügung zu stellen. Es gibt aber sicher auch Kommunen, die dem überkommenen Schwarz-Weiß-Schema entweder Radwegbenutzung mit Pflicht oder gar kein Radweg folgen. Die kennen keine Grautöne.

    Und es gibt Kommunen, die einen Angebotsradweg offen halten, aber gleichzeitig diesen Angebotsradweg so verkommen lassen, dass er nicht zuletzt aufgrund der Schlaglöcher und anderer Sturzgefahren zur Gefahr wird.

    Würden deutlich mehr Menschen das Rad benutzen, dann wäre auf den vorhandenen Radverkehrsanlagen, auch wenn es sie zahlreich gäbe und sie den neuesten Standards entsprächen und deutlich mehr als die Mindestbreite aufweisen, ohnehin zu wenig Platz, um ein deutlich höheres Radverkehrsaufkommen abzuwickeln. Sieht man nicht zuletzt bei einer "Critical Mass".

  • Was das Gehwegradeln betrifft, so denke ich inzwischen, dass man es für Senioren generell freigeben sollte wo Tempo 50 erlaubt ist. Also die Radfahrer nicht mehr als homogene Gruppe betrachtet. Schließlich sind sie diejenigen mit den größten Geschwindigkeitsunterschieden innerhalb der Stadt.

    Auf keinen Fall, alleine schon deshalb nicht weil das eine Diskriminierung der Fahrrad fahrenden Ü60 (oder ab wann ist man bei dir ein Senior?)-Verkehrsteilnehmer*innen darstellen würde. Aber auch weil es tatsächlich dazu führen würde, dass sich Autofahrer noch mehr im Recht sähen, wenn sie mal wieder Fahrradfahrer*innen anblaffen und anhupen. Als Ü60-Verkehrsteilnehmer*in müsste ich mir dann bei jeder Gelegenheit gefallen lassen, dass so ein Autofahrerschnösel brüllt, "He du Fossil, für dich haben'se den Gehweg zum Radeln freigegeben."

    Dazu kommt, dass gerade in der gehobenen Altersklasse die Einkommensverhältnisse oft ein E-Bike zulassen. Und wer damit erst mal anfängt, der bleibt auch oft dabei und fährt damit bis 25 km/h.

    An anderer Stelle hatte ich einmal vorgeschlagen, dass man reine Angebots-Fahrradwege oder Fußwege mit Radfahrer frei nur noch für solche Fahrradfahrer*innen freigibt, die bei 50 Pedalumdrehungen pro Minute maximal 15 km/h schnell fahren. (Das entspricht etwa 1. bis 2. Gang bei einer Dreigang-Nabenschaltung) Oder bei denen die Motorunterstützung bei 15 km/h abschaltet. Das halte ich nach wie vor für erwägenswert, aber nur für die (noch) vorhandenen Angebotsradwege und nicht mit dem Ziel noch mehr Fußwege für den Radverkehr frei zu geben.

  • Würde mich interessieren, was ihr von nicht benutzungspflichtigen gemeinsamen Geh/Radwegen haltet. Man kann also wählen, ob man auf der Fahrbahn oder auf dem Gehweg radelt.

    Ich kenne nur sonstige Radwege, die sind aber baulich vom Fußweg unterscheidbar und gehören für mich in die Kategorie getrennter Fuß-/Radweg (ohne Benutzungspflicht).

  • Ich kenne nur sonstige Radwege, die sind aber baulich vom Fußweg unterscheidbar und gehören für mich in die Kategorie getrennter Fuß-/Radweg (ohne Benutzungspflicht).

    Ok, für alle, die diese Dinger nicht kennen: Die StVBs in ganz Deutschland können gemeinsame Geh/Radwege kennzeichnen, deren Benutzung freiwillig ist. Das sieht dann so aus:

    Geh- und Radweg mit Markierung

    VCD-PM 09/2018 - Geh- und Radwege ohne Benutzungspflicht können nun eindeutig gekennzeichnet werden

    Wenn jemand eine RWBP weg haben möchte, weil die Voraussetzungen dafür fehlen, sollte er m.E. die Behörde fragen, warum sie denn nicht diese Variante wählt? Für den ein oder anderen, der sich wg. RWBP im Clinch mit seiner StVB befindet, vielleicht ein ganz brauchbares Argumentations- und/oder Druckmittel.

  • Leider wird man bei solchen Vorschlägen in vielen Fällen feststellen , das die eigentliche Intention des benutzungsflichtigen Radwegs "Rad weg von der Fahrbahn" ist.

    Wenn die Verwaltung das zugibt, hat man es "schwarz auf weiß", dass die sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Das kann man dann nutzen ...

  • Ok, für alle, die diese Dinger nicht kennen: Die StVBs in ganz Deutschland können gemeinsame Geh/Radwege kennzeichnen, deren Benutzung freiwillig ist. Das sieht dann so aus:

    Geh- und Radweg mit Markierung

    http://vcd-bayern.de/presse/pm201809.html

    Wenn jemand eine RWBP weg haben möchte, weil die Voraussetzungen dafür fehlen, sollte er m.E. die Behörde fragen, warum sie denn nicht diese Variante wählt? Für den ein oder anderen, der sich wg. RWBP im Clinch mit seiner StVB befindet, vielleicht ein ganz brauchbares Argumentations- und/oder Druckmittel.

    Dieses Konstrukt gefällt mir nicht. Damit wird eine weitere Wege-Kategorie geschaffen, bei der der Fußverkehr unter die Fahrrad-Räder kommt. Ein Gehweg, der mit [Zeichen 239] + [Zusatzzeichen 1022-10] gekennzeichnet ist, bedeutet immerhin einen relativ hohen Schutz für den Fußverkehr (im Vergleich zu [Zeichen 240] ):

    "Wichtig dabei: Radfahrer sind auf Gehwegen mit dem Zusatzzeichen 1022-10 nur “zu Gast”.

    Radfahrer müssen auf Fußgänger Rücksicht nehmen (Anlage 2 Abschnitt 5 Sonderwege laufende Nummer 18 StVO).

    Fußgänger dürfen durch Radfahrer weder gefährdet, noch behindert werden (Anlage 2 Abschnitt 5 Sonderwege laufende Nummer 18 StVO).

    (...)

    Durch die Kombination aus dem Hauptzeichen “Gehweg” und dem Zusatzzeichen “Radfahrer frei” wird Radfahrern auch eine Geschwindigkeit vorgegeben:

    Auf Wegen mit einer Beschilderung aus “Gehweg” und “Radfahrer frei” dürfen Radfahrer nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren."

    Zusatzzeichen 1022-10 “Radfahrer frei”: Bedeutung erklärt
    Immer häufiger ist das Zusatzzeichen 1022-10 “Radverkehr frei" auf deutschen Straßen anzutreffen. Es wird oftmals auch "Radfahrer frei" genannt. Wo ist…
    www.stvo2go.de

    Wer ist denn da bei wem zu Gast, wenn ein Bodenpiktogramm einen Weg als Fuß- und Rad-Verkehrsweg kennzeichnet? Gilt auf solchermaßen mit Bodenpiktogrammen gekennzeichneten Wegen ebenfalls, dass der Fahrradverkehr "zu Gast" ist?

    Vermutlich bestehen da dieselben Grau-Bereiche, wie bei gemeinsamen Fuß- und Radwegen mit [Zeichen 240] -Beschilderung.

    Deshalb würde ich davon abraten, dieses Konstrukt gemeinsamer Fuß- und Radweg, gekennzeichnet durch Bodenmarkierung, allzu offensiv einzufordern. Stattdessen wäre es sinnvoller, die verpflichtenden gemeinsamen Fuß- und Radwege ( [Zeichen 240] ) möglichst aufzuheben, oder in Einzelfällen je nach Verkehrssituation durch [Zeichen 239] + [Zusatzzeichen 1022-10] zu ersetzen.

    Ohnehin ist die Einrichtung eines gemeinsamen Fuß- und Radweges, gekennzeichnet durch Bodenmarkierungen an enge Voraussetzungen gebunden: "Zu beachten ist bei allen Varianten, dass gemeinsame Wege nur bei geringem Rad- und Fußverkehr zulässig sind. Radfahrer sollten dabei in der Minderzahl sein. Der Weg muss mindestens 2,50 Meter breit sein. Mit zunehmender Anzahl von Fußgängern und Radfahrern steigt die Breitenanforderung auf bis zu 4 Meter. Bei mehr als 150 Radfahrern und Fußgängern pro Stunde, im Gefälle über 3 Prozent oder durch stark frequentierte Haltestellen sollen Radfahrer und Fußgänger nicht mehr auf einem gemeinsamen Weg unterwegs sein, weil es sonst häufig zu Konflikten kommt. In diesen Fällen sind getrennte Wege vorgeschrieben." http://vcd-bayern.de/presse/pm201809.html

    Wenn man nicht will, dass der Fahrradverkehr durch Autos von den Fahrbahnen verdrängt wird, dann ist es nur folgerichtig, dass der Fußverkehr nicht von Fahrrädern von den Fußwegen verdrängt wird. Genau diese Gefahr besteht, wenn allzu leichtfertig gemeinsame Fuß- und Radwege markiert werden würden.

    Priorität sollte eigentlich der ungehinderte Fußverkehr haben, dann erst kommt der ÖPNV und der Radverkehr und ganz am Ende der Autoverkehr, begrenzt auf möglichst wenige Anwendungsfälle, was privaten KFZ-Verkehr bis auf wenige "Schwere-Fälle" ausschließt. Leider ist es aufgrund der übergroßen Dominanz des Autoverkehrs und seiner Apologeten im Alltag kaum möglich systematisch eine vernünftige Priorisierung der Verkehrsarten vorzunehmen. Das sollte aber nicht dazu führen, dass der Radverkehr den Fußverkehr verdrängt.

  • An anderer Stelle hatte ich einmal vorgeschlagen, dass man reine Angebots-Fahrradwege oder Fußwege mit Radfahrer frei nur noch für solche Fahrradfahrer*innen freigibt, die bei 50 Pedalumdrehungen pro Minute maximal 15 km/h schnell fahren. (Das entspricht etwa 1. bis 2. Gang bei einer Dreigang-Nabenschaltung) Oder bei denen die Motorunterstützung bei 15 km/h abschaltet. Das halte ich nach wie vor für erwägenswert, aber nur für die (noch) vorhandenen Angebotsradwege und nicht mit dem Ziel noch mehr Fußwege für den Radverkehr frei zu geben.

    Ja, das ist ungefähr die Grenzgeschwindigkeit. Die Erlaubnis zum Gehwegradeln an die Geschwindigkeit statt ans Alter zu knüpfen, ist sicher sympathischer.

    Es gibt aber auch viele Leute Ü60, die Jahrzehnte quasi nicht mehr Rad gefahren sind und sagen: "Bei dem Verkehr trau' ich mich nicht auf die Straße."

  • Die Forderung nach Radverkehrsförderung sehe ich deswegen auch eher als Greenwashing. Es wird unterwellig angedeutet, dass dann weniger Autos fahren, was ich nicht erkenne kann. Eher wird der ÖPNV geschwächt, was ich für problematisch halte.

    Was ich noch problematischer sehe, sind die E-Scooter. Die zielen auf Leute, die sonst viel ÖPNV fahren, nutzen die lokale Infrastruktur und ziehen das Geld aus den Städten ab. Und (zumindest hier in Jena) genießen sie völlige Immunität im ruhenden Verkehr.

  • Ja, das ist ungefähr die Grenzgeschwindigkeit. Die Erlaubnis zum Gehwegradeln an die Geschwindigkeit statt ans Alter zu knüpfen, ist sicher sympathischer.

    Es gibt aber auch viele Leute Ü60, die Jahrzehnte quasi nicht mehr Rad gefahren sind und sagen: "Bei dem Verkehr trau' ich mich nicht auf die Straße."

    Das ist richtig, aber die könnten ja dann zumindest an den Stellen, an denen es keine richtigen Radwege gibt, sondern nur Fußwege mit Radverkehrsfreigabe, mit einem entsprechenden Fahrrad (maximal 15 km/Stunde bei 50 Pedalumdrehungen pro Minute) den Gehweg mit Radverkehr-Freigabe benutzen.

    Man kann das übrigens ganz leicht überprüfen: Bei einem Fahrrad mit maximal 15 km/h bei 50 Pedal-Umdrehungen pro Minute ist der zurückgelegte Weg bei einer Pedal-Umdrehung genau 5 m.

    Bei allen Straßen ist es aber grundsätzlich besser, sie vom Autoverkehr zu entlasten und zuverlässig für niedrige Geschwindigkeiten des Autoverkehrs zu sorgen (Innerorts max. 30, auf Landstraßen max. 60 km/h)

    Stattdessen befürchte ich, dass der umgekehrte Weg gegangen wird und Radwege oder Pseudo-Radwege dazu dienen, den Autoverkehr zu beschleunigen. So wie es ja auch mal ursprünglich angestrebt war. „Zeigen wir [zur kommenden Olympiade 1936] dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ https://silkroadprojectblogspot.wordpress.com/2013/04/08/193…n-der-fahrbahn/