Welche Rolle spielt die Radverkehrspolitik in den Koalitionsverhandlungen für eine neue Bundesregierung?

  • Die Bundestagswahl 2021 ist gelaufen.

    Vermutlich hätte mit der Partei "Die Linke" eine Fahrradfahrer-freundlichere Koalition geschmiedet werden können als mit der FDP. Allein das Wahlergebnis gibt das nicht her.

    "In die Koalitionsverhandlungen geht es mit einem Versprechen. Eine "umfassende Erneuerung" streben SPD, Grüne und FDP an: "Uns eint, dass wir Chancen in der Veränderung sehen." Die Parteien mit unterschiedlichen Traditionen wollen ein innovatives Bündnis schmieden und "einen Beitrag leisten, politische Frontstellungen aufzuweichen"."

    Zitat aus SZ vom 15. Oktober 2021:

    "Sondierungspapier - Worauf sich SPD, Grüne und FDP schon festgelegt haben"

    Ampel-Verhandlungen: Das Sondierpapier von SPD, Grünen und FDP
    Schon vor den Eintritt in Koalitionsverhandlungen haben die Ampel-Partner ein Programm umrissen. Der Überblick.
    www.sueddeutsche.de

    Wer den Artikel auf Hinweise zu Verbesserungen für den Fahrradverkehr durchsucht, wird jedoch nicht fündig. Auch in anderen Pressemitteilungen zum Thema habe ich nichts dazu gefunden.

    Stattdessen der Hinweis, dass sich die FDP damit durchgesetzt hat, am unbegrenzten Rasen auf deutschen Autobahnen weiter festzuhalten.

    "Man folgt der Vorgabe der EU-Kommission, von 2035 an nur noch CO₂-neutrale Fahrzeuge zuzulassen - aber: ein generelles Tempolimit soll es nicht geben." (ebenda)

    Sehr enttäuschend! :rolleyes:

    Damit könnte das Thema eigentlich schon beendet werden, denn es sieht so aus, dass Radverkehrspolitik in den Koalitionsverhandlungen keine Rolle spielen wird.

    Allein: "Die Hoffnung stirbt zuletzt." Vielleicht entdecken andere Forumsbesucher noch etwas zum Thema? Oder es ergeben sich Aspekte für den Radverkehr, wenn es zu detaillierten Koalitionsverhandlungen kommt?

  • Wer den Artikel auf Hinweise zu Verbesserungen für den Fahrradverkehr durchsucht, wird jedoch nicht fündig. Auch in anderen Pressemitteilungen zum Thema habe ich nichts dazu gefunden.

    Für das Sondierungspapier war das Thema Radverkehr wohl nicht wichtig genug.

    Zum Thema Verkehr steht dort drinne:

    Alles weitere wird wohl Teil der Koalitionsverhandlung sein.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Sondierungspapier klingt beim Thema Verkehr erst mal so, als ob die FDP mit sich selber geredet hat.

    Prinzipiell sollte man von der Ampel nicht zu viel erwarten, weder für Umwelt noch Radln.

    Die Grünen sind ja inzwischen schon seit Jahren in einigen Städten und in einem Bundesland am Regieren. Mir wär noch nicht aufgefallen, dass da viel mehr passiert wäre beim Thema Radverkehr. Kenn ein paar Stuttgarter, die fallen nicht vor Begeisterung ausm Auto aufs Rad.

    SPD, gut, in Berlin gibts ein paar positive Änderungen, Allgemein gibst dort aber soviel offensichtliche Missstände, dass man der Verwaltung, wie fast überall in Deutschland Untätigkeit vorwerfen muss.

    Und die FDP, hüstel, macht wohl aus Radwegen keine Autoparkplätze, weil Radfahrer dann vielleicht auf der Fahrbahn fahren müssten/dürften.

  • Die Grünen sind ja inzwischen schon seit Jahren in einigen Städten und in einem Bundesland am Regieren. Mir wär noch nicht aufgefallen, dass da viel mehr passiert wäre beim Thema Radverkehr.

    Auch wenn ich nicht mehr in Hamburg lebe, so muss ich sagen, dass sich seit einigen Jahren etwas tut. Zumindest was Infrastrukturplanungen betrifft.

    Dass heiß nun leider nicht, dass jede Neu- und Umplanung direkt zu einem "Radverkehrsparadies" wird, aber ich sehe viel guten Willen - auch mit eher "radikalen" Beschlüssen wie einem autofreien Jungfernstieg. Jaaaa, immer noch viel PKW-Verkehr dort, aber das liegt in der Verantwortung der Verkehrsteilnehmer.

  • Was ich bei der Ampel für realistisch halte ist mehr Gestaltungsspielraum für die Gemeinden was Verkehrsregelungen angeht. Die Grünen haben das meine ich klar gefordert (finde ich nicht so schnell), die FDP kann darauf verweisen dass sie damit Bürokratie abbauen und Scholz ist's eh egal.

    Wenn eine Gemeinde dann Tempo 30 anordnet, was der Bundes-FDP im Prinzip nicht passt, kann sie immernoch sagen dass sie das ja nicht entschieden hat sondern die Gemeinde.

    Apropos: Ich halte "Ampeln" für eine rückständige, teure und ineffiziente Verkehrseinrichtung. Hoffe die neue Koalition macht ihrem Namen nicht alle Ehre.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ich finde es gut, dass Nichts festgelegt wurde, befürchte aber, dass es sich noch ändern wird.

    Auch wenn ich nicht mehr in Hamburg lebe, so muss ich sagen, dass sich seit einigen Jahren etwas tut. Zumindest was Infrastrukturplanungen betrifft.

    Ja, diese Radverkehrtpolitik ist so gut, dass ich nicht mehr mit dem Rad in die Innerstadt fahren mag.

    Und die FDP, hüstel, macht wohl aus Radwegen keine Autoparkplätze, weil Radfahrer dann vielleicht auf der Fahrbahn fahren müssten/dürften.

    Bei Radwegen stellt sich eben die Frage: Cui bono? OK, wenn man sie objektiv betrachtet, stellt sich diese Frage nicht, sondern wirft ein andere auf: Warum wird sie heute anders beantwortet als in Cubernauts Signatur? Und das meine ich ohne Ironie: Ich habe größten Respekt vor der Autolobby, weil sie die Radfahrer dazu gebracht haben, selbst ihre Ghettoisierung zu fordern.

  • Keine Ahnung, warum viele Radfahrer feiern, wenn sie zwischen Blumenkübeln auf 1m breite pro Richtung fahren dürfen.

    Aber das freut die wirklich. Momentan höre ich nur alle nach Radwegen schreien.

    Gegen einen fetten, 4 Meter breiten Radweg, auf dem ich jeden Tag zur und von der Arbeit flitzen kann, hätt ich nichts. Dann wärs vielleicht sogar auch was mit der Verkehrswende....

  • Ja, diese Radverkehrtpolitik ist so gut, dass ich nicht mehr mit dem Rad in die Innerstadt fahren mag.

    Steintorbrücke: besser

    Steintorwall: besser

    Adenauerallee vor der E-Bus-Wartedingsda: besser

    Adenauerallee/Kurt-Schumacher, da beim MArrriott: besser, jetzt aufgepflastert

    besser heißt halt nicht "autofrei und Spaß dabei". Besser heißt: besser als vorher.

    So, wie eben jemand mit 5,10EUR mehr Geld in der Tasche hat als jemand mit 5,- EUR. Ob sich ersterer nun wie gewünscht 2 Käffchen mehr als zweiterer kaufen kann, sei dahingestellt. Aber er hat mehr Geld.

  • Verbesserungen gibts aber überall, nicht nur da wo Grün mit wem auch immer koaliert.

    Sogar bei uns sehen Neubauten ganz anders aus als das, was man sich vor 10 Jahren noch erlaubt hat.

    Trotzdem bleiben (illegale) Altbestände so, wie sie waren. Das heißt, bis eine Kleinstadt wie FFB für Radfahrer rechtskonform und erträglich ist,

    dauert es realistisch 30-40 Jahre. Dabei wäre es so einfach, ein paar Schilder abzuhängen.

    Aber Abhängen ist nicht "in", denn wenn nicht mehr Schilder und Farbe verteilt werden kann, ist eine Lösung nicht gut/akzeptabel. Schon alleine deswegen, weils kaum einer mitbekommt.

    In 30-40 Jahren sieht aber hoffentlich der Verkehr ganz anders aus und es gab 2-3 Reformen der StVO.

  • Das heißt, bis eine Kleinstadt wie FFB für Radfahrer rechtskonform und erträglich ist, dauert es realistisch 30-40 Jahre.

    Es sei denn, die momentan künstlich erzeugte Flut von neuen SUVs stoppt sofort und in 10 Jahren, wenn die Dinger schrottreif sind, kommt nix neues nach.

    Mein persönlicher Vorschlag: Statt 10.000 Euro pro Neuwagen (9.000 fürs Auto, 1.000 für die Wallbox) gibts ab morgen 2.500 Euro pro Neufahrrad (2.300 fürs Fahrrad, 200 für Regenklamotten) und eine Aufklärungskampagne, dass man von ein bisschen Nieselregen nicht stirbt.

  • Besser heißt: besser als vorher.

    So kann man selbstredend jedes Narrativ bedienen. Hier ist es das Narrativ von der guten Separation. Das ist so erfolgreich, dass über Mischverkehr nicht einmal mehr nachgedacht wird. In Hamburg wird deshalb an den überflüssigsten Stellen auf Separation gesetzt. Was daran auch nur im Ansatz gut sein soll, ...

  • Es sei denn, die momentan künstlich erzeugte Flut von neuen SUVs stoppt sofort und in 10 Jahren, wenn die Dinger schrottreif sind, kommt nix neues nach.

    Mein persönlicher Vorschlag: Statt 10.000 Euro pro Neuwagen (9.000 fürs Auto, 1.000 für die Wallbox) gibts ab morgen 2.500 Euro pro Neufahrrad (2.300 fürs Fahrrad, 200 für Regenklamotten) und eine Aufklärungskampagne, dass man von ein bisschen Nieselregen nicht stirbt.

    Oder eine vernünftige Förderung von Velomobilen - mit Fertigung in größerer Stückzahl und mit serienmäßiger E-Unterstützung (nicht nur fürs Anfahren und Berge, auch für so Sachen wie Lüftung, Heizung, Beleuchtung, Kameras (statt Spiegel), Scheibenwischer, etc.) könnte man da ziemlich viel bewegen. Die meisten Pendelwege sind unter 10 km, auf der Distanz kann man ganz ordentlich nass werden (mehr von untern als oben), wirklich Klamotten wechseln lohnt aber zeitlich schon wieder kaum, wenn man 30 Minuten fährt und 15 Minuten umziehen/waschen muss. Solche Velomobile könnten diese Lücke perfekt schließen - leider aktuell mit Preisen jenseits der 10.000 EUR neu und 5.000 gebraucht (und ich glaube nichtmal mit Motor) selbst als Enthusiast kaum zu rechtfertigen, wenn ein Neuwagen 9.000 und ein guter gebrauchter 2.000 kostet und man für die Fitness andersweitig versorgt ist. Dinge wie fehlende Übersicht, Knautschzone und Diebstahlgefahr kommen dazu, wären aber mittels flankierender Maßnahmen (geförderte Abstellanlagen auf früheren Parkplätzen, passende Versicherungen mit schnellem Ersatz, Reduzierung der Geschwindigkeiten, konsequentere Ahndung bei Unfällen durch Fehlverhalten) leicht lösbar - wenn man wollen würde, versteht sich.

  • Oder eine vernünftige Förderung von Velomobilen - mit Fertigung in größerer Stückzahl und mit serienmäßiger E-Unterstützung (nicht nur fürs Anfahren und Berge, auch für so Sachen wie Lüftung, Heizung, Beleuchtung, Kameras (statt Spiegel), Scheibenwischer, etc.) könnte man da ziemlich viel bewegen.

    Ich bin ganz und gar kein Freund von solchen "Velomobilen", sondern sehe vielmehr die Gefahr, dass sich das dann doch wieder zielstrebig in Richtung Monster-SUV entwickelt. Trotzdem die Nachfrage, weil das in deinem Beitrag nicht erwähnt wurde: Wie schnell sollen denn diese Velomobile fahren können? Unterstützung bis 25 km/h wie beim Pedelec? Und welche maximale Motorunterstützung würdest du für angemessen halten?

    Das sind wichtige Fragen, denn im Prinzip ist es durchaus möglich ein tonnenschweres SUV mit mehreren hundert PS zu bauen, bei dem die Geschwindigkeit so vom Fahrer reguliert wird, dass der Fahrer wie bei einem Fahrrad mit einer Kurbel pedaliert und damit die Geschwindigkeit bestimmt. Das könnte dann bedeuten weitgeh4end widerstandsfreies Pedalieren mit 60 Umdrehungen pro Minute entspricht 120 km/h. Ein "Velomobil" würde ich das dann nicht mehr nennen. Aber welche Grenzen gelten für ein Velomobil?

    Noch ein Velomobil, oder schon ein Auto:

    Bei diesem Fahrzeug ist das so eingerichtet, dass das Pedalieren als Motorsteuerung dient. So berichtete es mir der Fahrer. Selbst gefahren bin ich damit noch nicht.