Änderung der VwV-StVO, Radverkehrsrelevante Teile

  • Zu Zeichen 244.1 und 244.2 Beginn und Ende einer Fahrradstraße

    "Fahrradstraßen kommen dann in Betracht, wenn der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist."

    wird zu:

    "Die Anordnung einer Fahrradstraße kommt nur auf Straßen mit einer hohen oder zu erwartenden hohen Fahrradverkehrsdichte oder auf Straßen von lediglich untergeordneter Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr in Betracht. Eine hohe Fahrradverkehrsdichte setzt nicht voraus, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist."

    Das ist eine gewichtige Änderung. Zum einen wird die Voraussetzung der vorherrschenden Verkehrsart explizit verneint und durch hohe Radverkehrsdichte ersetzt, zum anderen werden - unabhängig von der Radverkehrsdichte - sämtliche unbedeutenden Nebenstraßen zur potentiellen Fahrradstraße. Das erlaubt z. B. die Einrichtung von Fahrradstraßen in reinen Wohngebieten, weil dort ja erfahrungsgemäß nur Anwohnerkraftverkehr stattfindet und die Straßen stets untergeordnete Bedeutung haben. Aber auch normale Straßen können, wenn sie z. B. zu touristischen Radrouten zählen oder einfach eine oft genutzte Strecke sind, auch bei mehr Kraftfahrzeugverkehr zu Fahrradstraßen umgewandelt werden. Das dürfte eine gute Gelegenheit für Anwohner sein, die T30 in ihrer Umgebung durchsetzen wollen, aber an den dafür absurd hohen Hürden scheitern, denn T30 ist in Fahrradstraßen automatisch mit dabei.

    Ein Problem beim Einrichten von Fahrradstraßen ist, dass die autoaffinen Mitarbeiter einer Verkehrsverwaltung mit der Einrichtung von Fahrradstraßen die Hoffnung verbindet, dass dadurch der vorhandene Radverkehr, der sich auf verschiedene Strecken verteilt, auf eine Streckenführung konzentriert werden kann und dadurch die anderen Strecken möglichst vom Radverkehr "bereinigt" werden.

    Es gibt ja neuerdings die Möglichkeit Radfahrzonen einzurichten. Und ich frage mich, warum nicht gleich eine ganze Kommune eine Fahrradzone werden kann. Leider werden Fahrradzonen in den beiden Zitaten nicht erwähnt. Das zweite Zitat aber spricht von einer "hohen Fahrradverkehrsdichte". (Das ist auf jeden Fall besser als "vorherrschende Verkehrsart")

    Die "hohe Fahrradverkehrsdichte" sehe ich schon dann gegeben, wenn hin und wieder mal eine Fahrradfahrer eine Straße benutzt. Bei den ewigen Hetzkampagnen gegen Fahrradfahrer, und den ewigen Lobpreisungen des Autos als Verkehrsmittel ist doch jede einzelne Radfahrerin und jeder einzelner Radfahrer schon ein Beweis dafür, dass eine Hohe Fahrraddichte auf einer Straße gegeben ist. Denn normal ist das nicht, dass man sich als Radfahrer im Straßenverkehr bewegt, wo man tagtäglich angehupt, angeschnauzt, abgedrängt und beschimpft wird und dann wenn's drauf ankommt nur selten Rückendeckung aus der Politik und der Verwaltung erfährt.

    Ob die dargestellte Änderung ausreicht, um ganze Tempo-30-Zonen zu Radfahrzonen zu machen, dass muss sich zeigen. Aber die neue Formulierung geht zumindest stärker in diese Richtung als die alte Formulierung.

  • Ich kann keinen Unterschied zwischen Tempo30- und Radfahrzonen erkennen. Ist halt ein anderes Symbol.

    Es wäre mir lieber, eine grundsätzliche Änderung der Straßenverkehrsordnung würde es erlauben, dass Radfahrer*innen nebeneinander fahren können auf der Fahrbahn.

    Und dazu ist auf den meisten Fahrbahnen auch ausreichend Platz. Das Problem ist der Autoverkehr, der für sich wie selbstverständlich ein Vielfaches an Verkehrsfläche beansprucht, verbunden mit der Erwartung, dass der Radverkehr gefälligst Platz zu machen habe.

    Schau dich doch mal um: Auf den allermeisten Straßen ist ausreichend Platz, dass Radfahrer*innen bequem nebeneinander fahren können. (Verhindert wird das durch den Autoverkehr, wenn der auftaucht, dann müssen Fahrradfahrer*innen Platz machen und hintereinanderfahren. X( Warum willst du den Radfahrer*innen das Recht abspenstig machen, nebeneinander zu fahren?

    Dann doch lieber alles dafür tun, dass kein Autoverkehr mehr stattfindet. (Abgesehen von ganz wenigen Sonderfällen, wie zum Beispiel Einsatzfahrzeuge der Rettungsdienste.)

  • So eine Änderung braucht es nicht, weil das nicht verboten ist!

    Naja, in der StVO (2020) heißt es:

    (4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird

    Das bedeutet, dass, wenn Autofahrer überholen könnten (soweit dies mit Sicherheitsabstand möglich ist) und Autofahrer sich von hinten nähren, nicht nebeneinander gefahren werden darf.

    In Fahrradstraßen/-zonen müssen sich Autofahrende immer unterordnen und deshalb darf dort immer nebeneinander gefahren werden...

  • Zitat


    Als Symbol scheint es aber eine gewisse Wirkung zu erzielen, dies übrigens auf beiden Seiten.

    Meinst Du jetzt Fahrradzone [Anfang] und Fahrradzone [Ende] ?

    Wir haben ja so etwas oder werden bekommen, dann werd ich mal schauen, ob die KFZ Platz machen wenn ich sie von hinten anklingel.

  • So eine Änderung braucht es nicht, weil das nicht verboten ist!

    Verboten ist das Nebeneinanderfahren von Radfahrer*innen nicht, aber es ist geboten Platz zu machen, wenn die Damen und Herren Autofahrer*innen kommen. Und viele von denen wissen nicht, dass Radfahrer*innen das Nebeneinanderfahren erlaubt ist und sie sich nötigenfalls ein klein wenig gedulden müssen, bis sich zwei nebeneinander fahrende Radfahrer*innen hintereinander angeordnet haben. Sprich: großes Hupkonzert und Geschimpfe.

    Aber warum sollten das Radfahrer*innen überhaupt müssen? Bloß weil da ein Verkehrsteilnehmer mit einem völlig überdimensionierten Verkehrsmittel möglichst viel Verkehrsfläche erheischend die Straßen unsicher macht und Umwelt und Klima über Gebühr schädigt?

    In einer Fahrradstraße oder einer Fahrradzone ist das anders, da haben die Damen und Herren Autofahrer*innen keinen Anspruch darauf, dass ihnen wie selbstverständlich mit ihrem Auftauchen der größte Teil der Verkehrsfläche überlassen wird.

  • Naja, in der StVO (2020) heißt es:

    Das bedeutet, dass, wenn Autofahrer überholen könnten (soweit dies mit Sicherheitsabstand möglich ist) und Autofahrer sich von hinten nähren, nicht nebeneinander gefahren werden darf.

    Nein, das bedeutet, dass nur dann nicht nebeneinander gefahren werden darf, wenn ein Autofahrer nicht mit dem vorgeschrieben Sicherheitsabstand überholen könnte. Und nur weil er vielleicht 20 Sekunden warten muss, bis sich die Radfahrer hintereinander eingereiht haben, ist das noch lange keine Behinderung.

    Es ist also nicht verboten, es gibt nur Einschränkungen.

  • Und viele von denen wissen nicht, dass Radfahrer*innen das Nebeneinanderfahren erlaubt ist und sie sich nötigenfalls ein klein wenig gedulden müssen, bis sich zwei nebeneinander fahrende Radfahrer*innen hintereinander angeordnet haben. Sprich: großes Hupkonzert und Geschimpfe.

    Und warum ist das so? Ich denke weil es zu viele Menschen wie dich gibt, die wiederholt behaupten, dass das Nebeneinander fahren verboten sei.

    Darum denken zu viele Autofahrenden die nebeneinander fahrenden Radfahrenden würden etwas verbotenes tun, für das sie mit Hupkonzert, Geschimpfe und Nahüberholen bestraft werden müssen.

  • Meinst Du jetzt Fahrradzone [Anfang] und Fahrradzone [Ende] ?

    Nein, ich meinte auf Seiten der Radfahrer wie auf Seiten der Autofahrer :)

    In vielen 30er Zonen reicht der Platz ohnehin nicht, Radfahrer mit ausreichendem Abstand zu überholen, also dürfen sie auch dort nebeneinander fahren.

    Gleichzeitig gibt es oft einen großen Aufschrei, wenn eine Fahrradstraße eingerichtet wird, weil sich Autofahrer dadurch massiv zurückgesetzt fühlen, selbst wenn die FS für Kfz-Verkehr freigegeben ist.

    Der verkehrsrechtliche Unterschied ist aus meiner Sicht nicht so groß wie der gefühlte Unterschied und deswegen finde ich die Symbolwirkung einer Fahrradstraße gegenüber einer 30er Zone auch gut und wichtig.

    Meine Erfahrungen mit Fahrradstraßen sind auch durchweg positiv. Allerdings kenne ich nur die eine in Stade, sowie einige Fahrradstraßen in Braunschweig und in Bremen. Dass es auch Fahrradstraßen gibt, die in der Praxis nicht funktionieren, glaube ich gerne. Aber die würden auch als 30er Zone nicht funktionieren.

  • Nein, das bedeutet, dass nur dann nicht nebeneinander gefahren werden darf, wenn ein Autofahrer nicht mit dem vorgeschrieben Sicherheitsabstand überholen könnte. Und nur weil er vielleicht 20 Sekunden warten muss, bis sich die Radfahrer hintereinander eingereiht haben, ist das noch lange keine Behinderung.

    Es ist also nicht verboten, es gibt nur Einschränkungen.

    Der Autofahrer, der 20 Sekunden lang hinter zwei Radfahrern herfährt, die nebeneinander auf der Fahrbahn fahren, ohne dass der Autofahrer beginnt zu hupen und zu drängeln, der muss wohl erst noch geboren werden. Immerhin in Fahrradstraßen kommt das auch vor, aber nicht ganz so oft also nicht quasi jedes Mal.

  • Und wieder eine Grundsatzdiskussion, die vom eigentlichen Thema wegführt. Inklusive Polemik und bösartiger Unterstellungen von Dingen, die User, in diesem Fall Autogenix nie gesagt haben. :thumbdown:

    Warum vom Thema wegführt. Es geht doch in diesem Thread um "Änderung der VwV-StVO, Radverkehrsrelevante Teile" und darunter fällt eine Änderung, die es leichter machen soll, Fahrradstraßen einzurichten. Und die Diskussion zeigt, dass es Diskussionsteilnehmer gibt, die sich mehr Fahrradstraßen wünschen und andere, die sie für überflüssig halten. Ich halte Fahrradstraßen nicht für überflüssig und habe dafür gute Gründe aufgezählt. Damit habe ich keine Grundsatzdiskussion entfacht, die vom Thema ablenkt, sondern zum Ausdruck gebracht, dass es sinnvoll ist die Verwaltungsvorschriften so zu ändern, dass es in Zukunft leichter ist, Fahrradstraßen einzurichten.

  • Naja, in der StVO (2020) heißt es:

    Das bedeutet, dass, wenn Autofahrer überholen könnten (soweit dies mit Sicherheitsabstand möglich ist) und Autofahrer sich von hinten nähren, nicht nebeneinander gefahren werden darf.

    In Fahrradstraßen/-zonen müssen sich Autofahrende immer unterordnen und deshalb darf dort immer nebeneinander gefahren werden...

    Das heißt implizit auch: Radfahrer gelten hier nicht als Verkehr.

  • Insgesamt ist es aber m.E. immer noch absurd, dass 2 Menschen auf einer innerörtlichen Straße nicht nebeneinander radfahren dürfen, nur um einem leeren Beifahrersitz Platz zu machen, der völlig sinnfrei durch die Gegend gondelt.

    Früher: "Platz dem Landvogt" oder "Platz der königlichen Kutsche".

    Heute: "Platz dem leeren Beifahrersitz".

    Morgen: "Platz dem komplett leeren Auto".

  • ist das noch lange keine Behinderung.

    Die Rechtsprechung legt "Behinderung" meines Wissens nach sehr weit aus. Da gilt jegliche unerwünschte Handlung, die durch das fragliche Verhalten ausgelöst wird, bereits als Behinderung. Also bereits einmal "Kopf drehen" o.ä. Selbst kurzzeitige Verwirrung genügt.

    Wenn ein Autofahrer also langsamer fahren muss, bis die Radfahrer sich sortiert haben, ist das ganz klar eine Behinderung.

  • Die Rechtsprechung legt "Behinderung" meines Wissens nach sehr weit aus. Da gilt jegliche unerwünschte Handlung, die durch das fragliche Verhalten ausgelöst wird, bereits als Behinderung. Also bereits einmal "Kopf drehen" o.ä. Selbst kurzzeitige Verwirrung genügt.

    Wenn ein Autofahrer also langsamer fahren muss, bis die Radfahrer sich sortiert haben, ist das ganz klar eine Behinderung.

    Wenn ich aufgrund der Radwegbenutzungspflicht nicht so schnell zur Arbeit fahren kann wie es mir auf der Fahrbahn möglich wäre, ist das selbstverständlich genauso eine Behinderung wie es die Behinderung eines Autos durch ein Fahrrad auf der Fahrbahn ist. Interessiert nur einfach keinen.

    Insofern ist diese ganze "offizielle" Denke nichts als Verleugnung der Realität, Entwertung des Radverkehrs und Idealisierung des MIV. Klare Anzeichen von Psychopathie. Die Rechtsprechung gehört auf die Psychiatercouch.

  • Die Rechtsprechung legt "Behinderung" meines Wissens nach sehr weit aus. Da gilt jegliche unerwünschte Handlung, die durch das fragliche Verhalten ausgelöst wird, bereits als Behinderung. Also bereits einmal "Kopf drehen" o.ä. Selbst kurzzeitige Verwirrung genügt.

    Wenn ein Autofahrer also langsamer fahren muss, bis die Radfahrer sich sortiert haben, ist das ganz klar eine Behinderung.

    Demnach wäre es also auch eine Behinderung wenn ich mit dem Auto unterwegs bin und mich an das Tempolimit halte. Weil der Autofahrer hinter mir der gerne Tempolimit +X km/h fahren würde den Kopf für den Schulterblick drehen müsste um mich dann zu überholen. Oder sogar so lange hinter mir "langsamer" fahren muss als er gern würde. Interessant...