Corona-Abstände auf engen Gehwegen einhalten

  • Die Bevölkerung ist ja angehalten, in der Öffentlichkeit einen Abstand von anderthalb Metern zu anderen Menschen einzuhalten. Je nach Bundesland klingt die Regelung unterschiedlich, in Schleswig-Holstein beispielsweise so:

    9. Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet. Dabei sind die Kontakte zu anderen Personen auf ein absolut notwendiges Minimum zu reduzieren und, wo immer möglich, ein Mindestabstand von mindestens 1,5 m einzuhalten.

    Das ist beim Spaziergehen schon spannend, weil man ja hin und wieder mal jemandem entgegen kommt. Gut, dann weicht man halt aus. Joggen ist noch viel schwieriger, weil man auch andere Fußgänger überholen muss. Das ist auf solchen Wegen schon einigermaßen schwierig:

    Und jetzt schauen wir uns mal die üblichen Kieler Straßen und Gehwege an, beziehungsweise das, was abzüglich des Gehwegparkens von den Gehwegen noch übrig ist. Wie soll man dort überhaupt irgendeinen Abstand einhalten, wenn man sich stellenweise als Fußgänger nur seitwärts mit dem Rücken zur Wand bewegen kann?

    Die VwV-StVO meint zu Zeichen 315:

    Zitat

    Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt, die Gehwege und die darunter liegenden Leitungen durch die parkenden Fahrzeuge nicht beschädigt werden können und der Zugang zu Leitungen nicht beeinträchtigt werden kann.

    Diese Vorschriften sehe ich hier in Kiel an keiner Stelle als erfüllt an, denn es müssten abzüglich des parkenden Kraftfahrzeuges mindestens zwei, vielleicht sogar eher 2,5 Meter Platz bleiben. In solchen Bereichen könnten sich auch wieder Fußgänger mit entsprechendem Abstand begegnen, auch wenn man sich ordentlich an die Seiten drücken müsste:

    Und Notwege in Arbeitsstellen… naja, ich glaube, die Sache ist hoffnungslos. Man muss ja schon froh sein, wenn die Absperrelemente wenigstens einigermaßen standsicher aufgestellt werden und nicht noch die hohle Gasse verschmälern, weil sie beim nächstbesten Windstoß umgeworfen werden.

    Nun blicke ich tatsächlich nicht so ganz durch:

    Auf Gehwegen kann grundsätzlich kein nennenswerter Abstand von anderthalb Metern eingehalten werden, schon gar nicht in Gegenwart ordnungswidrig oder ordnungsgemäß auf dem Gehweg abgestellter Kraftfahrzeuge. Ich bin mir nicht sicher, was in diesem Spannungsfeld zwischen Straßenverkehrs-Ordnung, den Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrs-Ordnung und den ganzen Allgemeinverfügungen und Infektionsschutzgesetzen schwerer wiegt, aber wäre das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um derartige Gehwegparkereien abstellen zu lassen?

    Wir betreiben hier gerade einen immensen Aufwand zur Eindämmung von SARS-CoV-2 mit Kontaktverboten und allem drum und dran, aber dass man sich als Fußgänger kaum mit ordentlichem Abstand durch die Stadt bewegen kann, wird offenbar einfach hingenommen?

    Vor zwei Tagen wurde der Hamburger Oberbürgermeister Peter Tschentscher bei einem Chat von NDR 90,3 zu dem Thema befragt und gab sich bewusst sozialdemokratisch: Dem Kraftfahrer dürfe kein Platz weggenommen werden, man könne ja auch mal warten:

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    Das scheint allerdings keine Hamburger oder Kieler Spezialität zu sein, auch in anderen Städten tut man sich naturgemäß schwer, nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern etwas mehr Platz anzudienen:

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  • Malte 26. März 2020 um 13:24

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Naja, schon, Mueck.

    Andererseits hat Malte völlig Recht. Die Autofahrer haben gut 5-12 Monate Zeit sich einen ordentlichen Parkplatz zu suchen. Es gibt eigentlich keinen Grund das Fahrzeug nicht so unterzubringen, dass Fußgänger und Radfahrer gerade nicht gefährdet werden.

  • Ich würde vermuten, dass hier analog zu anderen durch Gerichte und Zusatzverordnungen erzeugten Abstandsregeln (Lenker darf auch nicht teilweise in Gehweg ragen, 1,5 Meter von parkenden Fahrzeugen in jede Richtung müssen vom Lenkerende aus eingehalten werden, breite Fahrräder müssen enge Radwege nicht benutzen) gilt, dass solche Wege nicht benutzbar sind aktuell. Schon aus Eigen- und Fremdschutz würde ich das auch nicht tun und im Fall einer (sehr unwahrscheinlichen) Kontrolle genau das auch angeben. Zumal aktuell ja der Verkehr insgesamt enorm zurückgegangen ist, da ist nun wirklich mehr als genug Platz auf der Fahrbahn.

  • Ich würde vermuten, dass hier analog zu anderen durch Gerichte und Zusatzverordnungen erzeugten Abstandsregeln (...) gilt, dass solche Wege nicht benutzbar sind aktuell. Schon aus Eigen- und Fremdschutz würde ich das auch nicht tun und im Fall einer (sehr unwahrscheinlichen) Kontrolle genau das auch angeben. Zumal aktuell ja der Verkehr insgesamt enorm zurückgegangen ist, da ist nun wirklich mehr als genug Platz auf der Fahrbahn.

    Du meinst, man darf auf der Fahrbahn laufen? Hier in dem Thema geht's ja um Fußgänger ...

  • Du meinst, man darf auf der Fahrbahn laufen? Hier in dem Thema geht's ja um Fußgänger ...

    Ja. Ich habe den Post leider etwas ungünstig verkürzt, ich meinte damit:

    Bei Radverkehr werden die Gesetze von Richtern so interpretiert, dass die Sicherheit und Gesundheit der Menschen gewahrt bleibt. Das bedeutet, dass z. B. zu schmale Radwege nicht benutzt werden dürfen, wenn dabei zwangsläufig die Gesundheit eigener (Abstand zu Autotüren) oder fremder (Fußgänger) Menschen gefährdet wird. Die Regeln gelten nur so lange, wie eine solche Gefahr auszuschließen ist (was ja der überwiegende Normalfall ist). Ist sie nicht auszuschließen, gelten sie dementsprechend auch nicht, was ja eine absolut sinnvolle und gute Regelung ist und auch mit §1 StVO im Einklang steht.

    Entsteht nun eine Ausnahmesituation wie aktuell, kehrt sich das ganze um: nun ist die Gefahr nicht mehr selten, sondern fast überall anzutreffen, und dementsprechend muss der Einzelne so handeln, dass die Gefährdung anderer minimiert wird. Für Radverkehr bedeutet das schlicht, auf der Fahrbahn zu fahren, zumal durch den aktuell geringeren Verkehr genug Platz ist und sowieso nur notwendige Fahrten durchgeführt werden sollten.

    Für Fußgänger gibt es analog jedoch kaum entsprechende Urteile, weil der Normalfall bisher selten eingetreten ist - selbst ein Weg von 50 cm Breite lässt sich zu Fuß noch ohne große Umstände passieren, und breitere Fußgänger kamen bisher nur mit Handkarren, Fahrrädern etc. vor, für die ja explizit auf die Benutzung der Fahrbahn verwiesen wird. Mangels Bedarf gab es also noch keine wirkliche Regelung, wir sind also aktuell im sprichwörtlichen "Neuland", und da würde ich zur Einschätzung wiederum §1 und die Urteile bzgl. des Radverkehrs hinzuziehen, weil er dem Fußverkehr noch am ähnlichsten sein dürfte, was Infrastruktur und Geschwindigkeit angeht.

    Aus diesem Grund würde ich für eine pragmatische Lösung plädieren:

    • Bei ausreichend breiten Gehwegen (oder bei übersehbar leeren schmalen) diese benutzen, im Zweifelsfall kurz stehenbleiben und zur Seite wegdrehen bis der andere vorbeigegangen ist
    • Bei schmalen vollen Wegen oder nicht rücksichtsvollen Menschen (sieht man ja schon, ob sie am Rand gehen oder in der Mitte) rechtzeitig vorher auf die Fahrbahn wechseln, dabei entsprechende Vorsicht (dürfte wegen der wenigen Autos problemloser gehen als sonst)
    • Beim Mitführen von Fahrzeugen nach §25 Abs. 2 StVO generell am rechten Rand der Fahrbahn gehen, schon aus Rücksicht vor Fußgängern ohne Fahrzeuge
    • Sich bei den Seiten an §25 Abs. 1 StVO orientieren, so als wäre kein Gehweg vorhanden
    • Wenn möglich vertretbare Umwege im Kauf nehmen, z. B. eine beparkte Seitenstraße dem Gehweg der parallel verlaufenden Hauptverkehrsstraße vorziehen

    Selbst wenn man auf uneinsichtige Ordnungshüter treffen sollte und den Rechtsweg aus Kostengründen nicht gehen möchte, ist der mögliche Schaden gering: "Sie sind auf der Fahrbahn gegangen, obwohl es einen Gehweg oder einen Seitenstreifen gab." kostet aktuell 5€. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von obelix (27. März 2020 um 11:30)

  • ... zu schmale Radwege nicht benutzt werden dürfen, wenn dabei zwangsläufig die Gesundheit eigener (Abstand zu Autotüren)

    ... selbst ein Weg von 50 cm Breite lässt sich zu Fuß noch ohne große Umstände passieren, und breitere Fußgänger kamen bisher nur mit Handkarren, Fahrrädern etc. vor,

    Abstandsurteile sind mir eigentlich nur fahrbahnseitig bekannt, gibt's auch welche bordsteinseitig?

    Bei den breiteren über 50 cm haste noch die Rollis vergessen ...

  • Abstandsurteile sind mir eigentlich nur fahrbahnseitig bekannt, gibt's auch welche bordsteinseitig?

    Bei den breiteren über 50 cm haste noch die Rollis vergessen ...

    Aus dem Kopf heraus habe ich gerade nichts zur Hand, aber wieso sollte es da anders sein als bei linksseitigen?

    Die Spur an sich ist links wie rechts gleich, die Gefahr der Türöffnung ist ebenfalls immer vorhanden, rechts dazu noch häufiger von Kindern, die weniger sorgfältig handeln. Die rein statistisch geringere Anzahl von Öffnungsvorgängen aufgrund von Linkslenkern kann meines Erachtens nach kein Gegenargument sein, denn auch bei geparkten Autos geht insgesamt betrachtet nur sehr selten eine Tür auf und nicht andauernd - das Risiko ist gering, aber stets vorhanden, und der Schaden ist so hoch (schnell tödlich), dass auch bei sehr seltenem Eintreffen der Abstand gerechtfertigt und verpflichtend ist. Ähnlich verhält es sich ja mit Überholabstand, der ist ja nicht für die 99% der Fälle, wo alles gutgeht, sondern für die 1%, bei denen es das nicht tut.

    Dass z. B. rein juristisch gesehen links eine Fahrbahn oder ein Radfahrstreifen sind und rechts ein Radweg oder Geh-/Radweg ist in dieser Hinsicht egal, da die Bodenmarkierung nichts über den Mindestabstand aussagt. Sie sagt (zusammen mit der Breite) lediglich darüber etwas aus, ob man dann in so einem Fall den Weg komplett verlassen muss/darf, da unbenutzbar (Radweg, Radstreifen); oder lediglich weiter links bzw. rechts fahren muss als üblich (Fahrbahn, Schutzstreifen).

  • In München wird Gehwegparken grundsätzlich nicht geahndet, wenn noch 1,10 m Fußweg überbleiben.

    Da das ja dann mit den 1,5 m Abstand etwas schwierig wird, könnte man meinen, jetzt würde es den Falschparkern mal an den Kragen gehen. Aber woher denn? Die sowieso eher seltenen Kontrollen werden noch weiter zurückgefahren: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/coron…arker-1.4855699

    Verständlich wäre ja, beim medizinischen Personal großzügiger zu sein, aber da kontrolliert glaube ich sowieso nie einer, so wie die Pflegedienste parken... Aber man lässt jeden parken, wie er will. Könnte sein, dass dann der Geweg schon zugeparkt ist, wenn das medizinische Personal ankommt.

  • Verständlich wäre ja, beim medizinischen Personal großzügiger zu sein, aber da kontrolliert glaube ich sowieso nie einer, so wie die Pflegedienste parken... Aber man lässt jeden parken, wie er will. Könnte sein, dass dann der Geweg schon zugeparkt ist, wenn das medizinische Personal ankommt.

    Ich bin da echt zwiegespalten. Einerseits sehe ich nicht nur seit der Coronakrise vollkommen ein, dass die Arbeit mobiler Pflegedienste sowohl schlecht entlohnt als auch äußerst undankbar behandelt wird, andererseits sehe ich auch nicht ein, dass aufgrund dieses moralischen Bonus des Pflegedienstes beim Falschparken alle Augen zugedrückt werden sollten, schon gar nicht, wenn wie in Kiel die Behinderung oder gar Gefährdung unmotorisierter Verkehrsteilnehmer quasi zum Geschäftsmodell gehören. Aber da kommen wir am Ende wieder bei der Diskussion raus, ob nicht die Stadt dafür Sorge tragen müsste, dass Lieferverkehr, Handwerker und Pflegedienste ausreichende Parkflächen finden. Und ich kann mir die Antwort schon denken: Es dürfen keine Parkplätze vernichtet werden und man käme ja noch vorbei. Wie immer.

    Ich habe mich übrigens gestern mal wieder mit einem Falschparker angelegt, der plötzlich brüllte, er wäre systemrelevant, er dürfe auf dem Gehweg parken. Nun besteht natürlich die Möglichkeit, dass es sich tatsächlich um einen Menschen mit systemrelevanten Aufgaben handelt, der von einer anstrengenden Schicht mit einigen Überstunden noch kurz einkaufen war und auf dem Gehweg parkend einige noch schnell erledigte Einkäufe ausladen wollte, aber so richtig nehme ich ihm die Story nicht ab. Erstens parkt seine Karre regelmäßig falsch, zweitens weist die Werbung auf der Heckscheibe ihn als Inhaber eines Geschäfts im nicht systemrelevanten Bereich aus.

  • Ich habe mich übrigens gestern mal wieder mit einem Falschparker angelegt, der plötzlich brüllte, er wäre systemrelevant, er dürfe auf dem Gehweg parken.

    Was deine Bedenken angeht bezüglich der Lauterkeit der angegebenen Falschparker-Motive des Autofahrers, wirst du vermutlich richtig liegen.

    Darüber berichtete die HAZ vorgestern in ihrer Druckausgabe (auf ihrer Internetseite ist leider nicht der ganze Artikel frei lesbar, aber die Einleitung zeigt, dass da was "systematisch" im Argen liegt):

    "Raser auf leeren Straßen: Polizei Hannover intensiviert Kontrollen

    Mit Tempo 225 und Handy am Ohr über die Autobahn: Viele Raser im Raum Hannover nutzen die Corona-Krise, um auf den leeren Straßen Vollgas zu geben und zu drängeln. Die Polizei intensiviert deshalb ihre Kontrollen. Sowohl mobile Blitzer als auch Videowagen sind im Einsatz."


    Als ich gestern nach einer längeren Radtour im Grünen mich dem hannoverschen Westschnellweg näherte, hörte ich bereits in der Ferne lautes Motorendröhnen und quietschende Autoreifen. Als ich dort abgekommen war und auf einem Radweg neben der B6 (Westschnellweg) die Kreuzung Mecklenheidestraße passierte standen dort an der Ampel ein weißer BMW und ein schwarzer Sportwagen nebeneinander vor der Ampel, die gerade auf Grün sprang. Die beiden Fahrzeuge rasten mit hoher Geschwindigkeit und laut aufdröhnenden Motoren los.

    Ich habe die Stelle so genau beschrieben, weil ich dort nur selten lang komme, aber vielleicht liest hier ja wer mit, der dort öfter unterwegs ist und weiß, ob das dort regelmäßig an der Tagesordnung ist, oder vielleicht auch ein Stück der Tatsache geschuldet ist, dass durch die Corona-Maßnahmen die Straßen leerer sind.

    Hier ist das googlestreetview-Bild von der Ampel:

    https://www.google.de/maps/@52.41360…!7i13312!8i6656

    Die Corona-Krise zeigt auch, dass die völlig überdimensionierte Auto-Infrastruktur zum Rasen verleitet, wenn es dann mal weniger voll ist auf den Straßen.

  • Der Verband Fuss e. V. möchte, dass die Leute in solchen Situationen die Straße benutzen, die Polizei rät davon ab.

    Leider ein etwas dürftiger Artikel: die Berliner Polizei scheint bei der Lektüre von §25 schon nach dem ersten Satz mit dem Lesen aufgehört zu haben und der Verband verwechselt Straße mit Fahrbahn (ist eben nicht seine Kernkompetenz). Auch keine Erwähnung der möglichen geringen Ordnungswidrigkeiten-Bußgelder oder Möglichkeiten des Mitführens von Fahrzeugen oder Handkarren (außer in den Kommentaren, aber dort steigt der Blutdruck leider unweigerlich, was aktuell eher ungesund und nicht empfehlenswert ist).

  • die Berliner Polizei scheint bei der Lektüre von §25 schon nach dem ersten Satz mit dem Lesen aufgehört zu haben

    Ich kann natürlich nachvollziehen, dass die Polizei keine Empfehlung abgeben kann, bei überfüllten Gehwegen einfach auf der Fahrbahn zu flanieren. Das verstehen einige nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer mal wieder ganz falsch und werden am Ende von Kraftfahrern angefahren, die ja momentan auch nicht gerade zimperlich unterwegs sind.

    Trotzdem habe ich bei solchen Aussagen immer wieder das Gefühl, dass an der Behauptung, als Polizeibeamter erlebe man den Straßenverkehr vor allem durch die Windschutzscheibe, müsse doch etwas dran sein. Selbst einmal kurz rüber zum Supermarkt bedeutet momentan zur Wahrung des Sicherheitsabstandes tatsächlich einen regelmäßigen Wechsel der Straßenseite oder das Warten auf Gegenverkehr im nächstbesten Vorgarten, weil auf den engen, zugeparkten Gehwegen einfach gar kein Platz ist. Das macht man zwei oder drei Tage lang, solange es noch ein bisschen witzig ist, aber dann läuft man wenigstens auf wenig befahrenen Straßen auf der Fahrbahn weiter.

    Das Problem kennt man natürlich nicht, wenn man nach Dienstende mit dem Kraftfahrzeug zum Supermarkt fährt.

  • Möglicherweise erübrigt sich das Thema "Corona-Abstände auf Gehwegen einhalten" bald. Jena ist damit vorgeprescht, eine Maskenpflicht zu erlassen. Wird dadurch die Ansteckungsgefahr gedämmt? Ist die Abstandsregel dann hinfällig?

    "Die Stadt Jena (Thüringen) hat angekündigt, ab nächster Woche ihre Bürgerinnen und Bürger nur noch mit Mundschutzen auf die Straße zu lassen - verbunden mit dem Aufruf, selbst solche nicht-qualifizierten Masken zu nähen." NDR vom 31.3.2020, Krisenstab: Keine Maskenpflicht für Niedersachsen,

    https://www.ndr.de/nachrichten/ni…corona1694.html Der NDR zitiert den Leiter des Corona-Krisenstabs in Niedersachsen, Heiger Scholz:

    "Wer jetzt propagiert, jeder möge draußen mit einer qualifizierten Maske rumlaufen, der gefährdet die Gesundheitsversorgung in diesem Land", sagte der Leiter des Krisenstabs der Landesregierung am Dienstag in Hannover.

    Das Zitat zeigt die Feinheiten der aktuellen Diskussion:

    Es ist allgemein anerkannt, dass ein Virenschutz nur für die Personen gegeben ist, die eine "qualifizierte Maske" tragen. Das ist eine Schutzmaske mit FFP2 oder FFP3, "Diese Masken sind aus festerem Material und verfügen über ein Atemventil, wie der Deutschlandfunk weiter berichtet. Das Coronavirus sei recht klein, so der Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft." (Quelle: s. o.)

    Trotz der kritischen Haltung des Corona-Krisenstabs in Niedersachsen empfiehlt die Stadt Braunschweig ihren Bürgern Mundschutz zu tragen: "Im Kampf gegen das Coronavirus rät die Stadt Braunschweig zum Tragen eines Mundschutzes, etwa beim Einkaufen sowie in Bus und Bahn." NDR vom 1.4.2020, Braunschweig rät zu Mundschutz

    https://www.ndr.de/nachrichten/ni…chweig4226.html

    Mit Mundschutz ist ein Mund-Nasen-Schutz gemeint, der zwar nicht den Träger schützt, aber andere, weil Tröpfchen aus Mund und Nase im Mund-Nasen-Schutz hängen bleiben.

    So gesehen ist die ebenfalls beim NDR eingangs zitierte Aussage, "Jena ist damit vorgeprescht, eine Maskenpflicht zu erlassen.", missverständlich, denn gemeint ist damit wohl ebenso wie bei der Empfehlung für die Braunschweiger ein Mund-Nasen-Schutz.

    Wenn dann ab kommende Woche in Jena alle, die sich außer Haus begeben, gezwungen sind, einen Mundschutz zu tragen, wird das dann auch für Radfahrer*innen gelten? Im Winter ist es manchen Radlern so kalt im Gesicht, dass sie deshalb den Schal vors Gesicht ziehen. Solcherart "vermummte" Fahradfahrer*innen sind deshalb im Winter nicht ungewöhnlich. Aber ab nächste Woche soll es frühsommerlich warm werden.

    Bild: Radfahrer im Winter oder im "Corona-Modus"?

    Siehe auch hier: https://cdn.mdr.de/wissen/mundsch…pg?version=2821

    Immer wieder warnen Wissenschaftler jedoch davor: "Das Tragen einer Maske kann sich sicherer anfühlen, als es tatsächlich ist. Und gerade diese trügerische Sicherheit könnte uns zur Fahrlässigkeit verleiten."

    Quelle: mdr vom 31.3.2020: Diskussion um Mundschutz - was sagt die Wissenschaft?

    https://www.mdr.de/wissen/mundsch…corona-100.html

    Wenn also das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auch beim Radfahren und Zufußgehen dazu führt, dass die Abstandsregel nicht mehr so ernst genommen wird, dann verschlimmert der Mund-Nasen-Schutz möglicherweise die Gesamtsituation, anstatt sie zu verbessern.

  • Spitzenmaske heute auf dem U-Bahnsteig:

    - Dreieckstuch um Nase und Mund

    - Plexiglasscheibe vor dem Gesicht (Modell Schreiner/Baumpfleger, Splitterschutz)

    - Anglerhütchen

    Und das bei einem Auftritt als Pärchen ...

  • In der Messestadt Hannover ist es nicht so ungewöhnlich, Mund-Nasen-Schutz-Träger*innen anzutreffen. Meist jedoch zu Messezeiten und häufig sind das dann Besucher aus Asien. Die aktuelle Situation ist (noch?) gewöhnungsbedürftig, hier ein Bild vom Wochenmarkt. Dabei wird auch mal ein Kaffeefilter umgenutzt.

  • Ich habe eben noch mal eine kleine Runde durch die Stadt gedreht unter Berücksichtigung sämtlicher Vorsichtsmaßnahmen.

    Es ist echt sonderbar. Die Fahrbahnen sind teilweise leer, da fährt mitunter an vierstreifigen Straßen minutenlang kein Auto, wo man sonst zu Fuß aufgrund des starken Verkehrsaufkommens überhaupt nicht mal ansatzweise die Fahrbahn queren kann. Weil die Leute aber momentan nicht mit dem Auto aus der Stadt fahren, sind plötzlich die untermaßigen, teilweise zugeparkten Gehwege rappelvoll. Und weil momentan nicht nur Geschäfte, sondern auch Cafés und Restaurants größtenteils geschlossen sind, verlagert sich das Geschehen plötzlich an ganz andere Orte, die für diesen Andrang gar nicht ausgelegt sind.

    Hinzu kommt, dass Spielplätze, aber je nach Land und Stadt auch Parks plötzlich geschlossen sind. Kinder brauchen aber nunmal Spiel und Bewegung, da hilft nunmal auch keine Allgemeinverfügung, also finden Spiel und Bewegung plötzlich entweder auf ebenjenen untermaßigen Gehwegen statt oder auf Plätzen, die ohnehin schon überfüllt sind. Ich fürchte, all das wird sowieso dazu führen, dass in den Landesregierungen Ansatzpunkte für eine weitere Verschärfung des Kontaktverbotes gefunden werden, anstatt endlich mal vierstreifige Fahrbahnen, die momentan quasi an den Wochenenden ungenutzt brachliegen, als Lebensraum für Menschen freizugeben.