• Ich hatte weiter oben die Primärquelle dazu zitiert und verlinkt. Im Zeit-Artikel wird das als "Unserer Forschung nach hat die Ausgangssperre die Zahlen
    sogar nach oben getrieben" zitiert, das bezieht sich aber auf die zusätzliche Ausgangssperre ab 18 Uhr, nicht auf Ausgangssperre versus Nichtausgangssperre. Insgesamt haben sie noch immer einen positiven Effekt gefunden, aber schon ab 18 Uhr Ausgangsperre führt halt zu einem geringerem positiven Effekt.

    N.B.: Das bedeutet alles nicht, dass ich Ausgangssperren gut finde -- für uns mit Kind zu Hause & 2x Vollzeit Arbeit können wir realistisch erst nach acht überhaupt in Ruhe raus um eine Pause zu haben.

  • Ulli, man kann eine Ausgangssperre kritisieren, ohne der AFD in irgendeiner Form nahe zu stehen. Es wäre schön, wenn man sie kritisieren kann, ohne von Dir in deren Nähe gerückt zu werden. Das klingt für mich sehr nach "die Bösen haben in diesem Punkt sie selbe Meinung wie du, also bist du böse".

    Auch im verlinkten Artikel finde ich dafür keine weitere Erläuterung, insbesondere nicht, welche Vor- und Nachteile wie abgewägt wurden.

    Also, mir geht es eher darum, Infektionen zu reduzieren.

    Die AfD-Propaganda (und die Propaganda der Corona-Leugner) stilisiert die AfD, ihre Mitglieder, Anhänger und Sympathisanten als Opfer einer diktatorischen Regierung. Und mit der AfD-Propaganda gegen die Ausgangssperre wird das noch einmal verstärkt. Leider verfängt die AfD-Propaganda bei vielen Menschen, so dass es unserer Demokratie nicht gut tut.

    Wenn jemand explizit an die Spitze seiner Kritik an der Ausgangssperre die eigene Einschränkung der Bewegungsfreiheit setzt, dann ist das ganz eindeutig zu dünn, denn es geht bei der Maßnahme nächtliche Ausgangssperre darum, viele Menschenleben zu retten und die Zahl der Erkrankungen zu reduzieren.

    Du fragst ja danach, ob Vor- und Nachteile denn gegeneinander abgewägt wurden. Ja natürlich wurde abgewägt.

    Die prominenteste Verfechterin einer nächtlichen Ausgangssperre erklärt dazu folgendes:

    "„Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass hier harte Einschränkungen vereinbart werden“, sagte Merkel. Ausgangsbeschränkungen seien kein Allheilmittel, könnten aber ihre Wirkung in der Kombination mit anderen Maßnahmen wie strengen Kontaktbeschränkungen entfalten. Die Vorteile dieser Maßnahme überwögen die Nachteile."

    Welt vom 16.4.2021, „Die Intensivmediziner senden einen Hilferuf nach dem anderen“

    https://www.welt.de/politik/deutsc…-Bundestag.html

    Zunächst müssen die Mittel mit weniger Grundrechteingriffen ergriffen werden. Nur dann, wenn diese keinen Erfolg zeigen, kann über weiter Eingriffe nachgedacht werden.

    Da stimme ich dir zu. Aber du nennst keinen zeitlichen Horizont. Du weißt so gut wie ich, wie die Diskussion über das Testen in den Betrieben verlaufen ist. Letztlich ist eine reichlich unverbindliche Lösung gefunden worden. Viele sehen Testen und Impfen als ausreichende Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung und lehnen deshalb weitergehende Maßnahmen, wie die nächtliche Ausgangssperre ab. Für beides, Testen und Impfen, sind die Kapazitäten knapp. Durch das Testen kann man das Pandemiegeschehen abbremsen. Aber trotzdem finden weiter viele Ansteckungen statt, wenn keine Kontaktbeschränkungen stattfinden. Und die nächtlichen Ausgangssperren sollen zum Erfolg der Kontaktbeschränkungen beitragen.

    Bei den lautstarken Protesten aus der AfD oder aus der sogenannten Querdenker-Szene, gegen eine angeblich nicht hinnehmbare Grundrechte-Einschränkung spielen solche Überlegungen keine Rolle, denn in deren Augen gibt es gar keine Pandemie. Aber das darf keine Grundlage sein für Kritik an der Ausgangssperre. Wer aber anerkennt, dass eine Pandemielage besteht und einfach nur sagt, dass er es nicht hinnehmen mag, nachts nicht mehr das eigene Grundstück verlassen zu dürfen, der soll bitte alternative Vorschläge unterbreiten, oder sich mit Kritik zurückhalten.

    Nbgradler zum Beispiel, mit dem ich ja nicht so oft übereinstimme, hat vorgeschlagen, die Maskenpflicht zu verschärfen, dafür aber auf nächtliche Ausgangssperren zu verzichten. Den Vorschlag finde ich nicht gut, aber Nbgradler macht wenigstens einen Vorschlag, das finde ich gut!

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (17. April 2021 um 20:42) aus folgendem Grund: Kontaktbeschränkung war doppelt in einem Satz, Kommasetzung

  • Ich hatte weiter oben die Primärquelle dazu zitiert und verlinkt. Im Zeit-Artikel wird das als "Unserer Forschung nach hat die Ausgangssperre die Zahlen
    sogar nach oben getrieben" zitiert, das bezieht sich aber auf die zusätzliche Ausgangssperre ab 18 Uhr, nicht auf Ausgangssperre versus Nichtausgangssperre. Insgesamt haben sie noch immer einen positiven Effekt gefunden, aber schon ab 18 Uhr Ausgangsperre führt halt zu einem geringerem positiven Effekt.

    Die Erklärung ist, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, dass das Einkaufs-Geschehen in den Supermärkten zu sehr auf einen zu kurzen Zeitraum reduziert wird, so dass es dann sehr voll wird.

    Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis und sollte eigentlich dazu führen, dass bei der Erneuerung des Infektionsschutzgesetz keine Startzeit ab 18:00 Uhr festgelegt wird. So weit ich weiß ist 21:00 Uhr bis 5:00 Uhr geplant.

    In Hannover gab es ja schon einmal 6 Tage lang die Ausgangssperre und zwar von 22:00 Uhr bis 5:00 Uhr. Wenn es jetzt abends wieder länger hell sein wird, ist es besser, die Ausgangssperre beginnt erst mit der Dämmerung, also erst um 22:00 Uhr. Dann kann man das Tagesslicht noch nutzen, z. B. für sportliche Aktivitäten draußen.

  • Zu meiner Kritik an der Ausgangssperre komme ich aufgrund eigener Meinung und Überlegungen. Du unterstellt wiederholt, dies sei dummes Nachplappern von AFD-Propaganda.

    Finde ich rhetorisch durchaus interessant. Wie heißt Deine Argumentationsstruktur? Ist das eine Kombination aus "ad hominem" und einem Strohmann?


    Du schreibst immer nur, dass Vor- und Nachteile abgewägt wurden - keiner Deiner Links zeigt diese Abwägung.

    soll bitte alternative Vorschläge unterbreiten, oder sich mit Kritik zurückhalten

    Aus meinem gestrigen Post, samt Rechtschreibfehler:

    - Homeoffice-Pflicht, woe möglich

    - tägliche Testpflicht in Betrieben, wo Homeoffice nicht möglich ist

    - mehr Geld für Impfstoffe

    - Luftfilter da, wo viele Menschen in geschlossenen Räumen zusammenkommen - Schulen, Betrieben, öffentliche Verkehrsmittel...

    Und eine FFP-Maskenpflicht (statt medizinischen Masken) halte ich durchaus ebenfalls für sinnvoll - fügt Eigenschutz als Motivation zum Maskentragen dem Altruismus hinzu.

    Habe ich jetzt in deinen Augen die Berechtigung zur Kritik?

  • Radfalter

    Ja natürlich ist das berechtigte Kritik, wenn nicht einfach nur mit Empörungsrhetorik auf die vorgeschlagenen Ausgangssperren reagiert wird. Deine Vorschläge, zeigen, dass Handlungsbedarf besteht. Möglicherweise habe ich deinen gestrigen Post nicht vollständig gelesen? Entschuldigung bitte.

    Es ist wirklich nicht meine Absicht, Kritiker an einer Ausgangssperre grundsätzlich in die AfD-Ecke zustellen. Und ich habe weiter oben schon klar differenziert zwischen Kritik von Links und Kritik von Rechts oder auch Kritik von Grün. (Wobei die sich in der Ausgangssperren-Diskussion zurückhalten.)

    Das kommt nach meiner Beobachtung oft zu kurz, dass genau hingeschaut wird, wer Kritik übt und mit welcher Intention. Denn eines ist klar: Verschiedene gesellschaftliche Gruppen verfolgen unterschiedliche, manchmal einander widersprechende Ziele.

    Home Office Pflicht und Testpflicht scheiterten bislang am Widerstand der Unternehmen und der unternehmernahen Parteien.

    Für mehr Impfstoffe und Luftfilter mangelte es bislang an der Bereitschaft, dafür Geld in die Hand zu nehmen.

    Es ist aber auch nicht so ohne, das Thema richtig anzupacken. Über Impfstoffe-Verträge wurde bereits sehr früh entschieden. Und ich war ziemlich erschrocken darüber, wieviel nationalistische Gesinnung hochkochte, als Vorwürfe laut wurden, es sei ein Fehler gewesen, in dieser Frage zu sehr auf die EU zu vertrauen.

    Und die Luftfilterfrage ist auch nicht so ohne. In einem Zeitungsbeitrag sah ich nachträglich in Klassenzimmer eingebaute Luftfilteranlagen, die sehr viel Platz einnahmen. Vielleicht hätte das im Wechselunterricht noch funktioniert. Aber spätestens bei der Rückkehr zur normalen Klassengröße, hätte man die Gerätschaften wieder abbauen müssen. Hier wurde seit Jahrzehnten zu wenig investiert in Räume und Ausstattung. Und auch in Personal.

    Der größte Nachteil an der nächtlichen Ausgangssperre als Maßnahme zum Stoppen des Infektionsgeschehens ist vielleicht der, dass noch weitergehende Maßnahmen noch sehr viel schwerer vorstellbar sind. Möglicherweise sogar dann nicht wenn sie dringend nötig werden sollten.

    Auf jeden Fall ist es ein großes Entgegenkommen der Bevölkerung auf diese Freiheit zu verzichten und das sollte von der Regierung stärker gewürdigt werden und anerkannt werden. Es wird schon einiges ermöglicht an Kulturprogrammen, die man vorwiegend über das Internet empfangen kann, aber vieles davon ist eher auf das "Bildungsbürgertum" ausgerichtet. Dann gibt es den "Bundesliga-Zirkus", der weiter läuft. Das ist gut. Gut wären noch Bildungsangebote und Unterhaltungsangebote, die so gestaltet sind, dass sie die Menschen zusammenbringt mit kostenlosem Zugang. Und da das momentan physisch nicht geht, halt eben digital über's Internet. Und auch das Medium Fernsehen bietet vermutlich noch Möglichkeiten.

  • schwerer lernfähig als ein 2 jähriges Kind

    Das ist aber jeder, der älter als 2 Jahre ist. 😉

    Im Übrigen völlig einverstanden.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Ich hatte weiter oben die Primärquelle dazu zitiert und verlinkt. Im Zeit-Artikel wird das als "Unserer Forschung nach hat die Ausgangssperre die Zahlen
    sogar nach oben getrieben" zitiert, das bezieht sich aber auf die zusätzliche Ausgangssperre ab 18 Uhr, nicht auf Ausgangssperre versus Nichtausgangssperre. Insgesamt haben sie noch immer einen positiven Effekt gefunden, aber schon ab 18 Uhr Ausgangsperre führt halt zu einem geringerem positiven Effekt.

    N.B.: Das bedeutet alles nicht, dass ich Ausgangssperren gut finde -- für uns mit Kind zu Hause & 2x Vollzeit Arbeit können wir realistisch erst nach acht überhaupt in Ruhe raus um eine Pause zu haben.

    Es ging mir darum, darauf hinzuweisen, dass es "unstrittig" sei. "Unstrittig" wäre es, würde nicht darüber 'gestritten', weil die Datenlage valide und eindeutig wäre.

    Für einen derartigen Grundrechtseingriff ist mir das alles zu dünn.

    Nb.: 2 Kinder, 2 Berufstätige, einer davon mit Mischung aus Präsenz- und Home-Office - manchmal sogar innerhalb eines Arbeitstages ...

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Geeignet ist ein Verbot sich mit Fremden zu treffen. Geeignet wäre auch eine Maskenpflicht an allen Orten nach 22 Uhr. Die Ausgangssperre erreicht gleiches, aber mit dem falschen Mittel.

    Bereits die Kontaktbeschränkungen stellen einen wesentlichen Eingriff in unsere Grundrechte dar.

    "Wieviele Menschen dürfen sich treffen?

    In der Region Hannover liegt die Inzidenz über 100, so dass die bekannte 1-plus-1-Regelung greift, das heißt: ein Haushalt darf eine weitere Person treffen."

    Quelle: offizielle Internetseite der Region Hannover, https://www.hannover.de/Service/Presse…zu-beachten-ist

    Das heißt ich darf in meiner Wohnung nicht mehr als eine Person empfangen. Ich darf auch dann nicht zwei oder drei Personen empfangen, wenn diese aus einem Haushalt kommen. Ich darf zum Beispiel zusammen mit meinem Schatz nicht wie gewohnt ein befreundetes Paar empfangen, um mit denen Doppelkopf (ein Spiel das man zu Viert spielt) zu spielen? Wir müssen stattdessen auf Skat umstellen (Skat spielt man zu Dritt).

    (Tatsächlich haben wir inzwischen auf Videokonferenz umgestellt in Verbindung mit einem guten Doko-Spielportal.)

    Und dieses Empfangen von zwei Leuten aus einem anderen Haushalt (quasi also unser reales Doppelkopfspiel) ist nicht erlaubt, obwohl ganz klar ist, dass wenn nur einer von den beiden kommt, derjenige, der da kommt noch in der selben Nacht bei sich zuhause mit seinem Partner im selben Bett schläft.

    Übrigens ist auch das Verbot ohne Maske bestimmte öffentlich zugängliche Areale nicht betreten zu dürfen eine nicht unerhebliche Grundrechtseinschränkung.

    Deswegen bin ich ein bisschen überrascht, dass Sie als Alternative zur nächtlichen Ausgangssperre vorschlagen, eine Maskenpflicht an allen Orten nach 22:00 Uhr.

    Sie hatten ja weiter oben auf meine Frage, "Wer bezweifelt eigentlich, dass Ausgangssperren ein geeignetes Mittel der Pandemiebekämpfung sind?" geantwortet:

    "Jeder, der nachts Alleine oder mit Mitgliedern des eigenen Familienstandes vor die Türe gehen möchte. Hoffe ich zumindest."

    Und hatten für diese Aussage auch noch mehrere zustimmende Reaktionen erhalten. Da frage ich doch mal zurück:

    "Warum meinen Sie, dass es zur Pandemiebekämpfung beiträgt, wenn Personen, die nach 22:00 das Haus verlassen, grundsätzlich verpflichtet sind eine Schutzmaske oder gar eine FFP 2 Maske zu tragen?"

    Die "Maskenpflicht" ist immerhin eine Einschränkung der Persönlichkeitsrechte, die nicht einfach mal eben so pauschal verhängt werden sollte. In der Region Hannover hatte man das zunächst sehr pauschal angeordnet, musste dann aber aufgrund von Gerichtbeschlüssen nachsteuern und die Orte der "Maskenpflicht" konkretisieren.

    Auch wenn ich es für verkehrt halte, eine generelle Maskenpflicht nach 22:00 Uhr auszusprechen, so halte ich doch den Zeitpunkt für gut gewählt. Und zwar für den abendlichen Beginn der im Infektionsschutzgesetz geplanten Ausgangssperre. Zumindest für den großstädtischen Raum, wo viele Supermärkte erst sehr spät schließen und die Bewohner*innen ihr Einkaufsverhalten auf die späten Öffnungszeiten abgestimmt haben, halte ich 22:00 Uhr für angemessen.

  • Eine Maske ist dort sinnvoll, wo sich Menschen aus verschiedenen Haushalten nahe kommen, insbesondere in geschlossenen Räumen auch dann, wenn sie >1,5m Abstand halten. Das gilt nach 22:00 Uhr genauso wie vor 22:00 Uhr und im öffentlichen Raum genauso wie im Privaten. Eine Maskenpflicht in Privaträumen wird aber nicht kontrollier- und durchsetzbar sein.

  • Eine Maske ist dort sinnvoll, wo sich Menschen aus verschiedenen Haushalten nahe kommen, insbesondere in geschlossenen Räumen auch dann, wenn sie >1,5m Abstand halten. Das gilt nach 22:00 Uhr genauso wie vor 22:00 Uhr und im öffentlichen Raum genauso wie im Privaten. Eine Maskenpflicht in Privaträumen wird aber nicht kontrollier- und durchsetzbar sein.

    WAAAS? Ich bin immer noch auf dem Stand:

    Zitat

    „Mundschutz ist nicht notwendig, weil der Virus gar nicht über den Atem übertragbar ist“

    https://www.oldenburger-onlinezeitung.de/nachrichten/sp…ndig-31866.html

    Vielleicht sollt ich mal wieder rausgehen, unter Leute, um mich zu informieren? Ja, nachts in die Kneipe .... :)

  • "Umfrage: Mehrheit der Deutschen will bundesweite Ausgangssperren

    In vielen deutschen Städten gelten schon nächtliche Ausgangsbeschränkungen.

    Mehr als jeder zweite Deutsche ist dafür, solche Maßnahmen bundesweit zu ergreifen.

    Je älter die Befragten, desto größer sind die Sympathien."

    rnd vom 2.4.2021 https://www.rnd.de/politik/ausgan…VXWMFTJ7BQ.html

    "Umfrage: Deutsche in Frage der Ausgangssperren gespalten

    Die Menschen in Deutschland sind gespalten in der Frage, ob zur Eindämmung der Corona-Pandemie nächtliche Ausgangssperren gelten sollen. Auf eine entsprechende Umfrage im Auftrag der ARD gaben 51 Prozent der Befragten an, solch eine Maßnahme für richtig zu halten. 46 Prozent waren dagegen."

    rnd vom 16.4.2021 https://www.rnd.de/politik/umfrag…PIEYZ5JLTY.html

    Was hat diesen Umfrage-Umschwung herbeigeführt?

    Die Corona-Inzidenzwerte sind seit der er ersten Umfrage angestiegen. Einen vorläufigen Höhepunkt gab es Anfang April. Dann gab es einen Rückgang in der Woche nach Ostern. Fand die Befragung möglicherweise statt zu einem Zeitpunkt, als die Befragten von einem weiteren Rückgang der Inzidenzzahlen ausging? Inzwischen übertreffen die aktuellen Inzidenzwerte jedoch diejenigen von vor Ostern.

    Oder gibt es da viele Bürger, die zwar gerne mal großspurig rigides und stringentes Regierungshandeln einfordern, aber denen es dann schnell mulmig wird, wenn die Regierungspolitik sich daran macht, diese Forderungen zu konkretisieren?

    7-Tage-Inzidenz der Coronainfektionen (COVID-19) in Deutschland seit Juni 2020

    Inzidenzzahlen-Statistik: https://de.statista.com/statistik/date…in-deutschland/

    29.3.21: 134 Erster Hochpunkt seit Januar

    8.4.21: 106 Zwischentiefpunkt

    16.4.21: 160 Aktueller Wert

  • Interessant dabei wären m.E. die Zusatzfragen:

    • Wie ständen Sie zu der Forderung nach Ausgangsbeschränkungen, wenn diese nicht von Merkel, sondern z.B. von Herrn Gauland käme?
    • Haben Sie jemals einen Gedanken daran verschwendet, dass nach "dem Merkel" irgendetwas anderes einfach so über das Parlament hinaus rein-regieren könnte?
    • Falls ja, wie wichtig fänden Sie es dann, vorausschauend klare, unüberwindbare Grenzen bzgl. der Gewaltenverteilung zu ziehen?

    Ich finde, das wären hervorragende Abschlussprüfungsaufgaben in allen Schulzweigen, die vermutlich mehr für die Demokratie tun würden als das das ständige Gelaber über "Demokratiegefährdung".

  • Das heißt ich darf in meiner Wohnung nicht mehr als eine Person empfangen. Ich darf auch dann nicht zwei oder drei Personen empfangen, wenn diese aus einem Haushalt kommen.

    Das halte ich in der Tat auch für wenig sinnvoll, da der zentrale Parameter eigentlich ist, wie viele Haushalte sich treffen.

    Zitat


    Übrigens ist auch das Verbot ohne Maske bestimmte öffentlich zugängliche Areale nicht betreten zu dürfen eine nicht unerhebliche Grundrechtseinschränkung.

    Das ist jetzt sicherlich ein Stück weit Ansichtssache. Ich persönlich empfinde jetzt aber die Einschränkung, mir in gewissen Situationen bzw. an gewissen Orten mal kurz eine Maske überzuziehen als nicht so erheblich. Wohingegen ich die Einschränkung über mehrere Stunden die eigene Wohnung nicht mehr verlassen zu dürfen schon als erhebliche Einschränkung wahrnehme.


    Was hat diesen Umfrage-Umschwung herbeigeführt?

    Gute Frage. Ich denke, dass auch die mediale Berichterstattung (wenn man etwas bösartig sein will, kann man in manchen Fällen sicher auch von Panikmache sprechen) hierihren Teil beigetragen hat.

    Zitat

    Oder gibt es da viele Bürger, die zwar gerne mal großspurig rigides und stringentes Regierungshandeln einfordern, aber denen es dann schnell mulmig wird, wenn die Regierungspolitik sich daran macht, diese Forderungen zu konkretisieren?

    Aber auch das ist ein durchaus plausibler Grund für das Stimmungsbild.


    Darüber hinaus ist zu sagen: Grundrechte sind Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat. Folglich ist die bloße Tatsache, dass die Mehrheit des Volkes für Einschränkungen ist zwar interessant, für die Legitimation aber im Grunde irrelevant.

  • Gute Frage. Ich denke, dass auch die mediale Berichterstattung (wenn man etwas bösartig sein will, kann man in manchen Fällen sicher auch von Panikmache sprechen) hier ihren Teil beigetragen hat.

    In welche Richtung machen "die" Medien denn gerade Panik? Was meinst du?

    Das rechte Magazin compactonline etwa titelt in einem Beitrag vom 18. April 2021:

    "Ermächtigungsgesetz - Widerstand gegen den Merkelputsch"

    In den rechten Medien wird also vor allem Panik gemacht vor einer autoritativen Merkel-Regierung:

    "Deutschland steht an der Schwelle zu einer Präsidialdiktatur mit Notstandsverordnungen"

    https://www.compact-online.de/die-woche-comp…l-putsch-video/

    Die liberale Wochenzeitung "Die Zeit" schreibt in einem Kommentar am 13. April 2021:

    "Wo hat Deutschland während der Pandemie gepunktet? Richtig, beim Lockdown. Wo steht der Erfolg noch aus? Richtig, beim Impfen. Braucht Deutschland also ein neues Gesetz, das es der Regierung erlaubt, beim Lockdown noch härter durchzugreifen? Klar. Wie ein Fisch ein Fahrrad.

    Dennoch will die Regierungskoalition mithilfe der Grünen das Infektionsschutzgesetz "reformieren", sprich der Bundesregierung mehr Durchgriffsmöglichkeiten gegenüber Ländern und Kommunen geben, wenn es um die Einschränkung elementarer Freiheiten geht. Man muss kein Querdenker sein, um das bedenklich, ja geradezu verdächtig zu finden."

    Immerhin hält es "Die Zeit" für notwendig, sich mit ihrer Kritik an der Ausgangssperre vom rechten Rand zu distanzieren.

    Ansonsten aber ist das ebenfalls Panikmache vor der nächtlichen Ausgangssperre.

    Und der Gegenvorschlag "Impfen statt Ausgangssperre" ist reichlich aus der Luft gegriffen. Oder soll damit vielleicht Söders Strategie gelobt werden soll, Sputnik von Putin zu kaufen? (Das kann ich mir allerdings nicht vorstellen.) Die vorhandenen Impfstoff-Quellen sind bereits angezapft und darüber hinausgehende zusätzliche derzeit nicht erkennbar und werden auch im Zeit-Artikel nicht genannt.

    https://www.zeit.de/politik/deutsc…g-foederalismus

    Die linksliberale FR schreibt in ihrem Kommentar:

    "Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Bus. Der Fahrer oder die Fahrerin hat am Vorabend gefeiert und schläft ein, der Bus rast auf einen Abgrund zu. Aber statt die Notbremse zu ziehen, sagen Sie: Nö, nicht mein Fehler, das sollen die da vorne mal lösen. Das würden Sie natürlich nicht tun. Sie würden die Vollbremsung versuchen und hinterher darauf bestehen, dass die Fahrerin oder der Fahrer verantwortlich gemacht wird."
    Das ist wohl als ein klares Bekenntnis zur Ausgangssperre zu werten. Wenn man bei diesem Artikel von Panikmache sprechen will, dann ist die Stoßrichtung eine Panikmache (wenn man das so nennen mag) vor ansteigenden Inzidenzzahlen und überlasteten Kliniken.

    https://www.fr.de/meinung/kommen…g-90463373.html

    Die Grünen-nahe taz weist am 30.3.2021 auf die inneren Widersprüche verschiedener Corona-Abwehrstrategien hin:

    "Massentests und Sperrstunden, beides wirksame Einzelmaßnahmen im Kampf gegen Corona folgen einer komplett unterschiedlichen Logik. Regelmäßige Tests, an die sich die Bür­ge­r*in­nen gewöhnen sollen, haben den Sinn, Kontakten die Ansteckungsgefahr zu nehmen. (...) Wer Tests als zentralen Baustein der Pandemiebekämpfung definiert, kann nicht zeitgleich alle Kontakte unterbinden, die die Tests wieder möglich machen sollen." Wenn man in diesem Artikel eine Panikwarnung entdecken mag, dann vielleicht die vor uneinheitlichen und widersprüchlichen Corona-Abwehrmaßnahmen.

    https://taz.de/Kommentar-ueber-Ausgangssperren/!5758446/

    Im Kommentar der konservativen FAZ vom 16.4.2021 steckt ein klares Bekenntnis zur Notwendigkeit nächtlicher Ausgangssperren, das vielleicht am prägnantesten in diesem kurzen Satz zusammengefasst ist: "An der „Notbremse“ führte schon zu Ostern kein Weg vorbei."

    https://www.faz.net/aktuell/politi…e-17297568.html

    Wenn man das partout "Panikmache" nennen mag, dann ist es eine Warnung vor steigenden Corona-Fallzahlen und einem immer weniger kontrollierbaren Pandemie geschehen.

    Der Kommentar zur Ausgangssperre aus der linken Zeitung "Neues Deutschland" ist bereits vom 18.1.2021, aber nach meiner Beobachtung immer noch aktuell für die Haltung der politischen Linken, links von der Sozialdemokratie: "Eine Ausgangssperre, wie sie Bund und Länder offenbar in Erwägung ziehen, ist aus vielerlei Gründen absolut inakzeptabel.

    (...)

    Mit Ausgangssperren drohen Bund und Länder aber total zu überdrehen, nötiges Vertrauen für Kooperationsbereitschaft zu verspielen."

    https://www.neues-deutschland.de/artikel/114711…ehtas-noch.html

    Zur Eindämmung der Pandemie setzt der Kommentator auf Kooperationsbereitschaft, die er durch die Ausgangssperre gefährdet sieht. Die sehr eindringlichen Bezeichnungen für die Ausgangssperre, "absolut indiskutabel" und "Bund und Länder ... überdrehen" darf man wohl als Panikmache gegen die Ausgangssperre bezeichnen.

    Zusammenfassung:

    1. Es gibt nicht "die mediale Berichterstattung"!

    2. Wenn man in der Berichterstattung nach Panikmache sucht, dann entdeckt man sehr unterschiedliche Stoßrichtungen.

    Ich komme zu dem Urteil, dass eine zeitlich begrenzte nächtliche Ausgangsperre in Kombination mit weiteren Maßnahmen, die zur Kontaktbeschränkung dienen, sinnvoll ist. Besonders die Bundesländer, die meinen jetzt trotz steigender Fallzahlen auf Gedeih und Verderb Lockerungen durchzusetzen oder zuzulassen, können durch ein bundeseinheitliches Infektionsschutzgesetz hoffentlich dazu bewegt werden, gefährliche Sonderwege zu verlassen.

    Darüber hinaus ist zu sagen: Grundrechte sind Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat. Folglich ist die bloße Tatsache, dass die Mehrheit des Volkes für Einschränkungen ist zwar interessant, für die Legitimation aber im Grunde irrelevant.

    Das ist eine sehr einseitige Betrachtung der Grundrechte. Grundrechte dienen unter anderem auch dazu, staatliche Übergriffe abzuwehren. Aber sehr viel häufiger geht es darum, dass staatliches Handeln dazu beitragen soll, die Grundrechte seiner Bürger gegenüber Dritten zu schützen oder überhaupt erst zu ermöglichen.

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (18. April 2021 um 21:59) aus folgendem Grund: Doppel-Link einmal entfernt

  • Ich meine insbesondere die in letzter Zeit gehäuft auftretende Berichterstattung, in der Anekdoten über schlimme Verläufe von long covid erzählt werden (hier z.B.: https://www.spiegel.de/panorama/gesel…bc-118ce34a46b5 ), ohne einzuordnen, dass es sich dabei um absolut atypische Verläufe handelt.

    Ich konnte nur das Bild von dem Mann in Turnkleidung mit dem Fußball in der Hand sehen und den ersten Absatz lesen. Vermutlich müsste ich Spiegel-Abonnent werden um alles lesen zu können. Wurde denn im weiteren Verlauf des Artikels das Thema Ausgangssperre noch einmal direkt angesprochen? Oder vielleicht das Thema Corona-Schutzimpfung?

    Denn wenn es zutrifft, dass solche Berichte derzeit überproportional häufig publiziert werden, ohne nähere Einordnung, dann kann das ja auch vor allem als Unterstützung der Impfkampagne gemeint sein.

  • Ich meine insbesondere die in letzter Zeit gehäuft auftretende Berichterstattung, in der Anekdoten über schlimme Verläufe von long covid erzählt werden, [...] ohne einzuordnen, dass es sich dabei um absolut atypische Verläufe handelt.

    öhm. weil das so typische Fragen sind, die ich mir stelle:

    wo ist eigentlich der Übergang zwischen "typisch" und "atypisch"? :/

    und bis zu welcher (absoluten) Zahl von atypischen Verläufen ist dies einfach "hinzunehmen"? :|

  • Aus meiner Sicht ist es wissenschaftlich schlicht unseriös zu behaupten, die Ausgangssperren hätten signifikant etwas gebracht. Wie stark ist denn die (statistische) Korrelation dieser Maßnahme zu den anderen?

    Ist der Beobachtungszeitraum nicht ein wenig kurz? Seit wann gelten die nächtlichen Sperren in Hamburg?

    Gegenbeispiele kann man aus Bayern Dutzende liefern: in vielen bayerischen Landkreisen galt/gilt eine Ausgangssperre, zum Teil schon seit Oktober letzten Jahres (Berchtesgadener Land). Indes hat sich an den Inzidenzzahlen lange Zeit wenig. Ob die Zahlen ohne diese Maßnahme höher gewesen wäre? Wer es behauptet, muss auch stichhaltige Beweise liefern.