Hamburg, Parteiprogramme zur Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020

  • Die Mehrheit der Abgeordneten in einem Parlament entscheidet mitunter auch so, dass es der Mehrheit der Bevölkerung widerspricht. Dafür lassen sich sicher Beispiele finden, aber entscheidend für ein Modell der Konkordanzdemokratie ist eine aktive Beteiligung der Mitglieder der Gesellschaft in verschiedenen gesellschaftlichen Institutionen und Gruppen. (Gewerkschaften, Kirchen, Verbände, Vereine)

    Leider wird immer wieder große Unzufriedenheit von Menschen zur Schau getragen, die sich gerade nicht an gesellschaftlichen Institutionen und Gruppen beteiligen. Das politische System fußt jedoch darauf, dass gesellschaftliche und politische Willensbildung nicht ausschließlich von den Parlamenten ausgeht, sondern, dass politische Willensbildung auch außerhalb der Parlamente stattfindet und von außen in die Parlamente hineingetragen wird.

    Nimm mal das Thema Tempolimit. Hier gab es ja eine lange Zeit sehr fundametalistische anmutende Verneiner. Und dass die Abstimmung für ein Tempolimit von 130 auf den Autobahnen verloren ging, das lag an dem Koalitionsvertrag, den Christdemokraten und Sozialdemokraten aushandelten.

    Inzwischen lockert der ADAC (Autofahrer-Verein) seine strikte Abwehrhaltung gegen ein Tempolimit von 130 auf Autobahnen und es wird für CDU und CSU immer schwerer daran festzuhalten. Ich weiß nicht, wie du in dieser Frage zu einer Lösung kommen willst. Aber ich bin mir sicher, dass es extrem schwierig werden würde, in dieser Frage eine Volksbefragung durchzuführen, die sehr viel Aufmerksamkeit binden würde und die extrem stark beeinflusst werden würde von finanzstarken Akteuren.

  • Für die FDP-Spitzenkandidatin zur Wahl der Hamburger Bürgerschaft, Frau Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein, ist Fahrradfahren keine Option: "Menschen, die außerhalb wohnen, können nicht mit dem Fahrrad in die Stadt kommen.", so Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein in Minute 6:55 von 8:44 im NDR-info-Interview zur Hamburger Bürgerschaftswahl: Von Treuenfels-Frowein: "Große Hypothek für Hamburger FDP"

    https://www.ndr.de/nachrichten/in…udio635330.html Auch die anderen Hamburger Spitzenkandidat*innen sollen in den nächsten Tage auf NDR-Info zu Wort kommen. Da bin ich ja mal gespannt, was die so sagen zum Thema Fahrradfahren.

  • Aus dem Beitrag: Wahlziel der FDP: zweistellig. :D

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Auf Personenkult fahre ich nicht unbedingt dramatisch ab, aber wenn sich die Gelegenheit bietet, dann schau ich mal vorbei, wenn jemand Prominentes spricht. Wer in Hamburg an der Klima-Demonstration am kommenden Freitag, 21.2.2020 teilnimmt, der kann voraussichtlich Greta Thunberg live erleben: Siehe hier: https://www.n-tv.de/politik/Greta-…le21576293.html ntv vom 14.2.2020:

    Kommende Woche besucht Klimaaktivistin Greta Thunberg erneut die Fridays-for-Future-Demonstration in Hamburg. Die Organisatoren rechnen mit 30.000 Teilnehmern.

  • Von meinem Arbeitsplatz habe ich einen ganz guten Blick auf den Hamburger Domplatz, der übrigens früher einmal ein Parkplatz war.

    Ende Januar wurden dort die ersten Wahlplakate aufgestellt, natürlich und wie jedes Mal wurde dazu der Radfahrstreifen beparkt. Das korrespondiert prima mit der Verkehrswende, die in diesem Jahr natürlich und wie jedes Mal ein wichtiges Element des Wahlkampfes ist.

    Kurz darauf feierten die Bündnisgrünen die Aufstellung ihres Wahlplakates mitten auf dem Domplatz, damit auf den Fotos nicht die Wahlwerbung der Konkurrenz zu sehen ist.

    Und dann geht auch noch die Karre kaputt. Echt unglücklich, so ein Wahlkampftag, und das alles ausgerechnet auf dem Radfahrstreifen zwischen Dom- und Steinstraße, die beide ohnehin relativ unschön zu befahren sind:

    Sogar die Christdemokraten machten in diesem Jahr was über den Klimaschutz, der ja eigentlich ein Teil der DNA einer konservativen Partei sein sollte. Nun ist natürlich jedem klar, sowohl den Christdemokraten als auch deren Wählern, dass die CDU mit Klimaschutz ungefähr gar nichts am Hut hat und es sich um bloße Wahlkampftaktik handelt:

    Dann besann man sich allerdings recht schnell und drehte den Wahlkampf auf das angebliche rot-grüne Versagen in der Verkehrspolitik um. „Weniger Stau, mehr We!nberg“ — ich muss zugeben, schon bessere Sprüche gelesen zu haben. Vor allem ist das eine ganz schön mutige Ansage angesichts des eigenen Verkehrskonzeptes, das ja grundsätzlich nur aus „mehr Straßen und breiten Straßen und mehr Parkplätzen und bitte keine Fahrräder“ zu bestehen scheint.

    Eventuell hat die CDU festgestellt, dass sie außer der Verkehrspolitik in keinen Themen ordentlich punkten kann, so dass die Junge Union mit Herrn We!nberg schilderbewehrt durch die Stadt ziehen musste. Natürlich wollte man den echten Verkehr nicht behindern und lief darum nicht auf der Fahrbahn, sondern auf dem Radweg herum:

    Dann gibt es da noch eine blaue Partei, über die ich aber eigentlich nicht reden möchte.

    Die AfD mischt da fröhlich mit und verfolgt grundsätzlich das gleiche Verkehrskonzept wie die CDU, nur in glaubwürdig: Die AfD braucht nämlich keine Rücksicht auf radfahrende Wähler zu nehmen, weil sie die ohnehin niemals erreichen wird, und braucht dementsprechend nicht diesen christdemokratischen Eiertanz zwischen den Wählerstimmen der Kraftfahrer, auf die man unbedingt angewiesen ist, und den Stimmen der Nicht-Kraftfahrer, die man auch gerne hätte, aufzuführen. Die AfD kann ganz knallhart darlegen, dass sie Politik für Kraftfahrer und gegen Radfahrer machen wird. Und ich nehme ihr das vollkommen ab.

    Dann geht man aber doch noch in den Schneeflöckchenmodus über: „Meinungsfreiheit? Ohne Kritik keine Demokratie!“ Was die Deutschalternativen wieder verwechseln: Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass jede Meinung widerspruchslos geschluckt werden muss. Kritik ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie — Ups, das steht ja sogar auf dem Plakat! Was aber gemeint ist: Jeder soll Bitteschön seine eigene Meinung („Kritik“) äußern dürfen, aber niemand darf diese Meinung kritisieren. Oha.

    Und „Freitags wieder Schule“. Wie gesagt, ich finde es ja echt erschreckend, aber die AfD ist echt die einzige Partei, die ihre Wahlversprechen nicht hinter schnulzigem Bullshit versteckt: Radfahrer und Umweltschützer und Linke werden es schwer haben, wenn die AfD an die Macht geraten sollte.

    Und dann ist da noch irgendwie die SPD. Die Sozialdemokraten versuchen es ebenfalls mit einer Neuauflage ihrer Plakate und ich fühle mich auch gleich ein bisschen wohler im Bureau, seit Tschentscher mir nicht mehr die ganze Zeit auf den Bildschirm starrt.

    Das Element des Klimaschutz wurde dann am Freitagnachmittag wieder im Straßenverkehr platziert. Einige Mitstreiter von Extinction Rebellion und FridaysForFuture warben für die nächste Großdemonstration am kommenden Freitag:

    Das fand natürlich nicht jeder gut. Am schönsten ist es dann aber immer wieder, sich die CO2-Bilanz veganer Ernährung von jemandem vorrechnen zu lassen, der im SUV gebettet denkt, das Soja für fleischfreie Alternativen würde im Amazonas-Regenwald angebaut.

    Nun ja.

    Ich bin ja nach wie vor gespannt, wie die Ergebnisse am nächsten Sonntag aussehen, insbesondere hinsichtlich der Freidemokraten, die diesen gethüringerten Wahlkampf womöglich nicht übersehen könnten.

  • Ich bin ja nach wie vor gespannt, wie die Ergebnisse am nächsten Sonntag aussehen, insbesondere hinsichtlich der Freidemokraten, die diesen gethüringerten Wahlkampf womöglich nicht übersehen könnten.

    Forschungsgruppe Wahlen sagt: SPD 37 %, Grüne 25 % und FDP nicht drin (4,5 %), Befragungszeitraum 11. - 13.2.2020

    https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/hamburg.htm

    Das ist der niedrigste Wert für die FDP im Vergleich zu allen anderen Umfragen seit Jan 2016!

    Schadet es den Grünen, dass sie an einer CDU andocken wollen, die gerade dabei ist scharf nach Rechts abzudriften?

  • Forschungsgruppe Wahlen

    10% der Stimmen fallen unter den Tisch. SPD käme dann auf 41%, Grün auf 28%, CDU auf 14%, Links auf 9%, AFD auf 8% (Summe 100%).

    Mögliche Koalitionen damit:

    - Grün+CDU+Links: 51%. Eher nicht.

    - Grün+CDU+AFD: 50%. Wohl kaum.

    - Grün+SPD: 69%. Groko.

    - SPD+Links: 50%. Ja, vielleicht.

    - SPD+CDU: 55%. Hoffentlich nicht.

    Schwarzgrün passt hinten und vorne nicht, Koalition mit einem 3. Partner ist unrealistisch.

    An der SPD geht kein Weg vorbei, aber sie kann sich den Koalitionspartner aussuchen.

    Wird spannend.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • An der SPD geht kein Weg vorbei, aber sie kann sich den Koalitionspartner aussuchen.

    Das muss auch so sein, wenn sie die meisten Stimmen bekommen. Alle Planspiele erst einmal außen vor, mit der Regierungsbildung wird die stärkste Partei beauftragt. Auch wenn eine scheckig bunte Koalition aus FDP, AFD, Links, Grauen Panthern und Tierschutzpartei möglicherweise mehr Stimmen hätte ist immer noch der größte Stimmenanteil zunächst am Zug.

  • Habe bislang den Artikel nur überflogen. Die erste Zwischen-Überschrift deutet darauf hin, dass Radverkehrs-Förderung verwechelt wird mit Radwegebau:

    "Wie viele Kilometer neue Radwege will Ihre Partei in der nächsten Legislaturperiode konkret neu bauen, bzw. sanieren?"

    Immerhin die zweite Zwischenüberschrift klingt etwas anders:

    "Wird Ihre Partei den Radverkehr in Hamburg planerisch vor dem Autoverkehr priorisieren und was werden Sie bis 2025 konkret dafür tun?"

    Was fehlt? Zum Velorouten-Netz gibt es ein Foto, dass den Anschein erweckt, die Velorouten würden durch Aspahaltieren von Grünflächen gewonnen. Trifft das zu, dann fehlt die Frage nach Ausgleichsmaßnahmen. Zum Beispiel: Welche Autofahrspuren werden Sie zu Grünflächen umbauen, als Ausgleichsmaßnahme für die angelegten Velorouten.

  • Nach dem was ich über das Fernsehduell Fegebank - Tschenscher bislang gelesen habe, ist es der Grünen Spitzenkandidaten nicht gelungen überzeugend für eine wirkliche Verkehrswende einzutreten. Das ist eine verpasste Chance der gürünen Spitzenkandidatin gewesen, sich grundlegender für eine echte Verkehrswende auszusprechen.

    Tschenscher plädiert für U-Bahnbau und will die Autofahrer nicht antasten.

    Minute 20:00 https://www.ndr.de/nachrichten/ha…hlduell130.html

    Fegebank erklärt sich zufrieden damit, dass in der nächsten Legislaturperiode eine weitgehend autofreie Innenstadt kommt.

    Grundlegend andere verkehrspolitische Vorstellungen und Ziele formuliert sie nicht.

    Wie sollen denn da Koalitionsverhandlungen ausgehen, wenn sich vorher schon alle einig sind, dass keine grundlegende Änderungen in der Verkehrspolitik stattfinden sollen?

    Fegebank will sich zum Beispiel nicht darauf festlegen, die Anzahl der Parkplätze zu reduzieren. Minute 25:00

    Vielleicht fehlt mir ja das nötige Detailwissen oder die notwendige Vor-Ort-Präsenz, um das von Hannover aus beurteilen zu können. Aber mein Eindruck von diesem "Duell" ist: Mit Rot-Grün wird es in Hamburg keine Verkehrswende geben, die Dominanz des Autoverkehrs wird ausgebaut (z. B.: Erneuerung Köhlbrand-Brücke) und der Radverkehr fristet weiter ein Schattendasein, während die ÖPNV-Fahrgäste entweder in den Untergrund verdammt werden oder im Bus im Auto-Stau stehen.

  • Ui: Die AfD ist draußen, für die FDP ist es arg knapp.

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  • Ist noch gar keine Hochrechnung, erst eine Prognose aus Nachwahlbefragungen, ist noch etwas nahe am Kaffeesatzlesen ...

    Nun gibt's ne Hochrechnung: FDP 5%, AFD 4.7%. :love:

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.