Kennzeichnung nicht benutzungspflichtiger Geh- und Radwege ist möglich – ganz ohne Schilder

  • Ich lehne das ab, das wären zehntausende neue VZ 239 allein für Berlin. Zudem sollte ein Fußweg auch weiterhin grundsätzlich für Fahrzeugverkehr aller Art tabu sein. Wer ein Fahrzeug führt, soll die Fahrbahn benutzen, genau dafür ist sie da. Wer das nicht will, fährt Bahn, Bus oder läuft.

    Nein das sehe ich nicht so. Es gibt immer wieder mal Stellen, da ist nicht ganz klar, ob da mit dem Rad gefahren werden darf oder nicht, aber es hat sich aus verschiedenen Gründen der Mischverkehr problemlos bewährt ohne das Schilder aufgestellt sind. Problematisch wird das doch eigentlich nur, wenn der eine den anderen ausschalten will. Zum Beispiel weil die Fußgänger vom Radverkehr genervt sind, oder umgekehrt.

  • Ich bin eher der Meinung, man sollte die Regeln fürs Radfahren vereinfachen. Wir haben momentan schon 13 verschiedene Straßenteile, auf denen man unter gewissen Umständen mit dem Rad fahren kann, darf oder muss. Da muss nicht noch ein 14. oder 15. Straßenteil dazukommen.

    Dann lieber wieder [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10] so definieren, dass keine Schrittgeschwindigkeit notwendig ist und an allen Stellen, die für den Radverkehr zu schmal sind, ganz konsequent das [Zusatzzeichen 1022-10]abschrauben.

    Die Rechtsprechung definiert "Schrittgeschwindigkeit" nicht wortwörtlich ("so schnell, wie ein Fußgänger schreitet"), sondern mehr so als "(für den Fahrzeugführer...) quälend langsam". Unter Berücksichtigung des beim Fahrrad grundsätzlich fehlenden Tachos und aufgrund der Notwendigkeit, aus Gründen der Balance eine gewisse Mindestgeschwindigkeit fahren zu müssen, sind das für den Radverkehr offenbar bis zu 15 km/h. Selbstverständlich ist diese Geschwindigkeit kein Anrecht, sondern aufgrund § 1 im drohenden Konfliktfall unverzüglich bis auf Stillstand zu reduzieren.

    Viel mehr finde ich auch auf benutzungspflichtigen gemeinsamen Geh- und Radwegen kühn (und damit i.S. v. §§1 und 3 StVO ordnungswidrig...). Hinzu kommt, dass es kein Schwein interessiert, wie schnell man auf einem *leeren* Bürgersteig fährt. Interessant wird die Geschwindigkeit doch erst ex post, *nachdem* es gekracht hat - und da hast du als Radfahrer auf jeder Art einer mit Fußgängern geteilten Randverkehrsanlage ["echtem" Gehweg/freigegebenem Gehweg/vermeintlich "anderem" gemeinsamen Geh- und Radweg ohne Benutzungspflicht/mit Z.240 gekennzeichnetem benutzungspflichtigen Geh- und Radweg] sowieso *immer* und vollkommen zu Recht die (Haftungs-)Arschkarte.

    Quintessenz: Die einschlägigen blauen Verkehrszeichen ändern maximal die Entrüstungsquote während eines Konfliktes beim (folgenlosen...) Aufeinandertreffen. Alles andere regelt sich unabhängig davon.

  • Du bist immer noch in einem anderen Film. Ich diskutiere diesen Sinn/Unsinn von Radwegen hier nicht, weil ich anderer Meinung bin, sondern weil das hier off-topic ist. Hier geht es darum, ob diese Piktogramme zu irgendwas gut sind oder überhaupt beachtet werden müssen.

    Hier hatte ich die VwV-StVO und die StVO zitiert: Kennzeichnung nicht benutzungspflichtiger Geh- und Radwege ist möglich – ganz ohne Schilder

    Aus meiner Sicht machen die Piktogramme deutlich, dass es sich dann um eine (auch) für den Radverkehr vorgesehene Fläche handelt, auf der man folglich Fahrrad fahren darf.

    Peter hatte dem mit Zitat von §39(5) StVO entgegen gestellt, dass solche Piktogramme illegal seien:

    "Schriftzeichen und die Wiedergabe von Verkehrszeichen auf der Fahrbahn dienen dem Hinweis auf ein angebrachtes Verkehrszeichen"

    In dem Fall der Piktogramme für nicht benutzungspflichtige gemeinsame Geh- und Radwege dienen die Piktogramme allerdings als Hinweis auf ein nicht angebrachtes Verkehrszeichen, weil es ein solches Zeichen nicht gibt. Das Piktogramm ist auch weder ein Schriftzeichen und gibt auch kein Verkehrszeichen wieder (auch wenn es dem VZ240 ähnelt, aber es fehlt der Kreis).

    Natürlich gehört zu der ganzen Diskussion auch die Frage, ob man solch ein Konstrukt eines nicht benutzungspflichtigen gemeinsamen Geh- und Radweges überhaupt haben will, oder ob man Rad- und Fußgängerverkehr auf gemeinsamen Wegen nur in Kombination mit einer Benutzungspflicht haben möchte, weil es dafür auch ein Verkehrszeichen gibt.

    Wir sind uns wohl alle einig, dass Fußgänger und Radfahrer auf gemeinsamen Flächen immer die schlechteste Möglichkeit sind, die zu Lasten der Sicherheit der Fußgänger und im Haftungsfall in der Regel zu Lasten der Radfahrer ausgehen wird, egal ob benutzungspflichtig oder nicht. Dass eine neue Möglichkeit, gemeinsame Wege zu kennzeichnen missbraucht werden könnte, völlig unzureichende Wege damit auszustatten, sehe ich ebenfalls kritisch.

  • Es gibt schlicht und ergreifend keine Sonderwege, auf denen Fußgänger und freiwillige Radler gleichberechtigt unterwegs sind. Entweder es ist ein gemeinsamer Geh- und Radweg mit Blauschild oder es ist ein Gehweg mit Radlerfreigabe, entspechend Blauschild mit Zusatzzeichen, oder es ist ein reiner Gehweg.

    Die sogenannten anderen Radwege sind immer als allein für den Radverkehr vorgesehene Flächen erkennbar. Dabei mögen Radlerpiktogramme helfen.

    Aber kein Piktogramm erlaubt das Radeln auf Gehwegen, ohne dass ein entsprechendes Blauschild, ggf. mit zZ, da steht. Und das aus gutem Grund. Daher sind alle Piktogramme, die so etwas suggerieren, illegal und sofort zu entfernen. Passiert da ein Unfall, kann die Gemeinde zur Haftung mit herangezogen werden. Wenn sie Pech hat zahlt sie alleine, wenn der Radler nicht versichert ist und kein Vermögen hat.

    Die grundsätzliche Freigabe von Gehwegen, wenn nix anderes dran steht, wäre konträr zu §2. Z239 soll nur da benutzt werden, wo eine Klarstellung erforderlich ist. Wäre es anders, wäre es das am häufigsten verwendete VZ überhaupt.

    PS: arbeitet hier einer bei einer Schilderfirma und will den Umsatz steigern? ;)

    bye
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  • Die grundsätzliche Freigabe von Gehwegen, wenn nix anderes dran steht, wäre konträr zu §2. Z239 soll nur da benutzt werden, wo eine Klarstellung erforderlich ist. Wäre es anders, wäre es das am häufigsten verwendete VZ überhaupt.

    PS: arbeitet hier einer bei einer Schilderfirma und will den Umsatz steigern? ;)

    Ich habe den Eindruck, dass bislang das VZ240 das am häufigsten aufgestellte Schild ist. Würde man alle illegalen 240er abschrauben und zum Schrotthändler bringen, könnten sich vermutlich einige Kommunen durch den Erlös finanziell sanieren.

    Zu @Maltes Idee der Vereinfachung: Die meisten Auto- und Radfahrer unterscheiden wohl nur zwischen "Straße" (= Mischverkehr auf der Fahrbahn, Schutzstreifen, Radfahrstreifen, ggf. Seitenstreifen) und "Radweg" (egal, ob mit RWB oder ohne oder mit oder neben den Fußgängern, Gehweg + Radverkehr frei oder tatsächlich nur Gehweg, auf dem sie überhaupt nichts zu suchen haben). Der Drang, sich von der Fahrbahn fernzuhalten, ist bei vielen Radfahrern ausgeprägt. Jedenfalls sehe ich hier täglich Radfahrer auf Gehwegen herumfahren, auf denen man nicht einmal sicher zu Fuß gehen kann, auch wenn da nicht noch zusätzlich Radfahrer aus beiden Richtungen um einen herumkurven.

    Der Bedarf an einer Klarstellung scheint also zu bestehen. Umso mehr in Kommunen, in denen die Verwaltung sich einen Dreck um Mindeststandards für blau beschilderte Wege kümmert. Wer überall Z240 aufstellt, wo keins hingehört, muss sich über die vielen Gehwegradler nicht wundern.

    Was neben der geforderten Mindest(!)breite von 2,50m oftmals komplett vergessen wird, ist die Vorgabe der VwV-StVO, dass benutzungspflichtige Radwege nur angelegt werden dürfen, wenn ausreichende Flächen für Fußgänger zur Verfügung stehen (warum eigentlich nicht auch nicht benutzungspflichtige Radwege?). Wenn ich die Idee gemeinsamer Geh- und Radwege ohne Benutzungspflicht gut finde, dann natürlich nur unter dieser Voraussetzung!

    Bernd Sluka zählt weitere Kriterien auf:

    Zitat von Bernd Sluka

    Vorrang hat stets die getrennte Führung von Fußgängern und Radfahrern. Nur wenn sie nicht zu realisieren ist, kommt ein gemeinsamer Weg in Betracht. Der Weg muss

    mindestens 2,50 Meter breit

    sein. Radfahrer sollten auf dem Weg in der Minderzahl sein. Mit zunehmender Anzahl von Fußgängern und Radfahrern steigt die Breitenanforderung auf über 4 Meter (ab mehr als 100 Fußgängern und Radfahrern zusammen in der Spitzenstunde der Belastung). Bei mehr als 150 Radfahrern und Fußgängern pro Stunde (in der Spitzenstunde) sind gemeinsame Wege nicht zulässig. Dann sind getrennte Wege anzulegen oder Radfahrer auf der Fahrbahn zu führen. Weitere Merkmale, die eine

    gemeinsame Führung verbieten

    sind:


    • starkes Gefälle (über 3 Prozent),
    • eine dichte Folge von unmittelbar angrenzenden Hauseingängen,
    • zahlreiche Grundstückzufahrten oder untergeordnete einmündende Straßen,
    • stark frequentierte Haltestellen ohne gesonderte, Warteflächen,
    • Gehwege in Straßen mit intensiver Geschäftsnutzung und,
    • wenn überdurchschnittlich viele schutzbedürftige Fußgänger (Senioren, Behinderte, Kinder, ...) den Weg benutzen, also zum Beispiel Schulwege.

    Ein Beispiel eines solchen Weges findet man rund um den Flughafen Finkenwerder. Warum sollte man hier nicht mit dem Fahrrad fahren? (bitte technische Gründe und nicht, "weil es dafür kein passendes Schild gibt"). Hier gibt es kaum Fußgänger und der Weg ist glatt asphaltiert und 3m breit. Es gibt auf 3km zwei Grundstückszufahrten und eine Haltestelle mit gesonderter Wartefläche. https://goo.gl/maps/gJdi6Vq18sv Sieht aus wie außerorts, liegt aber innerhalb des Stadtgebietes von Hamburg. Warum sollte man sich als Radfahrer im Berufsverkehr mit den Autos in den Stau stellen, wenn es nebenan einen solchen Weg gibt? Sollte man ihn nur deswegen wieder benutzungspflichtig machen, weil es dann zwar ein passendes Verkehrsschild aber immer noch keine außergewöhnliche Gefahrenlage gibt, die Grundvoraussetzung für Z240 wäre? *edit: Wer in Streetview die Straße entlangfährt, sieht noch die vormals dort stehenden Z240.

    Es ist doch richtig, dass man versucht, diese rechtliche Lücke zu schließen und natürlich sollten die Bedingungen unter denen man auf diese Lösung zurückgreifen kann, auch in der VwV-StVO definiert werden.

  • Sicher ist es hier wünschenswert, auch Radler auf diesen Weg zu lassen. Darum ist es ja auch wünschenswert, ein entsprechendes VZ für freiwillig zu nutzende Radwege und Rad- und Gehwege einzuführen. Nur das Mysterium will eben nicht.

    Wenn hier nur wenige Fußgänger unterwegs sind, tut es auch eine Radfahrerfreigabe. Kein Mensch wird sanktioniert werden, wenn er ohne Fußgänger zu belästigen schneller als Schritt fährt. Ist unter der geltenden Rechtslage ein Kompromiss, der praktisch alle zufrieden stellen kann.

    bye
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  • Würde das generelle Gebot der Schrittgeschwindigkeit auf freigegebenen Gehwegen entfallen, hätte man bereits die Lösung.

    Interessanter Weise müssen Kinder bis zum 10. Lebensjahr und ihre Begleitperson auf Gehwegen nicht grundsätzlich Schritttempo fahren. Eine solche Formulierung wäre auch für freigegebene Gehwege sinnvoll.

    Zitat von §2 (5) StVO

    Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden.

    http://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__2.html

    *edit: Auf Wegen, auf denen man aus anderen Gründen (schlechter Zustand, schlecht einsehbare Einmündungen, ...) nicht sicher mit mehr als Schritttempo fahren kann, sollte das Radfahren ohnehin verboten werden.

  • Wäre auch eine Möglichkeit.

    Jetzt bewirb Dich um den Posten des Bundesverkehrtministers und ändere die Sache.

    Wahrscheinlich musst Du dazu in die CSU eintreten, nach Bayern umziehen und eine der Ex-Frauen von Seehofer heiraten. Ich drück die Daumen.

    bye
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  • Der Grundfehler ist doch vor über 20 Jahren gemacht worden, als man angefangen hat in benutzungspflichtige und andere Radwege zu unterscheiden. In meinen Augen kompletter Unsinn. Man hätte damals die allgemeine Benutzungspflicht abschaffen müssen und sonst exakt gar nichts ändern sollen. Alle Lollies hätten dann einen Radweg "markiert". Fertig. Mir ist vollkommen schleierhaft, weshalb ich mir von einem mir unbekannten Schreibtischtäter vorschreiben lassen soll, ob ich diesen einen Radweg benutzen MUSS oder den anderen Radweg benutzen DARF.

  • Jetzt bewirb Dich um den Posten des Bundesverkehrtministers und ändere die Sache.

    Gerade über das Kontaktformular des Bundeskanzleramtes abgeschickt:

  • Durchschlag bitte an:

    Die Anstalt, heute-show, extra3, ADFC, an den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Bundestag und an die dortigen Obleute von SPD, Linken und Grünen ...

    Und an die Lokalpresse ;)

  • Der Grundfehler ist doch vor über 20 Jahren gemacht worden, als man angefangen hat in benutzungspflichtige und andere Radwege zu unterscheiden. In meinen Augen kompletter Unsinn. [...]Alle Lollies hätten dann einen Radweg "markiert".

    Wie kommst du darauf, dass 1997 alle Wege beschildert waren? Mir liegt das Protokoll der Verkehrsschau-Befahrung der Magdeburger Hauptstraßen 1998 vor. In der Folge wurden Hunderte Schilder neu angeordnet, weil ja sonst die bis dato geltende Benutzungspflicht entfallen wäre.

  • Wie kommst du darauf, dass 1997 alle Wege beschildert waren?

    Richtig, bis dahin waren alle Radwege, auch ohne Beschilderung, benutzungspflichtig. Und 1997 wurden dann viele Lollies neu aufgestellt, ohne die Rechtsgrundlagen zu beachten. Nur um die Benutzungspflicht zu erhalten.