Insektenparadies auf dem Balkon

  • Ich habe ja einen relativ großen Balkon, auf dem ich viele Fahrräder abstellen kann, ansonsten als Informatiker aber nicht viel anzufangen weiß.

    Momentan mache ich mir recht viele Sorgen um die Insektenvielfalt in unserer Gegend. Irgendwie ist es schon richtig: Wenn ich früher bei meinen Eltern auf die Terasse gegangen bin, dröhnte ein monotones Summen von Aberhunderten Insekten aus dem Gebüsch nebenan. Bienenstiche gehörten für Klein-Malte zwar nicht zum Alltag, waren aber aus meiner Kindheit kaum wegzudenken. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich eine gewisse Zeit lang vor nichts mehr Angst hatte als vor Bienen.

    Und dieses Jahr? Ich habe bislang fünf Schmetterlinge gesehen. Fünf! Ich kann sie zählen! Immerhin waren’s ein paar mehr Bienen, bei meinen Eltern brummt’s noch immer, wenn auch sehr viel leiser. Ist ja auch kein Wunder, die Gärten der Nachbarn sehen alle gleich aus: Akkurat gestutzter Rasen, ein paar uninteressante Zierpflanzen links und rechts, eine versiegelte Fläche als Terrasse und eine versiegelte Fläche als Parkplatz vor dem Haus. Da fühlt sich natürlich kein Insekt wohl.

    Spätestens nachdem dieser Beitrag auf facebook die Runde machte, bin ich von der Idee besessen, meinen Balkon nicht als fünfzehn Quadratmeter große Brachfläche zu nutzen, sondern ein bisschen dort zu gärtnern, um wenigstens im nächsten Jahr ein paar Insekten dort eine Heimat anbieten zu können.

    Mir ist vollkommen klar, dass ich mit meinem Balkon die Insektenwelt nicht retten werde, die Probleme mit Insektiziden und ähnlichem Kram in der Landwirtschaft, den ganzen Monokulturen und der großflächigen Versiegelung von Grünflächen sind noch ein paar Hausnummern größer, aber, wie sagt man so schön, tu Gutes und sprich darüber: Vielleicht bringe ich ja ein paar Leser dazu, ihren Balkon oder ihren Garten ein bisschen umweltfreundlicher zu gestalten.

    So!

    In diesem Jahr werde ich insektenmäßig sicherlich nichts mehr reißen können, aber ich kann vielleicht Vorbereitungen treffen, um im nächsten Jahr dort ein paar Kräuter ernten zu können und vor allem der Tierwelt in der Großstadt ein paar mehr Ausgleichsflächen anzubieten.

    Der Plan lautet erst einmal, drei große Mörtelkübel neben dem eigentlichen Blumenkübel aufzustellen und vielleicht ein paar Kräuter anzupflanzen. @Nathanael und Lisa werden mir hoffentlich dabei helfen, denn, oh Mann, als Informatiker habe ich vom Blumen ungefähr gar keine Ahnung.

    Dafür habe ich aber einen Fahrradanhänger, mit dem ich heute drei Mal zum Baumarkt nebenan gekurbelt bin. Bei Hornbach ist man auf den Besuch von Radfahrern nicht so richtig vorbereitet, es gibt nur ein paar Felgenbrecher, also parkte ich frech und vorsichtig an einem Baum und wurde sogleich von ein paar Ameisen begrüßt:

    Was ich heute bereits gelernt habe: Es gibt verschiedene Arten von Erde und vor allem gibt es verschiedene Packungsgrößen. Ich fand nach längerer Suche torffreie Erde, schließlich wollte ich mit meinem neuen Insektenlebensraum nicht einen anderen Lebensraum im Moor zerstören, und schaffte zwei Mal fünf Packungen mit zehn Litern für 21 Euro nach Hause:

    Im Hintergrund kann man es sehen: Es gibt auch größere Packungen. Fünfzig Liter torffreie Erde gibt’s für acht Euro:

    Mann, war ich stinksauer. Momentan tröste ich mich, dass die kleinen Packungen spezielle Kräutererde sind, was wohl dem Kram, den @Nathanael und Lisa dort anbauen wollen, ganz entgegenkommt, aber, gnarf, ganz ohne solche Trotteligkeiten geht’s halt nicht.

    Morgen werden drei Kübel angeschafft. Ich habe noch keine Mörtelkübel bei Hornbach auftreiben können, in Baumärkten bin ich so verloren wie bei H&M oder C&A, aber laut des Internetshops kosten die Dinger nur fünf Euro. Das ist ein ganz immenser Preisunterschied zu den speziellen Blumenkübeln für jeweils 39 Euro.

  • Knapp 20 km nördlich von HH:

    Hier sollte man tunlichst nicht ohne Mückenspray vor die Tür.
    Die Nachbarn hassen mit ihren Gärten im Stil, wie oben von dir beschrieben, diese Ausgleichsfläche hinter unserem Haus.

    Ich liebe sie: Insekten, Mäuse, Vögel, Katzen und Schmetterlinge in großer Vielzahl und -falt.

    Edit: Wir sind allerdings Mieter und die Fläche gehört nicht zu unserem Grundstück.

    Bilder

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Juhu, Pflanzenanbau! Ich stelle mir viele Kräuter vor. Solltest Du mal kochen wollen, käme das auch Dir zugute. In einem anderen Forum las ich von einer Pflanze, Phacelia, die lilablau blüht und auch Bienenweide genannt wird – einmal habe ich ein ganzes Feld davon gefunden, das war schon genial, weil die Pflanze recht anspruchslos ist und dennoch Bienen sehr gut nähren kann.

    Mein Balkon ist ein Westbalkon und im Sommer zum Sitzen nicht geeignet, da die Sonne ab 13:00 volle Kanne draufknallt. Deswegen habe ich schon drei Mörtelwannen aufgestellt, Balkonkästen folgen. In denen ziehe ich, teils selbstgesät, Kräuter heran, die meistens auch recht bienenfreundlich blühen. Für die Buntheit habe ich zwischendurch noch Kapuzinerkresse, die wird hier von den Hummeln ganz gern angeflogen :)

    Leider kommen meine Kräuter nicht wirklich zum Blühen, ich nutze sie immer vorher schon zum Kochen, deswegen wird vor meine Wohnungstür (Endwohnung an einem Laubengang) noch ein Bottich mit Phacelia hinkommen, wenn ich die Samen irgendwo finde.

    Zum natürlichen Düngen empfahl meine Mutter mir Rasenschnitt, also das, was auf den Wiesen nach'm Mähen immer rumliegt. Ich habe tatsächlich hier in meiner Siedlung welchen eingesammelt (relativ hundearm, das Ganze, von daher auch sauber) und nun kribbelt und lebt es in meinen Bottichen, die Pflanzen freut's auch.

    [am Freitag wurde ich bei Globetrotter gleich als Frau eingestuft, die Klamottenshoppen blöd findet, aber Stuuunden in Baumärkten verbringen kann. Ich helfe Dir gern bei der Mörtelwannensuche ;) ]

  • Morgen werden drei Kübel angeschafft. Ich habe noch keine Mörtelkübel bei Hornbach auftreiben können,

    Wenn ich mich richtig erinnere stehen die in dem Hornbach im Außenbereich. :D

    Bei meinen Eltern ist mit meinem Auszug auch die Gartenpflege auf quartalsmäßig umgestellt worden. Wichtig für Insekten ist noch eine Wasserfläche/Feuchtigkeit. Man glaubt garnicht, wie viele Tiere im Sommer in einer Millionenstadt direkt neben der Autobahn zu einem 120 l- Teich kommen zum trinken. Von der Wespe bis zum Igel alles dabei.

    Und Rückzucksmöglichkeiten/Schlupfhöhlen. Für den Balkon bietet sich vielleicht ein Insektenhotel an. Oder eine Wand aus alten Holzbrettern. Wespennester sollte man da allerdings abzupfen, bevor sie wachsen.

    Auf jeden Fall eine tolle Idee. Und man hilft gleichzeitig den Planzen und den Vögeln. :thumbup:

    P.S. Die Kübel würde ich im unteren Drittel seitlich anbohren und unten Kies oder besser noch Blähton reinfüllen. Das verhindert Ertrinken/Verfaulen und komplettes Austrocknen der Wurzeln.

  • Ich werde mit meinem Taschenmesser Löcher reinstanzen, das ist bereits erprobt. Ich habe in einem Bottich unten Kies drin, nett finde ich, dass der gleich wieder rauskrümelt, ich darf den Bottich nie wieder bewegen :D Auf eine Drainage würde ich deswegen verzichten...Über die Löcher werde ich noch Tonscherben legen (endlich haben meine ollen Blumentöppe einen Sinn!), aber mehr möchte ich ungern machen.

    Hm... Lisa und ich haben jetzt schon Minze (nicht totzukriegen), Zitronenmelisse (hab ich als Minipflanzen daheim), Zitronenverbene (suuuperleckerer Tee) und Basilikum überlegt. Du brauchst 'nen größeren Balkon ;)

    Prinzipiell könntest Du Tomaten und Zucchini auch in solchen Kübeln anbauen, das habe ich bereits mal auf einem Balkon in Flensburg miterlebt. Allerdings wollen Tomaten ausgeästet werden und haben gern mal Krankheiten, ich weiß nicht, ob Du Dir die Pflege antun möchtest. Ich würde erstmal mit Kräutern einsteigen, da die nicht so anspruchsvoll sind...

    LG
    Anna

  • Zwei Anmerkungen:

    1. Das Nistproblem ist für Insekten noch gravierender als das Blütenproblem.

    2. Was man an Pflanzen in den Garten- und/oder Baumärkten bekommt, ist überwiegend gottverdammte Monsanto-Scheiße (sorry), die weder ordentlich Blütenstaub, geschweige denn noch ordentlich Nektar ausbildet, über selbstgebildete Sämlinge brauchen wir auch nicht reden. Deshalb:

    a) Insekten-Hotel, das gibt es auch in klein für Städter -> beraten lassen
    b) Pflanzen von echten Bio-Gärtnereien, ebenfalls -> beraten lassen

    Für beides am besten zum NABU, z.B. hierhin:

    Duvenstedter BrookHus

    Das ist von Hamburg 'ne hübsche kleine Tour, die man bei Bedarf Richtung Alster-Oberlauf ausdehnen und für die man auch ganz gemütlich Anhang mitschleppen kann. Besuch lohnt, ich war vor etlichen Jahren mal dort.

    ebayForumKopfverkl.jpg
    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Zitat

    1. Das Nistproblem ist für Insekten noch gravierender als das Blütenproblem.

    Ich wollte mich mit meinem gefährlichen Halbwissen eigentlich raushalten, aber werfe an dieser Stelle dann noch ein, daß das besonders hart diejenigen Insekten trifft, die sich über zwei Jahre entwickeln. Da muß man auch mal abgestorbene Pflanzen stehen lassen. Aber Malte muß ja nicht gleich die Welt retten.

    Kollege baut übrigens immer Chili an und verteilt Sprößlinge im Büro. Kann dir gerne mal welche mitbringen, die gedeihen wohl sehr gut. Ich hab leider kein Licht in der Wohnung dafür :(

  • Ich kann sehr empfehlen unten eine Schicht Blähton reinzupacken, um Staunässe und austrocknen gleichzeitig vorzubeugen. Bei mir zumindest bröselt da auch nichts raus - Löcher müssen halt klein genug sein.
    Am Ende ist so ein grüner Balkon doch wesentlich einfacher, als man denkt. Wenn du dir als Informatiker schwertust einfach für die Pflege ein process flow chart erstellen ;)

    Bis die Insekten kommen kann es auch ein bisschen dauern. Zumindest habe ich das Gefühl, dass sie bei uns auf dem Balkon erst jetzt nach etwa 2Jahren entscheidend mehr werden.

  • Ich kann sehr empfehlen unten eine Schicht Blähton reinzupacken, um Staunässe und austrocknen gleichzeitig vorzubeugen. Bei mir zumindest bröselt da auch nichts raus - Löcher müssen halt klein genug sein.

    Das ist mal ein interessanter Vorschlag, ich habe beim Basilikum immer wieder Probleme mit Schimmel, obwohl ich eher sparsam gieße und Abflußlöcher vorhanden sind. Vllt hilft dieses Zeug ja..

  • Ich habe meinen Basilikum in so einem länglichen Blumenkasten mit Wasserreservoir unten drin. So muss ich selbst im Sommer nur einmal pro Woche gießen und das Zeug schießt in die Höhe wie Unkraut. Obwohl es anfangs nur so ein Topf aus dem Supermarkt war.

  • Meinst du, ich könnte Tomaten anbauen,

    Du hast zwar Nathanael gefragt, aber ich geb auch mal meinen Senf dazu:
    Tomaten sind dankbar, brauchen aber Sonne. In meiner alten Wohnung hatte ich einen Südbalkon -- das war klasse, es geht kaum etwas über noch sonnenwarme Tomaten, frisch gepflückt vom Strauch. In der neuen Wohnung geht der Balkon nach Nordost -- keine Chance, die Tomatenpflanzen kümmern vor sich hin und reifen nicht aus. Nach zwei verkorksten Sommern hab ich's aufgegeben.

  • @arvoituksellinen, das ist richtig, ich weiß gerade gar nicht um die Ausrichtung des Balkons... glaube aber, dass der eher nach Nordwesten geht.

    @fagri, danke, dann werde ich mir für die nächsten Bottiche doch noch Blähton kaufen. Sind das diese Krümel aus Ton oder diese Kugeln?

    Einen Balkonkasten mit Reservoir hatte ich, der wird aber woanders hingestellt, denn so sind mir die Pflanzen im Hamburger Sommer darin eher ertrunken, als dass sie wachsen konnten...

    @Peter Viehrig, bekommt man im Duvenstedter BrookHus denn dann auch die Pflanzen? Du sprichst da einen sehr wichtigen Punkt an, den ich bisher immer völlig außer Acht ließ. Was bringen mir die schönsten Blumen zur Bienenrettung, wenn sie nicht genug Nektar enthalten? Ich habe hier viel mit Liebe ausgesät und es wächst und gedeiht, aber ich schätze doch, dass das alles nur Hybriden sind :(

    LG
    Anna

  • Blähton sind diese roten Kügelchen. Meine Balkonkästen haben einen Überlauf, so dass überschüssiges Wasser ablaufen kann. Allerdings hängen sie auch relativ geschützt auf der Innenseite des Balkons. Durch die Balkone darüber bekommen den Niederschlag nicht voll ab.
    Damit sich der Überlauf nicht zusetzt und verstopft habe ich wiederum etwas Blähton unten reingemacht. Kannte ich vorher auch nicht, aber hab letztes Frühjahr vor dem Anlegen mal ein bisschen rumgegooglet.

  • @Peter Viehrig , bekommt man im Duvenstedter BrookHus denn dann auch die Pflanzen? Du sprichst da einen sehr wichtigen Punkt an, den ich bisher immer völlig außer Acht ließ. Was bringen mir die schönsten Blumen zur Bienenrettung, wenn sie nicht genug Nektar enthalten? Ich habe hier viel mit Liebe ausgesät und es wächst und gedeiht, aber ich schätze doch, dass das alles nur Hybriden sind :(

    Dunnemals(tm) konnte man dort (einige wenige!) einzelne Pflanzen und solche Insektenhotels, diverse Vogelhäuschen aus Behindertenwerkstätten etc. verschiedenster Ausführungen erwerben. Aber auch wenn das heute nicht mehr so sein sollte, bin ich mir sicher, daß das ein oder andere anwesende Mitglied dort - nur im streng inoffiziellen Privatgespräch natürlich - einen Tip hat, wo man unbedenklich hingehen kann und, noch wichtiger, wohin besser nicht.

    ebayForumKopfverkl.jpg
    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Auf'm Heimweg fand ich abgemähtes Schilf, das werde ich jetzt zum Trocknen auf meinem Balkon ausbreiten (so riesig ist der leider nicht, sonst stünde da schon laaang ein Hängesessel) und dann bündeln, und regengeschützt vor meiner Wohnungstür im Laubengang aufhängen, um einigen Insekten eine Bleibe zu bieten.

    Ich bitte um Nennung von Läden, die demetergerechtes Saatgut anbieten :) Ist das in normalen Biomärkten so? Sind das dann auch *richtige* Pflanzen oder Monsanto-Hochzüchtungen, die laut Peter nicht richtig nahrhaft sind? Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass es in Deutschland wirklich noch monsantofreie Züchtungen gibt... aber hoffentlich ist mein Weltbild da zu eingeschränkt, ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen!

    LG
    Anna