Wien: „Helm auf ihr Helden!“

  • Ich weiß, der Spruch ist blöd und alt, aber ich dachte ernsthaft, heute wäre der 1. April und nicht der 1. Mai. Wie auch immer: In Österreich tut man sich noch ein bisschen schwer mit dem Radverkehr. Man bezeichnet Radfahrer zwar als Helden, will sie aber mit am Radweg herumstehenden Astronauten dazu animieren, einen Helm aufzusetzen: Neue Verkehrssicherheitsaktion „Helm auf ihr Helden!“

    In der Pressemitteilung steht zwar viel von Gefahr und Vernunft und schweren Verletzungen, aber eigentlich wenig bezüglich der Vermeidung von Unfällen. Dafür gibt’s noch eine Menge lustiger Fotos. Dort sind zwar auch Geisterradler und Kopfhörer-Typen zu sehen, offenbar hat man aber halt nur den fehlenden Helm im Blick.

    Interessant, dass man so etwas organisiert bekommt — für eine Kampagne, die den Leuten einfach mal richtig Lust aufs Radfahren machen könnte, stehen wohl weniger finanzielle Mittel bereit.

  • Dazu ein Kommentar in der Wiener Zeitung: Helm ab, ihr Spaßtronauten!

    Ein guter Artikel der Wiener Zeitung, der der Helm auf - Kampagne gehörig ein's auf die "Haube" gibt.

    Es sind wirklich widerliche Kampagnen, diese penetranten Fahrradhelm-Werbeaktionen. Ganz grässlich in Hannover ist die penetrante HAZ-Kampagne mit dem HAZ-Fahrradhelm zum Sonderpreis für Abo-Kunden und ständiger Penetration sonst eigentlich angenehmer Fahrradtreffen, wie z. B. "Autofreier Sonntag". (Obwohl der auch noch andere Macken hat, z. B. die Werbeaktionen für E-Autos.)

    Und immer wieder wird zwischen den Zeilen ziemlich unmissverständlich zu verstehen gegeben: Selbst schuld an den Unfallfolgen, wenn du keinen Helm trägst.

    Ich frag' dann immer gerne mal an den entsprechenden Ständen an, was die Leute denn von einer Helmpflicht halten. Meistens wird das begrüßt. Und dann setze ich eines oben drauf und frag nach, ob sich denn die Fahrradhelmpflicht-Werber auch für die Fußgängerhelmpflicht einsetzen. Schließlich ist der Autos wegen zu Fuß gehen ja auch eine sehr gefährliche Angelegenheit. Bisweilen würden ja sogar Autofahrer ihr Mordsgeschosse bis in Eisdielen lenken. Und ob es da für die Eisdielengäste nicht auch besser sei, sie zum Helmtragen zu verpflichten..... Und immer schön ernst bleiben dabei, bis dann irgendwann der Groschen fällt.

    Das Ganze erinnert mich auch an eine autokritische Karikatur aus der Frühzeit der Automobilisierung. Da hat der Autor Fußgänger mit Sprengstoffpaketen rund um den ganzen Körper verteilt gezeichnet. Im zugehörigen Text wurde deutlich gemacht, dass ein so ausgestatteter Fußgänger nicht von einem Auto angefahren werden würde, weil dann ja das Auto und der Fahrer in die Luft fliegen würden. Vielleicht ist so eine Sprengstoffausrüstung ja wirklich das Sicherste für Fußgänger?

  • Das fröhliche Helmthema. Ist schon immer amüsant. Nu hab ich grad einen mittelprächtigen Kaffee bekommen und bin entsprechend "getriggert":

    Nun mach ich es halt mal wie alle, und unterstelle erst mal ein paar Dinge.

    1: Helme machen keinen Spaß, weil es unangenehm feucht wird über den Augenbrauen.
    2: Helme reduzieren im Falle des Kontaktes zwischen Kopf und irgendwas anderem die auf den Kopf einwirkende Energie um die Summe aus Verformungsenergie und Bruchenergie des Helms.

    Im Falle eines Unfalls hilft also ein Helm die Unfallauswirkungen auf den Kopf zu reduzieren.

    Er würde aber keine Unfälle verhindern, und klar .. es hilft auch nicht dabei Autofahrer zu erziehen einen Schulterblick zu üben oder vor dem Abbiegen zu Blinken. Und gegen Überrollen durch LKW hilft es nur bedingt, weil die Bruchenergie + Verformungsenergie erheblich kleiner sind als das, was aus der Last des Zwillingsreifens kommt.

    Und nun geht immens großes Gezeter los, immer dann wenn irgendwer eine Pro-Helm Kampagne macht. Und dieses Gezeter empfinde ich inzwischen als genau so nervig, wie die blöde Helmkampagne selbst. Das Argument, das mir am meisten auf den Sack geht ist "da wird ein Helm beworben und keiner macht irgend was gegen die nicht-schulterblickenden-Autofahrer".

    Nun ist das Budget der meisten begrenzt. Meines auch. Ich würde gerne nach Madeira ziehen und den Rest meines Lebens Cocktails trinken, geht aber nicht. Und bei der Verkehrssicherheit im allgemeinen gibt es auch Budgets. Ähnlich wie bei der Einführung des Sicherheitsgurtes kann man nun also eine Kampagne machen in der man sagt: "Gurt an, dann fliegst im Falle des AUfpralls nicht durch die Scheibe" oder man könnte alle Bäume des Landes mit einem weich nachgebenden Schaumstoffring ummanteln, allen Begegbnungsverkehr baulich ändern, mehr Kreisverkehre bauen, Geschwindigkeitsschwellen auf die Straßen kleben etc. etc.

    Billiger und _trotzdem wirkungsvoll_ (und das ist der Teil, der mir wichtig ist) um ein paar Menschen vor schwereren Verletzungen zu bewahren ist die Kampagne. Da braucht es keine Pflicht (erstmal). Für den einzelnen, Unfallbetroffenen wird die Schwere der Verletzungen reduziert (sagte ich oben schon - setze ich wie literarisch üblich vorraus. Ich verstehe, dass da immer mal Gegenargumente kommen - Werkstoffmechanisch sind die meisten Gegenargumente falsch, aber ich bin mir sicher hier finden sich ein paar neue). Normalerweise arbeiten die Städte/Länder gleichzeitig daran, Unfallschwerpunkte baulich um zu gestalten. Das dauert viele Jahre. Viele. Wer weiß wie lange in Hamburg, wo nochmal alles schlimmer ist.

    Beide Standpunkte dürfen ruhig vertreten werden - dieses reflexhafte "Ich will aber keinen Helm!!!121!" nervt aber halt auch. Ich will auch keine Helmpflicht - für den Weg zum Supermarkt in meiner 30 Zone lohnt das nicht. Bei Maltes typischen Bildern wäre ich nicht mehr so sicher.

  • Ich verstehe, dass da immer mal Gegenargumente kommen - Werkstoffmechanisch sind die meisten Gegenargumente falsch, aber ich bin mir sicher hier finden sich ein paar neue

    Derlei Helmkampagnen könnten dafür sorgen, dass mehr Menschen Radfahren gefährlich finden und lieber mit dem Auto fahren. Die verbleibenden Radfahrer sind damit stärker gefährdet (safety in numbers, mehr Autos).

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Warum sollte man keinen Helm tragen:
    Weil jeder getragene Helm ein kleiner Schritt zur Helmpflicht ist. So muß das Urteil des BGH von 2014 leider ausgelegt werden.
    Und weil die physikalische Schutzwirkung des Helms offenbar so gering ist, das sie durch andere Effekte wie z.B. Risikokompensation wieder aufgehoben wird. Denn bei Studien in Gegenden wo Helmbenutzungspflicht eingeführt wurde ( z.B Australien oder Neuseeland) konnte keine Schutzwirkung des Helms festgestellt werden.
    Möglicherweise gibt es auch Unfallszenarien wo ein Helm die Verletzungschwere erhöht. Z.B. wenn aufgrund von Überständen des Helms das Genick stärker beansprucht wird oder das der Kopf wegdreht anstatt frontal aufzuprallen.

  • Das in meinen Augen stärkste Argument gegen einen Fahrradhelm: Es fehlt noch immer irgendein empirischer Nachweis, daß ein Fahrradhelm überhaupt eine Wirkung auf die Schwere der im Straßenverkehr erlittenen Verletzungen der Fahrradfahrer hat. Es gibt einfach keinen. Und nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich: Die Anschnallpflicht basiert nämlich auf empirisch nachweisbaren Wirkungen.

    Jede Helmkampagne ist hingegen eine Null-Kampagne, die Opfer zu Täter machen soll und eben auch macht. Die von @Gerhart bereits genannte psychologische Wirkung auf die Allgemeinheit (die Radelei sei besonders gefährlich, obwohl das Gegenteil stimmt) kommt hinzu.

    Das von @mkossmann genannte BGH-Urteil ist dann schließlich das Sahnehäubchen noch obendrauf.

    Im Ergebnis bleibt nur der Schluß: Jede Helmkampagne richtet sich gegen Radfahrer und gegen den Radverkehr als solchen. Die Zahlen aus den Ländern, die eine Helmpflicht eingeführt haben, belegen das.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Wusste ich doch :) Hier ist mit Gegenkommentaren zu rechnen - finde ich gut. Ich versuche die zu argumentieren, die ich kann.. den Rest lasse ich offen. Weil ich auch keine Helmpflicht will (sagte ich glaub ich schon).

    Derlei Helmkampagnen könnten dafür sorgen, dass mehr Menschen Radfahren gefährlich finden und lieber mit dem Auto fahren. Die verbleibenden Radfahrer sind damit stärker gefährdet (safety in numbers, mehr Autos).


    Das finde ich ein schwieriges Argument. Einerseits ist es offensichtlich richtig. In Australien fahren deutlich weniger Menschen Fahrrad als vor der Einführung der Helmpflicht. Andererseits sollte das auch bedeuten: Mit Gurtpflicht fahren weniger Menschen Auto. Und das ist entweder nicht so gewesen, oder war ist nicht berichtet worden. Im zweiten Fall kann ich nichts machen. Ich halte den Ersten für richtig: Und damit bedeutet es, dass in Australien die restlichen Bedingungen für den Radverkehr schlecht sind. So schlecht, dass die Helmpflicht nur ein zusätzliches Zünglein an der Waage ist.

    Mehr Zitate kann die Automatik nicht, muss ich improvisieren:

    Und weil die physikalische Schutzwirkung des Helms offenbar so gering ist, das sie durch andere Effekte wie z.B. Risikokompensation wieder aufgehoben wird. Denn bei Studien in Gegenden wo Helmbenutzungspflicht eingeführt wurde ( z.B Australien oder Neuseeland) konnte keine Schutzwirkung des Helms festgestellt werden.


    Hier halte ich die Argumentation für falsch. In der Tat scheinen mehr Helme nicht zu mehr Sicherheit für alle Radfahrer führen. Das lässt sich aus den Studien in Australien und Neuseeland ablesen. Die schützende Wirkung für den Einzelnen ist davon jedoch nicht betroffen. Ähnlich wie Luftpolsterfolie am Amazon-Paket schützt der Helm durchaus den Inhalt bei Aufprall. Es gibt Winkel unter denen er nicht funktioniert - auch fraglos richtig. Armbrust ins Gesicht? Der Helm wird mir nichts nützen. Aber bei einem Unfall kann er helfen, wenn der Kopf mit dem geschützten Teil auf irgend etwas härteres aufschlägt.


    Es fehlt noch immer irgendein empirischer Nachweis, daß ein Fahrradhelm überhaupt eine Wirkung auf die Schwere der im Straßenverkehr erlittenen Verletzungen der Fahrradfahrer hat. Es gibt einfach keinen.


    Meiner Ansicht nach das schwierigste Argument. Das wunder mich nur begrenzt, weil keine Menschenversuche mehr durchgeführt werden. Man setzt nicht 100 Freiwilligen einen Helm auf und läßt sie umfahren. Finde ich ethisch in dieser Form völlig richtig - nicht das da Zweifel aufkommen. Internetargumente und so. Muss man vorsichtig sein.

    Dennoch: Fahr mit dem Helm durch Hagel und es stellt sich sehr schnell heraus, dass eine Schutzwirkung gegenüber anprallenden Dingen besteht. Ob diese ausreicht müsste durch Fachpersonal geklärt werden. Aus meiner Erfahrung würde ich sagen: Klar, hilft! Ist aber halt nur anekdotisch und auf einer Stichprobe von n=1 basierend. Das ist nutzlos. Einverstanden. Aber: Kann es sein, dass Personen die ohne Helm keine Verletzung erlitten haben in der Statistik der Kopfverletzungen nicht auftauchen und deswegen statistisch nicht erfasst werden? Ich meine: Ja. Entsprechend müssten Studien sehr genau gelesen werden. Ich habe keine Lust dazu (wollte gerade noch "Zeit" hinzufügen .. stimmt natürlich nicht. Ich argumentiere ja hier für den Helm).

  • Nur kurz zu Australien, den Rest später, muß gleich los:

    Die Einführung der Helmpflicht hatte in Australien nachweislich folgende Wirkungen (nicht abschließend):

    - Sehr deutlicher Rückgang des Radverkehrsanteils
    - Prozentualer Anstieg des Anteils der im Straßenverkehr verletzten Radfahrer

    Ein erster Link:


    PS: Menschenversuche muß man gar nicht durchführen, bei der Anschnallpflicht gelang der Nachweis ja auch ohne. Es würde völlig genügen, ein paar empirische Untersuchungen in Krankenhäusern durchzuführen, zuzüglich der im Straßenverkehr tötlich verunglückten Radfahrer hat man eine gute Basis für Evidenz, Sorgfalt natürlich vorausgesetzt, denn die Helmtragequote ist ja bekannt.

    Es ist bezeichnend, daß es keine evidenzbasierten Daten dazu gibt. Versuche der Helmbefürworter gab es einige, sie scheiterten alle bisher.

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    Peter Viehrig

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    (Andreas Müller)

  • Gurtpflicht

    Ja, der Gurt im Auto kann bei hohen Temperaturen und unklimatisierten Autos nerven, weil man doch sehr darunter schwitzt. Sicherlich kostet er auch Geld und es macht Arbeit, ihn zu benutzen.
    Andererseits hinkt der Vergleich mit dem Fahrradhelm ziemlich:
    * Helm musst du mitnehmen, Gurt ist fest installiert.
    * Gurt kann praktisch sein, weil man sich bei "sportlichem" Fahrstil dann nicht mehr mit den Händen festhalten muss.
    * Helm musst du kaufen, Gurt ist schon eingebaut.
    * Helm muss speziell auf deine Birne passen, Gurt kann man einstellen.
    * Gurte ruinieren nicht die Frisur.

    Helme sind einfach ziemlich unpraktisch, Gurte nicht so sehr.

    Und zur gefühlten Sicherheit: Beim Auto verdrängt man die Gefahren ganz gerne. Es gibt diverse Sicherheitsfeatures wie Gurte, Airbags, Knautschzone, usw, aber auch diesen Blechkasten um dich herum. Man nimmt Geschwindigkeiten anders wahr. 50km/h auf dem Rad finde ich ziemlich schnell + gefährlich. 180 km/h im großen PKW auf der Autobahn eine angenehme Reisegeschwindigkeit.
    Gibt es eine wissenschaftliche Studie, wo man Verkehrsteilnehmern Videos über Helm- oder Gurtkampagnen vorspielt und diese dann nach ihrer gefühlten Sicherheit befragt werden? Kontrollgruppe mit anderen Videos. Dann könnte man vielleicht eine fundiertere Aussage über die Psychologische Wirkung treffen.

    Aus meiner Erfahrung würde ich sagen: Klar, hilft!

    Was ist passiert? Fahrradunfall, Helm kaputt, Kopf noch heil?
    Gegenbeispiel 1: Steck dir zwei rohe Hühnereier in die Hosentaschen. Irgendwann fliegst du mal wieder vom Rad, die Eier gehen kaputt. Deine Klöten bleiben heil. Rohe Eier verhindern also schwere Verletzungen!</polemie>
    Gegenbeispiel 2: Bei meinem letzten Sturz hatte ich keinen Helm auf. Ich hatte auch eine leichte Kopfverletzung an der Stirn, die war aber nach paar Tagen verheilt. Der Rest hat länger gedauert. Ein Helm hätte bei dem Unfall wenn überhaupt nur minimal geholfen (kleine Schürfwunden sind mir egal). Mit Helm könnte ich mir vorstellen (Ich mutmaße hier!), dass meine Wirbelsäule was abbekommen hätte.

    Was ich damit sagen will: Dein Beispiel ist irrelevant, daraus lässt sich keine Schutzwirkung von Helmen ableiten. Das soll aber *nicht* heißen, dass es diese nicht gibt.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Hier halte ich die Argumentation für falsch. In der Tat scheinen mehr Helme nicht zu mehr Sicherheit für alle Radfahrer führen. Das lässt sich aus den Studien in Australien und Neuseeland ablesen. Die schützende Wirkung für den Einzelnen ist davon jedoch nicht betroffen.

    Nochmal ein Beispiel,wie das mit der Risikompensation funktioniert: Autofahrer und Radfahrer vertrauen auf die Schutzwirkung des Helmes und Bremsen deswegen in einer Konfliktsituation unbewusst einen Moment später wie in der gleichen Situation ohne Helm.
    Folge: Der Radfahrer prallt z.B mit 20 statt 18 km/h Differenzgeschwindigkeit auf die Windschutzscheibe. Der Helm führt dann dazu dass die Unfallfolgen nur so groß sind wie bei einem Aufprall mit 18 km/h.
    Auusserdem sieht man in vielen Studien, das Helmträger offenbar häufiger verunglücken.

  • 1: Helme machen keinen Spaß, weil es unangenehm feucht wird über den Augenbrauen.
    2: Helme reduzieren im Falle des Kontaktes zwischen Kopf und irgendwas anderem die auf den Kopf einwirkende Energie um die Summe aus Verformungsenergie und Bruchenergie des Helms.

    Bei Radrennen ist es inzwischen üblich, einen Helm zu tragen. Das spricht für seine Schutzwirkung. Und es mag sein, dass man unter einem Helm leichter schwitzt. Aber bei einem guten Sonnenschutzschild hat man eine angenehme Schattenwirkung, die vor Blenden und Sonnenbrand schützt.

    Das Unglaubwürdige an Helm-Kampagnen von Presseorganen wie der HAZ (=Hannoversche Allgemeine Zeitung) oder der Polizei ist, dass sie sehr viel bedeutsamere Unfallverhütungsmaßnahmen boykottieren. Nicht nur zum Nachteil der Radverkehr-Teilnehmenden.

    Auch ÖPNV-Teilnehmende leiden unter der einseitigen Parteinahme von HAZ und Polizei. Omnibushaltestellen könnten sicherer gestaltet werden und der Omnibusverkehr beschleunigt werden, wenn die Bereitschaft bestünde, bei Autofahrern für entsprechende Maßnahmen zu werben, die diese als Benachteiligung empfinden.

    Stichworte: Vorrangschaltung für den ÖPNV, Haltestellenkaps und Warnblinklichthaltestellen inklusive Kontrolle sicheren Autofahrerverhaltens durch die Polizei.

    Stattdessen erleben wir: Polemik gegen Ampelvorrangschaltung, Haltestellengestaltungen, die ÖPNV-Fahrgäste gefährdet, fehlende Warnblinklicht-Anordnung (Autofahrer seien damit angeblich überfordert), fehlende Kontrollen des Autofahrer-Verhaltens an Haltestellen (Autofahrer sind angeblich unbelehrbar, angebliche oder tatsächliche Personalnot).

  • Bei Radrennen ist es inzwischen üblich, einen Helm zu tragen. Das spricht für seine Schutzwirkung.

    Ohne empirischen Nachweis ganz sicher nicht.
    Bei den großen Rennen sind Helme meines Wissens nach einfach vorgeschrieben. Wie es bei Jedermann-Rennen aussieht, weiß ich nicht.

  • Ohne empirischen Nachweis ganz sicher nicht.Bei den großen Rennen sind Helme meines Wissens nach einfach vorgeschrieben. Wie es bei Jedermann-Rennen aussieht, weiß ich nicht.

    Der Fahradhelm schützt vermutlich vor allem bei großen Geschwindigkeiten, die bei Radrennen ja auch häufig erreicht werden, während bei Bergetappen mit steilen Steigungen häufiger zu beobachten ist, dass Radprofis den Helm absetzen.
    Im Fahrrad-Alltag dagegen wird die hohe Geschwindigkeit dagegen nicht vom Radler selbst, sondern vom MIV gefahren. Deshalb ärgert es mich, wenn diejenigen, die den Fahrradhelm propagieren gleichzeitig eine Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 innerorts auch auf Hauptverkehrsstraßen vehement bekämfen.

  • Der Fahradhelm schützt vermutlich vor allem bei großen Geschwindigkeiten

    Es gibt Stimmen, die das Gegenteil behaupten: Bei geringen Geschwindigkeiten hilft der Helm etwas, bei höheren Geschwindigkeiten zerbricht der so schnell, dass es kaum eine Schutzwirkung mehr gibt.
    Keine Ahnung, was tatsächlich stimmt.

  • Ein Stammtischargument für eine Helmpflicht lautet ja, dass Mofafahrer einen solchen tragen muss. Was entgegnet man solch "einfachen" Argumenten?

    Wäre das euer Ansicht nach eine ähnliche Argumentation wie gegen die haltlosen Forderungen nach einer Kennzeichenpflicht, bei der man darauf verweisen kann, dass ja auch die mit einem Kennzeichen versehenen PKW nicht ordentlicher unterwegs sind?

  • Was entgegnet man solch "einfachen" Argumenten?

    Dass ein Vollintegralhelm nicht vergleichbar mit einem Stückchen Styropor ist.
    Eine eindeutige empirische Studie zur Schutzwirkungen von Motorradhelmen fände ich aber auch interessant.

    Wäre das euer Ansicht nach eine ähnliche Argumentation wie gegen die haltlosen Forderungen nach einer Kennzeichenpflicht, bei der man darauf verweisen kann, dass ja auch die mit einem Kennzeichen versehenen PKW nicht ordentlicher unterwegs sind?

    Dieses Argument halte ich für Quatsch. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was auf den Straßen loswäre, wenn es keine Autokennzeichen gäbe.
    Ich bin überzeugt davon, dass Kennzeichen für Fahrräder die Verkehrsdisziplin auch bei Radfahrern erhöhen würden. Die spannende Frage ist nur die Abwägung zwischen Nutzen und Nachteilen:

    • Fahrradkennzeichen machen erstmal Verwaltungsaufwand bei den Behörden.
    • Außerdem halten sie Menschen vom Radfahren ab, da das Fahrrad nun halt vor der Nutzung auch noch angemeldet werden muss.
    • Der Vorteil von Kennzeichen ist bei Fahrrädern viel kleiner, da Fahrräder nunmal im Allgemeinen keine tödliche Gefahr für ihre Umwelt darstellen.

    In der Schweiz gab es mal Pflichtkennzeichen. Die wurden recht schnell aufgrund der Nachteile wieder abgeschafft.

  • In der Schweiz gab es mal Pflichtkennzeichen. Die wurden recht schnell aufgrund der Nachteile wieder abgeschafft.

    Das war ohnehin nur das Kennzeichen der bis 2011 obligatorischen Haftpflichtversicherung:

    Abgesehen davon war sie halt so klein, dass man sie bei fahrenden Rädern ohnehin kaum ablesen konnte.

  • Ein Stammtischargument für eine Helmpflicht lautet ja, dass Mofafahrer einen solchen tragen muss. Was entgegnet man solch "einfachen" Argumenten?

    Mofa? Diese stinkenden Lärmmaschinen die auch nur 25km/h fahren dürfen?
    Ich würde dem am Stammtisch entgegen: "Ja, haste Recht. Keine Ahnung warum du'n Helm tragen sollst."

    Bei schnelleren Zweirädern ist's wieder eine andere Sache. Wogegen Helme (und andere Schutzkleidung) ganz gut helfen sind Schürfwunden.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.