Behördentrolling - heute: Verkehrsberuhigter Bereich

  • Ausgangslage:
    Ich bin hin und wieder mit dem Fahrrad entlang der Elbe unterwegs. Der Elberadweg ist - ehrlich gesagt - stinkelangweilig und öde. Aber er hat einen gewissen Vorteil: südlich von Lauenburg und Boizenburg ist es da quasi Autofrei. Wo keiner wohnt, will niemand hin. :rolleyes:
    Wie dem auch sei - in einer der Kleinstädte an der Elbe muss/darf/will ich durch einen Verkehrsberuhigten Bereich, der auch mit aller Liebe und ganz viel Phantasie niemals so ausgeschildert sein dürfte.
    Ich wurde als Fußgänger dort schon von einem Autofahrer angefahren. in 4 von 5 "Begehungen" werde ich angehupt oder mindestens angeblubbert.
    Da fahren derart viele Autos durch, davon auch ein Großteil schneller als "Schrittgeschwindigkeit" - das dürfte unter objektiven Gesichtspunkten nie und nimmer ein Verkehrsberuhigter Bereich werden...

    Ziel:
    Zuständige Behörde dazu bringen, den Verkehrsberuhigten Bereich wieder abzuordnen

    Kommt man von Süden in die B-Straße, sieht das so aus:

    Die Fahrbahn ist mit Kopfsteinpflaster versehen, die Gehwege links und rechts wirklich wirklich breit. Jeweils in Fahrtrichtung rechts sind die Gehwege für den Fahrradverkehr freigegeben.
    Die Schilderkombi wie im Foto wird auch brav nach jeder Einmündung wiederholt.

    wie hier:

    Ist übrigens eine T20-Zone!

    Irgendwann gibt es aber einen Abschnitt von ca. 180m, der so beginnt:

    der ist von der Gestaltung des gesamten Straßenraumes absolut identisch mit den 500m davor und den 200m nach dem Ende des VBB.

    Was auffällt: Parkplätze werden hier mit den blauen P-Schildern angeordnet. die VwV-StVO spricht von "sollen". Parkplätze in einem VBB "sollen" so nicht angeordnet werden. Aber sie dürfen!
    Parkplätze sollen aber mit Markierungen und Pflasterungen kenntlich gemacht werden (wodurch das P-Zeichen überflüssig wäre)

    Außerdem: die Freigabe für den "Gehweg" fehlt.
    Okay, mir ist klar, dass es in einem VBB weder Fahrbahn noch Gehweg gibt - ich eigentlich überall fahren darf.
    Aber man muss ja irgendwo anknüpfen... :whistling:



    es dauerte auch überhaupt nicht lang, und es kam die erwartete Anwort:


    kennt man ja. Die ordnungsgemäße Anwendung der StVO.
    Dieser VBB hat so ziemlich alles, was ein VBB eben nicht haben dürfte/sollte:
    - kein "geringer Verkehr"
    - Bereich vermittelt durch die Gestaltung absolut nicht den Eindruck, dass Fahrzeugverkehr untergeordnete Rolle spielt
    - sehr wohl weitere Verkehrszeichen, hier speziell Anordnungen von Parkplätzen

    Also gut, Runde 2. Ich darf mit meinem Fahrrad da also überall fahren. Hat er ja Recht. Laut Beschilderung darf ich das. :thumbup:

    Zitat von ich

    Sehr geehrter Herr [Amtsleiter]

    vielen Dank für die umgehende Rückmeldung!

    Ich habe auf meinen Fotos nachgeschaut und tatsächlich ein tief hängendes VZ.325 in der "Mitte" der Straße entdeckt. Dieses muss ich beim Durchfahren und auf der Suche nach der Gehwegfreigabe wohl übersehen haben.

    Da die StVO bezüglich des Fahrzeugverkehrs in Verkehrsberuhigten Bereichen keinen Unterschied macht:
    Darf ich also auch mit dem Kraftfahrzeug auf dem hell gepflasterten Bereich fahren?

    mit freundlichen Grüßen
    [DMHH]

    und spätestens jetzt sollte wohl jeder, der die "StVO korrekt anwendet", merken, dass die Argumentation "Sie dürfen mit dem Fahrrad dort fahren" irgendwo vor die Wand fährt. :whistling:

    Ich bin jetzt gespannt, wie der Herr [Amtsleiter] reagiert.

    Variante a)
    - mit dem KFZ dürfen Sie dort nicht fahren

    Variante b)
    - natürlich dürfen Sie auch mit dem KFZ dort fahren

    Ich hab übrigens "zufällig" Fotos, auf denen Fahrzeuge auf dem "Gehweg" des VBB stehen. Die spar ich mir für die Diskussion auf, ob es sich um markierte Parkplätze handelt, die ich in einem VBB gewöhnlich eben durch Pflasterwechsel erkenne. ^^

    Wenn er Variante c) - keine Antwort wählt, werd ich wohl einen längeren Text schreiben müssen. An den Bürgermeister. :/

  • Was ich ja bei sowas immer ganz interessant finde: Weiß die Behörde überhaupt, dass [Zeichen 325.1] mit Schrittgeschwindigkeit einhergeht? Oder geht man wie in Eckernförde davon aus, man habe sich da eine Tempo-20-Zone angeordnet?

  • dass mit Schrittgeschwindigkeit einhergeht?

    Naja, das mit dem Schritttempo scheinen viele nicht zu kenen, auch nicht bei Fußgängerzonen. Ich erinnere mich vage an einen einsam kämpfenden Fußgängerlobbyisten, der Radfahrern in Fußgängerzonen auflauerte (NDR berichtete davon mehrfach). Der Münchner Viktualienmarkt ist ebenfalls Fußgängerzone - ein bestens geeignetes Betätigungsfeld für den Lobbyisten. Am westlichen Rand gibt es innerhalb dieser Fußgängerzone eine deutlich abgesetzte Fahrgasse, die auch zur Fußgängerzone zählt. Nur auf dieser Fahrgasse ist das Fahren erlaubt, natürlich nur und ausschließlich im Schritttempo. Aber wer fährt da tatsächlich Schritttempo, vor allem von den Taxen, dem Lieferverkehr usw.? Eine wahre Fundgrube für das Stadtsäckel der "Weltstadt mit Herz", um damit ihren Anteil der 2. S-Bahn-Röhre zu finanzieren . . .

  • Da fährt nicht einmal die Polizei Schritttempo. Überhaupt frage ich mich, wie man in einer Fußgängerzone eine "Verkehrsfläche" gesondert bauen und dann auch noch mit Ausnahmen von der Fußgängerzone belegen kann. Zone ist Zone und wenn ich hier Verkehrsarten frei gebe, dann kann ich das eigentlich nur für die ganze Zone machen oder gar nicht. Inzwischen gibt es ja noch die Steigerung der seltsamen Freigaben. Taxen dürfen nämlich nur noch in eine Richtung einfahren. Dürfen die jetzt mittendrin wenden und andersrum wieder rausfahren? Oder nur durchfahren? Ist das jetzt eine Taxieinbahnstraße? Ein weites Betätigungsfeld für Hobbyjuristen.
    //Toll ist auch der offizielle Taxistand in der Fußgängerzone.
    ///Hier das offiziele Schild der Fußgängerzone. Ist noch besser als erwartet. Linienverehr darf überall zwischen den Ständen rumgurken und Radfahrer nur auf der "Verkehrsfläche". Taxen gar nicht (ist ja nochmals explizit angeschlagen), aber woher soll ein Fußgänger jetzt wissen, dass Taxen von der anderen Seite kommend "legal" dort fahren dürfen? Außerdem meine ich mich erinnern zu können, dass in Richtung Markt die nicht "abgesenkte Verkehrsfläche" sinnloserweise mit [Zeichen 239] beschildert ist.

    Lustig ist auch die "Fußgängerzone" in meiner Heimat MG. Dort fahren seit 40 Jahren fast alle Buslinien durch die "Fußgängerzone". Keine davon in Schritttempo und auf der Fahrbahn Verkehrsfläche kann man sicher sein, dass man von Busfahrern angehupt, bedrängt und beschimpft wird, sollte man sich dort zu mehr als zur reinen Querung aufhalten.

    /jetzt hau ich MG auch noch dazu:
    Schild:

    Realität:

    Radfahrer dürfen dort im übrigen "aus Sicherheitsgründen" keine fahren.

    Zitat von 2012:
    "Die Stadtplaner beschäftigt eher ein anderes Problem: Wie können sie die täglich fast 1000 Linienbusse anders lenken, damit sie nicht mehr über die Hindenburgstraße fahren? Gladbachs CDU drängt jetzt auf ein umfassendes Konzept, das mittelfristig verwirklicht werden sollte. "Wir können nicht warten, bis das Einkaufszentrum Ende 2014 fertig ist. Es muss zeitnah und im Vorfeld geplant werden", fordert Hans Wilhelm Reiners, planungspolitischer Sprecher seiner Fraktion."

    Inzwischen ist fast Mitte 2016 und Herr Reiners Oberbürgermeister. Geändert hat sich exakt gar nichts. Ach, doch. Das Einkaufszentrum hat pünktlich eröffnet :D .

  • Hier das offiziele Schild der Fußgängerzone.

    Was haben die denn geraucht?
    Der Lieferverkehr ist also frei von Sonntag 22:30 bis Samstag 12:45. Also fast die ganze Woche außer Samstag 12:45 bis Sonntag 22:30.
    Zusätzlich ist er täglich erlaubt zwischen 22:30 und 12:45.
    Bleibt also unter dem Strich: Lieferverkehr ist nur verboten am Samstag und Sonntag jeweils zwischen 12:45 und 22:30.
    Das hätte man auch einfacher formulieren können...

  • Auf so einen Kleinkrieg habe ich auch ab und an Lust. :D Einfach mal einem Beamten wochenlang auf den Sack gehen.

    Eigentlich das falsche "Ziel". Es sind dort Leute die mit (Kraft)Fahrzeugen zu schnell fahren das Problem. Ja es ist etwas schlecht zu erkennen, aber grundsätzlich ist das Verkehrsschild eindeutig. Beschwerden beim Ordnungsamt oder der Polizei das dort gerast wird wären angebrachter.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Lustig ist auch die "Fußgängerzone" in meiner Heimat MG. Dort fahren seit 40 Jahren fast alle Buslinien durch die "Fußgängerzone". Keine davon in Schritttempo und auf der Fahrbahn Verkehrsfläche kann man sicher sein, dass man von Busfahrern angehupt, bedrängt und beschimpft wird, sollte man sich dort zu mehr als zur reinen Querung aufhalten.

    In HA dürfen Radler mittlerweile auf den Bustrassen durch die Fußgängerzone radeln, werktags 19-9 Uhr, sonn- und feiertags durchgehend. Hamburger wurden sich wundern, wenn Radler auf der Mönckebergstraße nur zu diesen Zeiten geduldet wären.

  • Ich hatte mir in WÜ irgendwann mal den Spaß gemacht sämtliche FuZo-Beschilderung unserer Fußgängerzone (StraBa und Radverkehr freigegeben) zu dokumentieren. Die über ein Dutzend Zufahrten/-gänge sind quasi alle unterschiedlich beschildert.
    Nur eins haben sie alle gemeinsam: keine Freigabe für Taxis. Die fahren natürlich trotzdem kreuz und quer durch die FuZu, schließlich müssen sie ja auch irgendwie die Taxistellplätze dort erreichen.
    Die StraBa hat ne Sondergenehmigung für 25 oder 30 km/h (bin mir nicht mehr ganz sicher). Langsamer kann sie den Fahrplan ohnehin nicht einhalten.
    Einbahnstraßen haben wir natürlich auch noch dort, mal für Radverkehr freigegeben, mal nicht.

  • Einbahnstraßen in der Fußgängerzone? Klingt geil.
    Das Prinzip ZONE hat man aber auch in Nürnberg nicht verstanden. Auch hier kann man je nachdem von welcher Gasse man auf die Fußgängerzone(n) trifft, mal mit dem Fahrrad hinein, mal nicht, mal Taxen frei, mal nicht. Und mitten in der Fußgängerzone ein Zonen-Ende. ?(

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Sodele. Da auch 2 Wochen nach meiner Nachfrage, ob denn neben Fahrrädern auch KFZ auf dem "Gehweg" des Verkehrsberuhigten Bereiches fahren dürfen, keine Antwort einging, hakte ich heute nach.

    Zitat von DMHH

    Sehr geehrter Herr [Amtsleiter],

    möglicherweise ist meine Nachfrage zum Verkehrsberuhigten Bereich in der [B-Straße] im Posteingang untergegangen.

    Aber da ich in den Sommermonaten tatsächlich plane, mit dem PKW (evtl. sogar mit einem Wohnmobil) durch Brandenburg und auch [Gemeinde] zu fahren, hätte ich gerne Gewissheit, wie es sich mit dem besagten Abschnitt in der [B-Straße] verhält:
    Nach Ihrer Aussage - und entsprechend auch nach StVO - darf ich mit dem Fahrrad die hellgepflasterten Seitenbereiche innerhalb des Verkehrsberuhigten Bereiches befahren.
    Es würde mir aber auch als Autofahrer (Wohnmobil!) sehr entgegenkommen, wenn ich statt des holperigen Kopfsteinpflasters direkt die ebenen Seitenflächen befahren könnte. Auch könnte ich meine Beifahrerin so direkt vor der Tür des Zeitschriftenladens oder des Bäckers absetzen und dann gemütlich weiterfahren.

    Deshalb die Nachfrage: Darf ich diese Bereiche nun auch mit dem PKW (Wohnmobil!) befahren?
    mit freundlichen Grüßen[DMHH]


    Es folgt die zeitnahe Antwort:

    Zitat von Amtsleiter

    Sehr geehrter Herr [DMHH],

    unabhängig davon, dass ich für die Beantwortung nicht zuständig bin (Verkehrsbehörde des Landkreises), möchte ich auf Grund meiner fachlichen Kenntnisse kurz auf Ihre Anfrage eingehen.
    Meine Aussagen zur Nutzung verkehrsberuhigter Bereiche hinsichtlich der Radfahrproblematik gelten allgemein. Aus der Fachliteratur und aus Kommentaren zur StVO ist jedoch zu beachten, dass unterschiedliche bauliche Gestaltungen in den Städten auch zur Regulierung des Verkehrs beitragen sollen.

    Unterschiedliches Pflaster oder farbliche Gestaltung sollen z.B. den Verkehr führen und aufzeigen, wo welche Verkehrsteilnehmerart unabhängig von den Bestimmungen der StVO welche Flächen nutzen soll. So ist es auch in [Gemeinde], wo aus der historischen Gegebenheit (Denkmalsschutz) unterschiedliches Pflaster und eine Bordführung den Teil der Straße aufzeigt, der für Kfz. und sonstige Fahrzeuge bestimmt ist.

    Auf Grund der optisch eindeutigen Wahrnehmbarkeit haben sich bisher alle Fahrzeugführer an diese Vorgaben gehalten. Dem steht also eine durchgehende Befahrung der Gehwege entgegen und würde auf Unverständnis bei allen Verkehrsteilnehmern stoßen.


    Weia... da weißte auch gar nicht, wo man ansetzen soll.
    "Die Pflasterung zeigt den Teil der Straße auf, der für KFZ und sonstige Fahrzeuge bestimmt ist."
    Also die Mitte. Auch für sonstige Fahrzeuge. Aber in der ersten Mail hieß es doch, ich könne mit dem Fahrrad (sonstiges Fahrzeug) auf den Seitenflächen fahren? ?(
    und "steht also eine durchgehende Befahrung der Gehwege entgegen" - jetzt gibt's da also doch Gehwege im VBB? Kein Wunder, dass ich als Fußgänger in der Mitte gehend angehupt und angefahren werde. ||

    Der Satz hier hat aber mächtiges Stilblüten-Topranking-Potential:
    "wo welche Verkehrsteilnehmerart unabhängig von den Bestimmungen der StVO welche Flächen nutzen soll"
    Wie darf ich denn da das "unabhängig" interpretieren? 8o
    StVO sagt: "da darfst du fahren" - und die Gestaltung soll mir nahelegen: "nee, daaaaaa sollst du fahren"

    Ich glaub, ich schreib mal einen Brief an die Verkehrsbehörde des Landkreises. Wenn der Herr das eskalieren lassen möchte - bitte. :rolleyes:

  • kurz vor "Reichsbürger", oder?
    Ämter mit Schreiben zumüllen.
    Aber immerhin stelle ich nicht die VwV-StVO oder StVO in Frage. Nur die eigenwillige Anordnung von VZ, die den gewollten Anordnungen durch StVO/VwV-StVO widersprechen. :saint:

  • Ich würde das auch mit einer Mail auflösen.
    "Hab Sie ein bisschen veräppelt, weil ich mir durch die unkonventionelle Beschilderung auch veräppelt vorkomme. Wir sind hier immer noch in Deutschland, sollten sie als Zonenlümmel doch am besten wissen"
    :D
    Im Ernst: der hat sich ja bemüht, dem sollte man schon Rechnung tragen.

  • Die verdienen die volle Breitseite.
    Wenn man aus historischen oder Denkmalschutzgründen die Straße nicht derart umgestalten kann oder will, dass sie den Vorgaben für einen VBB entspricht, dann soll man auch keinen VBB anordnen und ausschildern.
    Alternativ kann man auch Haltverbotszone kombiniert mit Tempo-10-Zone anordnen. Dabei bleiben auch die Vekehrsarten getrennt, es gibt Fahrbahn und Gehwege, das Temponiveau entspricht etwa dem, was in einem VBB auch zu beobachten ist, und das Parken ist nur auf gekennzeichneten Flächen erlaubt.

    So aber ist das nur Blödsinn vom Amt, der vom normalen VT nicht richtig umgesetzt werden kann.

    bye
    Explosiv smilie_be_131.gif