Fundstücke der Woche

  • Die Stelle, an der in Jena gemessen wurde, ist auf einer Fahrbahn mit Mischverkehr auf der Fahrräder und andere Fahrzeuge eine gemeinsame Fahrbahn benutzen.

    Als Ort ist Löbstädter Straße 68 angegeben.

    Als Grenzgeschwindigkeit für die ersten 50 Fahrräder ist 23 km/h angegeben. Wenn man 3 km/h als Toleranz zulässt, dann kann man also sagen, dass an dieser Stelle rund die Hälfte der Radfahrer an den Messtagen mit Geschwindigkeiten bis ca. 20 km/h unterwegs gewesen sind.

    Warum sollte dann 20 km/h nicht eine brauchbare Grenzgeschwindigkeit für die Motorunterstützung bei Pedelecs sein? Weil mir die anderen 50 der Fahrradfahrerinnen wichtiger sind, die gerne mal schneller als 20 km/h fahren?

    Als Ziel wird für Jena formuliert.
    "Erhöhung des Radverkehrsanteils von 9% auf 12%;

    (längerfristig auf über 15%)"

    https://klimanetz-jena.de/uploads/GNKTh_…_2019_04_10.pdf (formuliert 2019)

    Der Radverkehrsanteil in der Stadt Hannover in 2017 ist 19%!

    https://www.koop-hg.de/fileadmin/user/Termine/Terminarchiv_Dateianhaenge/Mobilitaetswende_0519_frei.pdf

    (Seite 11)

    Es ist gut möglich, dass der höhere Radverkehrsanteil in Hannover ein Grund dafür ist, dass dort nicht so schnell Fahrrad gefahren wird, wie in Jena. (Falls das überhaupt der Fall ist.) In Hannover fahren auch sehr viele Menschen mit dem Fahrrad, die es als reines Fortbewegungsmittel benutzen und keinerlei sportliche Ambitionen damit verbinden. Da sind dann auch Leute dabei, die aufgrund ihrer Konstitution und mangelndem Ehrgeiz für sportliches Fahrradfahren nicht für hohe Geschwindigkeiten infrage kommen. Vielleicht sind in Jena mehr sportlichen Menschen mit dem Fahrrad unterwegs als in Hannover?

    Diese Tabelle (Messzeitraum 2019 bis 2021) zeigt die von Fahrradfahrer*innen gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeiten in mehreren deutschen Städten an:

    https://cdn.pedelec-elektro-fahrrad.de/wp-content/uploads/2021/08/19114150/bikemap-blog_Sreenshot.jpg

    Jena ist leider nicht vertreten.

    Für Hannover ist 13.2 km/h als Durchschnittsgeschwindigkeit für den Radverkehr angegeben.

    Googlemaps rechnet übrigens mit 20 km/h. "Und ich wundere mich, warum ich häufig zu spät komme." ;)

    Leider habe ich für Hannover keine vergleichbaren Messdaten an einer bestimmten Stelle gefunden, wie die in Jena. Es gibt natürlich auch in Hannover Stellen, an denen auch ungeübte Fahrradfahrerinnen schneller als 20 km/h fahren. Besonders an Stellen mit Gefälle oder wo gegebenenfalls der Rückenwind guten Zugriff hat. An denselben Stellen würde allerdings der Radverkehr in der Gegenrichtung, wenn er mit gemessen wird, eine Egalisierung bewirken.

    Wichtig ist aber noch mal dieser Hinweis:
    Um das Fahrradfahren noch stärker zu verbreiten, ist es wichtig auch die Menschen zum Radfahren zu bewegen, die wenige bis gar keine sportlichen Ambitionen haben. Ich vermute, dass das ein großer Anteil der Bevölkerung ist. Und ich vermute, dass die Menschen mit guter körperlicher Konstitution und Freude an viel Bewegung ohnehin schon sehr gut präsent sind bei den Fahrradfahrenden.

  • Die Stelle, an der in Jena gemessen wurde, ist auf einer Fahrbahn mit Mischverkehr auf der Fahrräder und andere Fahrzeuge eine gemeinsame Fahrbahn benutzen.

    Als Ort ist Löbstädter Straße 68 angegeben.

    Nein, das ist nur die Adresse vom Kommunalservice, der die Messung vorgenommen hat. Die Messstelle ist etwa hier, auf einer "Hauptschlagader" des Jenaer Radverkehrsnetzes, [Zeichen 240] .

    Als Grenzgeschwindigkeit für die ersten 50 Fahrräder ist 23 km/h angegeben.

    .. für die ersten 50 %. In der Tabelle mit den Stundenwerten sieht man, dass V_50 im Berufs- und z.T. Schülerverkehr zwischen 23 und 25 km/h schwankt und dazwischen etwas niedriger ist. Ich würde da jetzt keine 3 km/h abziehen, denn hier geht es nicht um juristisch unanfechtbare Ordnungswidrigkeitsbescheide sondern nur um ein möglichst präzises Erfassen der gefahrenen Geschwindigkeiten. :saint:

    Vielleicht sind in Jena mehr sportlichen Menschen mit dem Fahrrad unterwegs als in Hannover?

    Gut möglich. Durchaus plausibel, denn hier gibt es auch Anstiege.

    Die oben verlinkte Messreihe wurde im November 2017 aufgenommen. Die Verkehrsbehörde war durchaus überrascht von der Anzahl der Ganzjahresradfahrer.

  • Und ich vermute, dass die Menschen mit guter körperlicher Konstitution und Freude an viel Bewegung ohnehin schon sehr gut präsent sind bei den Fahrradfahrenden.

    Eben nicht. Genau diejenigen sind das Problem, die nicht aufs "Auto angewiesen" sind und trotzdem damit fahren. Z.B. ins Fitnessstudio.

    Um Autos aus Städten/Dörfern rauszubekommen, muss die Wahl "Auto" zur schlechtesten aller Alternativen unter den möglichen Verkehrsmitteln werden. Momentan ist sie die bequemste, schnellste, (gefühlt) billigste und alle arbeiten daran, dass das so bleibt.

  • Diese Tabelle (Messzeitraum 2019 bis 2021) zeigt die von Fahrradfahrer*innen gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeiten in mehreren deutschen Städten an:

    https://cdn.pedelec-elektro-fahrrad.de/wp-content/upl…g_Sreenshot.jpg

    In diesem Screenshot fehlt leider die wichtige Information, ob die Gesamtzeit oder die reine Fahrzeit für Berechnung der Durchschnittsgeschwindigkeit verwendet wurde. Die Zahlenwerte legen nahe, dass es die Gesamtzeit war. Dazu kommt die Filterfunktion der App, wenn man statt Bikemap Strava-Daten nähme, hätte man deutlich höhere Geschwindigkeiten weil man eine andere Personengruppe hat.

    Leider habe ich für Hannover keine vergleichbaren Messdaten an einer bestimmten Stelle gefunden,

    Auch bei uns haben sie nicht nur einfach so gemessen. Sondern es ging v.a. um die Frage, ob dort die Breite des Radwegs ausreicht. Zwei Jahre später wurde ein sanierungsbedürftiger Abschnitt desselben auf 4 m verbreitert. Gingen zwar ein paar Bäume dafür drauf, aber das gegenseitige Überholen von Radfahrern geht nun leichter.

  • Die oben verlinkte Messreihe wurde im November 2017 aufgenommen. Die Verkehrsbehörde war durchaus überrascht von der Anzahl der Ganzjahresradfahrer.

    Keine Sorge, das ist sie bestimmt immer noch. 5 Jahre sind bei Behörden wie ein Tag...

    Meine Meinung: Eine "überraschte Behörde" ist sowas von überflüssig.

  • Kein Vorwurf an die langsamer Fahrenden, aber auch zu bedenken: So gut wie kein Radweg ist breit genug, um Überholen zu ermöglichen. Selbst bei relativ dünnem Radverkehr verbringe ich jetzt schon die meiste Zeit damit, zwischen zwei Ampeln langsam hinter jemandem herzurollen.

  • Kein Vorwurf an die langsamer Fahrenden, aber auch zu bedenken: So gut wie kein Radweg ist breit genug, um Überholen zu ermöglichen. Selbst bei relativ dünnem Radverkehr verbringe ich jetzt schon die meiste Zeit damit, zwischen zwei Ampeln langsam hinter jemandem herzurollen.

    Du weißt doch: Der wichtigste Grund für Radwege ist, das Autofahrer nun ihre leeren Beifahrersitze unbehindert von Radfahrern durch die Gegend fahren können. Objektive Sicherheit oder gar Schnelligkeit des Radverkehrs spielen da keine Rolle.

  • In diesem Screenshot fehlt leider die wichtige Information, ob die Gesamtzeit oder die reine Fahrzeit für Berechnung der Durchschnittsgeschwindigkeit verwendet wurde. Die Zahlenwerte legen nahe, dass es die Gesamtzeit war. Dazu kommt die Filterfunktion der App, wenn man statt Bikemap Strava-Daten nähme, hätte man deutlich höhere Geschwindigkeiten weil man eine andere Personengruppe hat.

    Auch bei uns haben sie nicht nur einfach so gemessen. Sondern es ging v.a. um die Frage, ob dort die Breite des Radwegs ausreicht. Zwei Jahre später wurde ein sanierungsbedürftiger Abschnitt desselben auf 4 m verbreitert. Gingen zwar ein paar Bäume dafür drauf, aber das gegenseitige Überholen von Radfahrern geht nun leichter.

    Ich nehme auch an, dass die gesamte Fahrzeit zugrunde liegt, also inklusive Stopps an Kreuzungen oder Ampeln. Deshalb sind die Geschwindigkeiten vermutlich sehr deutlich niedriger als bei der Zählung in Jena. Vielen Dank für den Hinweis, dass die Zählung in Jena an einem Zweirichtungsradweg mit [Zeichen 240]stattgefunden hat. Der verläuft offensichtlich parallel zur Stadtrodaer Straße. Auf googlemaps hab ich das Satellitenbild gefunden. Das müsste doch die entsprechende Stelle auf Googlemaps sein?

    Stadtrodaer Str.
    www.google.com

    Und auf der von dir verlinkten Mapillary-Seite eine Mapillary-Radfahr-Fotoreihe, mit Aufnahmen von einer großen Critical Mass Protestfahrt oder was Vergleichbares. Die fand auf den Autofahrbahnen statt, also dort, wo der Fahrradverkehr eigentlich hingehört, an Stelle der Autos, die jetzt dort fahren. Aber die Fahrbahn ist ja normalerweise für Fahrräder verboten, wie man an dieser Stelle in Höhe der Tankstelle sieht:

    Mapillary cookie policy use

    Auf so einer langen überschaubaren Strecke wie auf der von dir verlinkten Mapillary-Fahrt, ist Tempo 25 mit dem Pedelec vermutlich kein Problem. Aber es ist auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg. Und wenn dort viele Fußgänger unterwegs wären, dann wäre Tempo 25 schon nicht mehr so angemessen.

    Auf jeden Fall ist es so, dass der verhältnismäßig gut ausgebaute und gut überschaubare Fahrradweg auch für weniger trainierte Fahrradfahrer es einfacher macht, etwas schneller als 20 km/h zu fahren. Auf dem Google-Satellitenfoto ist er 3,00 m breit. (Gemessen auf dem Googlemaps-Satellitenfoto)

  • Eben nicht. Genau diejenigen sind das Problem, die nicht aufs "Auto angewiesen" sind und trotzdem damit fahren. Z.B. ins Fitnessstudio.

    Um Autos aus Städten/Dörfern rauszubekommen, muss die Wahl "Auto" zur schlechtesten aller Alternativen unter den möglichen Verkehrsmitteln werden. Momentan ist sie die bequemste, schnellste, (gefühlt) billigste und alle arbeiten daran, dass das so bleibt.

    Das könnte man jetzt auch so verstehen (oder missverstehen?), dass du davon ausgehst, dass du weniger sportlichen Menschen für Menschen hältst, die auf das Auto angewiesen sind. :whistling:

    Ich denke für die sportlichen Fahrradfahrer*innen oder für sportliche Menschen, die für das Radfahren begeistert werden sollen, ist genug getan, wenn die Benutzungspflicht für Fahrradwege wegfällt.

    Um aber wirklich viele Menschen für das Radfahren zu gewinnen, muss an vielen Stellen zunächst eine gute Radverkehrsinfrastruktur mit eigenen Fahrradwegen geschaffen werden.

  • All deine Beispiele gehören simpel und einfach entbläut. Würde ich weder mit dem Pedelc noch mit dem Biorad nutzen.

    Es ist für mich nicht immer klar nachvollziehbar, warum manche Radwege "entbläut" werden, andere dagegen nicht.

    Der oben an der Lange-Hop-Straße ist nicht benutzungspflichtig.

    Googlestreetview:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.com

    Der andere an der Geibelstraße ist benutzungspflichtig.

    Googlstreetview-Bild vor der Pflasterung der Bürgersteig-Ecke:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.com

    Ich hatte die Bilder vorgestellt, um deutlich zu machen, warum ich es für richtig halte, dass Pedelecs schon bei Tempo 20 und nicht erst bei Tempo 25 keine Motorunterstützung mehr liefern sollten.

  • Warum die in der einen Straße Benutzungspficht bsteht und in der andere nicht, ist doch einfach zu sehen.

    In der Lange-Hop stören Radler auf der Fahrbahn kaum, es ist wenig Verkehr, keine Parkdruck und ausreichend Platz auf der Fahrbahn, auf der einen Seite dürfen KFZ aufgeschultert stehen. Es dürfte also praktisch nie ein Problem sein, an einem Radler einfach so vorbeizufahren.

    In der Geiblstraße sieht das ganz anders aus. Ist sicher mehr Verkehr, und viel Parkdruck. Einen Radler auf der Fahrbahn zu überholen dürfte oft einige Sekunden Zeitverlust bedeuten, weil bei Gegenverkehr definitiv nicht überholt werden kann.

  • Was für eine Wortwahl:

    Zitat

    Nun können sie ganz regulär auch die Autofahrbahn nutzen.

    Und dann dieses:

    Zitat

    Eine kleine Ausnahme bildet noch ein kurzer Abschnitt in Höhe des Landgerichts. In Richtung Leipziger Turm gilt zwischen Rathausstraße und Gustav-Anlauf-Straße für wenige Meter doch noch eine Radwegebenutzungspflicht.

    Hm.

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.de
  • Um aber wirklich viele Menschen für das Radfahren zu gewinnen, muss an vielen Stellen zunächst eine gute Radverkehrsinfrastruktur mit eigenen Fahrradwegen geschaffen werden.

    Überflüssig, wenn dort keine/wenige Autos fahren.

    "gute Radverkehrsinfrastruktur mit eigenen Fahrradwegen schaffen", dafür ist keine Zeit mehr. Ich glaube, du und der ADFC, ihr habt die Signale nicht gehört. :)

    Nach derzeitigem "Programm" muss 2029 der CO2-Ausstoss des Verkehrs auf Null gesenkt sein. Da werdet ihr euch noch drum streiten, ob in Dödelhausen die ersten 50 Meter "Schutzstreifen" in der Park-Dooringzone rot oder blau eingefärbt werden. Als "Versuch".

  • Fahrradinfrastruktur:

    Neulich hatte ich auf diesen Artikel hingewiesen:

    „Absolute Katastrophe“: Wichtige Straße soll schrumpfen – Anwohner auf Zinne
    „Das ist eine absolute Katastrophe!“ Heike Paulsen kann es einfach nicht fassen – und sie ist nicht alleine damit. Die Rodigallee in Jenfeld, die parallel
    www.mopo.de

    Der Kollege von Hamburgize.com hat ein Foto dieser Straße hochgeladen, aufgenommen am Montag 22.8.2022 um 17:20 Uhr, also außerhalb der Sommerferien und mitten in der Rush Hour:

    (de)hamburgize.com
    Better Cycling for Hamburg
    hamburgize.blogspot.com

    Die Lösung der Fahrradinfrastruktur-Frage befindet sich zwischen den Bordsteinkanten.

  • Warum die in der einen Straße Benutzungspficht bsteht und in der andere nicht, ist doch einfach zu sehen.

    In der Lange-Hop stören Radler auf der Fahrbahn kaum, es ist wenig Verkehr, keine Parkdruck und ausreichend Platz auf der Fahrbahn, auf der einen Seite dürfen KFZ aufgeschultert stehen. Es dürfte also praktisch nie ein Problem sein, an einem Radler einfach so vorbeizufahren.

    In der Geiblstraße sieht das ganz anders aus. Ist sicher mehr Verkehr, und viel Parkdruck. Einen Radler auf der Fahrbahn zu überholen dürfte oft einige Sekunden Zeitverlust bedeuten, weil bei Gegenverkehr definitiv nicht überholt werden kann.

    Das Erklärungsmuster trifft in vielen Fällen sicher zu. Aber in einigen anderen Fällen nicht:

    In der Blumenauer Straße, gilt ein Überholverbot für den Autoverkehr, weil die markierte durchgezogene weiße Linie in der Mitte nicht überfahren werden darf.

    Auf der in Fotografier-Richtung gesehen rechten Seite ist ein Fußweg mit Radfahrer frei.

    Auf der linken Seite ein Zwei-Richtungen-Angebotsradweg. Und das ist gut so, denn die Straße ist recht stark befahren und kann nicht so leicht an jeder beliebigen Stelle gequert werden.

    Wer will, kann aber mit dem Fahrrad die Fahrbahn benutzen, denn es gibt nur einen Angebotsradweg auf der einen Seite und einen Gehweg mit Radfreigabe auf der anderen Seite.

    Hier eine Macpillary-Mitfahrt:

    Mapillary cookie policy use

  • Aus dem Newsletter der "Zeit" in der Rubrik "Hamburger Schnack":


    Zitat

    Im Schanzenviertel: Ein Fahrradfahrer steht neben einem Cabrio-Sportwagen an der roten Ampel. Es wird grün, der Cabriofahrer beschleunigt übermäßig und muss an der nächsten Ampel scharf bremsen. Etwas später stehen beide wieder nebeneinander. Das wiederholt sich ein weiteres Mal. Da beugt sich der Fahrradfahrer herunter und ruft dem Fahrer zu: »Es tut mir in der Seele weh zu wissen, dass ich Ihren Tankrabatt mitfinanziere!«