Hannover wird "autofrei"

  • In ihrer Printausgabe berichtet die HAZ von heute (22.11.23):

    "Im gutbürgerlichen Zooviertel gehen Unbekannte gegen Regelungen der Stadtverwaltung vor, indem sie Schilder demontieren oder beschmieren. Erneut sind dort nun missliebige Parkverbotsschilder abgebaut worden, die die Stadt Hannover im Sommer an mehreren Straßen aufgestellt hatte. Sie will damit die Situation für Fußgängerinnen und Fußgänger verbessern. Nach Einschätzung der Verwaltung wäre ohne die Halteverbote ein Durchkommen auf dem Bürgersteig für Menschen mit Rollatoren, Rollstuhl oder Kinderwagen problematisch." *)


    Foto: zugeparkter Bürgersteig im Zooviertel

    In dem Zeitungstext ist von "missliebigen Parkverbotsschildern" die Rede. Mag sein, dass es einzelne Autofahrer*innen gibt, denen es missfällt, dass sie jetzt nicht mehr überall legal die Bürgersteige zuparken dürfen. Viele Menschen im Zooviertel dagegen begrüßen es ausdrücklich, dass die Verwaltung endlich etwas unternimmt, sodass mehr Platz auf den Fußwegen ist. Und auch in anderen Stadtteilen von Hannover sind die Anwohner zunehmend genervt davon, dass immer mehr, und immer größere und schwerere Autos, sowie eine zunehmende Anzahl von Wohnmobilen die Fußwege blockieren oder auch einfach nur als Blechwand die Sicht versperren.

    *) das ist der Link zur HAZ-Internetseite mit dem entsprechenden Artikel. Leider hinter Bezahlschranke:

    „Das ist Selbstjustiz“: Illegale Aktionen gegen Parkverbote und neuen Namen der Hindenburgstraße
    Ausgerechnet im gutbürgerlichen Zooviertel in Hannover gehen Unbekannte mit illegalen Aktionen gegen Parkverbote und die Umbenennung der Hindenburgstraße vor.…
    www.haz.de
  • Mag sein, dass es einzelne Autofahrer*innen gibt, denen es missfällt, dass sie jetzt nicht mehr überall legal die Bürgersteige zuparken dürfen.

    Nein , mit diesen Schildern wird nicht das Parken auf Gehwegen verboten. Das ist auch ohne Schild verboten. Sondern das Parken auf der Fahrbahn. Um sicherzustellen das der Fahrbahnverkehr nicht zu sehr durch den "ruhenden KFZ-Verkehr" behindert wird.

  • Zitat

    "Im gutbürgerlichen Zooviertel gehen Unbekannte gegen Regelungen der Stadtverwaltung vor, indem sie Schilder demontieren oder beschmieren. Erneut sind dort nun missliebige Parkverbotsschilder abgebaut worden....

    Ist dort zumindest ein Vorverfahren wegen des Anfangsverdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet worden?

    Einmal editiert, zuletzt von krapotke (22. November 2023 um 17:14)

  • Nein , mit diesen Schildern wird nicht das Parken auf Gehwegen verboten. Das ist auch ohne Schild verboten. Sondern das Parken auf der Fahrbahn. Um sicherzustellen das der Fahrbahnverkehr nicht zu sehr durch den "ruhenden KFZ-Verkehr" behindert wird.

    Hast du natürlich in dem Sinne recht, wo das Schild dasteht. Vorher war es dort aber so, dass hie und da am Fahrbahnrand geparkt wurde. Und als die Autos dann immer mehr wurden, da hat man an beiden Seiten am Fahrbahnrand geparkt. Und als dann immer mehr Autos immer breiter wurden, da hat man halbseitig auf dem Gehweg geparkt, damit die breiten Autos auch noch fahren konnten und die Fahrzeuge der Müllabfuhr durchkamen.

    Und natürlich hat nach Ansicht der Autofahrer*innen jede und jeder im Wohnviertel vollstes Verständnis dafür, dass sich das alles so entwickelt hat und ist zufrieden damit, wenn auf dem Gehweg nur noch ein schmaler Streifen bleibt, und wer anders darüber denkt, der wird halt gedisst und verächtlich gemacht. Das ist mehrheitsfähig, weil es ja kaum einen Haushalt gibt, in dem nicht mindestens ein Auto vorhanden ist. Da ist eine Auflehnung gegen das Prinzip "Auto first" quasi eine Rebellion gegen die eigene Familie. Oft genug entspricht die Anzahl der Autos jedoch der Anzahl der Haushaltsmitglieder. Und die Revolution stirbt mit dem ersten eigenen Auto:

    Das sieht dann vorne herum aus wie ein "richtiges" Auto, weil's aber nur drei Räder hat, darf man's schon mit 16 fahren.

    In den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und das Land Mecklenburg-Vorpommern schon mit 15. (Quelle: Auto Motor Sport vom 27.4.19)

    Gefährte für Führerschein AM, A1, 1b, 3 oder B: Mit 16 hinters Auto-Steuer - so geht's
    Autofahren mit 16 oder sogar noch früher ist nicht erst seit dem begleiteten Fahren möglich. Es kommt aber auf die passende Führerscheinklasse wie etwa AM, A1,…
    www.auto-motor-und-sport.de

    Hier ein Zitat: "Die Zeiten, in denen sich Jugendliche auf ihren 18. Geburtstag freuten, weil sie dann allein mit dem Auto fahren durften, gehören seit der Einführung des Begleiteten Fahrens mit 17 Jahren der Vergangenheit an. Aber mit der passenden Führerscheinklasse (AM, A1, 1b, 3 oder B) und dem dazugehörigen passenden Fahrzeug dürfen sich Jugendliche sogar noch ein Jahr früher hinter das Steuer eines vierrädrigen Gefährts setzen."

    Im ländlichen Raum läuft das so. Aber im Zooviertel von Hannover leben noch ein paar mehr Menschen, die dieser "Dorfidylle" nichts abgewinnen können. Und die begrüßen es, wenn die Infrastruktur für Fußgänger*innen verbessert wird, indem der Autoverkehr von den Gehwegen wieder zurückgedrängt wird. Und das ist gut so!

    Deshalb wird dann durch Beschilderung klar geregelt, dass nur auf einer Seite und nur auf der Fahrbahn geparkt werden darf.

    Noch besser wäre es natürlich, die Autos ganz rauszuwerfen.

  • Worauf ich hinaus wollte ist, dass in dem Artikel von Andreas Knie darauf hingewiesen wird, dass dieser Passus in der StVO eben nicht ganz klar definiert ist. Und dass heutige Richter eine andere Gewichtung vornehmen könnten (wenn sie denn wollten) als das in den 50er und 60er Jahren der Fall war.

    Ich lese im BVerwG-Urteil zu Bremen eigentlich keine Interpretationsspielräume bzgl. damalige (und heutige) StVO zum normalen Fahrbahnparken.

    Ein Rentnerpaar, beide mit Rollator, möchte sicher gerne nebeneinander spazieren gehen können im eigenen Wohnviertel. Das geht nicht, wenn dort die Fußwege so stark zugeparkt sind, dass nur noch ein Hintereinandergehen möglich ist, womöglich sogar nur ohne Rollator.

    Irrelevant, darum geht es im Bremer Urteil ganz und gar nicht.

  • Ich lese im BVerwG-Urteil zu Bremen eigentlich keine Interpretationsspielräume bzgl. damalige (und heutige) StVO zum normalen Fahrbahnparken.

    Als das Bundesverwaltungsgericht nun mit dem Fall des Bremer Kaufmanns betraut wurde, sollte es die Frage klären, ob Parken Gemeingebrauch sei oder nicht. Im Urteilsspruch vom 4. März 1966 heißt es im Wortlaut: „In einer stürmischen Entwicklung seit Anfang der fünfziger Jahre ist das Automobil in der Bundesrepublik (…) zu einem Gebrauchsgegenstand aller Bevölkerungskreise geworden. Diese Entwicklung hat der Staat nicht nur geduldet, sondern gefördert.“

    Angesichts des Staatsziels, die Motorisierung der Bevölkerung zu fördern, und der bereits gängigen Praxis des sogenannten Laternenparkens kamen Deutschlands oberste Ver­wal­tungs­rich­te­r:in­nen am 4. März 1966 zu folgendem Schluss: „Damit erweist sich das Abstellen von Kraftfahrzeugen über Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen an öffentlichen Straßen als grundsätzlich den Verkehrsbedürfnissen entsprechend und damit als grundsätzlich verkehrsüblich und gemeinverträglich.“

    Quelle: taz vom 20.11.23 https://taz.de/Parkende-Autos/!5968714;moby/

    Die Feststellung des Gerichts, der Staat habe eine Entwicklung gefördert, die das Ziel hat, alle Bevölkerungskreise mit Autos zu beglücken, deutet ja bereits an, dass das vielleicht nicht besonders klug war. Aber nach dem Prinzip "Wer A sagt, der muss auch B sagen", müsse es dann ja wohl auch erlaubt sein, die vielen Millionen Fahrzeuge einfach an den Fahrbahnrand zu stellen. Dabei dürfte der große Fortschrittsoptimismus der 60er-Jahre eine entscheidende Rolle gespielt haben. Die Straßen sollten immer breiter werden, es sollte immer mehr Autobahnen mit immer mehr Fahrbahnen geben, auf denen immer schneller gefahren werden können soll. Quasi alles Ziele, an denen vollkommen rückwärtsgewandte Politiker noch heute starrköpfig festhalten. Immerhin gab es seitdem ein paar Entwicklungen, die diesen gefährlichen Zukunftsoptimismus gedämpft haben. Zum Beispiel die hohe Zahl an Todesopfern im Straßenverkehr, die dazu beigetragen haben, generelle Tempolimits innerorts und auf Landstraßen durchzusetzen, die nicht von Gerichten gekippt wurden.

    Irrelevant, darum geht es im Bremer Urteil ganz und gar nicht.

    Selbstverständlich geht es in dem Bremer Urteil letztlich auch um das Problem, dass heute Autos auf dem Bürgersteig parken und das zum Teil geduldet wird, oder aber sogar nachträglich legalisiert wird. Hätte damals das Gericht entschieden, dass es nicht erlaubt ist, Fahrzeuge im öffentlichen Straßenraum am Fahrbahnrand zu parken, dann wäre es ja möglicherweise nie so weit gekommen, dass dort immer mehr und immer breitere Fahrzeuge parken, so dass nach und nach nicht nur am Fahrbahnrand, sondern auch auf dem Gehweg geparkt wurde, sodass auf dem Gehweg nicht mehr genug Platz ist für Fußgängerverkehr, der zum Beispiel ein bequemes Aneinandervorbeigehen mit Einkaufstrolley und/oder Kinderwagen ermöglicht.

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  • Hannover wird (ein bisschen) autofrei, das geht der SPD zu weit und ist aus der Koalition ausgestiegen.

    Die Südstadt SPD beschließt zugleich mithilfe von CDU und FDP, dass 6 von 8 Fahrradstraßen aufgehoben werden. Dagegen wiederum protestieren Bürger*innen bei einer Sitzung des Bezirksrates Südstadt. Siehe Foto!

    Begründung der SPD, CDU und FDP: Die Verwaltung hatte die betroffenen Straßen so umgestalten wollen, dass mehr Platz für den Radverkehr zur Verfügung steht, so wie es aus Sicht der Verwaltung notwendig ist, um einen flüssigen Fahrradverkehr in einer Fahrradstraße zu gewährleisten. Das hat der SPD nicht gepasst, sie wollte sich lieber als Schutzherren der Autofahrerschaft darstellen. Und FDP und CDU stellten sich bereitwillig als neue Bündnispartner für die fahrradfeindliche SPD-Politik zur Verfügung.

    Mehr zum Thema u. a. hier:

  • Hatten denn die Fahrradstrßen ggü. Ausweisung zHG 30km/h einen Mehrgewinn für den Radverkehr? In Kiel erlebe ich Fahrradstraßen als normale Verkehrsführungen durch Wohngebiete. Kraftfahrzeugverkehr und Parken sind zulässig. MMn sind die Beschilderungen zur Fahrradstraße nutzlose Deko.

    Einmal editiert, zuletzt von krapotke (7. Januar 2024 um 12:30)

  • Bei denen in Hannover war da außer Schildern bisher wirklich nix, deswegen ist ja eine sogar weggeklagt worden. Wenn das richtig umgesetzt ist, beschränkt sich der Autoverkehr auf Anlieger und vielleicht noch eine Buslinie und das Parken findet ausschließlich abseits der Fahrbahn statt. Zugleich sind die Straßen aber für den Radverkehr Durchgangsstraßen mit Vorfahrt und ohne Behinderungen.

  • Edit: Der verlinkte taz Artikel spricht von einer Fahrbahnbreite von vier Metern. Diese sei erforderlich, um das Überholen von Fahrrädern durch Kraftfahrzeugverker zu ermöglichen, wenn Gegenverkehr kommt.8|

    Es kommt darauf an, was dir entgegenkommt:

    Die Passage aus dem taz-Artikel, in dem die vier Meter erwähnt werden, lautet: "Vor allem die Fahrbahnbreite ist dabei ein heikler Punkt. Die, hatte das Gericht geurteilt, müsste eigentlich mindestens vier Meter betragen – denn nur so könnten Radfahrer nebeneinander fahren, auch wenn Gegenverkehr kommt."

    Es geht also nicht darum, dass der KFZ-Verkehr den Fahrradverkehr überholen können muss, bei dem die Fahrradfahrer nebeneinander fahren. In einer Fahrradstraße ist es ja auch idealerweise nicht vorgesehen, dass der KFZ-Verkehr den Fahrradverkehr überholt:

    "2. Für den Fahrverkehr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Kraftfahrzeugverkehr die Geschwindigkeit weiter verringern.

    3. Das Nebeneinanderfahren mit Fahrrädern ist erlaubt."

    (aus StVO Anlage 2, zu Zeichen 244.1 Fahrradstraße und 244.2 Fahrradzone [Zeichen 244])

    Die Begegnung, die in dem taz-Artikel beschrieben ist, sieht so aus: Zwei Fahrradfahrende fahren nebeneinander und ihnen kommt ein Auto entgegen. Das sollte in einer Fahrradstraße nur sehr selten vorkommen, weil bei der Einrichtung darauf zu achten ist, dass dort möglichst wenig Autoverkehr stattfindet. Zum Beispiel muss KFZ-Durchgangsverkehr anderswo lang geführt werden, nicht aber durch die Fahrradstraße.

    Kommt es also zu dem seltenen Fall, dass dem Fahrrad fahrenden Paar, das nebeneinander fährt, ein Auto entgegenkommt, dann kann das an den Fahrbahnrand fahren und dort stehen bleiben. Ich sehe da eindeutig eine entsprechende Verpflichtung für Autofahrende.

    Jetzt kommen weitere Faktoren ins Spiel: Ein Citroën 2 CV (Ente) z.B. ist rund 1,50 m breit. Da verbleiben bei 4,00 m Fahrbahnbreite noch 2,50 m für das Fahrrad fahrende Paar, um nebeneinander fahrend die Engstelle zu passieren. Das ist gefahrlos machbar, wenn die beiden gewöhnliche Fahrräder ohne Anhänger benutzen. Noch mehr Platz zum nebeneinander fahren hätte das Fahrrad fahrende Paar, wenn statt der 1,50 m breiten "Ente" ein rund 1,20 m breiter Twizy in Gegenrichtung am Fahrbahnrand steht und die Vorbeifahrt abwartet.

    Wenn natürlich das 2,50 m breite Fahrzeug der Müllabfuhr in Gegenrichtung am Fahrbahnrand steht, dann wird es schwierig für das Radfahrer*innen-Paar mit dem Nebeneinanderfahren.

    Zwischen dem 1,20 m breiten Renault Twizy und dem LKW der Müllabfuhr gibt es noch einige Zwischengrößen. In dem taz-Artikel werden die 4,00 m aber auch als Mindestbreite bezeichnet. Mindestbreite bedeutet meines Erachtens, dass es Engstellen mit 4,00 m geben kann, aber die Fahrradstraße überwiegend breiter als 4,00 m sein soll.

  • Bei denen in Hannover war da außer Schildern bisher wirklich nix, deswegen ist ja eine sogar weggeklagt worden. Wenn das richtig umgesetzt ist, beschränkt sich der Autoverkehr auf Anlieger und vielleicht noch eine Buslinie und das Parken findet ausschließlich abseits der Fahrbahn statt. Zugleich sind die Straßen aber für den Radverkehr Durchgangsstraßen mit Vorfahrt und ohne Behinderungen.

    Naja, was heißt hier "weggeklagt"? Beziehst du dich auf die Fahrradstraße in der Kleefelder Straße? Das ist die Fahrradstraße, die in dem taz-Artikel erwähnt ist.

    Die Fahrradstraße Kleefelder Straße wollte ein Anwohner weg klagen, weil er angeblich den Fußverkehr in der Kleefelder Straße gefährdet sah. Das Foto zeigt die Kleefelder Straße mit parkenden Autos. Und das Foto wirft Fragen auf, die übrigens auch das Gerichtsurteil nicht beantwortet hat. Zum Beispiel: Parkt das Auto da gerade halbseitig auf dem Fußweg? Oder ist der hell gepflasterte rund 1 m breite Streifen gar kein Fußweg, sondern ein Teil der Fahrbahn?

    Auf jeden Fall ist links vom Grünstreifen mit der Baumreihe ein zweifelsfrei echter und gut geschützter Fußweg. Deshalb halte ich den Fußgängerschutz auf jeden Fall für gegeben. Und wenn man annimmt, dass der hell gepflasterte Streifen für den Fußverkehr da sein soll, dann ist es eindeutig der Autoverkehr, der hier den Fußverkehr beeinträchtigt.

    Sieht man zum Beispiel hier sehr gut:

    Das Gerichtsurteil lautete nicht, dass die Fahrradstraße wegmuss, sondern knüpfte den Fortbestand an Bedingungen. Beide Bedingungen (1. Durchgangsverkehr reduzieren und 2. Parkplätze weg) wurde von der Verwaltung umgesetzt, sehr zum Ärger der Autofahrerschaft, die jetzt der Verwaltung vorwirft, sie hätte es versäumt, gegen das Urteil Widerspruch einzulegen. Reduzierende Maßnahmen für den KFZ-Durchgangsverkehr und Parkverbot sind in den Augen von Autofahrenden und den Autofahrer-Parteien leider "NoGos".

    Durch das Parkverbot ergibt sich ein Fahrbahnbreite von rund 4,00 m. Gar nicht so schlecht für die Breite einer Fahrradstraße in der keine Autos am Fahrbahnrand parken, auch wenn es nur das Mindestmaß ist. Rechnete man den hell gepflasterten Streifen der Fahrbahn zu, dann sind es 5,00 m.

    So könnte der Begegnungsverkehr in der Kleefelder Straße aussehen: Aus der Gegenrichtung kommen zwei nebeneinander fahrende Fahrradfahrer*innen. Das weiße Auto fährt an den rechten Fahrbahnrand (wenn der hell gepflasterte Streifen noch Teil der Fahrbahn ist). Aber selbst wenn das weiße Auto an der Grenze zum hellen Pflaster rechts ran fährt und hält, wäre noch genug Platz für die beiden Fahrradfahrer*innen:

    Leider ist das weiße Auto ein Falschparker. Aber das ist dann schon das nächste Thema.

  • Das war ja das Problem: Zum Zeitpunkt des Urteils war so zu parken in der Straße noch legal – und dann ist es eben als Fahrradstraße ein schlechter Witz, denn dann ist selbst ohne fahrende Autos nicht genug Platz.

  • Ullie Du hast Recht. Ich habe den Artikel der taz gestern grob falsch gelesen. Danke für die Korrektur.

    Trotzdem ist dein Hinweis wichtig, auch wenn es jetzt nicht konkret 100% zum taz-Artikel passt.

    Denn inzwischen diskutiert man in Hannover von interessierter Seite*) bereits darüber, ob es sein kann, dass Fahrradstraßen zu breit sein können.

    Es gibt da sicher eine reelle Gefahr, dass in Fahrradstraßen mit einer Fahrbahnbreite um die 5 bis 6 m aufwärts dazu führen, dass der Fahrradverkehr, der darin stattfindet, zu oft von KFZ überholt wird, weil das bei ausreichender Fahrbahnbreite ja gefahrlos möglich ist und auch nicht verboten ist. Für sportliche Fahrradfahrer*innen mag das unerheblich sein, die fahren problemlos 25 bis 30 km/h und wenn der Autoverkehr sich an das Tempo-30-Gebot in Fahrradstraßen hält, dann neigt er nicht zum Überholen.

    Ein Beispiel für eine sehr breite Fahrradstraße in Hannover ist die rund 350 m lange Adolfstraße. Die misst von Bordsteinkante zur Bordsteinkante 10,00 m. Es wird an beiden Fahrbahnrändern geparkt, sodass ca. 6,50 m Fahrbahngesamtbreite bleibt:

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    Da kann es dann schon passieren, dass man bei langsamer Fahrt mit dem Fahrrad von einem eiligen Auto überholt wird. Kommt dann aber auch nicht so oft vor, selbst bei langsamer Fahrt. Und es käme eigentlich so gut wie gar nicht vor, wenn Autofahrer*innen grundsätzlich anerkennen würden, dass sie nicht die Krone der Schöpfung und die König*innen der Straßen sind, sondern im Sinne einer echten Verkehrswende allenfalls ungern geduldete Verkehrsteilnehmer sind. Sehen aber leider viele Autofahrer*innen ganz anders. Sind sie hinreichend geschickt, dann maskieren sie ihren Widerstand gegen Fahrradstraßen mit solchen Argumenten, wie Fahrradstraßen dürften nicht zu breit sein. Für Fahrradstraßen dürften keine Parkplätze geopfert werden, weil dann die Akzeptanz in der Bevölkerung schwindet.

    *) Mit interessierter Seite meine ich einerseits Leute, denen jeder Zentimeter Fahrradstraße zu viel ist, weil sie darin den Anfang vom Untergang von Autoland Deutschland sehen. Und andererseits Leute, die die Idee von Fahrradstraße so lange hochleben lassen, bis es sie selbst in der Form trifft, dass in der Nähe ihrer Wohnung für die Einrichtung einer Fahrradstraße Parkplätze zurückgebaut werden. Und irgendwo dazwischen agiert derzeit die SPD in Hannover. Einerseits Festhalten am Bekenntnis zum Klimaschutz und andererseits nichts dafür tun, was die privilegierte Stellung des Autoverkehrs auch nur ansatzweise infrage stellt.

  • Hier gibt's ja beides: Wallstraße ist wegen des Busverkehrs volle Breite und danach die Haagestraße ist Einbahnstraße mit (fast) nur PKW und persönlich finde ich den breiten Teil deutlich angenehmer. Und das nicht trotz, sondern eher wegen gelegentlicher Idioten (sowohl auf zwei wie auch auf vier Rädern).

  • Ob breit oder schmal. Aus meiner Sicht bleiben Fahrradstraßen, die nicht für Kraftverkehr physisch gesperrt sind, normaler innerstädtischer Verkehrsraum mit Mischverkehr auf der Fahrbahn. Ich sehe in ihnen keinen Vorteil für den Radverkehr. In Kiel scheinen diese vor allem in Wohngebieten angelegt zu werden und stellen mMn keine sinnvolle Alternative zu der Nutzung von Hauptverkehrsszraßen dar, wenn ich von A nach B durch die Stadt fahren will.

  • Hier gibt's ja beides: Wallstraße ist wegen des Busverkehrs volle Breite und danach die Haagestraße ist Einbahnstraße mit (fast) nur PKW und persönlich finde ich den breiten Teil deutlich angenehmer. Und das nicht trotz, sondern eher wegen gelegentlicher Idioten (sowohl auf zwei wie auch auf vier Rädern).

    Diese Fahrradstraße in der Wallstraße beginnt hier?

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    Auf der verlinkten Streetview-Aufnahme ist das Heck eines Linienbusses zu sehen mit einer Uhren-Reklame: "Zeit zum Entschleunigen"

    Wie fährt es sich denn in der neuen Lüneburger Fahrradstraße, insbesondere hinsichtlich des gleichzeitig stattfindenden Busverkehrs? Der müsste dann ja auch auf langsam fahrende Fahrradfahrer*innen Rücksicht nehmen. Das könnte natürlich die Spötter auf den Plan rufen. Ich bin mir jedoch sicher, dass das funktionieren kann. Zumindest hatte ich diesen Eindruck als ich in Wiesbaden auf der Busspur, bzw. dem breiten Radfahrstreifen mit Bus-Freigabe gefahren bin. Und ich denke, dass auch in einer Fahrradstraße Busse gut fahren können, weil langsam fahrende Fahrradfahrer für einen Bus gerne auch mal am Fahrbahnrand halten, um den Bus vorbeifahren zu lassen.

    Tolle Sache, Fahrradstraße mit Omnibusverkehr, aber eben leider auch ein Dauerangriffspunkt für Polemik. Die Breite ist 6,00 m gemessen auf Google-Satellitenbild zwischen der beidseitigen Strichlinie, die noch einmal jeweils einen Sicherheitsraum zu den parkenden Autos auf dem Parkstreifen abtrennt. Breite zwischen den Autotüren: Cirka 7,00 bis 7,50 Meter.

  • Etwas unangenehm ist natürlich, wenn man zwischen zwei Bussen landet, die da ungefähr alle halbe Stunde im Rudel auftreten (weil ja alle pünktlich für den Metronom am Bahnhof sein sollen). Ich hab da auch noch nicht erlebt, dass einer von denen überholen will und auch wenn der erste an der Haltestelle stehen bleibt, bleiben die anderen brav dahinter (wie viele Radfahrer auch). Ich hab da aber auch noch keine super langsamen Radfahrer erlebt – die fahren wahrscheinlich weiter hinten am Ring lang, wo es Radwege gibt.

  • Ob breit oder schmal. Aus meiner Sicht bleiben Fahrradstraßen, die nicht für Kraftverkehr physisch gesperrt sind, normaler innerstädtischer Verkehrsraum mit Mischverkehr auf der Fahrbahn. Ich sehe in ihnen keinen Vorteil für den Radverkehr. In Kiel scheinen diese vor allem in Wohngebieten angelegt zu werden und stellen mMn keine sinnvolle Alternative zu der Nutzung von Hauptverkehrsszraßen dar, wenn ich von A nach B durch die Stadt fahren will.

    Nach meiner Erinnerung ist es so, dass es von Seiten der Partei Die Grünen und der alternativen Verkehrsverbände die Forderung gab, ein Hauptmerkmal der Fahrradstraße auf alle Straßen anzuwenden, nämlich dass das Nebeneinander-Fahren mit dem Fahrrad auch dann erlaubt ist, wenn dadurch der Autoverkehr verlangsamt wird. So ähnlich argumentiert ja auch Pepschmier hier im Forum häufig, wenn er sich zu Recht darüber beklagt, dass Autonutzer meistens mit einem leeren Beifahrersitz neben sich unterwegs sind und trotzdem erwarten, dass Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen sich dem Autoverkehr unterordnen. Der eine Ansatz ist quasi alle Straßen zu Fahrradstraßen machen.

    Der andere Ansatz ist: Auf Fahrradstraßen größere Fahrradverkehrsströme bündeln und möglichst mit einer Abkürzung gegenüber dem Verkehr auf Hauptverkehrsstraßen schnelle Direktverbindungen zwischen Stadtteilen oder Ortsteilen, oder wichtigen Zielen schaffen. Das Bündeln des Fahrradverkehrs ermöglicht erst, dass so große Radverkehrsmengen auftreten, dass sie gegenüber dem Autoverkehr deutlich sichtbarer sind, als wenn jede*r Fahrradfahrer*in einen anderen Schleichweg benutzt.

    Der erste Ansatz ist wohl eher idealistisch, der zweite mehr realpolitisch orientiert. Wie du bedauere ich, dass nicht deutlich mehr getan wird, um Hauptverkehrsstraßen für den Fahrradverkehr attraktiver zu gestalten. Das geht in der Regel jedoch nur dadurch, dass auf den Hauptverkehrsstraßen die Verkehrsfläche für den Autoverkehr umgewidmet wird. Aber selbst wenn das passiert, dann gibt es immer noch viele Fahrradfahrende, die lieber auf Nebenstrecken fahren. Das erlebe ich im Bekanntenkreis immer wieder, wenn ich mit anderen Fahrradfahrenden über den mehrere Kilometer langen Popup-Radfahrstreifen auf der Hildesheimer Straße in Hannover und dem benachbarten Laatzen spreche.

  • Die Idee war wohl, das Nebeneinanderfahren auch in 30-Zonen generell zu erlauben, wo ja Geschwindigkeit eh nur geduldet und nicht erwünscht ist. Eine Fahrradstraße selbst versteht sich aber spätestens seit den Urteilen als "Durchgangsstraße für den Radverkehr", womit ein sehr deutlicher Unterschied zur 30-Zone gegeben ist.

    In der Praxis gibt es eigentlich zwei Ausprägungen davon:

    • Die "kleine Lösung" in Form eines überbreiten Radwegs, der von einer winzigen Zahl unmittelbarer Anlieger genutzt werden kann, um das eigene Grundstück zu erreichen. Im Prinzip [Zeichen 260][Zusatzzeichen 1020-30] mit Durchgangsfunktion für Radfahrer.
    • Und die "große Lösung" als eigene Route neben der Hauptstraße, um Ampeln und andere Nebenwirkungen eines starken Autoverkehrs zu vermeiden. Diese kann durchaus auch eine kleine Sammelstraße für den Autoverkehr sein.