man darf doch Spy-Bilder und Videos machen, nicht wahr?

  • Wenn was mit dem Rad passiert, bis Du sehr oft, sogar zu zweit, sehr allein. Der Übeltäter verschwand rasend hinter der Kurve. Keine Zeit etwas festzuhalten: Du liegst auf dem Boden, und Dein Partner(in) hatte nichts besseres zu tun, als Dir zu helfen, mühsam wieder aufzustehen, und Mitte in der Kreuzung Deine Knochen zu zählen... Zum Glück siehst Du aber seit einiger Zeit wie ein Prachtgockel in Liebesstimmung aus: Ein stolzer und hoher Kamm ziert Deinen Helm, die flammneue Spy-Kamera. Sie ist wie Gott, sie sieht alles, sie weiß alles...

    Aber manche sagen, sie sei nicht mehr erlaubt, im Streitfall und überhaupt!

    Wo liegen die Grenzen?

  • Die gerichtliche Verwertbarkeit ist noch nicht abschließend entschieden:
    , Abschnitt "Beweissicherung"

    Zwischenstand laut Artikel:

    • 1 mal Amtsgericht für Dashcam
    • 1 mal Amtsgericht und 1 mal Landgericht gegen Dashcam

    Zu dem einen Urteil pro Dashcam muss man anmerken, dass sich der aufzeichnende Radfahrer mit dem Video selbst belastet hat (zu wenig Sicherheitsabstand). Das gab dem Amtsrichter einen eleganten Weg, den Prozess zügig zum Ende zu bringen: Der Radfahrer wollte Schmerzensgeld vom Autofahrer. Mit Video wird das wegen Unschuld des Autofahrers abgewiesen, ohne Video aus Mangel an Beweisen. Da das Ergebnis in beiden Fällen das gleich ist, sollte man der Zulassung als Beweismittel nicht allzu viel Bedeutung beimessen.

    Wer mag, kann aus den anderen beiden Urteilen einen Trend ablesen. Aber zuverlässig ist der mMn noch nicht.

  • Hi
    immerhin kann das Video als Ermittlungsansatz der Polizei taugen. Sie kann überprüfen, ob das Fahrzeug und ggf. der Fahrer tatsächlich am betreffenden Vorfall beteiligt waren. Spuren am Fahrzeug und ggf. Zeuge, die einen Fahrer wiedererkennen, könnten dann vor Gericht als Beweise aufgeführt werden. Ohne, dass das Viedeo dort als Beweis weiter benötigt wird.

    Ohne Zeugen oder Kontaktspuren dagegen wird die Videoaufnahme allein eine sehr unsichere Basis vor Gericht sein. Zwar ist in Germanien jeder Richter theoretisch frei in der Würdigung der Beweise und Zeugenaussagen, aber auch Richter folgen Trends und wollen wiedersprüchliche Revisionsverfahren vermeiden.

    Hängt aber auch von der Aussage des Kameramannes ab.
    Gibt er an, die Kamera zu Beweissicherungszwecken betrieben zu haben, wird das Video eher ausgeschlossen werden.
    Gibt er an, gerade diese Fahrt zu privaten Zwecken wie ein Urlaubsvideo aufgenommen zu haben und es reiner Zufall ist, dass gerade der strittige Vorgang darauf festgehalten wurde, ist die Chance höher, dass das Video als Beweis zugelassen wird.

    bye
    Explosiv smilie_be_131.gif

  • Es gibt da Pro- und Contraargumente, aber ich hoffe, dass private Videoaufzeichnungen nicht als Beweismittel zugelassen werden. Das führt doch nur dazu, dass jeder jeden und auch noch sich selbst überwacht. Man nimmt ja auch seine eigenen Verkehrsverstöße auf. Außerdem ein weiterer Schritt zur Vertechnisierung des Radfahrens, dessen größter Wert eigentlich in der Einfachheit und Unkompliziertheit besteht. Und Unfall wird dadurch kein einziger verhindert.

  • Hi
    würden mehr VT eine Dashcam oder Actioncam verwenden, würde die Zahl der absichtlichen Gefährdungen wegen Erziehungsmaßnahmen eventuell sinken. Viele Fahrmanöver wie dicht auffahren oder eng überholen werden durchgeführt, weil man sie hinterher schlecht nachweisen kann. Mit Videobeweisen wäre das anders.

    bye
    Explosiv smilie_be_131.gif

  • Ja, und in Bus+Bahn gibt es auch keinerlei Gewalttaten mehr dank Videoüberwachung, Kein Autofahrer fährt mehr zu schnell am Blitzer vorbei dank Nummernschilder und Vorratsdatenspeicherung hilft gegen Terrorismus.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Vielleicht würde es helfen den Autoverkehr wie den Flugverkehr (oder Bahnverkehr) zu überwachen und mit Sicherheitssystemen (die nicht abgeschaltet werden können!) auszustatten. Aber dann gäbe es ja kein "Fahrvergnügen" mehr (illegale Autorennen an der Ampel), und die "Leistungsreserven", die heutzutage Autos nur deshalb haben, um im Notfall kurz mal aus einer "brenzligen Situation" heraus zu beschleunigen, wären dann ja auch nicht mehr nötig.

    Eigene Videoaufzeichnungen wäre dann allerdings ziemlich überflüssig, genauso Warnwesten, Knieschützer, Helme, und anderer Firlefanz . . . .

  • Und Unfall wird dadurch kein einziger verhindert.

    Naja, schon: Seit ich mit Kamera am Lenker unterwegs bin, komme ich bestimmt überhaupt gar nicht mehr auf die Idee, irgendwo mal eine rote Ampel zu „übersehen“ (und wer mich ein bisschen kennt, wird wissen, dass ich auch früher nicht auf diese Idee gekommen wäre). Weil das Ding eben auch mein eigenes Fahrverhalten aufzeichnet, zwinge ich mich praktisch selbst zu einem disziplinierten Fahrstil: Wenn ich merke, dass jemand im Begriff ist, mich auf meinem Rad zu „übersehen“, halte ich bestimmt nicht mehr theatralisch drauf, um ihn einen Schrecken einzujagen, sondern bremse rechtzeitig ab.

    Ich hatte in meiner Fahrradkarriere insgesamt drei nennenswerte Unfälle auf dem Rad. Und bei allen drei Unfällen ging die Einlassung des Unfallgegners in die Richtung, dass sich Radfahrer ja eh nie an die Verkehrsregeln hielten und ihm dieser blöde Radfahrer ja ganz grundlos einfach hinten reingefahren wäre und blablabla. Bei dem einen Unfall hatte ich keine Kamera dabei und musste etwa anderthalbtausend Euro für einen Anwalt beiseite legen, weil die Staatsanwaltschaft nicht von mir ablassen wollte, obwohl ich eigentlich das Opfer und nicht der Täter war. Bei den beiden anderen Unfällen habe ich die Aufzeichnungen auf den Tisch gelegt und mich im anschließenden Gerichtsverfahren über die Bemühungen des Unfallgegners amüsiert, die ganzen Widersprüche zwischen seiner Aussage und dem Video auszuräumen. Und ich zahle lieber 250 Euro für eine kleine Kamera am Lenker als noch mal anderthalbtausend Euro für einen Anwalt.

    Zumindest im Strafrecht ist das Interesse des Staates an der Aufklärung eines Vorfalls noch höher angesiedelt als solche „störenden Aspekte“ wie Datenschutz oder Privatsphäre. Im Zivilrecht mag das sicherlich anders aussehen.

  • Zitat

    Zumindest im Strafrecht ist das Interesse des Staates an der Aufklärung eines Vorfalls noch höher angesiedelt als solche „störenden Aspekte“ wie Datenschutz oder Privatsphäre. Im Zivilrecht mag das sicherlich anders aussehen.

    Da es in Deutschland kein Gesetz gibt, daß rechtswidrig erworbene Beweise per se als unverwertbar abtut, frage ich mich ja schon eine ganze Weile, wie die Pflicht des Gerichts die Wahrheit zu finden sich damit vereinbaren lässt, die Dashcamvideos nicht zu verwerten. Mit würden wir das verwerten, dann hätte ja bald jeder eine Kamera lehnt sich ein Gericht mMn zu weit aus dem Fenster. Das müsste whol der Gesetzgeber regeln. Ganz anders sieht es natürlich aus, wenn das Gericht berechtigte Zweifel an der Echtheit eines Videos hat, aber das steht ja auf einem anderen Blatt.

  • Mal wieder ein Urteil


    Grundsätzlich ein begrüßenswertes Urteil. Aber leider ist es nur eingeschränkt anwendbar:
    1.) Die Dashcam lief nicht die ganze Zeit, sondern wurde erst aktiviert, als sich der Besitzer bedrängt fühlte. Aufnahmen zur Beweissicherung müssen von Tätern unstreitig hingenommen werden. Bei einer allgemeinen Aufzeichnung könnte es anders aussehen.
    2.) Es handelt sich um ein Strafverfahren. Da gelten andere Anforderungen an die Beweisverwertung als im Zivilverfahren.

    Und dann ist es halt nur ein Amtsgericht (= niedrigste Instanz).

    Unabhängig davon könnte ein Video aber auch indirekt helfen, indem es die eigene Aussage stützt: Hat man das Video vor Prozessbeginn nochmal angeschaut, kann man den Sachverhalt im Allgemeinen besser schildern als ohne und ist sich an weniger Stellen unsicher. Zusätzlich könnte der Richter der Aussage mehr Glauben schenken, wenn er von dem vorhandenen Video weiß (selbst wenn es selbst nicht zum Prozess zugelassen wird).

    Die Anfertigung des Videos an sich ist soweit ich weiß zulässig, so lange man nicht beabsichtigt, es an Dritte weiterzugeben.

  • Die Anfertigung des Videos an sich ist soweit ich weiß zulässig, so lange man nicht beabsichtigt, es an Dritte weiterzugeben.

    „Dritte“ können in diesem Sinne ja leider auch schon Polizeibeamte oder etwas in dieser Kategorie sein. Bei meinem Vorfall von vor einem Monat hat sich die Polizei auch sehr für mein Video interessiert, zwar auch mit der Anmerkung, dass das ja eigentlich verboten wäre, aber auch in diesem Fall scheint das Interesse des Staates an der Strafverfolgung eventuellen Datenschutzbedenken zu überwiegen.

    Ich bin mal gespannt, ob der Anwalt der Gegenseite sich noch etwas dazu einfallen lässt.

  • „Dritte“ können in diesem Sinne ja leider auch schon Polizeibeamte oder etwas in dieser Kategorie sein.

    Wenn ich mich richtig erinnere, wurde "der Staat" sogar explizit als Beispiel für eine (unzulässige) Weitergabe an Dritte genannt. Alles natürlich unter dem Vorbehalt, dass die ganze Rechtslage an der Front noch sehr unsicher ist.

  • Alles natürlich unter dem Vorbehalt, dass die ganze Rechtslage an der Front noch sehr unsicher ist.

    Und solange sich dort keine Eindeutigkeit herauskristallisiert, wonach derartige Aufnahmen unzulässig wären, bleibt das Ding am Fahrrad. Ich habe keine Lust, dass mich nochmal jemand vorsätzlich über den Haufen fährt, mir anschließend das halbe Strafgesetzbuch an den Hals hetzt und ich der Sache nichts außer meiner eigenen Aussage entgegenzusetzen habe.

  • Als ich am Informationsstand der Polizei bei der Präsentation der Fahrradstraße meine Anzeige gegen den Minifahrer machte, habe ich selbstverständlich bei der Frage, wie groß der Abstand gewesen sei, auch darauf verwiesen, dass ich die Szene auf Video hätte. Die Beamten haben genickt. Ich interpretiere das mal als »prima, das erleichtert die Sache«.