"Geschlechtliche Identität sichtbar machen"

  • Die Sprachverwirrung schlägt manchmal lustige Kapriolen. Aktuelles Beispiel:

    "Liebe Mitgliederinnen und Mitglieder des Forschungsnetzwerks Erneuerbare Energien, (...)"

    Ich bezweifle aber, dass dieser Krampf dazu beiträgt, sich auf den durchaus ernsthaften Hintergrund der Diskussion zu fokussieren.

  • [Genderpaygap]

    Das Thema ist also im Wesentlichen erledigt. Und der kaum noch messbare Rest wächst sich von alleine aus.

    Auch wenn ich die grundsätzlich zustimme, grätsche ich noch einmal rein: Ich bin nicht so optimistisch, dass sich das auswächst. Die Gründe müssen erforscht werden. Wenn sich um angeborene Verhaltensweisen handelt, finde ich es sogar gut, wenn es sich nicht auswächst. Wenn es sich jedoch um anerzogene Verhaltenweise handelt, sollte wir etwas dagegen tun. Ich gehe davon aus, dass die Sprache, das spezifische Femininum es ermöglicht, Vorurteile gegenüber der Arbeit von Frauen anzusprechen. Es geht sicherlich nur um recht wenig Wirkung, wenn sie aber einfach zu eliminieren wäre, sollten wir es machen. Ansonsten ist eine Kosten-Nutzen-Abwägung fällig.

    "Liebe Mitgliederinnen und Mitglieder des Forschungsnetzwerks Erneuerbare Energien, (...)"

    Ich habe auch schon Krankenschwesterin gehört. War WIMRE im WDR.

    Und Kinder*innen gelesen. Das war aber eindeutig von keinem Muttersprachler.

    Da kann man dann über Diskriminierung durch das Gender reden.

    Was verwendet man/ihr eigentlich bei englischen Begriffen wie "Follower" ? Würdet Ihr da "Follower*innen" nehmen?

    Ich würde Follower nehmen 8o

    Das war aber wohl nicht deine Frage. Wir weisen Anglizismen zwangsläufig ein Genus zu, wenn wir es in Deutsche übernehmen. Zwar keinen Sexus, aber ... Es muss gegendert werden, wenn man es damit Ernst meint.

  • Was verwendet man/ihr eigentlich bei englischen Begriffen wie "Follower" ? Würdet Ihr da "Follower*innen" nehmen?

    Sobald das Wort einen deutschen Artikel bekommt, wird es behandelt wie ein deutsches Substantiv. Beispiel: Manager, Camper, User. "Das Gehalt des Managers" ... und eben auch "Petra ist die Followerin mit den meisten Postings".

    Wird umgekehrt genauso gemacht:

    "12 of the most beautiful kindergartens around the world"

    Und nicht "the most beautiful kindergärten of the world"

  • Ich weise darauf hin, wie Fremdwörter bzw. fremdsprachliche Begriffe behandelt werden.

    Meine Auffassung ist: Wenn ein solches Wort im Plural behandelt wird wie ein deutsches ("er hat zwanzig neue Follower" statt "followers", dann muss man es auch mit einem -in ergänzen, wenn es um eine Frau geht. Wie soll man es denn sonst sagen?

    a) "Erika Schulz ist meine neueste Followerin"

    b) "Erika Schulz ist meine neueste Follower"

    c) "Erika Schulz ist mein neuester Follower"

    d) "Erika Schulz ist mein*e neueste*r Follower*in"

    a) ist grammatikalisch und semantisch korrekt, wobei die Formulierung offenlässt, ob nach ihr noch Menschen sich registriert haben, die sich nicht als Frau definieren

    b) ist grammatikalisch falsch

    c) ist das, was Sabine Mertens und Christoph Ploß und der AfD vorschweben. Da wir aber 2023 schreiben und nicht 1973, würde ich fragen, ob das ein Tippfehler ist und der Vorname in Wirklichkeit Erik lautet

    d) ist Genderdeutsch und optisch eine Zumutung, aber bisher gibt es nichts Besseres, was niemanden ausschließt.

    Weil Du nach Genus fragst: ich erinnere mich noch gut an eine launige Unterhaltung in jungen Jahren, als eine Bayerin und ich in Odeceixe/Algarve überlegten, ob es im Deutschen "der Beach", "die Beach" oder "das Beach" heißen müsse.

    Irgendwann kam dann Ferrero mit der/die/das Nutella, und in meinem jetzigen Zweitberuf wird erwartet, dass ich so etwas schreibe wie "Der Partido Sozialista Obrero Español" oder "Le Parti Socialiste", weil es im Spanischen "el partido" bzw. im Französischen "le parti" heißt. Genauso "Der Banco Central hat die Zinsen erhöht". Das stößt an Grenzen - wenn man 1000mal "Die Tour de France" und "der Tour Eiffel" hört, dann kann man schon mal vergessen, dass es "le tour de France", aber "la tour Eiffel" heißt. Ach ja, und "der Algarve" - "o Algarve" im Portugiesischen, "al-gharb" im Arabischen ("der Westen").

  • y) "Erika Schulz ist mein neuestes Followy"

    Das ist grammatikalisch korrekt (Neutrum). Auch semantisch ist es korrekt, weil die y-Form keine Aussage über das Geschlecht gibt.

    Optisch ist es etwas gewöhnungsbedürftig, aber man kann sich daran gewöhnen.

    In diesem Fall kann man aber auch die Variante a) (Femininum) wählen, da das Geschlecht bekannt ist.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • d) ist Genderdeutsch und optisch eine Zumutung, aber bisher gibt es nichts Besseres, was niemanden ausschließt.

    Da sind dir zwei Fehler unterlaufen:

    1) Follower*in schließt nur Frauen ein. Alle anderen werden ausgeschlossen und bestenfalls mitgemeint. Männern sind ganz draussen.

    2) Follower schließt alle und alles ein, weil es keine Aussage zum Sexus macht, nicht einmal, ob es überhaupt vorhanden ist. Und es ist eindeutig besser, weil vollständig von den Regeln der Deutschen Sprache geregelt und keine allgemeinen sprachlichen Regeln brechend.

    y) "Erika Schulz ist mein neuestes Followy"

    Das ist grammatikalisch korrekt (Neutrum).

    Steht das in irgendeiner Grammatik? Also einer, die nicht von Phettberg geschrieben wurde?

    Es passt auch nicht in unser Genussystem, da das Neutrum eine andere Funktion hat und von Protagoras genauso dusselig benannt wurde wie das Maskulinum und Femininum.

  • Erika ist kein Arzt, sondern eine Ärztin.

    Was ist am Geschlecht so wichtig, dass weibliche Ärzte eine eigene Berufsbezeichnung erhalten?

    Genau darum geht es ja bei dem Vorschlag c oben: das Geschlecht ist für die Berufsausübung egal. Also sollte man es einfach weglassen. Denn es ist fast immer egal, ob ein Arzt männlich oder weiblich ist.

  • Genau darum geht es ja bei dem Vorschlag c oben: das Geschlecht ist für die Berufsausübung egal. Also sollte man es einfach weglassen. Denn es ist fast immer egal, ob ein Arzt männlich oder weiblich ist.

    c ist das "generische Maskulinum". Bei der Form ist unklar, ob damit nur Männer oder doch alle gemeint sind, so dass laut Studien ein Bias im Verstehen entsteht.

    Wenn man das Geschlecht weglassen will, muss man es auch weglassen -> Arzty/Ärztys.

    Alternativ kann man auch eine explizit männliche Form einführen. Arzt (neutral), Ärztin (weiblich), Arzter (männlich).

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Wenn man das Geschlecht weglassen will, muss man es auch weglassen

    Genau richtig: die ganzen Endungen auf "-in" weglassen.

    Herr Müller ist Arzt, Frau Müller ist Arzt. Fertig.

    Das Geschlecht ist genauso irrelevant wie die Religion, die Ethnie u.ä.

    Kein Mensch sagt "Arztasiat" oder "Arztkatholik". Weil diese Eigenschaften einfach egal sind.

    Wer das Geschlecht betonen möchte, kann "weiblicher Arzt" sagen.

    Dafür brauchen wir keine neuen Worte und keine neue grammatikalischen Konstrukte.

    Wir müssen einfach nur die weiblichen Berufsbezeichnungen als das betrachten, was sie sind: sexistisch.

    Hat bei "Fräulein" ja auch geklappt. Warum nicht bei Berufen?

  • Genau richtig: die ganzen Endungen auf "-in" weglassen.

    Herr Müller ist Arzt, Frau Müller ist Arzt. Fertig.

    Also nochmal: Das Wort "Arzt" hat den Genus Maskulinum.

    Das merkt man z. B. hieran sehr deutlich:

    • Der Chefarzt Tony Müller
    • Die Chefarzt Tony Müller
    • Das Chefarzt Tony Müller

    Korrekt ist nur die erste Form, und das ist eindeutig Maskulinum. Die meisten Leser dürften davon ausgehen, dass Tony Müller ein Mann ist.

    Würde man "Die Chefärztin Tony Müller" schreiben, wäre allen klar, dass eine Frau gemeint ist.

    Mit explizitem Gendern/Entgendern ("Der Chefarzt/Die Chefärztin" bzw. "Das Chefarzty") wird man immernoch einen Bias in Richtung Mann haben, aber einen schwächeren als bei der maskulinen Form.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.