Landkreis Stade

  • Bei meinem Treffen mit dem Leiter des Straßenverkehrsamtes des Landkreises Stade haben wir vereinbart, dass ich Hinweise auf regelwidrige Anordnungen gebe. Man hat mir zugesichert, "zeitnah" Abhilfe zu schaffen und sich darum zu kümmern.

    Inzwischen habe ich 24 "Hinweise" gegeben und damit wären wir noch lange nicht fertig. Bevor ich mir weitere Mühe gebe, möchte ich nun erstmal Ergebnisse sehen. Hier mal ein paar Highlights, alles benutzungspflichtig.

    Landkreis STD - Radverkehrsforum

    Ich werde berichten, wenn das behoben wurde und ob es ggf. Diskussionen gab.

  • 3 Monate später hat der Landkreis STD folgende Mail von mir erhalten.

    Sollte es darauf keine zufriedenstellende Antwort geben, werde ich zu jeder Kommune, in der ich Hinweise geliefert habe, zunächst jeweils einen Antrag auf Neuverbescheidung stellen und den erforderlichenfalls auf dem Klageweg durchsetzen. Das betrifft dann zunächst die Samtgemeinden Lühe, Oldendorf-Himmelpforten, sowie die Gemeinde Drochtersen. Vielleicht stelle ich auch für jede Gemeinde zwei Anträge und entscheide dann nach Ablauf der Frist, wogegen ich Klage erhebe. Drei Klagen kann ich mir im kommenden Jahr leisten und es dürfte bei dem ganzen Unfug hier (eigentlich) keinen Zweifel daran geben, dass die Klagen erfolgreich sein werden.

    Ich bekomme ja auch den Spieleinsatz für die Klage gegen den Landkreis CUX zurück. Sobald das Geld da ist, könnte ich auch im Landkreis Stade mal neue Touren unternehmen, wo ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von rechtwidrigen Anordnungen erstmalig betroffen wäre.

  • Die Mail scheint bereits eine kleine Welle geschlagen zu haben, denn die Antwort kam gestern Nachmittag nicht vom Amtsleiter des Straßenverkehrsamtes oder seiner Stellvertreterin, sondern von der vorgesetzten Dezernatsleiterin. Sie bittet um einen Termin für ein persönliches Gespräch und teilt mit, dass der Amtsleiter des Straßenverkehrsamtes "eine andere Aufgabe im Hause" wahrnimmt und seine bisherige Stellvertreterin kommissarisch die Leitung übernommen hat, aber derzeit vorrangig damit zu tun hat, das Chaos in der Führerscheinstelle in den Griff zu bekommen.

    Mehr Personal und Online-Anmeldung: So will der Kreis Stade Probleme in der Führerscheinstelle lösen - Stade (kreiszeitung-wochenblatt.de)

    Für mich klingt das alles nach einem strukturellen Problem, dessen Ursache nicht nur in mangelndem Personal besteht, sondern auch darin, dass dort alles unnötig kompliziert gemacht wird. Zum Teil als Folge von Corona-Maßnahmen: Man benötigt seit letzten Jahr einen Termin z.B. auch bei der Zulassungsstelle. Das führt momentan dazu, dass man bei An- oder Ummeldung eines Fahrzeuges 3-4 Wochen auf einen Termin wartet oder einen der externen Dienstleister mit der Zulassung beauftragt, der sich die ganzen freien Termine vorab geblockt hat.

    Aber auch die Prüfung meiner Hinweise kann keine 3 Monate in Anspruch nehmen. Abgesehen von der B73 bestehen an keiner genannten Stelle auch nur annähernd die Voraussetzungen des §45 (9) und die "Radwege" erfüllen völlig offensichtlich nicht einmal ansatzweise die baulichen Voraussetzungen der VwV-StVO. Die Aufhebung einer angeordneten Radwegebenutzungspflicht darf unter solchen Bedingungen nur eine reine Formsache sein. Dass man vorher nochmal den Außendienst dahin schickt, um nachzuschauen, ob da tatsächlich die von mir beanstandeten Verkehrszeichen stehen oder ob ich vielleicht bei meinem Hinweisen noch welche vergessen habe, mag ich ja noch akzeptieren. Aber eine Prüfung, ob man hier und da nicht doch an der RWBP festhält, ist absolut überflüssig und Überlegungen zur Freigabe von Gehwegen erübrigen sich bei 1,70m breiten Wegen auf der linken Straßenseite mit Warnhinweisen vor gefährlichen Ausfahrten ebenfalls.

    Am 01. November hat der neu gewählte Landrat sein Amt angetreten. Ein Neuanfang in der Behördenleitung hilft hoffentlich, dass auch Altlasten in Angriff genommen werden. Da ist jetzt ein guter Zeitpunkt, darauf hinzuwirken, dass das Thema auf der Agenda landet und dass nicht wieder alles andere wichtiger ist als der Radverkehr.

  • Nein, nicht wieder alles von vorne. Entweder kommt da nun freiwillig deutliche Bewegung in die Sache oder es geht auf dem Rechtsweg weiter. Aber wie auch immer: von heute auf morgen wird sich nicht alles auf einmal ändern. Da muss man Geduld haben und hartnäckig bleiben, auch wenn's oft schwer fällt.

    Selbst wenn ich auf dem Klageweg drei unsinnige Anordnungen im kommenden Jahr beseitigen könnte, blieben hunderte weitere übrig. Wenn es nicht gelingt, eine grundlegende Änderung zu erzielen, dienen die Klagen letztendlich allenfalls der eigenen Genugtuung. Das Ziel ist aber ein Anderes: Dass den Verantwortlichen deutlich wird, dass sie sich nicht nach Belieben über geltendes Recht hinweg setzen können.

    Ja, ich weiß: Total naiv. Aber wenn es dazu nicht führt, hat es sie wenigstens ein wenig geärgert. Dann ist es wenigstens etwas Sand im Getriebe, oder wie das Känguru sagte: Wenn wir es nicht schaffen, das System zu zerschlagen, dann müssen wir es langsam zernagen. :)

  • Finde ich gut. Nur in der Fahrradblase motzen ändert ja nichts. In Stade (und Umgebung) geht es wenigstens langsam voran. Sehr langsam, offenbar, aber immerhin.

    Der Prozess geht schneller, wenn jemand in der Stadtverwaltung/-planung rechtskonforme Änderungen will als wenn es Yeti tut. Von heute auf morgen wird das aber auch dann nichts.

  • Das ist in der Tat das Erschreckende, dass es ohne einen engagierten Mitarbeiter in der Verwaltung sehr zäh ist. Und dann muss ein engagierter Mitarbeiter noch freie Hand haben und darf nicht von unter-engagierten Vorgesetzten ausgebremst werden.

  • Ich würde das auch nicht so pessimistisch sehen. Kann sein, dass da plötzlich ganz viel passiert. Hatten wir in Bruck schon mal.

    Ein neuer Bürgermeister und die Verwaltung konnte gar nicht so schnell bremsen, wie sich da was bewegt hat.

    War leider nur ein kurzes Gastspiel.

    Im schlimmsten Fall ist so wie vorher.

    Also abwarten und positiv sehen.

  • Der neue Landrat wird sicherlich nicht auf einmal die Fahrrad-Revolution im Landkreis STD einläuten. Aber vielleicht hat der vorherige Landrat auf der Bremse gestanden. Dann wäre der Wechsel zumindest eine Chance. Schlimmer kann es auch eigentlich nicht mehr werden.

  • Ich habe ja jetzt auch schon einige Klagen hinter mir, aber die Steigung der Lernkurve bei den Behörden ist nach wie vor eher bei null. Man muss ja schon froh sein, wenn sie nicht negativ wird.

    Was natürlich auch fehlt, sind klare Ansagen "von oben" in dieser Sache, also von der obersten Landesbehörde (in Bayern ist das für das Straßenverkehrsrecht das Innenministerium). Aber dort hocken halt auch nur Bremser, die vermutlich froh sind, dass die unteren Straßenverkehrsbehörden in dieser Sache einfach nichts tun. Schon gleich nach dem bekannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Benutzungspflicht - mittlerweile auch ein Jahrzehnt her - "versprach" der bayerische Innenminister Herrmann (der dieses Amt im übrigen bis heute bekleidet), das Urteil den zuständigen Behörden bekannt zu machen. Ich gehe jede Wette ein, dass das bis heute nicht passiert ist - oder wenn, dann nur durch einen völlig unverbindlichen Hinweis, den gleich alle Städte und Landkreise im Freistaat in die Rundablage geworfen haben.

    Aber ich will dich nicht entmutigen: wenn du die Energie und das Geld für die Kosten aufbringst, dann reiche die Klagen ein. Ich werde hier in München auf alle Fälle auch weitermachen.

  • Das Geld gibt es ja irgendwann zurück. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ein Gericht zum Beispiel in diesem Fall die Rechtmäßigkeit der RWBP bestätigen würde, falls der Landkreis STD es tatsächlich auf eine Klage ankommen lassen würde.

    Ich setelle mir gerade vor, da würde sich tatsächlich jemand daran halten und dann kommt einem hinter der Hausecke ein Mofa eingegen.

  • Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ein Gericht zum Beispiel in diesem Fall die Rechtmäßigkeit der RWBP bestätigen würde, falls der Landkreis STD es tatsächlich auf eine Klage ankommen lassen würde.

    Ich verstehe nicht, warum die Behörden in solchen Fällen nicht den "freiwilligen Radweg" anbieten. Das Ding gibts jetzt m.W. seit 2017 und ist bundesweit einsetzbar. Außerdem ist damit allen geholfen (niemand wird gezwungen, auf der Fahrbahn zu fahren) und das Ganze ist rechtskonform.

    Ich habe das per email bei der StVB FFB nachgefragt, aber nie eine Antwort erhalten. Ich weiß nicht, wie ich die Typen zu einer Stellungnahme zwingen kann. Hast du in Stade mal nachgefragt?

  • Ich verstehe nicht, warum die Behörden in solchen Fällen nicht den "freiwilligen Radweg" anbieten.

    Bei den oben gezeigten Beispielen sollte man es meiner Meinung nach nicht einmal erlauben, auf den Gehwegen Fahrrad zu fahren. Weder als gemeinsamer Geh- und Radweg ohne Benutzungspflicht, noch als [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10].

    Egal, was man dort für Schilder aufstellt oder abbaut, werden natürlich trotzdem Leute dort mit dem Fahrrad fahren. Das sollte man aber nicht versuchen, zu legalisieren oder zu normalisieren. Auch derzeit fährt ja ein erheblicher Teil der Radfahrer dort nicht regelkonform unter Beachtung der Verkehrszeichen (zum Glück). Einige fahren auf der anderen Straßenseite auf dem Gehweg und einige fahren auf der Fahrbahn. Im Prinzip macht dort also ohnehin jeder das, was er für das Beste hält.

    Dann sollte doch aber die sicherste Variante diejenige sein, die vorgeschrieben ist, denn vielleicht fahren dort ja auch einige Leute auf diesem Gehweg wirklich nur deshalb, weil es vorgeschrieben ist (zum Beispiel ich gestern, um die Fotos zu machen). Wenn man wirklich die Verkehrssicherheit erhöhen will und auch mehr Akzeptanz dafür schaffen möchte, muss man möglichst viele Radfahrer dort auf die Fahrbahn bringen. Solange es erlaubt bleibt, auf den Gehwegen zu fahren, wird sich nicht viel ändern.

    Mich hat kürzlich eine Bekannte (Beamtin) angesprochen, dass ihr aufgefallen sei, dass in der XY-Straße ein Radfahrer vor ihr auf der Straße (sic.) gefahren ist, obwohl doch dort ein Radweg vorhanden ist und hat gefragt, was es damit auf sich hat. Ich kenne die XY-Straße nicht, weiß aber, dass in der Stadt (Bremerhaven) recht konsequent blaue Schilder entfernt wurden. Ob dort der ehemalige "Radweg" jetzt ein Gehweg ist und man nun auf der Fahrbahn fahren muss, oder ob dort ein Angebotsradweg ohne Benutzungspflicht oder ein freigegebener Gehweg vorhanden ist, machte für sie einen großen Unterschied. Sobald eine legale Möglichkeit vorhanden war, dort nicht auf der Fahrbahn zu fahren, war es für sie selbstverständlich, den Radweg oder freigegebenen Gehweg zu benutzen. Genauso selbstverständlich war es aber für sie auch, auf der Fahrbahn zu fahren, wenn es nicht anders erlaubt ist, auch wenn ihr die Sinnhaftigkeit einer solchen Regelung vermutlich weiterhin nicht klar ist und ihr Bauchgefühl ihr sagte, dass ein "Radweg" doch immer die sicherere Variante ist.

  • Solange es erlaubt bleibt, auf den Gehwegen zu fahren, wird sich nicht viel ändern.

    Für mich persönlich ändert sich dadurch schon etwas, weil ich dann nämlich endlich legal auf der Fahrbahn fahren würde :). Der StVB bräche das Argument der Alternativlosigkeit unter dem Hintern zusammen und wenn alle (innerörtlichen) "Radwege" freiwillig wären, würde sich das vermutlich auch schnell in der nichtradfahrenden Gesellschaft rumsprechen. Sogar deine Bekannte würde es vermutlich irgendwann mitkriegen, dass sich was Grundlegendes geändert hat.

    Ich finde man sollte alle StVBs mit den freiwilligen Radwegen piesacken und eine Stellungnahme dazu einfordern, warum sie nicht zum Einsatz kommen.

  • Für mich persönlich ändert sich dadurch schon etwas, weil ich dann nämlich endlich legal auf der Fahrbahn fahren würde

    Und was wäre dann tatsächlich anders, außer nach einem Unfall?

    Ich habe noch kein Bußgeld gezahlt, weil ich einen benutzungspflichtigen Radweg rechts (und sehr oft vor allem links) habe liegen lassen und ich wurde auf der Fahrbahn angehupt und geschnitten, unabhängig davon, welche blauen Verkehrszeichen da aufgestellt waren oder auch nicht.

    Ca. 50% der Radfahrer fahren in Stade auf der falschen Straßenseite, trotz blauer Schilder, die die Benutzung des rechten "Radweges" vorschreiben. Die einzige Devise lautet "Egal wo, Hauptsache nicht auf der Straße (sic.)". Hier gibt es auch einige Hauptstraßen, wo man vermutlich nur vergessen hat, [Zeichen 241-30] aufzustellen. Glaubt du, dass deswegen irgendwer auf der Fahrbahn fährt oder noch besser: Wenn man es tut, dort tatsächlich akzeptiert wird?

    Natürlich sind das keine Gründe, alles so zu lassen, wie es ist. Es sind aber unterm Strich eine Handvoll Leute, die davon etwas haben und bei allen anderen erntet man nur Kopfschütteln, dass man sich dafür mit großem Aufwand einsetzt. Ich habe aber dennoch die Hoffnung nicht aufgegeben, dass man auf lange Sicht damit etwas bewirken kann. Und sei es nur dadurch, dass durch ein paar böse Leserbriefe die Leute mit dem Thema konfrontiert werden.

  • Und was wäre dann tatsächlich anders

    Die meisten der Blauschilder sind illegal, die wären dann weg. Was die Radler draus machen, überlass ich ihnen. Die Leute auf die Straße (sic.) zu zwingen, nur damit der StVO genüge getan ist, sehe ich nicht als mein Ziel. Tatsächlich gehts mir in erster Linie darum, diese Schilder wegzubekommen. Die freiwilligen Radwege könnten dabei helfen. Vielleicht. Weiß nicht. Besser als Blauschilder sind sie für mich allemal. Oder nicht?

  • Die Fotos von Yeti zeigen schon so etwas wie eine Pervertierung der RWBP. Da wird man geradezu zu regelwidriger Fahrweise gezwungen.

    Dem Chef der Jenaer Straßenverkehrsbehörde habe ich neulich gesagt: "Wissen Sie, dass es immer mehr Radfahrer gibt, die sich vorgenommen haben, bis 2030 100% regelkonform zu fahren?" Und habe auch ergänzt, wie schwer das für uns Eltern ist, den Kindern zu erklären, dass sie hier und da sicherheitshalber regelwidrig fahren müssen.

    Einmal editiert, zuletzt von CKO (7. November 2021 um 21:30)

  • Was das Geisterradeln betrifft, so ist Jena zumindest groß genug, dass dabei regelmäßig Radfahrer von abbiegenden Kfz umgefahren werden, allein in Jena-Nord jedes Jahr mehrere. Da hat man erstmal eine Argumentationsgrundlage. In meinem Vortrag vor einem Monat habe ich dann mit Fachliteratur nachgelegt:

    Um die lokalen Unfälle und ihre Ursachen im nationalen Kontext einzuordnen, wurde Fachliteratur zu Rate gezogen.

    Die umfangreiche Studie aus 2009 (37000 Fahrten, 1100 Unfälle) brachte folgende Erkenntnisse:

    •Sichtbeziehungen / abbiegende Kfz als häufigste Ursachen

    •wenige Unfälle im Längsverkehr

    •Höheres Unfallrisiko auf Radwegen

    •Insbes. bei linksseitiger Radwegnutzung (mangelnde Wahrnehmung durch Kfz-Fahrer)

    Die Studie aus 2013 thematisiert das auch in Jena-Nord größte Unfallrisiko für Radfahrer.

    Die Ergebnisse der Studie wurden in Jena insofern beherzigt, dass die Benutzungspflicht linksseitiger Radwege an vielen Stellen aufgehoben wurde. Eine Aufklärungskampagne über die Gefahren des Linksfahrens steht noch aus. Diese Kampagne sollte auch Kfz-Fahrer mit ansprechen, um die Akzeptanz von Radfahrern auf der Straße auch bei vorhandenem, aber nicht benutzungspflichtigem, linksseitigem Radweg zu verbessern.

    Mal sehen, ob es gelingt, eine solche Kampagne zu motivieren. Immerhin haben wir hier auch einige Radfahrer, die in puncto Öffentlichkeitsarbeit was drauf haben.