Warum wir dringend ISA verbindlich für alle Autos brauchen!

  • Aber vieleicht sind das ja alles gar keine ADAC-Mitglieder, die mir mehrfach täglich mit Anhupen und Anpöbeln zu Verstehen geben wollen, dass ich gefälligst nicht auf "ihrer" Fahrbahn mit meinem Fahrrad fahren soll.

    Gut möglich, schließlich hat der ADAC "nur" rund 21 Mio. Mitglieder, denen knapp 43 Mio. Führerscheinbesitzer gegenüberstehen, wobei der Führerschein keine Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist.

    Du wirst also selbst einsehen, dass es nicht besonders fundiert ist, vom Individualverhalten Einzelner auf die Orientierung einer wesentlich größeren Gruppe zu schließen, der die Einzelnen eventuell angehören. ;)

    Das wäre ja so, als würden alle Radfahrer in Verruf geraten, nur weil einige Vollpfosten mit einem Fahrrad über rote Ampeln brettern oder nachts ohne Licht fahren ...

    Die ADAC-Propaganda gegen ein geschlossenes ISA sind erfundene Horrorgeschichten. Die Erfahrungen mit ISA zeigen, dass echte Horrorgeschichten verhindert werden.

    Allein vom stetigen Wiederholen wird's immer noch keine Wahrheit.

    Versuch dich doch wenigstens am Gegenbeweis bezüglich der Zuverlässigkeit.

  • Ich persönlich schwanke hin und her. Entweder Ullie ist der beste Troll, den ich getroffen habe - oder irgend etwas anderes geht vor. Nach dem Pipi-Langstrumpf geplänkel bin ich mir wieder nicht mehr sicher.

    Meine Behauptung Ullie würde sich die Welt zurechtlegen, wie es gefällt wurde ja mit den Worten "wenn Sie nichts beizutragen haben...." entgegnet. Das ist interessant, weil sich meiner Einschätzung nach seit Post #1 kein neuer Diskussionbeitrag von Ullie ergeben hat - aber ich mag da falsch liegen. Das wäre die Option "Troll".

    Andererseits verlinkt der User Ullie einen Artikel, der in dramatischster Weise zeigt, dass ein automatisiertes System erhebliche Nachteile mit sich bringt (im von Ullie zitierten Beispiel: mehrere Tote), hält aber trotzdem ein automatisiertes ISA für unbedingt erforderlich. Und Menschen für immer schlechter. Und bringt "den ADAC" mit "ich wurde angehupt" in Verbindung. Und das passt nicht direkt zu Troll. Das macht mir fast ein wenig Sorgen.

  • Andererseits verlinkt der User Ullie einen Artikel, der in dramatischster Weise zeigt, dass ein automatisiertes System erhebliche Nachteile mit sich bringt (im von Ullie zitierten Beispiel: mehrere Tote), hält aber trotzdem ein automatisiertes ISA für unbedingt erforderlich.

    Warum meinen Sie, dass der Spurhalte-Assistent erhebliche Nachteile mit sich bringt?

    Es ist richtig, dass ich mit einem Unfallbericht zeigte, dass es durch einen Spurhaltesassistent zu einem wahren "Horrorunfall" kommen kann.

    Hier noch mal der Link:

    https://www.lto.de/recht/hintergr…hain-of-supply/

    "Ein mit Spurhalteassistent ausgerüstetes Fahrzeug fuhr infolge eines Schlaganfalls des Fahrzeugführers mit hoher Geschwindigkeit in den Ort. Dabei wurden eine Frau und ihr Kind getötet. Der Fahrer hatte zuvor das Steuer verrissen, so dass das Fahrzeug unter normalen Umständen in einem Gebüsch vor dem Ortseingang zum Stehen gekommen wäre. Der Spurhalteassistent aber führte das Fahrzeug wieder zurück auf die Straße - und dann hinein ins Dorf."

    Was der Bericht jedoch nicht erwähnt, nicht erwähnen kann, sind die Horrorunfälle, die dadurch verhindert werden, dass Fahrzeuge mit einem Spurhalteassistenten ausgerüstet sind.

    So oder so, der Spurhalteassistent ist für höhere Geschwindigkeiten bestimmt, als sie innerorts gefahren werden.

    In dem geschilderten Fall hatte der PKW ja die hohe Geschwindigkeit mit der das Fahrzeug von außen in das Dorf gefahren ist, beibehalten.

    ISA, der Intelligente Geschwindigkeitsassistent arbeitet auch innerorts.

    Möglicherweise kann der Spurhalte-Assistent verbessert werden?

    Das gilt allerdings auch für ISA!

    Von einem so dramatischen Unfall wie der geschilderte, an dem ein Spurhalteassisent beteiligt war, habe ich im Zusammenhang mit ISA noch nichts gelesen.

    Und hier leider noch eine schreckliche Nachricht. ISA-Technologie hätte möglicherweise die Folgen abmildern können:

    "MANN FÄHRT BEI STAMMWERK VON SKODA IN FUSSGÄNGERGRUPPE: MEHRERE VERLETZTE

    - Vor dem Stammwerk der tschechischen VW-Tochter Skoda hat es einen schweren Unfall gegeben.

    Ein Autofahrer fuhr am späten Dienstagabend an einem Werkstor in Mlada Boleslav in eine Gruppe von Fußgängern, wie eine Polizeisprecherin am Mittwoch mitteilte.

    Das Auto sei mit hoher Geschwindigkeit unterwegs gewesen."

    Tag 24 vom 28.4.2021

    https://www.tag24.de/nachrichten/un…rletzte-1940105

  • Bei einigen der letzten Beiträge hatte ich den Eindruck gewonnen, dass sich diese Beiträge generell mit der Sinnhaftigkeit von autonomen Fahren beschäftigen.

    Der Thread heißt aber: "Warum wir dringend ISA verbindlich für alle Autos brauchen!"

    Jetzt ist es natürlich richtig, dass man ISA als einen "Baustein" für autonomes Fahren betrachten kann.

    Faktisch ist es bislang jedoch lediglich ein Assistenzsystem für mehr Verkehrssicherheit, das in vielen Situationen ein zu schnelles Fahren verhindern kann.

    Aus Sicht von Radfahrer*innen und Fußgänger*innen halte ich ein verbindliches ISA für erstrebenswert.

    Aber auch andere Assistenzsysteme können Sinn machen.

    Zumindest meint dass der ADAC in Bezug auf den Spurhalteassistenten:

    "Fazit

    Die Euro NCAP Tests zeigen, dass aktuell bereits ausgereifte Spurhalteassistenzsysteme auf dem Markt sind. Laut ADAC ist es aber entscheidend, dass die Systeme beim Fahrzeugstart automatisch aktiviert werden und nicht nach einer manuellen Deaktivierung des Fahrers ausgeschaltet bleiben."

    Quelle: ADAC-Internetseite vom 30.09.2020,

    Test: Wie gut sind moderne Spurhalteassistenten?

    https://www.adac.de/rund-ums-fahrz…nten-vergleich/

    Der genereller Einbau von ISA dagegen wird vom ADAC abgelehnt:

    "ISA-Systeme sollten jederzeit übersteuerbar sein und sich dauerhaft vom Fahrer abschalten lassen, auch weil die Qualität der örtlichen Geschwindigkeitsbeschränkungen stark variiert.

    Eine Ausrüstungsvorschrift hält der ADAC aktuell für nicht erforderlich. Bedien- und Anzeigeelemente sollten für den Fahrer gut sichtbar und erreichbar sein."

    Quelle: ADAC-Internetseite vom 27.03.2018,

    ISA-Assistenten: Intelligente Bremser

    https://www.adac.de/rund-ums-fahrz…sassistent-isa/

    Die Aussage des ADAC, die Qualität der örtlichen Geschwindigkeitsbeschränkungen variiere stark, macht hellhörig. Will der ADAC damit sagen, wie schnell jemand Auto fährt, das solle man besser der Autofahrerin oder dem Autofahrer überlassen, weil die am besten beurteilen können, wann man sich besser über die angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzungen hinwegsetzt?

    Der Spurhalteassistent dagegen wird vom ADAC sehr euphorisch begrüßt. Da geht es ja auch nicht um ein Begrenzen der Geschwindigkeit.

  • "Nur vier von 178 Fahrzeuge auf B 88 nicht zu schnell - 10 Fahrverbote

    Auf der B 88 in Schöps hatten es am Freitag gleich mehrere Fahrer ganz schön eilig. Von insgesamt 178 Fahrzeugen haben sich nur 4 an das Tempolimit gehalten. 10 Fahrer müssen ab jetzt sogar zu Fuß gehen."

    https://www.otz.de/regionen/jena/…d232255223.html

    Haben die alle kein ISA? Oder hatten sie's ausgeschaltet? Selbst bei einfachen Navi-Geräten ist es oft möglich, sich beim Einhalten von Tempo-Limits unterstützen zu lassen.

    Es scheint aber vielen Autofahrern nicht so wichtig zu sein, Tempolimits zu beachten. Um so wichtiger ist es, dass ISA als geschlossener Intelligenter Bremsassistent Vorschrift wird!

  • "Mit Tempo 200 durch die Innenstadt

    Gegen mehrere Fahrer leitete die Polizei Verfahren ein, weil sie zu schnell und zu laut unterwegs gewesen seien. Ein weiterer Fahrer entzog sich einer Kontrolle. Das Auto sei in Kurven gedriftet und mit Tempo 200 im Innenstadtbereich unterwegs gewesen. Eine Verfolgung sei nicht möglich gewesen, ohne Unbeteiligte zu gefährden, so die Polizei."

    NDR vom 10.6.2021

    https://www.ndr.de/nachrichten/ni…toposer162.html

    Bei den gegebenen technischen Möglichkeiten mutet es mittelalterlich an, dass solche gemeingefährlichen Rasereien nicht gleich von vornherein unterbunden werden, wie es mit einem verbindlichen ISA möglich wäre. Stattdessen ist die Polizei gezwungen, auf eine Straftäter-Verfolgung zu verzichten, um keine Passanten zu gefährden.

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (12. Juni 2021 um 00:04)

  • Eine Bilderstrecke der Verwüstung zeigt die Internetseite nordbayern vom 9.2.2022:

    Lkw rast in 31 parkende Autos: Bilder der Verwüstung in Fürth nach Chaos-Fahrt
    Am Dienstagabend ist es in der Hardstraße bei Fürth zu einem schweren Verkehrsunfall gekommen. Laut ersten Informationen der Polizei sei ein Lkw auf einer…
    www.nordbayern.de

    Und es stellt sich erneut die Frage:
    Hatte der LKW, der mit hoher Geschwindigkeit innerorts eine Schneise der Verwüstung angerichtet hat, keine Assistenzsysteme, die zumindest die Schäden begrenzt hätten. Oder hatte er diese Systeme, aber sie waren nicht aktiviert? Warum nicht? Ist es zu einfach, diese Systeme auszuschalten? Warum haben solche Fahrzeuge keine Alkohol-Zündschlosssperre?

    "Der Fahrer, bei dem rund zwei Promille Atemalkohol gemessen wurden, sei zunächst offenbar bei Rot über eine Kreuzung gefahren, so der Sprecher. Er sei dann in einen Pkw geprallt, dessen Fahrerin leicht verletzt wurde. Dennoch sei er weitergefahren und habe wahrscheinlich noch beschleunigt.", berichtet das rnd vom 9.2.22

    Attacke auf Breitscheidplatz: Bremssystem stoppte Lkw offenbar vorzeitig
    Ein automatisches Bremssystem hat bei dem Anschlag an der Gedächtniskirche möglicherweise Schlimmeres verhindert – und Menschenleben gerettet.
    www.faz.net

    Das ist doch vollkommen absurd, dass ein viele Tonnen schweres Fahrzeug andere Verkehrsteilnehmer von der Straße rammt und anschließend sogar noch beschleunigt werden kann. Es ist schon hinreichend absurd, dass solche und andere, auch leichtere Fahrzeuge, schneller fahren können als es die geltenden Tempolimits vorgeben, obwohl es die fertige Technik gibt, die das verhindern kann.

    Zur Erinnerung diese Meldung zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz vor rund 5 Jahren:

    "Ein automatisches Bremssystem hat bei dem Anschlag an der Gedächtniskirche möglicherweise Schlimmeres verhindert – und Menschenleben gerettet." FAZ vom 28.12.16

    Es war reines Glück im Unglück, dass in Fürth nicht noch weitere Opfer, insbesondere auch Fußgänger- und Radfahrer-Opfer zu beklagen sind.

    2 Mal editiert, zuletzt von Ullie (11. Februar 2022 um 09:34) aus folgendem Grund: Link zum faz Artikel vom 28.12.16 eingefügt, Doppellink entfernt

  • t-online.de berichtete am 10.2.22 über die "Unfallfahrt" in Fürth bei der 3 Menschen verletzt, mehr als 30 Autos geschrottet wurden und nur durch viel Glück keine weiteren Unfallopfer zu beklagen waren:

    "Unfallfahrt in Fürth: Oberbürgermeister verlangt Konsequenzen

    Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) zeigte sich nach der folgenschweren Irrfahrt eines Sattelzugs durch eine Wohnstraße schockiert über das Ausmaß der Verwüstung. Es sei ein Wunder, dass es keine Toten gegeben habe, sagte der Politiker am Mittwoch. Es sei unfassbar, was ein einziger Lkw außer Kontrolle anrichten kann. "Das ist schon eine Dimension, die einen erschrecken lässt."

    Der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) besichtigt die Unglückstelle: Der Lkw rammte auf einer Strecke von 500 Metern Dutzende Autos. (Quelle: dpa/ Löb Daniel) Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) besichtigt die Unglückstelle: Der Lkw rammte auf einer Strecke von 500 Metern Dutzende Autos.

    Jung forderte, Konsequenzen aus dem Vorfall zu ziehen. "Man muss sich wirklich Gedanken machen, wie das mit Lkw-Gefahren in großstädtischen Wohngebieten ausschaut. Aber das ist keine Sache, die die Stadt Fürth entscheiden kann. Das müssen sich Menschen in den Ministerien anschauen."

    Ich bin gespannt, ob dieser Warnruf in den Ministerien ankommt.

    Es darf aber nicht nur um die Gefahren in großstädtischen Wohngebieten gehen. Und auch nicht nur um LKW! Mit ISA und weiteren Fahrassistenzsystemen stehen bereits heute wirksame Sicherheitsinstrumente zur Verfügung, deren Einsatz dringend dahingehend verbessert werden muss, dass mehr Verbindlichkeit vom Gesetzgeber vorgeschrieben wird.

    In Nürnberg, das nur 6 km von Fürth entfernt liegt, entwarf kürzlich der Oberbürgermeister Marcus König(CSU) gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 12.9.2021 folgenden Plan in Bezug auf Elektro-Tretroller:

    "Die Stadt plant daher, „feste Stationen“ für die Roller einzurichten und Zonen mit Abstellverboten zu erweitern. König sagte: „Der Bund muss den Kommunen mehr Möglichkeiten einräumen.“ Er will, dass E-Scooter in Grünanlagen oder Fußgängerzonen automatisch gebremst werden. „Dies geht technisch und wird in anderen Ländern auch praktiziert. In Deutschland hat dies das Kraftfahrt-Bundesamt abgelehnt.“

    Verkehr in Städten: E-Scooter sollen eingehegt werden
    Mehr feste Parkplätze, mehr Parkverbotszonen: Die Oberbürgermeister einiger deutscher Großstädte wollen die Nutzung elektrischer Tretroller stärker regulieren.
    www.faz.net

    Wenn es möglich ist, Tretroller automatisch zu bremsen, warum soll dann eine entsprechende Technik (die ja bereits vorhanden ist) nicht auch bei anderen Kraftfahrzeugen wie bei LKW und PKW eingesetzt werden, deren Vernichtungspotenzial um ein vielfaches höher ist als das von Elektro-Tretrollern?

  • Waffe auf vier Rädern in taz vom 9.6.2022, https://taz.de/Nach-der-Amokfahrt-in-Berlin/!5859299/

    "Wieder hat ein Autofahrer mit seinem Fahrzeug Menschen schwer verletzt, einen tödlich.

    Ein Mann raste am Mittwoch an der Berliner Gedächtniskirche über Gehwege. Egal, ob es eine Amokfahrt, ein Anschlag oder ein Unfall war – der Vorfall zeigt, dass Fußgänger besser vor Autos geschützt werden müssen."

    aus: Waffe auf vier Rädern in taz vom 9.6.2022

    Nach der Aufzählung zahlreicher weiterer vergleichbarer Unfälle kommt der taz-Autor zu dem Schluss: "... deshalb muss der Staat automatische Tempobegrenzer vorschreiben, Vorrichtungen, welche die zugelassene Höchstgeschwindigkeit an einem Ort erkennen, etwa mithilfe von Satellitennavigation und digitalen Karten. Wenn das Auto zum Beispiel in einer Fußgängerzone fährt, könnte es der Tempobegrenzer bremsen."

    Der Tempobegrenzer muss verbindlich für alle Autos eingeführt werden und so gestaltet sein, dass er nicht einfach abschaltbar ist.

    Immerhin ist ISA (=Intelligent Speed Assistent oder Intelligenter Geschwindigkeits-Assistent) ab Juli 2022 neben weiteren Assistenzsystemen Pflicht in allen Neuwagen. Kleiner Wermutstropfen: Der vorgeschriebene Geschwindigkeits-Assistent ist nicht verbindlich für den Fahrbetrieb, sondern kann abgeschaltet werden.

    Wenn dann noch Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts verwirklicht wird, dann kann das Verkehrs-Unfallopfer in einem nennenswerten Umfang verhindern!

  • "Wenn das Auto zum Beispiel in einer Fußgängerzone fährt, könnte es der Tempobegrenzer bremsen."

    Soweit ich die Bilder in den Medien gesehen habe, war der Vorfall in Berlin nicht in einer Fußgängerzone. Der Typ ist auf dem Gehweg neben einer Fahrbahn gefahren. Keine Ahnung, ob GPS heute in der zivilen Anwendung wirklich verlässlich (z.B. in Häuserschluchten) so genau (wenige cm Abweichung) und schnell (wenige Sekunden) arbeitet, dass ein Kfz auf einem Gehweg sicher abgebremst werden kann.

    Ich befürchte du überschätzt hier (mal wieder!) technische Möglichkeiten.

  • Soweit ich die Bilder in den Medien gesehen habe, war der Vorfall in Berlin nicht in einer Fußgängerzone. Der Typ ist auf dem Gehweg neben einer Fahrbahn gefahren. Keine Ahnung, ob GPS heute in der zivilen Anwendung wirklich verlässlich (z.B. in Häuserschluchten) so genau (wenige cm Abweichung) und schnell (wenige Sekunden) arbeitet, dass ein Kfz auf einem Gehweg sicher abgebremst werden kann.

    Ich befürchte du überschätzt hier (mal wieder!) technische Möglichkeiten.

    Die Berliner Morgenpost vom 9.6.22 berichtet:

    Um kurz vor 10.30 Uhr am Mittwochmorgen rast der Fahrer mit hohem Tempo, "Vollgas" berichtet ein Augenzeuge der "Bild"-Zeitung, die große Einkaufsstraße von Berlin entlang. An der Ecke Rankestraße und Tauentzienstraße verlässt der Mann mit seinem Auto die Fahrbahn, verletzt Passanten auf dem Bürgersteig. Der Fahrer nimmt wieder Kurs auf die Straße, weicht einem weiteren Auto aus. Am Ende der tödlichen Fahrt kracht der Mann mit dem Wagen in die Fensterscheibe einer Douglas-Filiale. So rekonstruiert es die Polizei. Die Befragung von Zeugen dauert an.

    Leider habe ich keine genaueren Angaben zum Tempo gefunden, mit dem das Auto seien unheilvolle Fahrt absolviert hat.

    Dem Zeitungsbericht zufolge ist es jedoch vermutlich deutlich schneller gefahren als mit Tempo 50, das dort erlaubt ist.

    Hier ein Link zu einem Bild aus rbb24 vom 8.6.22:

    https://www.rbb24.de/content/dam/rbb/rbb/rbb24/2022/2022_06/sonstige/Karte_Fahrtweg_Tauentzienstrasse.png.png/size=708x398.png

    Auf googlestreetview kann man sehen, dass dort maximal Tempo 50 erlaubt ist.

    An dieser Stelle verlässt der Autofahrer zum ersten mal die Fahrbahn und verletzt mehrere Passanten auf dem Bürgersteig:

    Google Maps
    Mit Google Maps lokale Anbieter suchen, Karten anzeigen und Routenpläne abrufen.
    www.google.com

    In dieser Douglas-Filiale endet die Fahrt des Autos:

    Google Maps
    Mit Google Maps lokale Anbieter suchen, Karten anzeigen und Routenpläne abrufen.
    www.google.com

    Ich stimme dir zu, dass es vermutlich schwer wäre einen Tempobegrenzer so zu bauen, dass er genau auf dem Bürgersteig direkt neben der Fahrbahn das Tempo auf Schritttempo reduziert oder auf Null.

    Aber du wirst vermutlich mir zustimmen, dass es möglich ist, das Einhalten von Tempo 50 durch einen Intelligenten Geschwindigkeitsassistenten zu gewährleisten.

    Klares nein, in der Stadt funktioniert GNSS nicht verlässlich und selbst auf freiem Feld ist eine Genauigkeit von <2m schon zu anspruchsvoll für Wald und Wiesen GNSS-Empfânger.

    So anspruchsvoll muss die Technik gar nicht unbedingt sein und sie könnte trotzdem schon einiges an Unfallfolgen verhüten. In meinem Beitrag hatte ich explizit Tempo 30 gefordert als Regelgeschwindigkeit innerorts. Und diese Straße funktioniert mit Tempo 30 deutlich besser als mit Tempo 50, ohne dass dadurch ein Verkehrschaos entstünde oder ein Linienomnibus zu spät ankommt, oder was sonst so gerne vorgeschoben wird, um ein niedriges Tempolimit zu verhindern.

    Die in dem Zeitungsbericht zitierte Zeugenaussage spricht dafür, dass das Auto mit deutlich mehr als Tempo 50 km/h gefahren ist. Das hätte sehr wohl mit einem Intelligenten Geschwindigkeitsassistenten verhindert werden können. Ebenso hätte das Einhalten von Tempo 30 gewährleistet werden können, wenn denn dort Tempo 30 angeordnet gewesen wäre.

    Da wird weder von mir noch von dem taz-Autor Jost Maurin etwas "überschätzt" wie Wahl-HHer befürchtet. Vielmehr ist es genau so wie es der taz-Kommentar nahe legt, es ist höchste Zeit "...dass Fußgänger besser vor Autos geschützt werden müssen.

    Das ist besonders dringend, weil in den vergangenen Jahren immer wieder Autos als Waffen benutzt wurden."

    Nach der Amokfahrt in Berlin: Waffe mit vier Rädern
    Die tödliche Autofahrt in Berlin zeigt: Fußgänger müssen besser geschützt werden. Nötig sind Tempobegrenzer, mehr Poller und autofreie Zonen.
    taz.de
  • Aber du wirst vermutlich mir zustimmen, dass es möglich ist, das Einhalten von Tempo 50 durch einen Intelligenten Geschwindigkeitsassistenten zu gewährleisten.

    Aber auch mit 50 km/h ungebremst in eine Menschenmenge gefahren gibt es Tote. Bei 30km/h mindestens Schwerverletzte. Amokfahrten werden damit nicht verhindert und sind zu selten um sie als Argument für so ein System ernsthaft in Betracht zu ziehen.

    Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen:

    - ich bin auch für Tempo 30 innerorts (50 höchstens auf Magistralen)

    - für flächendeckende Kontrollen zur Einhaltung der StVO (Sachen wie Tempo- und Abstandskontrollen könnte man prima automatisieren und braucht dafür kein Personal an den Straßenrand stellen)

  • - für flächendeckende Kontrollen zur Einhaltung der StVO (Sachen wie Tempo- und Abstandskontrollen könnte man prima automatisieren und braucht dafür kein Personal an den Straßenrand stellen)

    Zu einem hohen Anteil sind ja die Tempokontrollen bereits automatisiert. Bei den Abstandskontrollen ist es meines Wissens noch nicht so. Allerdings erinnert mich das an einen sehr langlebeigen Streit um die sogenannte "Section-Control" in der Region Hannover, deren Einführung von der Autolobby immer wieder verhindert wurde und hinausgezögert wurde, über viele Jahre hinweg.

    "Nach scheinbar endlosen rechtlichen Auseinandersetzungen darf die erste "Section Control" in Deutschland auf der B6 in Niedersachsen bei Hannover jetzt dauerhaft in Betrieb bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde dagegen abgewiesen."

    Section Control auch in Deutschland: Streckenradar bleibt in Betrieb
    Nach scheinbar endlosen rechtlichen Auseinandersetzungen darf die erste Section Control in Deutschland auf der B6 in Niedersachsen bei Hannover jetzt dauerhaft…
    www.auto-motor-und-sport.de

    Ein Grund war dabei die Tatsache, dass von "Section-Control" die Autonummern für kurze Zeit zwischengespeichert werden, was nach Ansicht der Kläger gegen Datenschutz verstoße. Ein Problem, das vermutlich auch bei einer automatischen Abstandskontrolle auftritt. Allerdings scheint dieses Problem zumindest für "Section-Control" anscheinend gelöst.

    Ich finde aber ohnehin die automatische Begrenzung des Tempos, die mit einem Intelligenten Geschwindigkeitsassistenten im Fahrzeug eingebaut ist, deshalb besser, weil damit zugleich vermittelt wird: Die Autofahrerei ist mit großen Risiken behaftet, und keinesfalls ein großartiges Freiheitserlebnis, bei dem man auch mal ein bisschen über die Stränge schlagen darf, weil das so einen "Heidenspaß" macht. Das soll nicht heißen, dass ich alle Autofahrer*innen in dieser Hinsicht gleichermaßen als verantwortungslose Spaßvögel betrachte. Aber diejenigen unter den Autofahrer*innen, die verantwortungsvoll mit dem Fahrzeug umgehen, für die entstehen ja keine Nachteile durch Assistenzsysteme, die ggf. auch einmal ein übertrieben zu starkes Gasgeben ganz einfach nicht zulassen.

    Und es ist ein Signal an die schwächeren Verkehrsteilnehmer: Die Zeit ist vorbei als Behörden alle Augen und die Hühneraugen zudrückten, wenn Autofahrer*innen mal wieder gar nicht eingesehen haben, vorgeschriebenen Tempolimits einzuhalten.

    Es ist ja heutzutage so, dass bei Diskussionen über strengere Tempolimits selbst von deren Befürwortern häufiger gesagt wird, es habe ja sowieso keinen Sinn, strengere Tempolimits einzuführen, weil die ohnehin kaum jemand einhält und von den Behörden auch nicht ausreichend kontrolliert werden.

  • "Mit Tempo 160 über die Hochstraße"

    Unter diesem Titel berichtet die HAZ-Printausgabe vom 30.7.2022 über eine unverantwortliche Raserfahrt durch Hannovers Innenstadt.

    Raschplatzhochstraße während einer Fahrraddemo

    Hier der entsprechende NP-Bericht (leider größtenteils hinter Paywall):

    Hannover: 30-Jähriger rast mit 160 km/h über die Raschplatzhochstraße
    Eine Polizeistreife hat am Donnerstagabend einen 30-Jährigen in seinem schwarzen Mercedes gestoppt. Der Mann raste mit knapp 160 km/h über die Hochstraße am…
    www.neuepresse.de

    Der HAZ zur Folge hat die Polizei am Donnerstagabend gegen 23 Uhr einen 30-jährigen Raser in der Nikolaistraße gestoppt. Zuvor hatten sich die Beamten und der Mercedesfahrer eine Verfolgungsjagd über die Raschplatzhochstraße geliefert – mit mehr als 160 Kilometern pro Stunde.

    Die Polizei konnte den Raser letztlich fassen: "Neben dem Führerschein wurde auch das Auto des Rasers als Beweismittel beschlagnahmt. Die Polizei will nun die Geschwindigkeitsdaten des Fahrzeuges auswerten."

    Dieser letzte Satz ist interessant, denn darüber wird meines Erachtens noch viel zu selten berichtet, dass es diese Möglichkeit gibt. Aber warum nur die Geschwindigkeitsdaten im Nachhinein auswerten? Noch seltener wird darüber berichtet, dass ein Intelligenter Geschwindigkeitsassistent so einsetzbar ist, dass ein Fahrzeug gar nicht erst so stark beschleunigt werden kann, dass die vorgegebenen Tempolimits übertreten werden. Eine Fahrt mit Tempo 160 über die Raschplatz-Hochstraße auf der Tempo 50 max. erlaubt ist, wäre dann von vornherein ausgeschlossen. Leider ist der in neuen Fahrzeugmodellen seit diesem Jahr vorgeschriebene Geschwindigkeitsassistent diesbezüglich unverbindlich.

    Nachtrag:
    "Die Polizei ermittelt nun wegen des verbotenen Kraftfahrzeugrennens. Solch eine Ermittlung wird eingeleitet, auch wenn ein einzelnes Fahrzeug grob verkehrswidrig und rücksichtslos fährt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Der Fahrzeugführer wurde nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen fußläufig entlassen." Polizeimeldung vom 29.7.2022 im Presseportal:

    POL-H: Hannover-Mitte: Polizei beschlagnahmt von Raser Pkw und Führerschein
    Hannover (ots) - Am Donnerstag, 28.07.2022, ist ein 30-Jähriger mit seinem Mercedes mit stark überhöhter Geschwindigkeit die Raschplatzhochstraße entlang…
    www.presseportal.de

    2 Mal editiert, zuletzt von Ullie (31. Juli 2022 um 13:52) aus folgendem Grund: Nachtrag, Foto zugefügt

  • Es gibt immer wieder Situationen, bei denen Autofahrer*innen aus verschiedenen Gründen deutlich schneller als erlaubt fahren und daraus schlimme Unfälle entstehen. Kürzlich titelte die Bild-Zeitung: "Klassenfahrt-Tragödie in der Toskana: Auto rast in Fußgänger! Zwei deutsche Schülerinnen tot"

    Auto rast in Fußgänger! Zwei deutsche Schülerinnen tot in Toskana
    Die Mädchen waren auf Klassenfahrt in Lido di Camaiore (Italien). Dann wurden sie von einem Auto erfasst, das in die Fußgänger raste. Jetzt sind sie tot.
    www.bild.de

    War es nun tatsächlich das Auto, das in die Fußgänger*innen raste oder hat die Autofahrerin das Auto in die Fußgänger*innen rasen lassen, bzw. ist damit in die Fußgänger*innen gerast? In dem Artikel werden keine genauen Angaben zur gefahrenen Geschwindigkeit gemacht: "Dem Bürgermeister zufolge war das Auto mit hoher Geschwindigkeit über zwei rote Ampeln in der Innenstadt gerast." Diese Aussage deutet darauf hin, dass das Auto mit deutlich mehr als 50 km/h in einer geschlossenen Ortschaft unterwegs war. Unabhängig von den möglichen Gründen der Fahrerin, so schnell zu fahren, stellt sich im Hinblick auf die heutigen technischen Möglichkeiten die Frage: Wie kann es sein, dass ein Auto mit vermutlich deutlich mehr als 50 km/h in Fußgänger rast, innerhalb einer geschlossenen Ortschaft, wo 50 km/h max. gilt?

    Auch bei Tempo 50 sind von einem Auto angefahrene Fußgänger*innen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit tot. Aber sie hätten bessere Chancen auszuweichen, oder der Fahrer/die Fahrerin hätte, soweit er/sie dazu noch in der Lage ist, bessere Chancen rechtzeitig den Aufprall auf Fußgänger*innen zu verhindern.

    "Ab diesem Jahr wird der Geschwindigkeitsassistent, bekannt als Intelligent Speed Assistent (ISA), in allen Neuwagen verpflichtend verbaut. Der ISA erkennt Geschwindigkeitsbegrenzungen und warnt die Fahrer sowohl optisch als auch akustisch, wenn die Höchstgeschwindigkeit überschritten wird."

    Diese Assistenzsysteme sind ab Juli 2024 Pflicht | Autohaus Friedrich Hoffmann

    Jetzt kommt es darauf an, dass ISA nicht nur warnt, sondern auch verpflichtend das Tempo begrenzt. Die einschlägigen Autofahrer-Interessens-Organe führen dagegen einen verbissenen Abwehrkampf, vor allem mit Hinweisen auf bisher noch vorhandene Schwächen des Geschwindigkeitsassistenten, dessen Kamera zum Beispiel Tempolimit-Schilder nicht immer sauber erkennt und dessen Programm beim Zugriff auf elektronische Karten-Daten Pech haben kann, wenn eine Kommune es zum Beispiel versäumt hat, eine Baustelle anzugeben.

    Beispiel: Die Kamera erkennt ein Tempolimit 30-Schild, das wegen einer Baustelle aufgestellt wurde. Aber die Kartendaten zeigen kein Tempo 30 an. Soll der Intelligente Geschwindigkeitsassistent nun die Gaszufuhr drosseln, bis Tempo 30 erreicht ist oder weiterhin die Fahrt mit 50 km/h ermöglichen? Würde sich das System entscheiden, den Kartendaten mehr zu vertrauen als den Kamera-Ergebnissen und deshalb weiterhin Tempo 50 zulassen, so kann dennoch die Fahrerin/der Fahrer die Geschwindigkeit durch Gaswegnahme, ggf. zusätzlich durch Bremsen auf 30 km/h reduzieren.

    In dem Fall der totgefahrenen Fußgängerinnen in dem italienischen Badeort ist jedoch offensichtlich das Fahrzeug deutlich schneller als 50 km/h gefahren. Und das hätte mit einem Intelligenten Geschwindigkeitsassistenten verhindert werden können, wenn das Assistenzsystem bei der Einfahrt in einen Tempo-50-Bereich, wie im Fall einer geschlossenen Ortschaft, grundsätzlich nur noch Tempo 50 max. zulässt, ohne dass der Geschwindigkeitsassistent abgeschaltet werden kann, um das Fahrzeug auf mehr als 50 km/h zu beschleunigen.

    Und natürlich kann man relativ kurzfristig das Tempo innerhalb geschlossener Ortschaften z. B. auch auf Tempo 40 km/h max. reduzieren. Oder auf Tempo 30 max., wie in Stuttgart angestrebt:

    Der Stuttgarter Gemeinderat, das ist das Kommunalparlament in Stuttgart, hält gegen den Willen des CDU-Oberbürgermeisters an Tempo 40 fest und geht sogar noch ein Stück weiter: "Es ist fix: Stuttgart schließt sich der Städteinitiative Tempo 30 an. Am Abend stimmte der Gemeinderat mit einer Mehrheit von 32 zu 21 Stimmen dem Beitritt zu und setzte sich somit über den Widerstand von Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hinweg. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur dpa. Damit gesellt sich Baden-Württembergs Landeshauptstadt zu einer Reihe anderer Kommunen, die den Bund auffordern, ein Pilotprojekt für großflächige Tempo-30-Zonen zu starten."