Akzeptanz von Radfahrstreifen am Beispiel Friedrich-Ebert-Damm

  • Hallo,

    ich bin ein wenig erschrocken über die Kommentare zu den neuen Radfahrstreifen am Friedrich-Ebert-Damm in Hamburg.

    Link zu Twitter . Was für eine Panik dort doch manchmal herrscht angesichts zur Nähe zur Fahrbahn.

    Ich bin zwar absoluter Hasser von Radfahrstreifen und Schutzstreifen, die komplett in der Dooring-Zone liegen, aber in diesem Fall finde ich es einigermaßen gut (weil breit) umgesetzt, sofern der Streifen frei von Falschparkern bleibt. In jedem Fall deutlich besser als der handtuchbreite Radweg vorher. Google Maps

    Klar könnte man an Abschnitten ohne Einmündung den Radweg etwas von der Fahrbahn absetzen, aber so ist wenigstens der Belag gut und gereinigt.

    Das zeigt für mich einmal mehr, wie unterschiedlich die Empfindungen und Interessen der Radfahrer sind.

  • Ich finde ihn auch völlig in Ordnung. Vor allem im Bereich des Einkaufszentrum.

    Klar könnte man ihn breiter machen und die Aufstellflächen etwas großzügiger gestalten.

    Trotzdem, finde ich, hätte man den Bereich vom ersten Foto als Hochbord- oder Tiefbordradweg gestalten können. Von einer PBL ganz zu schweigen,,,

  • Welches Tempolimit gilt denn auf dem Friedrich-Ebert-Damm? Und wird das eingehalten? Gibt es Tempo-Kontrollen?

    Meines Erachtens ließe sich die Akzeptanz der Schutzstreifen dadurch erhöhen, dass Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduktion des Autoverkehrs ergriffen werden und werbewirksam umgesetzt werden.

    Andernfalls sagen sich viel Radfahrer: "Na "toll":(, jetzt muss ich auf der Straße fahren, vorher fühlte ich mich sicherer. Auch wenn der Radweg nur handtuchschmal war und wenn auch wenn statistisch erwiesen ist, dass so was ein unsicheres Konstrukt ist."

    Viele Radfahrer empfinden es nicht als Vorteil für sich, wenn sie Schutzstreifen angeboten bekommen. Schon gar nicht wenn danach das Hochbordfahren nicht mehr möglich ist. Die sehen das dann als eine Serviceleistung der Verkehrsbehörden für den Fußverkehr auf Kosten des Fahrradverkehres, unter Aussparung irgendeiner Belastung für den Autoverkehr.

    Besser ist es sowas mit einem niedrigeren Tempolimit für den Autoverkehr zu verbinden.

    Das allermindeste, was die Verkehrsbehörden machen könnten: Die Autofahrspuren schmaler machen und das damit begründen, dass so das Tempo der Autofahrer reduziert wird. Und das allerallermindeste: strenge Tempokontrollen ankündigen und öffentlichkeitswirksam durchführen.

  • was will man zu solchen "Angst! Angst! Angst!"-Leuten auch sonst sagen?

    klar, die Radfahrstreifen hättttttte man im Regelmaß bauen können. Ich vermute hier Mindestmaß. Hätte.

    Aber ich behaupte, dass auch das den "angst!"-Leuten noch zu wenig ist, die sind erst happy, wenn irgendwelche einbetonierten Poller da stehen, sie also einen Hochbordradweg auf Fahrbahnniveau haben.

    Das sind die Leute, die auch auf dem parallel verlaufenden Berner Heerweg nicht auf der Fahrbahn fahren, weil "gefährlich"

  • was will man zu solchen "Angst! Angst! Angst!"-Leuten auch sonst sagen?

    klar, die Radfahrstreifen hättttttte man im Regelmaß bauen können. Ich vermute hier Mindestmaß. Hätte.

    Aber ich behaupte, dass auch das den "angst!"-Leuten noch zu wenig ist, die sind erst happy, wenn irgendwelche einbetonierten Poller da stehen, sie also einen Hochbordradweg auf Fahrbahnniveau haben.

    Das sind die Leute, die auch auf dem parallel verlaufenden Berner Heerweg nicht auf der Fahrbahn fahren, weil "gefährlich"

    Vielleicht ist das ein bisschen zu sehr enggeführt, Leuten, die in Schutzstreifen keine befriedigende Radverkehrsinfrastruktur erkennen können, einfach nur "Angst! Angst! Angst!" als Motiv zu unterstellen?

    Der Friedrich-Ebert-Damm in Hamburg wurde vermutlich in den 50er und 60er Jahren für den Autoverkehr "ertüchtigt", vielleicht auch schon in den 30er-Jahren.

    In Hannover habe ich mich mit der Geschichte von einzelnen Straßen beschäftigt. In Hamburg kenne ich mich im Detail nicht aus. Aber bestimmte Grundmuster und Rahmenbedingugen sind sicher gleich.

    Die Nazis hatten 34 die bis dahin geltenden generellen Tempolimits komplett abgeschafft.

    39 wurde von den Nazis das Tempolimit wieder eingeführt, man konnte sich keine Unfalltoten mehr leisten, denn man brauchte diese Leute für den Krieg.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Zul%C3%A4…hr_(Deutschland)

    Im Nachkriegsdeutschland wurde das Tempolimit wieder komplett abgeschafft. Man lobte das als eine Entnazifizierungs-Maßnahme.

    Und erst 1957 innerorts wieder eingeführt. Außerorts gab es erst ab 1970 wieder generelle Tempobegrenzungen.

    Das heißt, es wurden in der Zeit Straßen gebaut und ausgebaut für grenzenlose Raserei. Dass das auch auf den Friedrich-Ebert-Damm zutrifft, ist zu vermuten. Wie eine zufriedenstellende Fahrradverkehrsinfrastruktur aussähe, die man von vornherein hätte aufbauen können, das kann man nicht wissen, denn das Fahrrad galt bis vor wenigen Jahren als ein nicht beachtenswertes und nicht einzuplanendes oder nur ganz am Rande einzuplanendes Verkehrsmittel. Und bei vielen Planern und Zeitgenossen ist das heute noch so.

    Situationen in denen tonnenschwere Fahrzeuge an Radfahrern mit wenigen Metern Abstand mit hoher Geschwindigkeit vorbeifahren, sind jedenfalls kein akzeptables Arrangement. Allenfalls eine höchst unbefriedigende Notlösung, weil unter dem Druck der Autolobby keine wirklich guten Lösungen zu Stande kommen, weil von dieser mächtigen Seite gemauert wird.

  • im FED diskutieren wir über einen Radfahrstreifen. im Mindestmaß von 1,65m oder Regelmaß 1,85m

    Wir diskutieren nicht über einen Schutzstreifen mit Mindestmaß 1,25m und unterbrochener Linie.

    der FED ist an der besagten Stelle in den 1980er Jahren durch die grüne Wiese gefräst worden. Zu der Zeit wurde auch das EKZ und das Industrie bzw. GEwerbegebiet angelegt.

    Davor war der südöstlich parallel verlaufende Berner Heerweg die Ausfallstraße nach Nordost. Diese ist nun quasi "Anwohnerstraße", aber natürlich keine Fahrradstraße.

  • Die Radfahrstreifen sind dort sogar 2,25m breit.

    Sitzungsdienst

    direkt zu den Planunterlagen

    Die Parkplätze in Seitenlage sind 2,10m breit + 0,50m Dooring-Abstand.

    Die Planung ist also aus Anfang 2018. "Damals" hat man noch nicht so intensiv über PBL nachgedacht. "Heute" würde man das vielleicht anders machen. Gerade stadtauswärts "schreit" es ja geradezu nach einer PBL. Gerade weil es eine "Veloroute" ist. Vielleicht wird da ja noch etwas nachgebessert und zumindest diese komischen Gummilippen dazwischengesetzt.

  • Was du da beschreibst ist häufig das Elend der Bemühungen um eine verbesserte Radverkehrsinfrastruktur.

    Das Erreichte ist besser als das was war, aber eben beileibe nicht das was sein müsste.

    Einige äußern ehrliche Enttäuschung über das was nicht erreicht werden konnte.

    Andere instrumentalisieren diese Enttäuschung um ihre rückständige Vorstellungen von Radverkehrsführung anzupreisen: "Da war ja der Hochbordradweg vorher noch besser als das, was jetzt ist."

    Die allermieseste Masche dabei ist es, einen breiten Hochbordradweg einzufordern, für den der Fußweg auf Handtuchmaß hätte reduziert werden müssen, davon aber nichts zu sagen, sondern einfach so zu tun, als sei ein breiterer Hochbordradweg problemlos machbar gewesen.

    Um so wichtiger ist es diese Kritiker einzufangen, indem man immer wieder auf das hinweist, was eigentlich notwendig ist und sie als Bündnispartner dafür anspricht. Dann ist es auch ziemlich schnuppe, aus welcher Motivation heraus kritisiert wurde.

  • bei 2,25m kann ich diese Aufregung um die Radfahrstreifen noch viel weniger nachvollziehen.

    Würde ich dort fahren? ja.

    Würde ich dort ein 10-jähriges Kind fahren lassen, das auch sonst auf Radwegen unterwegs ist? ja.

  • bei 2,25m kann ich diese Aufregung um die Radfahrstreifen noch viel weniger nachvollziehen.

    Würde ich dort fahren? ja.

    Würde ich dort ein 10-jähriges Kind fahren lassen, das auch sonst auf Radwegen unterwegs ist? ja.

    Kommt natürlich drauf an, aus welcher Situation man darauf schaut: wenn vorher ein 1,50-Meter-Radweg da war, dann ist das eine Verbesserung. Wenn man aber rein von der neuen Situation aus urteilt, dann ist es weiterhin verbesserungswürdig:

    • Es sind zwei breite (ich schätze mal 3,50 m) Fahrstreifen auf der Fahrbahn vorhanden. Wieso ist der Radstreifen nicht ebenso breit, oder alle drei Streifen je 3,00 m breit? Kein normales Fahrzeug darf breiter als 2,55 m sein, und Parken ist dann erlaubt, wenn 3,00 m Restbreite freibleiben. Man kann also daraus schließen, dass selbst für LKW drei Meter ausreichen. Zumal das ja Tempo 50 ist, also keine Autobahn oder Kraftfahrstraße.
    • Der Breitstrich wird von Autofahrern optisch als Fahrbahnbegrenzung angesehen und die Regeln für den Abstand werden missachtet. Das steht in den Twitter-Kommentaren ja ebenfalls drin, dass das beim Befahren so festgestellt wurde. Ein Fahrrad von 0,80 m Breite mit 1,00 m Mindestabstand nach rechts und 1,50 m Überholmindestabstand sind bereits 3,30 m, also 0,80 m linksseitig des Breitstrichs ist freizuhalten beim Überholen bzw. Vorbeifahren. Ein LKW von 2,55 m Breite müsste also faktisch den linken Begrenzungsstrich nahezu berühren, um ausreichend Abstand zu halten. Wie wahrscheinlich wird das gemacht werden? Und im Fall von Kindern, älteren Leuten, unsicheren Fahrern, Wind usw. müsste er den Fahrstreifen wechseln, und zwar jedes Mal.
    • Die Minifurten für indirektes Linksabbiegen muss man eigentlich nicht mehr kommentieren. Ich würde gerne den Aufschrei sehen, wenn auf einer gewöhnlichen Straße ein Streifen für direkte Linksabbieger nur einen Kleinwagen fassen würde und bereits ein LKW oder Auto mit Anhänger die Geradeausfahrer blockieren würde. Man würde zu Recht von Schildbürgertaten sprechen. Aber bei Fahrradfahrern kann man das ja machen, die fahren ja eh niemals zu zweit oder gar als Familie.

    Die aus meiner Sicht günstigste Lösung hier wäre folgende gewesen: Linker Streifen 2,75 m, rechter Streifen 3,25 m, einseitig begrenzte Sperrfläche (mit Warnbaken linksseitig) 1,00 m (Radfahrer können sie zum Überholen mitbenutzen, Radstreifen 2,25 m. Dabei haben KFZ weiterhin doppelt so viel Platz wie Fahrräder, aber die Abstände werden zwangsweise eingehalten, LKW können weiterhin überall fahren und das Sicherheitsgefühl für Radfahrer steigt. Nebenbei ermöglicht es auch sicheres Überholen Rad/Rad, was in den Twitter-Kommentaren eher gar nicht thematisiert wurde (das ist aktuell nicht möglich, ohne den Streifen zu verlassen).

  • man hätte auch einen Tunnel durch den Lärmschutzwall fräsen können...

    Oder aus 4 Spuren 3 machen können, von denen die Mittlere je nach vorherrschender Hauptverkehrsrichtung genutzt/freigeben wird. Dann wäre genügend Platz für 3m breite Radfahrstreifen.

    Oder man hätte den Berner Heerweg zur Fahrradstraße machen können.

    Oder einfach T30 und "Radfahrer auf die Fahrbahn".

    :rolleyes:

  • Diese Piste hat die Ausmaße einer Landebahn. Und das ist der Ausgangspunkt des Problems. Optisch schreien die Asphaltbreite und die Linienführung nach "Kraftfahrstraße" und "120" - etliche Autobahnen im Ruhrgebiet waren in den 1980ern schmaler ...

  • Die aus meiner Sicht günstigste Lösung hier wäre folgende gewesen: Linker Streifen 2,75 m, rechter Streifen 3,25 m, einseitig begrenzte Sperrfläche (mit Warnbaken linksseitig) 1,00 m (Radfahrer können sie zum Überholen mitbenutzen, Radstreifen 2,25 m. Dabei haben KFZ weiterhin doppelt so viel Platz wie Fahrräder, aber die Abstände werden zwangsweise eingehalten, LKW können weiterhin überall fahren und das Sicherheitsgefühl für Radfahrer steigt. Nebenbei ermöglicht es auch sicheres Überholen Rad/Rad, was in den Twitter-Kommentaren eher gar nicht thematisiert wurde (das ist aktuell nicht möglich, ohne den Streifen zu verlassen).

    Man bräuchte keine Warnbaken, wenn das Tempo zuverlässig auf 30km/h maximal gedrosselt wird. Und so was könnte man zuverlässig durch einen automatischen Tempobegrenzer hinkriegen. Stehen die Warnbaken erst mal, dann entfällt die Notwendigkeit Tempo 30 einzuführen.

  • Hallo,

    ich hab mir das gestern mal in der Praxis gegönnt. Zum alleine Fahren ist es klasse, allerdings zum Überholen kommt man doch unangenehm dicht an die Fahrbahn - mutmaßlich, denn ich hatte auf dem Abschnitt niemand zum Überholen. Hier wären 50cm mehr optimal gewesen.

    Allerdings sollte man die Vegetation im Zaum halten. (An der einzigen Stelle mit Busch daneben, ragt dieser schon kräftig drüber...)

    Klar ist die Strecke nicht mit gechilltem Cruisen durch den Park zu vergleichen, aber zum sicher und zügig vorankommen passts - solange man nicht überholen muss.

  • allerdings zum Überholen kommt man doch unangenehm dicht an die Fahrbahn

    solange man nicht überholen muss.

    Das ist ein Punkt den ich hinterfragen möchte. Man muss nicht überall überholen. Klar ist es schön wenn es gefahrlos möglich ist, wenn nicht fahre ich halt hinterher. Genauso wenig wie ich eng von PKWs überholt werden möchte, halte ich das auch mit anderen Radfahrern. Wenn es nicht geht muss auf eine passende Gelegenheit gewartet werden, in der STVO gibt es nirgends ein "Recht auf jederzeit überholen".

  • Das ist ein Punkt den ich hinterfragen möchte. Man muss nicht überall überholen. Klar ist es schön wenn es gefahrlos möglich ist, wenn nicht fahre ich halt hinterher. Genauso wenig wie ich eng von PKWs überholt werden möchte, halte ich das auch mit anderen Radfahrern. Wenn es nicht geht muss auf eine passende Gelegenheit gewartet werden, in der STVO gibt es nirgends ein "Recht auf jederzeit überholen".

    Vielleicht muss man nicht immer und überall überholen können, aber wenn dort zwei Fahrspuren (je Richtung) für Autos sind, auf denen Fahrzeuge fahren, die so breit sind, das zwei Leute nebeneinander sitzen können, das aber meistens nicht tun.

    Und wenn dann noch ein Radfahrstreifen daneben ist, auf denen Fahrradfahrer sich gerne mal überholen würden oder gerne nebeneinander fahren würden, anstatt hintereinander, dann sollte man das den Radfahrern ermöglichen, indem man den Radfahrstreifen breit genug baut. Und nötigenfalls nimmt man dem Autoverkehr noch eine Fahrspur weg. Sollen sich doch die Autofahrer von zwei Autos, in denen sie ohnehin meistens alleine unterwegs sind, zusammen in ein Auto nebeneinander setzen.

    Ist doch wahr! :saint: