Tatütata, die neue StVO ist da

  • Kommt wohl darauf an, wie es gesehen wird. Solche Sachen können wohl auch zusammengelegt werden und als eine Tat bewertet, bis derjenige davon Kenntnis erhält.

    Allerdings kann ich mich erinnern, das in München vor Jahren mal ein offensichtlich nicht sehr intelligenter Motorradfahrer mehrmals (im Sinne von 26 oder 28 mal)

    die Schwarzblitzer in einem Tunnel des mittleren Rings ignoriert hat bei deutlichen Geschwindigkeitsüberschreitungen.

    Ergebnis war imho eine Zusammenlegung mit 4XXX€ Strafe und 2 Monaten Fahrverbot.

  • Kommt wohl darauf an, wie es gesehen wird. Solche Sachen können wohl auch zusammengelegt werden und als eine Tat bewertet, bis derjenige davon Kenntnis erhält.

    Wenn jemand jeden Abend aufs Neue auf dem Gehweg parkt, mal hier, mal dort, dann fällt es mir schwer, das noch als Tateinheit zu bewerten. Vermutlich würde das Amt aus Rücksicht auf die Fahrerlaubnis eher nach der zweiten oder dritten Anzeige von einer Verfolgung im Sinne des Opportunitätsprinzip absehen. Ich bin mir ja sowieso nicht sicher, ob diese mit einem Punkt bewehrten Tatbestände momentan verfolgt werden oder ob man beim Gehwegparken vielleicht lieber etwas ungefährlicheres wie das „Parken nicht am rechten Fahrbahnrand“ wählt.

    Sofern man denn überhaupt technisch in der Lage ist, die neuen Tatbestände anzuwenden. Da scheint es ja bei vielen Ämtern noch an der notwendigen Software zu mangeln.

  • Wird sicher etwas dauern, man wird ja auch so etwas wie eine Übergangsfrist erlauben.

    Ich denke, das wir von den ersten Fällen, wo tatsächlich jemand einen Punkt und 80€ zahlen wird müssen für ein frech abgestelltes Auto, entweder in der Zeitung lesen werden und/oder es im Internet so viral gehen wird, das man es nicht verpassen kann.

  • Ich würde ja glatt wetten, dass die Punkte fürs Falschparken wieder einkassiert werden.

    Dagegen höre ich kein öffentliches Aufbegehren. Ich würde es also nicht unbedingt erwarten.

    Ich hoffe eher in die andere Richtung: Die Länder wollten ja offensichtlich wesentlich höhere Strafen für zu schnelles Fahren.

    Da liegt doch ein Kompromiss in der Luft: die Fahrverbote kommen wieder auf das alte Niveau, dafür steigen die Geldstrafen noch etwas mehr."35

    Über die Höhe der neuen Geldstrafen hat sich zumindest kaum jemand beklagt.

  • Dagegen höre ich kein öffentliches Aufbegehren. Ich würde es also nicht unbedingt erwarten.

    Nach meinem Empfinden gibt es dafür einen ganz einfachen Grund: Das hat einfach noch gar keiner mitbekommen.

    Der neue Bußgeldkatalog gilt erst seit knappen zwei Wochen, es wird also mutmaßlich noch keiner einen Bußgeldbescheid fürs Falschparken inklusive Punkt bekommen haben, sofern denn die Bußgeldstellen überhaupt in der Lage waren, ihre Software mittlerweile auf den neusten Stand zu bringen. Ich habe den Eindruck, dass sich die ganze Empörung allein auf die neuen Bußgelder und Fahrverbote für Geschwindigkeitsüberschreitungen fokussierte. Wenn ich in den einschlägigen Facebook-Gruppen übers kultivierte Schnellfahren nachfrage, wissen die Leute vermutlich erst von ihrem Glück, wenn in ein paar Wochen Tag für Tag ein neuer Bußgeldbescheid eintrudelt.

    In meinem Viertel wird abends beinahe konsequent auf allen möglichen Geh- und Radwegen geparkt, das Ordnungsamt kommt nur hin und wieder mal vorbei, „weil die Leute ja irgendwo parken müssen“, da sollte es mich wundern, wenn dieser Punkt plötzlich ohne Gegenwehr geschluckt würde.

  • Da liegt doch ein Kompromiss in der Luft: die Fahrverbote kommen wieder auf das alte Niveau, dafür steigen die Geldstrafen noch etwas mehr."35

    Geht das überhaupt? Ist es nicht so, dass ab einem bestimmten Betrag automatisch Punkte fällig werden? Oder vertue ich mich da?

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Ist es nicht so, dass ab einem bestimmten Betrag automatisch Punkte fällig werden?

    Im Zuge der Ramsauer-Punkte-Reform wurde das Bußgeld für bei rot fahrende Radfahrer explizit erhöht, damit es einen Punkt geben kann.

    Anders herum gibt es keine Grenze, ab der Punkte verpflichtend sind. Der Zweck der Ramsauer-Reform war ja gerade, Punkte nur für sicherheitsrelevante Verstöße zu verteilen. Also bestimmte Verstöße teuer zu machen, ohne Punkte zu vergeben.

    Ein Beispiel aus dem bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog:

    118506: Fahrzeug über 4 m Höhe auf der Autobahn kostet 240 € und gibt keinen Punkt.

    Warum das nicht sicherheitsrelevant sein soll, erschließt sich mir aber nicht :)

  • Im Zuge der Ramsauer-Punkte-Reform wurde das Bußgeld für bei rot fahrende Radfahrer explizit erhöht, damit es einen Punkt geben kann.

    Und andersherum ist es ja überaus verdächtig, dass sehr viele Verstöße plötzlich ganz unrunde 55 Euro kosten, aber damit unterhalb einer gewissen Schwelle von 60 Euro bleiben.

  • Was mich etwas wurmt: ich habe diese Grenze von 60 € als "Pflichtgrenze für Punkte" auch noch im Kopf. Aber ich bekomme nicht mehr raus, wo sie herkam.

    Ich habe gerade mal in die FeV geschaut.

    Und dort ist mindestens seit der Punktereform eine abschließende Liste der mit Punkten verbundenen Verstöße enthalten:

    https://www.buzer.de/gesetz/9545/al43530-0.htm

    Man kann also problemlos einen Verstoß recht teuer machen, ohne Punkte zu vergeben.

    Vielleicht waren die 60 € als Obergrenze für punktefreie Verstöße auch nur eine Arbeitsgrundlage während der Ausarbeitung der neuen Regeln.

    Die 60 € Untergrenze, ab der überhaupt Punkte vergeben werden können, sind hingegen recht einleuchtend: Unter 60 € gibt es normalerweise erst ein Verwarngeldangebot, bevor das formale Bußgeldverfahren beginnt. Da sollte man keine Punkte vergeben.

  • Was mich etwas wurmt: ich habe diese Grenze von 60 € als "Pflichtgrenze für Punkte" auch noch im Kopf. Aber ich bekomme nicht mehr raus, wo sie herkam.

    Das stand meiner Meinung nach im Bußgeldkatalog in den ersten Paragraphen. Es war aber so, dass es bei Verstößen, die eigentlich billiger wären aber durch Behinderung oder Vergleichbare die Schwelle gerissen haben, dann auch ein Punkt fällig wurde. Explizit genannte Verstöße waren davon dann nicht betroffen.

  • Die Seite „Kein Kfz-Dieselverbot in Deutschland“, die ausweislich Impressum und Header-Foto vom Automobilclub „Mobil in Deutschland e.V.“ betrieben wird, weiß schon genaueres:

    Zitat

    Unsere Petition hatte Erfolg. Für Führerscheine gilt wieder die alte StVO! Das ist EUER Verdienst!

    Nun ist mir ja klar, dass das so alles nicht stimmt, allein schon aufgrund des lustig zusammengeklöppelten Sharepics mit der Aussage, dass für Führerscheine wieder die alte StVO gelte. Erstmal geht es hier eigentlich nur um den Bußgeldkatalog und nicht die komplette Änderungsverordnung, andererseits gilt der natürlich nicht nur für Führerscheine, sondern für alle Verkehrsteilnehmer. Außerdem haben selbst Mobil in Deutschland, dessen Präsident und CSU-Mitglied Michael Haberland und sein Parteikollege Andreas Scheuer nicht die notwendige politische Kompetenz, um einfach mal eine ganze Änderungsverordnung außer Kraft zu setzen.

    Andererseits: Wir hatten ja schon mal einen Bundesverkehrsminister aus der CSU, der quasi im Alleingang die 46. Änderungsverordnung aufgrund des so genannten Schildergates wieder tilgen wollte, was zu den bananenrepublikanisch anmutenden Zuständen führte, dass für eine ganze Weile lang nicht klar war, welche Verkehrsregeln denn nun gelten und welche nicht. Leidtragende waren natürlich vor allem wieder Verkehrsteilnehmer auf dem Rad, die sich zwischen der 45. und 46. Änderungsordnung mit ihren teilweise gegensätzlichen Regelung zur Gültigkeit von Lichtzeichen entscheiden mussten.

    Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass es jetzt gar nicht so ganz unwahrscheinlich wäre, wenn die beiden CSU-Mitglieder einfach im Alleingang zum Wohle der so genannten Automobilnation Deutschland den neuen Bußgeldkatalog, beziehungsweise die „neue StVO“ wieder einkassieren.

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    Mir scheint, an mir geht momentan so einiges vorbei. Im Bundestag wurden heute die Anträge der FDP-Fraktion „Die Straßenverkehrsordnung reformieren – Verhältnismäßigkeit statt sofortige Fahrverbote“ (Drucksache 19/19128) und der AfD-Fraktion „Autofahrer unterstützen – Neuen Bußgeldkatalog sofort außer Kraft setzen – Rückkehr zu alter Bußgeldkatalog-Verordnung“ (Drucksache 19/19157) diskutiert: Frühes Fahrverbot im neuen Bussgeldkatalog könnte kippen

    Obwohl in den Einträgen salbungsvoll das einträchtige Miteinander der verschiedenen Verkehrsmittel betont wird, geht es natürlich primär darum, Kraftfahrer vor höheren Bußgeldern und Fahrverboten zu bewahren, wobei die AfD sogar erwähnt, dass Radfahrer jetzt höhere Strafen fürs Gehwegradeln bezahlen müssten. die FDP möchte die Fahrverbote bei Überschreitungen ab 21 (innerorts), beziehungsweise 26 Kilometern pro Stunde (außerorts) streichen und die Höhe der Bußgelder insgesamt noch einmal auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüfen und korrigieren. Die AfD möchte quasi den kompletten neuen Bußgeldkatalog kippen mit Ausnahme der Schrittgeschwindigkeit für rechtsabbiegende Lkws und das unerlaubte Nutzen der Rettungsgasse.

    Die Redebeiträge sind im dort verlinkten Video zu sehen und natürlich mal wieder sehr unterhaltsam.

  • Irgendwie ist das ganze System Mist.

    Mir fehlen:

    • Ein klarer Zusammenhang zwischen Punkten und Fahrverbot.
    • Etwas Nachsicht beim ersten Verstoß, danach aber klare und steigende Strafen.
    • Transparente Erhöhung bei Wiederholung

    Bei jedem Vergehen muss der Gesetzgeber also drei Strafen einzeln festlegen: Bußgeld, Punkte, Fahrverbot. Dabei haben alle drei Strafen das gleiche Ziel: Einhaltung der Verkehrsregeln.

    Da müsste sich mal jemand dransetzen und das neu denken.

    Sowas in der Art:

    • Pro Euro Strafe 1 Punkt
    • Bei 1.000 Punkten kommt der Entzug des Führerscheins
    • Wer 100 Punkte uberschreitet, bekommt 1 Monat Fahrverbot
    • Bei 200 Punkten 2 Monate
    • Und so weiter, eventuell irgendwo gedeckelt.
    • Die Bußgelder steigen, um so mehr Punkte jemand schon hat. Vielleicht 50% drauf pro 100 Punkte.
    • Die erhöhten Bußgelder gelten auch für Fußgänger und Radfahrer.

    Das wäre doch mal ein klares System, bei dem das erste kleinere Vergehen noch als Versehen durchgeht, die Folgen bei Wiederholung aber klar und deutlich steigen.