Fahrzeugsegnung

  • In katholischen Kirchengemeinden ist es üblich, an einem der letzten Sonntage vor den Ferien im Anschluss an den Gottesdiensten die Fahrzeuge zu segnen.

    Kennt das noch wer hier im Forum und kann sich daran erinnern, wie das früher war, vor sagen wir 20, 30 oder noch mehr Jahren?

    In unserer Kirchengemeinde wird seit ein paar Jahren sehr ausdrücklich schon bei den Ankündigungen einen Sonntag vorher darauf hingewiesen, dass die Fahrzeuge gesegnet werden.

    Und das zu den Fahrzeugen selbstverständlich auch Fahrräder, Kinderroller, Dreiräder, Rollstühle usw. zählen.

    Es gibt dann auch immer rund zwei bis drei Dutzend interessierte Gemeindemitglieder, die ihre Fahrzeuge segnen lassen. Das ist dann je nach Kirchenbesuchsdichte etwa ein Drittel bis ein Viertel der Gemeinde.

    Wenn ich mich richtig erinnere - deshalb meine Frage - war das früher so vor ca. 30 Jahren anders, da wäre kein Kirchenmitglied auf die Idee gekommen, etwas anderes als sein Auto zu den Fahrzeugen zu zählen, die gesegnet werden sollen.

    Was ich noch weniger weiß, weil für mich viel zu lange her, wie war das denn in den Zeiten, als es noch keine Autos oder fast keine Autos gab. In ländlichen Gegenden war das auch in Deutschland noch bis in die 50er-Jahre so, dass nur wenige Menschen in einem Dorf ein Auto hatten. Auch in den Städten hatten nur wenige Menschen ein Auto, aber dort waren natürlich Autos stärker präsent.

    Wurden früher von der katholischen Kirche auch schon Fahrzeugsegnungen vorgenommen. Wurden dann auch Fuhrwerke oder die ersten Traktoren gesegnet? Oder vielleicht die Feuerwehrautos einer Kommune? Und wenn ja zu welchem Zeitpunkt wurden solche Fahrzeugsegnungen vorgenommen? So was wie Sommerferien mit Urlaubsreise gab es früher nur für wenige Menschen. Heute ist es naheliegend, vor den Sommerferien eine solche Fahrzeugsegnung zu machen. Aber wie war das früher?


    Zur Illustration ein Bild von einer Fahrzeugsegnung, hier sind gerade mehrere Fahrräder dran:

    Das Gefäß, dass der Pfarrer in der Hand hält ist ein sogenannter Weihwasserkessel. Der ist mit etwas Weihwasser gefüllt.

    Das stabförmige Gerät mit der Kugel am Ende, das der Pfarrer in der anderen Hand hält, das ist ein Aspergill. Die Kugel hat Löcher und in der Hohlkugel, die man aufschreiben kann, befindet sich ein Schwamm, der sich beim Eintauchen vollsaugt mit Weihwasser, das sich mit dem Aspergill durch eine ruckartige Bewegung auf Gegenstände oder Personen sprengen lässt.

  • Zeppeline gehören auch schon länger zu den Fahrzeugen. Kinder-Fahrzeuge, warum nicht? Wasser ist billig und neue Mitglieder müssen geworben werden. Sehr viel Werbung geht an junge Leute, die langfristig gebunden werden sollen.

  • Weihwasser ist kein "Zauberwasser". Magische Praktiken sind sozusagen nicht kompatibel mit dem katholischen Glauben.

    Und zur Not geht das Segnen auch ganz ohne Weihwasser. Das Weihwasser verstärkt lediglich die Symbolkraft.

    Du kannst einen Wein aus einem Wasserglas trinken. Du kannst den selben Wein aus einem Weinglas trinken. Viele werden sagen, dass er aus einem Weinglas getrunken besser schmeckt.

    Das ist beim Segnen ähnlich. Du kannst mit Weihwasserkessel und Aspergill arbeiten und einen Priester das machen lassen, der wie auf dem Bild außerdem noch von einem Messdiener begleitet wird, oder dein Fahrzeug vom Nachbar segnen lassen oder es selbst segnen. Viele werden sagen, wenn's der Priester mit Weihwasser usw. macht, dann ist das ein qualitativ höherwertiger Segen.

    Ein Beispiel für einen sehr bekannten Fahrzeugsegen ganz ohne Weihwasser findet man bei einem der berühmten Filme mit Don Camillo und Peppone.

    Peppone der kommunistische Ortsbürgermeister und Betreiber der örtlichen Werkstatt hat von der Sowjetunion einen sowjetischen Traktor bekommen (CCCP steht auf vorne auf der Motorabdeckung). Der hat jedoch einen Defekt und will trotz der ganzen Mechanikerkunst Peppones nicht anspringen.

    Bei Nacht und Nebel lässt er seinen Erzfeind den katholischen Priester des Dorfes, Don Camillo, kommen. (In Wahrheit ist das ist gleichzeitig sein bester Freund.) Der segnet den Traktor und dann ...

    Selbst Don Camillo hatte damit augenscheinlich nicht gerechnet!

    Der Dialog in diesem Video ist zwar auf italienisch, aber man versteht irgendwie trotzdem alles auch wenn man kein italienisch versteht: https://www.youtube.com/watch?v=dDGfHq_eQwk

  • Zeppeline gehören auch schon länger zu den Fahrzeugen. Kinder-Fahrzeuge, warum nicht? Wasser ist billig und neue Mitglieder müssen geworben werden. Sehr viel Werbung geht an junge Leute, die langfristig gebunden werden sollen.

    Der niedrige Wasserpreis ist ohnehin völlig irrelevant bei der Sache. Der Aspergill sorgt für eine sparsame Nutzung des in der Osternacht geweihten Weihwassers. Das Ganze ist natürlich auch eine Werbemaßnahme, aber der Aspekt steht dabei keinesfalls im Vordergrund. Wenn du etwas anzubieten hast als Institution, wie zum Beispiel einen Fahrzeugsegen durch den Priester mit Weihwasser und Messdiener, dann biete es auch wirklich an! Daraus entsteht kein Massenspektakel mit Endlosschlangen. Das ganze als Werbemaßnahme zu bezeichnen, ist vermutlich mehr der Versuch den Vorgang zu rationalisieren. Dabei ist es letztlich doch eine Glaubensfrage.

  • Das Segnen von Waffen wurde ja auch erst mit dem zweiten Vatikanischen Konzil (11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965) endgültig abgeschafft. Vielleicht hört das Segnen von Fahrzeugen ja auch irgendwann auf.

  • Ach, so lange her... Mir war schon fast entfallen, dass Don Camillo praktisch immer mit dem Fahrrad unterwegs ist, während der Bürgermeister eher Interesse an Motorfahrzeugen zeigt.

    Danke auch für die Erklärung; ein Segenswunsch im Namen einer höheren Macht ist mir immer noch lieber, als ein magischer Schutzzauber aus Styropor ;)

  • Das Segnen von Waffen wurde ja auch erst mit dem zweiten Vatikanischen Konzil (11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965) endgültig abgeschafft. Vielleicht hört das Segnen von Fahrzeugen ja auch irgendwann auf.

    So ganz generell würde ich mir das nicht wünschen, schließlich sind Fahrräder auch Fahrzeuge und gegen die ist auch nichts einzuwenden. Durch tödliche Unfälle im MIV dagegen starben seit Ende des Zweiten Weltkriegs mehr Menschen als durch Kriege.

    Da könnte man natürlich auch zu dem Schluss kommen, für den MIV ist ein bisschen mehr Segnen ganz besonders nötig.

    Ich denke jedoch mit deutlich weniger MIV kommen wir zu besseren Resultaten.

    Immerhin: Wie schon weiter oben gesagt, halte ich es für einen Vorteil, dass das Fahrzeugsegnen, so weit ich es verfolgt habe, sich in den 70er und 80er Jahren noch auf motorisierte Fahrzeuge beschränkte und Fahrräder in dieser Hinsicht nicht so richtig als Fahrzeuge wahrgenommen wurden, die man segnet.

    Das hat sich schon mal gründlich gewandelt. Kennt denn noch jemand, der hier mitliest, Fahrzeugsegnungen und kann sich vielleicht an weiter zurückliegenden Veranstaltungen dieser Art erinnern?

    In welchem Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils kann man das übrigens nachlesen, dass Waffensegnungen nicht mehr stattfinden sollen?

    Eine Sammlung der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils findet man hier: http://www.vatican.va/archive/hist_c…il/index_ge.htm

    Bei wikipedia steht unter "Waffensegnung": "Auch der ehemalige deutsche Militärbischof Walter Mixa stellte im Jahr 2001 fest, „eine solche Segnung sei heute unzulässig und schon in beiden Weltkriegen katholischerseits nicht vorgenommen worden“." https://de.wikipedia.org/wiki/Waffensegnung

  • krankss! =O

    Auch in MS war es wieder so weit.

    Booooaaaah. Jetzt also auch noch Religion...!? :/:rolleyes:

    Ein "fahr vorsichtig" vom Priester oder eine St.Christophorus-Plakette als "Memento mori" auf das Armaturenbrett gebeppt, ist weitestgehend Nebenwirkungs-frei und mir 100 Mal lieber als das Geseihere der anderen Kirche (church of fear, worshipers of St. Yropor).

    "I've noticed that the majority of traffic 'safety' campaigns seem to focus on everything except the bull in the china shop - the automobile." copenhagenize.com

  • Auch in MS war es wieder so weit.

    Ein "fahr vorsichtig" vom Priester oder eine St.Christophorus-Plakette als "Memento mori" auf das Armaturenbrett gebeppt, ist weitestgehend Nebenwirkungs-frei und mir 100 Mal lieber als das Geseihere der anderen Kirche (church of fear, worshipers of St. Yropor).

    Vielen Dank für den Link nach Münster! Manchmal kommt Kritik an bestimmten Auswüchsen der "Automania" anscheinend sehr raffiniert und feinsinnig daher.

    Am Rande des Bildes ein dickes schwarzes SUV. Das kriegt nichts vom Weihwasser ab, das der Priester reichlich versprengt. Dagegen werden die beiden Kleinwagen quasi mit Weihwasser beregnet.

  • Der Pfaffe hat's verstanden: Der SUV braucht keine Segnung. Der setzt sich allein durch seine Masse gegen die gesegneten Kleinwagen durch.

    Segnet die katholische Kirche eigentlich auch Schwarzgeldkonten, Zwangsprostitution und Menschenhandel? Wäre doch vielleicht noch eine Marktlücke...