BGH-Urteil zu Dashcams…

  • Mein Tipp: Anlasslose Dauerüberwachung wird wegen Datenschutz komplett verboten werden. Wenn es aber einen ausreichenden Anlass gibt, darf man die Kamera einschalten und dann sind die Aufnahmen auch gerichtsverwertbar.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ich hoffe, der BGH geht einen Schritt weiter:

    Das Gerät darf dauerhaft mitlaufen, muss aber die Aufnahmen zuverlässig nach kurzer Zeit überschreiben. Nur bei einem Ereignis (also Knopfdruck oder starke Beschleunigung) wird die Aufnahme dauerhaft gespeichert.

  • Man könnte auch Kameras bauen, die die Aufnahmen direkt verschlüsseln. Und zwar so, dass nur eine Kombination von z. B. Besitzer und Ermittlungsbehörde die Daten entschlüsseln kann. Dann wäre das Datenschutzproblem erledigt. Und mit bisschen mehr Kryptographie kann man auch beweisen, wann die Aufnahmen aufgenommen wurden und dass sie nicht nachträglich manipuliert wurden.

    Es wären also Kameras, die man wirklich nur zur Beweissicherung einsetzen kann und für nichts anderes. Ob es dafür einen Markt gibt?!

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • PM des BGH: Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess

    […] Jedenfalls eine permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens auf und entlang der Fahrstrecke des Klägers ist zur Wahrnehmung seiner Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich, denn es ist technisch möglich, eine kurze, anlassbezogene Aufzeichnung unmittelbar des Unfallgeschehens zu gestalten, beispielsweise durch ein dauerndes Überschreiben der Aufzeichnungen in kurzen Abständen und Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges.

    Dennoch ist die vorgelegte Videoaufzeichnung als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess verwertbar. Die Unzulässigkeit oder Rechtwidrigkeit einer Beweiserhebung führt im Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden.[…]

  • Hat jemand schon mal probiert eine Cam mit laufen zu lassen um seinen eigenen Fahrstil später zu analysieren und zu verbessern? Wäre das ein Grund für eine komplette Aufzeichnung seiner eigenen fahrt?

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Wäre das ein Grund für eine komplette Aufzeichnung seiner eigenen fahrt?

    Ich war tatsächlich schon ein paar Mal mit dieser Begründung mit laufender Kamera unterwegs, weil ich wissen wollte, wann ich denn eigentlich tatsächlich gegenüber abbiegenden Lastkraftwagen reagiere oder wie groß mein Abstand zum Radfahrer vor mir ist (den ich als Resultat dieser „Studie“ dann deutlich vergrößert habe), aber ich glaube nicht, dass dir jemand im Zweifelsfall diese Story abkauft.

    Ich bin als Zeuge oder Geschädiger im Gerichtsverfahren bislang immer ganz gut mit der Wahrheit gefahren: Ich habe schlechte Erfahrungen im Straßenverkehr gemacht und war schon häufiger als am Unfall unbeteiligter Zeuge geladen worden, da kann man gut mal ein Beweismittel mitbringen. Interessanterweise hat das im Strafverfahren bislang auch niemanden gestört, nicht einmal die Verteidigung kam auf die Idee, hier die Datenschutzkarte zu spielen.

  • Interessanterweise hat das im Strafverfahren bislang auch niemanden gestört, nicht einmal die Verteidigung kam auf die Idee, hier die Datenschutzkarte zu spielen.

    Im Strafverfahren gelten mWn viel niedrigere Anforderungen an die Verwertbarkeit von Beweisen (wenn es überhaupt welche gibt).

    Das Lehrbuchbeispiel: A ermordet B. Es gibt keine Beweise. C bricht daraufhin bei A ein und findet die Tatwaffe.

    Der Beweis kann verwertet werden und C bekommt eine Strafe für den Einbruch.

    Ein befreundeter Rechtsanwalt hat mir mal den Tipp gegeben, Beweise möglichst zuerst im Strafverfahren einzubringen. Dort werden sie dann verwertet. Im anschließenden Zivilprozess findet dann keine weitere Prüfung auf Verwertbarkeit mehr statt.

  • Hat jemand schon mal probiert eine Cam mit laufen zu lassen um seinen eigenen Fahrstil später zu analysieren und zu verbessern? Wäre das ein Grund für eine komplette Aufzeichnung seiner eigenen fahrt?

    Solange niemand sonst aufgezeichnet wird - ja. Das wird allerdings kaum zu realisieren sein. Die Aufzeichnung anderer muß bezogen auf diese einen konkreten Anlaß haben. Wenn dann unbeteiligte Dritte kurzzeitig mit aufgezeichnet werden - Shit happens. Die meisten Dashcam-Videos auf YouTube dürften nach deutschem Recht also unzulässig sein.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • D.h. die Kameras müssen die Daten schnell überschreiben, vielleicht so dass nur 10 Minuten aufgenommen werden. Bei Bedarf (Kollision / Knopfdruck) wird dann permanent gesichert. Das sollte dann OK sein?

    Ich denke das reicht dann auch, um sich das eigene Verhalten gezielt angucken zu können.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ich denke es wird sowieso so kommen das DC serienmäßig in Autos verbaut werden. die Sicherheit wird immer größer geschrieben das Unfallzahlen kumulieren und man den Bürger schützen möchte. Wann? keine Ahnung.

  • Auf Facebook macht momentan ein https://www.facebook.com/GegenIdiotenIm…?type=3&theater

    Bußgeldbescheid des Landesbeauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2018 die Runde. Die Polizei hat einem Kraftfahrer während einer Verkehrskontrolle eine Dashcam abgenommen, auf der sich 680 Videodateien über insgesamt zehn Stunden befanden. Das war wohl Grund genug, eine anlassunabhängige Aufzeichnung anzunehmen. Ich finde in dem eingescannten Dokument nur die Kostenaufstellung mit Hinweis auf Art. 83 Abs. 5 DS-GVO, der in dieser Hinsicht aber nicht hilfreich ist.

    Mal gucken, ob da in den nächsten Tagen noch mehr Informationen ans Tageslicht kommen.

  • Jaja. Der "Datenschutz". In Zeiten von Twitter, Facebook und google... Wenn die Leute die Persönlichkeitsrechte ihres Autos beeinträchtigt fühlen, weil man das Kennzeichen lesen könnte.

    Ich verweigere mich seit Jahren konsequent, mir eine "elektronische Gesundheitskarte" ausstellen zu lassen. Aus Gründen eines wirklich relevanten Datenschutzes! Das interessiert aber Niemanden - und ich muss alle Nachteile inkauf nehmen, die damit verbunden sind.

    Andererseits werde ich wie es grade beliebt in der Öffentlichkeit gefilmt, in Tankstellen, in Banken, in Supermärkten, Öffentlichen Einrichtungen, in der Bahn, im Bus, Sporthallen usw. Dagegen tun kann ich gar nix. Außer zuhause bleiben. Toll! Auch die Polizei darf mich anlasslos filmen - ich aber sie nicht. Auch toll!

    Seit der DSGVO bin ich ja ein illegaler "Datensammler", wenn ich irgendwo bescheuerte Verkehrszeichen knipse und da zufällig irgendeine Hackfresse mit drauf ist. Ja, nee - is klar. Wessen Rechte sind denn bitte im Vergleich (zu den vorigen Beispielen) nun "mehr" eingeschränkt, wenn irgendeiner mit seiner Dashcam (oder seiner GoPro am Rad) filmt, was da draußen auf den Straßen so los ist? Warum ist es bei den einen legitim und legal - bei Privaten aber nicht?

    Meint irgendwer, der Typ aus dem Beispiel kuckt sich jetzt 10 Stunden Video an und hockt sich 100 Stunden daheim hin, bastelt sich ne Excel-Liste und trägt dort alles ein, was irgendwie "relevant" werden könnte...!? Das sind in dieser Form absolut nutzlose Daten. Wenn er das nicht veröffentlicht, braucht das auch niemanden zu interessieren. Ich sehe da meine Rechte nicht stärker beeinträchtigt, ob ich irgendwo auf dem Video eines Verkehrsunternehmens oder eines Verkehrsteilnehmers zu sehen bin. Mir gefällt Ersteres sogar weniger...

    Meines Erachtens ist das eh alles Ablenkung. Man lenkt den Blick einzig und allein auf einen "Datenschutz für den kleinen Mann" (in Sachen Fotos, Videos - und "Datenschutzerklärungen" für private Webseitenbastler...) - und lenkt von den eigentlich relevanten, wirklich richtig großen Datensammel-Skandalen wunderbar ab.

  • Ich finde in dem eingescannten Dokument nur die Kostenaufstellung mit Hinweis auf Art. 83 Abs. 5 DS-GVO, der in dieser Hinsicht aber nicht hilfreich ist

    Naja, das Bußgeld ist ja mangels "Katalog" jedes Mal einzelfallabhängig festzustellen – wobei es "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" sein muss. Ich finde es aber schon spannend, dass hier gleich so ein großes Fass aufgemacht wird. In München gibt es einen Fall (Oberanger) in dem eine große deutsche Firma, die Gas herstellt, einen öffentlichen Straßenzug mit dauerhaft mit zahlreichen, rund um das Gebäude aufgebauten Kameras überwacht, außerdem ist ein jüdisches Gemeindezentrum daneben. Da wurde bis jetzt trotz Beschwerde nix unternommen...

  • Man kann es auch positiv sehen: es besteht ein offensichtliches und deutliches Missverhältnis zwischen den 500 € Strafe für den Dashcam-Verstoß und den Strafen, die es sonst so im Verkehr gibt.

    Das könnte die Einsicht fördern, dass die sonstigen Strafen zu niedrig sind.