Hamburg: Todesfalle an der Kieler Straße

  • Vor einer Woche war ich mit dem Bus unterwegs zu meinem Zahnarzt am Eidelstedter Platz und durfte feststellen, dass die Baumaßnahme offenbar beendet ist. Für den Rad- und Fußverkehr hat sich, soweit ich das erkennen konnte, nicht besonders viel gebessert — außer dass halt diese Albernheiten in Form von engen Zweirichtungsradwegen wieder entfernt worden. Die gammeligen Radwege sind in einem ebenso erbärmlichen Zustand wie früher mit kümmerlichen Ausnahmen in Form von ein paar Metern Verschlimmbesserungen, die noch immer gerade mal eben so den Mindestmaßen entsprechen:

    Und was soll das hier werden? Eine Einladung zum Sterben, um die einzelnen Verkehrsteilnehmer maximal im Unklaren zu lassen, wer jetzt wohl in welche Richtung fahren wird? Ich nehme mal an, dass hier wird sich auch zu einer der Stellen entwickeln, bei der sich Kraftfahrer in den einschlägigen Drunterkommentator-Arenen beklagen, dass Radfahrer ordnungswidrig über den Fußgängerüberweg fahren und nicht einmal absteigen:

    Und dann gibt es wohl noch einen gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen, den nördlichen Bereich der Kieler Straße von zwei Fahrstreifen pro Richtung auf einen Fahrstreifen zu reduzieren. Tja, da schäumt der Drunterkommentator und merkt noch nicht einmal, dass es sich um den nördlichen Bereich handelt und nicht den insgesamt sechs- bis achtstreifen Teil von der Autobahn 7 stadteinwärts: Diese Verkehrsachse in Hamburg wird einspurig

    Man darf ja auch mal erwähnen, dass es sich nur um einen Antrag handelt, dem noch keine Abstimmung oder gar eine Planung gefolgt ist. An Umsetzung ist da noch gar nicht zu denken.

  • Ich finds gut, sowas hier wieder zu lesen.

    Weil ich meinem alten Job mit meinen alten Kolleg:innen echt nachtrauere. War eine geile Zeit mit toller Bürofamilie.

    Und dennoch weiß ich bei sowas da, dass ich - trotz aller Verbesserungen - einfach partout nicht in HH leben will. Und auch nicht im Umland, weil ich keinen Bock auf Pendeln mit s>15km hab.

  • Und dann gibt es wohl noch einen gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen, den nördlichen Bereich der Kieler Straße von zwei Fahrstreifen pro Richtung auf einen Fahrstreifen zu reduzieren.

    Der Bereich hat doch sowieso nur kurz vor und kurz nach den Kreuzungen wirklich zwei Spuren. Der Rest ist unechte Zweispurigkeit, wo meist nicht einmal LKW/Bus und PKW vernünftig nebeneinander passen.

  • Da kann man endlich "weil Autofahrer nie die Autobahn benutzen!!!" ins Feld werfen.
    Der Abschnitt liegt genau zwischen zwei Anschlußstellen und wird häufig benutzt, die Staus in der Rushour zu umfahren.
    Er wird dann hoffentlich so unattraktiv, dass die "Durchpendelnden" sich lieber auf der AB ihre Fahrzeit um 15 Minuten verlängern als die Killer Str. in Eidelstedt zu verstopfen.

  • Verstehe ich das richtig, dass dieser Zweirichtungsblödsinn nach einer Unterbrechung von ein paar Wochen jetzt wieder frisch appliziert wurde?

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    Als ich am 21. Oktober mit dem Bus zum Zahnarzt gefahren bin, waren da hinten an der Bushaltestelle keine Markierungen mehr zu sehen:

    Diese tolle Zweirichtungsradwege gibt es dort mit kurzen Unterbrechungen seit nunmehr vier Jahren. Das kann doch nicht deren Ernst sein.

  • erstmal vielen Dank für all die umfangreichen Hinweise und auch die persönlichem PMs! Ich habe, wie empfohlen, ein Antrag auf Nichtigkeit der Angeordneten Radwegbenutzungspflicht bei der anordnenden Behörde gestellt. Der Antrag soll jetzt im schriftlichen Verfahren vom Justiziariat der Polizei beschieden werden.

    Radwegbenutzer , gibt es hier inzwischen einen Bescheid?

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Der ADFC hat an den oben verlinkten Tweet vor zwei Stunden noch einen Thread mit aktuellen Fotos angehängt:

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    Es ist mir ja völlig unbegreiflich, dass man in den letzten vier Jahren nichts, aber auch wirklich gar nichts hier gelernt hat. Das ist ja an Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten.

    Und vor allem: Wollten die Hamburger Grünen so etwas nicht abstellen, seitdem sie den Verkehrssenator stellen?

  • Nun berichtet sogar die Hamburger Morgenpost über diesen grandiosen Radweg. Die Wortwahl suggeriert allerdings, dass dieser tolle Radweg jetzt superneu wäre — die letzten drei Jahre lang hat man sich wohl nicht so richtig für diese Radverkehrsführung interessiert.

    Hamburg Stellingen: Was soll der Zwei-Richtungs-Radweg?
    Die Kieler Straße ist für Radfahrende ein Überraschungspaket: Mal ist der Fahrradweg auf dem Bürgersteig, dann führt er kurz auf die Straße und manchmal ist er…
    www.mopo.de

    Die witzige Radverkehrsführung südlich der Anschlussstelle soll noch bis zum 21. November bleiben, anschließend folgt ein ähnlicher Spaß auf der nördlichen Seite. Und dann? Mal gucken. Wenn’s schlecht läuft, geht das noch länger so weiter, wenn’s gut läuft, gibt’s danach wieder dem gammeligen Superradweg aus den Fünfzigern.

  • Zur allgemeinen Belustigung bin ich gestern noch mal dort entlanggefahren. Geplant waren eigentlich zwei Runden, nämlich eine mit der Helmkamera als Video und eine zweite Runde mit der Kamera in der Hand für Fotos. Die zweite Runde habe ich aufgrund zu hohen Drucks auf dem Kessel nicht durchgeführt.

    Was alles ungefähr passiert ist:

    1. Gleich am Anfang von einem Rechtsabbieger „übersehen“, der nur den Radling vor mir gesehen hat, mich aber nicht. War ja quasi mit Ansage.
    2. Linksabbiegen ohne Aufstellfläche. Top.
    3. Enger Zweirichtungsradweg durch die Bushaltestelle. Wenn da mal ein Bus steht oder anfährt, führt der Radweg quasi direkt durch den Bus.
    4. Nach vier Jahren konnte man sich nicht einmal dazu durchringen, die schlimmsten Schlaglöcher zu beseitigen. Pardon, aber dafür fehlt mir mittlerweile jegliches Verständnis. Andauernd müht man sich ab, diese gelben Streifen durch die Schlaglöcher hindurchzukleben und über die Wurzelaufbrüche rüber und niemand macht mal diesen Radweg neu. Pardon, aber das kann ich mir mittlerweile nicht anders erklären, als dass da wirklich jemand eine ganz besondere Freude daraus empfindet, wenn sich der Radfahrer so richtig ärgert.
    5. Noch nicht mal die teilweise ordnungswidrigen Parkplätze konnten entfernt werden, um wenigstens ein bisschen Platz für Fußgänger und Radfahrer neben dieser sechsstreifen Straße zu schaffen.
    6. Toll: Die eine Fahrtrichtung des Radweges wird mit einer angeschrägten Rampe auf die Fahrbahn geführt, die Gegenrichtung aber nicht. Habe mich beinahe aufs Maul gehauen und danach war der Tag dann auch so richtig gelaufen.
    7. Die Pfeile für die Fahrtrichtungen passen vorne und hinten nicht. Grundsätzlich war mal die Idee, dass der Radverkehr im Linksverkehr stattfinden sollte, damit bei einem Unfall wenigstens keine direkte Kollision mit dem Fahrbahnverkehr stattfindet. Das Argument kann ich sogar noch einigermaßen nachvollziehen, aber sowohl die Pfeile auf den Radwegen als auch die Pfeile unter den Zeichen 240 und 241 sind bunt durcheinander gewürfelt. Geil.
    8. Überqueren der Kieler Straße ist mal wieder toll, denn während die Fahrradampel schon grünes Licht zeigt, brausen noch mehrere Kraftfahrzeuge über die Kreuzung rüber. Naja, passt bestimmt alles, nä?
    9. Auf der östlichen Seite kann man sich echt nur wundern, ob man links oder rechts fahren soll. Absolut keine vernünftige Verkehrsführung.
    10. „Warum hört der Radweg hier einfach auf?“ Tja, da waren wohl einfach mal die gelben Streifen alle.
    11. Keine gültigen Signalgeber für den Radverkehr an den Ampelanlagen über der Autobahn 7.
    12. Auf der Brücke über der A 7 fahre ich zuerst fälschlicherweise auf dem Radfahrstreifen auf der falschen Seite, soll dann aber durch einen Ampelmasten hindurch auf dem linken Gelbstreifenradweg weiterfahren. Dabei gerate ich mit dem Gegenverkehr aneinander, dem wiederum das Fahren auf dem rechten Streifen angezeigt wird. Einfach nur geil.
    13. Wieder mal Radfahren auf dem Radfahrstreifen in der falschen Richtung ohne jegliche Signalgeber für den Radverkehr.
    14. Dann soll man beim Baumarkt intuitiv erkennen, dass jetzt mit dem angeordneten Geisterradeln Schluss ist und nach einer Strafminute an der Bettelampel auf der falschen Straßenseite weiterfahren.
    15. Von der Autobahn Richtung Norden gibt’s immer noch diesen unbefestigten halben Meter, den sich Radfahrer und Fußgänger teilen sollen. Die Protected Bike Lane von früher ist wieder fort, denn der Kraftverkehr muss ja fließen, nicht wahr?
    16. Zurück Richtung Süden wartete am Ende noch irgendwo ein Zeichen 240, weswegen ich dann auf dem Gehweg weiter durch die Bushaltestelle fahre.

    Ich erzähl’s ja andauernd noch mal, aber ich bin echt froh, dass ich 2018 aus Hamburg weggezogen bin. Hätte ich mir diese Späße jeden morgen noch zwei Mal geben müssen, hätte ich das Radfahren ernsthaft irgendwann aufgegeben.

    Ich mag bei der Baumaßnahme ja anerkennen, dass man sich für die Führung des Radverkehrs schon mal was überlegt hat und es sicherlich auch nicht so ganz einfach ist, einfach mal einen ganzen Fahrstreifen zugunsten des Radverkehrs zu sperren. Aber ich habe absolut kein Verständnis mehr dafür, dass man sich bei der Markierung dieser Wege insbesondere unter Berücksichtigung der Fahrtrichtungen überhaupt gar keine Mühe mehr gibt. Das ist ja an Absurdität nach nunmehr vier Jahren kaum noch zu überbieten. Wie wenig Bock kann man denn haben?

    Und ja, ich bin sicherlich angepisst, dass ich mich da fast aufs Maul gehauen habe. Klar, ich hätte auch irgendwie aufpassen können, klar, ich hätte ja wissen können, dass diese Gelbstreifenradwege im Zweifelsfall auch einfach knallhart den Kantstein heruntermarkiert werden. Aber ehrlich: Das kann’s doch echt nicht sein.

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  • Ich kenne die Vorgeschichte der ganzen Sache nicht, aber wenn dort regelmäßig die Bedingungen geändert werden, hätte man doch eine gute Grundlage für einen umfangreichen Widerspruch. Temporäre Baustellenlösung hin oder her.

    Youtube-Videos und Zeitungsartikel sind ja ganz nett; ein vernünftiges Urteil dagegen wäre aber sicher zielführender. Hat das wirklich noch niemand in den letzten Jahren probiert bzw. aus welchen Gründen hätte der Widerspruch abgelehnt werden können?

  • Ok, aber die "Lösung" mit benutzungspflichtigen 50cm Breite je Fahrtrichtung scheint sich ja durchzuziehen und dass man dagegen keine rechtliche Handhabe hat, während daneben sechs asphaltierte breite Spuren zur Verfügung stehen, kann ich mir ja fast nicht vorstellen.

  • Ich bin heute wider besseren Wissens noch mal mit dem Fotoapparat dort entlanggefahren und bin wirklich fassungslos. Diesen Zustand vier Jahre beizubehalten ist schon mal ganz tüchtig. Dann aber nicht mal Schlaglöcher auszubessern, sondern stattdessen die gelben Markierungen drumherumzulegen, das muss man sich erstmal trauen.

    Aber sich noch nicht einmal die Mühe zu machen, dass wenigstens über eine Strecke von einem Kilometer die Pfeile auf den gelben Streifen mit den [Zusatzzeichen 1000-31] unter den Zeichen 240 abzugleichen, sondern den Radverkehr irgendwie so lustig dadurchzunudeln, das geht doch schon nicht mehr als Null-Bock-Haltung durch. Hier entstehen mal wieder brandgefährliche Situationen mit Ansage und am Ende ist wieder niemand verantwortlich.

  • Die witzige Radverkehrsführung südlich der Anschlussstelle soll noch bis zum 21. November bleiben, anschließend folgt ein ähnlicher Spaß auf der nördlichen Seite. Und dann? Mal gucken. Wenn’s schlecht läuft, geht das noch länger so weiter, wenn’s gut läuft, gibt’s danach wieder dem gammeligen Superradweg aus den Fünfzigern.

    Mag jemand einmal hinfahren, inwiefern sich jetzt am Wochenende die Verkehrsführung geändert hat? Ist jetzt der Tunnel wieder geöffnet und dafür ist oben beim Baumarkt ein Zweirichtungsbetrieb eingerichtet?