Radfahren auf dem Dorf: Fußweg + Radfahrer frei steht nur jeweils am Ortseingang

  • Moin,

    da ich keinen Vorstellungsthead gefunden habe, hier eine kurze Vorstellung: Ich bin Danny und ich komme aus Bremen. Bei meinen Touren durch die kleineren Dörfer in Niedersachsen, falle ich immer mal wieder über abstuse Verkerhsführungen für Radfahrer. Da scheint jede Gemeinde ihre eigenen Brötchen zu backen. Fange ich mal an:

    Öfters komme ich durch Bassen (Gemeinde Oyten). Zunächst ist der linksseitge Radweg (zwischen Bassen und Ottersberg Richtung Bremen) beschildert durch [Zeichen 240] . Kurz nach dem Ortsschild kommt ein Kreisverkehr, danch folgt dann [Zeichen 239] + [Zusatzzeichen 1022-10] . Nach der ersten Furt wird das Zeichen nicht wiederholt, was für mich eigentlich bedeutet: "Ab auf die Fahrbahn". Aus dem Augenwinkeln kann ich dann noch erkennen, dass auf der anderen Seite auch ein für Radfahrer freigegebener Fußweg beginnt. Jetzt wurden allerdings auf dem linksseitigen Fußweg plötzlich die Furten rot markiert und bei der Straße aus Achim steht dann noch für die Abbieger in die Hauptstraße [Zeichen 206] + [Zusazzeichen 1000-32] .
    Ich finde es irgendwie verwirrend, dass das Gehweg an der "Großen Straße" anscheinend für Radfahrer in beide Richtungen freigegeben ist und die Beschilderung sich nur jeweils auf ein Schild am Ortseingang beschränkt. Früher war das der gemeinsame Geh-und Radweg. Bassen ist ja nicht das einzige Dorf, wo das so ist.

    Hier nochhmal der Google Maps Links zu der Kreuzung: KLICK

  • Das ist halt „historisch gewachsen“. Die Radwegebenutzungspflicht wird durch Austausch der [Zeichen 240] durch [Zeichen 239] + [Zusatzzeichen 1022-10] aufgehoben, das geht schnell und kostet wenig. Wollte man jetzt auch alle Furten neu machen und an jeder Einmündung neue [Zeichen 239] hinstellen, kostet das am Ende auch noch Geld, das will auf dem Land doch keiner (für Radfahrer Geld ausgeben). Radfahrer haben dann wenn sie da fahren und was passiert eventuell ein Problem, weil sie ja irgendwie gar nicht da fahren dürften, aber sind ja nur Radfahrer, die halten sich eh nicht an die Verkehrsregeln (wie denn auch bei solch einer Beschilderung). X(
    Also auf der Fahrbahn fahren und keine Probleme damit mehr haben.

    Ja, ich bin Kampfradler! Nein, ich fahre nicht aggressiv!
    Denn ich kämpfe mit den Waffen des Wortes, des Papiers und des Toners, meine Verbündeten sind die Regeln und Normen der StVO und VwV-StVO.

    Radfahren ist nicht gefährlich, Radwege schon!

  • Also auf der Fahrbahn fahren und keine Probleme damit mehr haben.

    oder bei jeder Fahrt Fotos machen und die zuständige Straßenverkehrsbehörde damit nerven. :thumbup:

    Das ist so wie ... wie mit Polizeikontrollen. Da wird richtigerweise die Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer gemessen und ggfs. geahndet. Wenn man aber nicht ordentlich aufbaut und nicht vernünftig dokumentiert, dann bekommt man als Polizist die Messung eben bei einem Widerspruch vor Gericht um die Ohren gehauen. Ende vom Lied: man misst hoffentlich weiterhin, protokolliert und baut aber richtig auf. Dann muss man vor Gericht auch nicht ständig eins auf die Finger bekommen.

    Das mit den ganzen Radwegen ist das gleiche. Ja, das ist "gewachsen" und mal eben schnell hingepfuscht.
    Wenn die StVB die Gehwege freigeben will - bitte. Soll sie machen. Dann aber eben auch richtig. und einheitlich. Und begründet. Gleiches gilt für B-Pflichten. Ja, meinetwegen klatscht linksseitige B-Pflichten in den Straßendörfern hin. Aber verdammt noch eins, gebt mir gefälligst Begründungen dafür und baut die vorgesehenen sicheren Querungsmöglichkeiten am Anfang/Ende der Strecke hin.

    Tipp: auf jeder Fahrt ein Dorf abknipsen und einen Testballon steigen lassen. Man muss zu Beginn ja gar nicht mit Klage oder Beschwerde die Tore einrennen. In einer ersten E-Mail kann durchaus freundlich-irritiert der Sachverhalt zur Sprache gebracht werden und um "Überprüfung" der Situation vor Ort gebeten werden. Gerne auch die berühmten "gefährlichen Situationen" (beim Wechsel der Straßenseite bei linksseitiger B-Pflicht) erfin... ähm... erläutern :whistling:

    Erfahrungsgemäß kommt erstmal nichts. Gar-nichts. Dann nach 8 Wochen ruhig nochmal schreiben und Bezug nehmen auf die E-Mail vom ...
    Wenn dann nichts kommt, Brief schreiben. Der lässt sich nicht so leicht wegschmeißen. Der braucht einen Eingangsstempel und muss irgendwo abgelegt werden, alternativ muss irgendwer die Entscheidung treffen, dass der Brief doch weggeworfen wird. Das ist schon nicht mehr so einfach, wie eine E-Mail im Papierkorb verschwinden zu lassen. :saint:

    Naja, jedenfalls kann man die Eskalationsleiter freundlich beginnen und irgendwann unverholen damit drohen, dass man keine Lust mehr hat, auf schmalste Nebenflächen gezwungen zu werden, wo die Situation auf der Fahrbahn doch offensichtlich nicht so gefährlich ist, dass eine RWBP angebracht ist.
    Spätestens bei der offenen Drohung der Klage passiert was. Oder die Straßenverkehrsbehörde stellt erst recht auf Widerstand um. Dann ist doof. Weil man dann auch tatsächlich die 500,- in den Ring werfen sollte, um das gerichtlich prüfen zu lassen. 8)

  • [Zeichen 239] + [Zusatzzeichen 1022-10] ist leider nur für wenige Radfahrer eine gute Sache. Das grundsätzliche Problem ist nur, dass es viele Radfahrer und Autofahrer gibt, die glauben es wäre ein normaler Radweg. Das führt dann zu dem Problem, dass man dem Revier-verhalten mancher Kraftfahrer ausgeliefert ist. Also bleibt den meisten Radlern nicht viel anders übrig als auf den freigegebenen Gehweg zu flüchten.

    Die meisten fahren dort "normal" das heißt schon mal zu schnell bis viel zu schnell. Die Reglung Schrittgeschwindigkeit wird dort ja auch nie kontrolliert. Gerade bei langen, geraden, übersichtlichen Wegen ist Schritttempo auch kaum nachvollziehbar bzw. zumutbar. So erzieht man sich Radfahrer, die Regeln brechen.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Ist die Schrittgeschwindigkeit auf diesen Wegen eigentlich sowas wie die 1,5m Abstand beim Überholen? Sprich basierend auf der Rechtsprechung und nicht der Gesetzgebung?

    Nein, ist Gesetz bzw. Verordnet. Die StVO sagt dazu (Zeichen 239)

    Zitat

    2. Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines Gehwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Fußgängerverkehr Rücksicht nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Fahrverkehr warten; er darf nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren.


    Gelegentlich kommt Unklarheit auf in der Art, dass einzelne meinen, der fette Teil gelte ja nur, wenn nötig ( 1. Teil des Satzes). Das ist nach meiner Einschätzung aber eine Minderheitenmeinung

    Ja, ich bin Kampfradler! Nein, ich fahre nicht aggressiv!
    Denn ich kämpfe mit den Waffen des Wortes, des Papiers und des Toners, meine Verbündeten sind die Regeln und Normen der StVO und VwV-StVO.

    Radfahren ist nicht gefährlich, Radwege schon!

  • Ist die Schrittgeschwindigkeit auf diesen Wegen eigentlich sowas wie die 1,5m Abstand beim Überholen? Sprich basierend auf der Rechtsprechung und nicht der Gesetzgebung?

    Das steht in der StVO Anlage 2 (zu §41 Absatz 1)

    Zeichen 239

    Ge- oder Verbot

    • Anderer als Fußgängerverkehr darf den Gehweg nicht nutzen.
    • Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines Gehwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Fußgängerverkehr Rücksicht nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Fahrverkehr warten; er darf nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren.

    Quelle: Anlage 2

    Allerdings glaube ich, dass das mittlerweile "Geschwindigkeit angepasst an den Fußgängerverkehr" heißt, was für mich nicht zwangsläufig Schrittgeschwindigkeit bedeutet.

  • Bassen

    Da bin ich letztes Jahr mal mit dem Rad durchgefahren — ich schaue mal nach, ob ich noch ein paar Fotos finde.

    Allerdings glaube ich, dass das mittlerweile "Geschwindigkeit angepasst an den Fußgängerverkehr" heißt, was für mich nicht zwangsläufig Schrittgeschwindigkeit bedeutet.

    Leider nicht — in der Begründung zur Neufassung der Straßenverkehrs-Ordnung (die ich jetzt im Bureau leider gerade nicht zur Hand habe) schreibt der Gesetzgeber, dass er tatsächlich auf Schrittgeschwindigkeit abzielt.

  • Zitat von Malte

    Leider nicht — in der Begründung zur Neufassung der Straßenverkehrs-Ordnung (die ich jetzt im Bureau leider gerade nicht zur Hand habe) schreibt der Gesetzgeber, dass er tatsächlich auf Schrittgeschwindigkeit abzielt.

    Hatte mich schon gewundert, dass im Internet mal Schrittgeschwindigkeit und mal die andere Formulierung steht. In meinem StVO Büchlein (neueste Ausgabe), steht auch Schrittgeschwindigkeit.

  • War gerade in Quelkhorn (Flecken Ottersberg)
    Kurz nach dem Ortseingang kam ein [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10] . Das wurde sogar nach der ersten Furt wiederholt! Danach aber keine Beschilderung mehr. Komischerweise aber am Ende aller Queerstraßen [Zeichen 205][Zusazzeichen 1000-32] . Sogar ein linksseitiges [Zeichen 240] stand noch an der Straße nach Fischerhude. Anscheindend ist das völlig egal, wie man da als Fahrradfahrer fährt. Die haben jetzt sogar ein paar neue Verkehrsinseln! Das Geld hätten die mal lieber in Schutzstreifen stecken sollen.

  • Das Geld hätten die mal lieber in Schutzstreifen stecken sollen.

    Und wieso jetzt Schutzstreifen? T30 ran, Fahrbahnen entsprechend eng und fertig.
    Schutzstreifen sind der allerletzte Dreck.
    Da bekomm ich noch öfter "Raaaaaaadweg!!!" zu hören und wilde Gesten hinterm Steuer zu sehen als wenn ich auf der Stresemannstraße radle.

  • Und wieso jetzt Schutzstreifen? T30 ran, Fahrbahnen entsprechend eng und fertig.Schutzstreifen sind der allerletzte Dreck.
    Da bekomm ich noch öfter "Raaaaaaadweg!!!" zu hören und wilde Gesten hinterm Steuer zu sehen als wenn ich auf der Stresemannstraße radle.

    Weil man sonst in diesem Dorf als Radfahrer auf die bestens ausgebauten [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10] verwiesen und genötigt wird.

  • und bei Schutzstreifen wirst du auf die Schutzstreifen verwiesen und mit 10cm Seitenabstand überholt, weil das ja vollkommen okay ist, schließlich fährst du dann auf deinem Radweg und der Autofahrer auf seiner Autofahrbahn...

  • Eigentlich würde das schon reichen!

    Aber auch da hast du das Problem, dass 49 Kraftfahrer die Sache kapieren und der 50. hupt und dich abdrängt, weil er a) das Piktogramm nicht gesehen hat, b) das Piktogramm nicht versteht oder c) denkt, das wäre nur ein Hinweis darauf, dass nebenan Radfahrer fahren.