Mehr als lebensgefährlich: § 37 Abs. 2 Nr. 6 StVO ab 1. Januar

  • Ich möchte gerne einen Sammelthread starten über unsere schönsten Kreuzungen, an denen man sich ab 1. Januar so richtig toll totfahren lassen kann.

    Meine absolute Lieblingsstelle ist hier in Hamburg an der Kreuzung zwischen Stresemannstraße, Kieler Straße und Holstenstraße:

    Die Kreuzung wurde vor ein paar Jahren saniert, danach wurde flugs der erste Radfahrer von einem abbiegenden Lastkraftwagen „übersehen“. Dann hat man als Maßnahme gegen weitere Unfälle solche Plakate aufgehängt, die Radfahrer anweisen, doch bitteschön auf die eigene Vorfahrt zu verzichten. Künftig darf man die bisherige Grünphase von fünf Sekunden (?) um eine knappe halbe Minute verlängern und bei roter Fußgänger-, aber grüner Fahrbahnampel die Kreuzung überqueren. Ich behaupte mal, wenn das jemand versucht wird er spätestens nach einer Woche von einem zornigen Kraftfahrer vorsätzlich überfahren — das kapiert doch an dieser Stelle mal wieder kein Mensch.

    Dann hier oben in meiner alten Heimat in Rendsburg:

    Eine ganze verschlungene und verschachtelte Kreuzung komplett ohne Signalgeber für den Radverkehr. Ab 1. Januar gilt dann also die Fahrbahnampel — aber welche? Dort kann man nur jedem Radfahrer raten, auch künftig die Signalgeber für den Fußverkehr zu beachten, möchte man sich nicht totfahren lassen. Der reine Wahnsinn.

  • Wer mit Ausnahme der Altagsradler-Fraktion weiß das und wendet es auch an? Ich wette wenn du an einer beliebigen Kreuzung die dort wartenden Radfahrer befragst werden die meisten mit dem kopfschütteln. Ohnehin ein Thema bei dem man mal wieder die Regel vor lauter Außnahmen nicht sieht... Ja es geistert durchs Internet, und vieleicht auch durch manche Tageszeitung aber wer liest das schon...

    Das ist wieder wie mit dem Fahrbahnradeln.

    Habe in den letzten beiden Wochen hier in Hamburgs Osten mal drauf geachet und es sind meist nur in der jeweiligen Fahrtrichtung die entsprechenden Streuscheiben eingebaut.

    Wo wir bei gefährlichen Kreuzungen sind, ein weiteres Beispiel (habe leider keine Bilder davon) ist die Kreuzung Berner Heerweg/Rahlstedter Weg (klick hier) südlich des Farmsener Bahnhof gelegen. Abbiegen ist hier nur unter extremer Vorsicht möglich da Ampeln nicht erkennbar und ob die Fußgängerampel grün ist nur wenn ein Fußling da ist. Man müsste dort alternativ betteln. Die Kreuzung wird von mir allerdings mitlerweile umfahren, so da ich nicht weiß ob sich dort noch was getan hat. Alternativ kann man dort über zwei Fahrspurren links abbiegen nur wer traut sich das zu im Berufsverkehr, Benutzungspflichten der Radwege gibts zum glück nicht mehr.

    Was ich mich jetzt Frage ist wie das mit Fußgängerampeln ist, an denen ein (benutzungspflichtiger) Radweg vorbei führt (beispiel hier), gilt die dann auch? Das gibt dann mit weiteren Radfahrern hinter einem aber lustige Situationnen wenn man die Ampel überhaupt warnimmt.

  • Wer mit Ausnahme der Altagsradler-Fraktion weiß das und wendet es auch an?

    Wer wirft überhaupt mal einen Blick in Gesetze und Verordnungen?
    Gesetze sind doch nur was für Juristen und Wichtigtuer.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Wer mit Ausnahme der Altagsradler-Fraktion weiß das und wendet es auch an? Ich wette wenn du an einer beliebigen Kreuzung die dort wartenden Radfahrer befragst werden die meisten mit dem kopfschütteln. Ohnehin ein Thema bei dem man mal wieder die Regel vor lauter Außnahmen nicht sieht... Ja es geistert durchs Internet, und vieleicht auch durch manche Tageszeitung aber wer liest das schon...

    Mein Problem an der Sache ist vor allem, dass es eben auch durch so manche Tageszeitung geistert — und in aller Regel falsch wiedergegeben wird, selbst wenn offenbar die Polizei zur Beratung hinzugezogen wurde. Da steht auch alles drin von „Radfahrer dürfen über alle rote Ampeln fahren“ bis hin zum bloßen „Fußgängerampeln dürfen nicht beachtet werden“. Eine wirklich einigermaßen einwandfreie Darstellung des Sachverhaltes ist mir bislang noch nicht untergekommen.

    Wenn jemand in der Zeitung liest, dass Radwege ohne blaues Schild nicht benutzt werden brauchen, dann wird er im Extremfall angehupt (na gut, oder im Extremfall vorsätzlich angefahren — hatten wir ja auch alles schon). Wenn er jetzt diesen Rotlicht-Stuss in der Zeitung findet, ist er im Extremfall tot.

    Das geht echt nicht klar.

  • Das ist aber mal wieder ein Problem mit dem Hamburger Wasser. Hier wurde noch nie absichtlich auf mich zu gefahren. Wenn nun eine neue Regelung für "welche Ampel gilt gerade" möglichst häufig publiziert wird - und dabei ist es fast egal wie richtig die Darstellung - dann erinnern sich eher mehr Autofahrer an "irgendwas ist anders". Im verzerrten Weltbild der typischen Forenbenutzer erscheinen aber nur die, die eh schon drauf los gefahren wären ... unabhängig davon welche Rechtslage gilt.

    Das ist nachvollziehbar, aber nicht auf die Mehrheit übertragbar.

  • Wenn die für dich gültige LZA grün zeigt, bedeutet das nicht etwa dass Du fahren darfst, du musst sogar fahren, zwar stets achtsam, aber dennoch so zügig wie möglich. Schliesslich ist das Lichtzeichen die Bekanntgabe eines an dich gerichteten Verwaltungsaktes, den du gefällig auch zu befolgen hast. Wo kämen wir denn sonst hin? vgl. BGH Urt. v. 18.12.1986, Az.: III ZR 242/85

    Als Anwalt würde ich ab dem 01.01. überall folgendes inserieren:

    "Sie hatten einen Fahrradunfall weil Sie bei rot gefahren sind? Wir klagen für Sie! Aufgrund einer Neuregelung der Straßenverkehrsordnung kann in vielen Fällen der Vorwurf des Rotlichverstosses entkräftet werden (obwohl Sie selbst davon ausgehen bei rot gefahren zu sein). Damit können wir nicht nur Ihren Führerschein retten und das Bussgeld zurückerhalten, sondern auch noch vollen Schadenersatz durch die Behörden für Sie herausholen"

  • Wenn die für dich gültige LZA grün zeigt, bedeutet das nicht etwa dass Du fahren darfst, du musst sogar fahren, zwar stets achtsam, aber dennoch so zügig wie möglich. Schliesslich ist das Lichtzeichen die Bekanntgabe eines an dich gerichteten Verwaltungsaktes, den du gefällig auch zu befolgen hast. Wo kämen wir denn sonst hin? vgl. BGH Urt. v. 18.12.1986, Az.: III ZR 242/85

    Der Bundesgerichtshof hat im selben Urteil auch erwähnt, dass man ja bei grünem Licht darauf vertrauen dürfe, nicht von links oder rechts angefahren zu werden. Spätestens das ist ja der Punkt, ab dem sich das Urteil nicht mehr auf den Radverkehr anwenden lässt.

  • Die neue Reglung ist eigentlich gut. Das Problem ist die alte Reglung und dass diese sehr schwer aus den Köpfen der Leute zu bekommen sein wird. Das einzige kleine Problem der jetzigen Reglung ist die Möglichkeit der kombinierten Streuscheiben für Fußgänger und Radfahrer. Diese sind leider viel billiger zum nachrüsten, als eine Ampel so um zu bauen, dass sie den Radverkehr auf Radverkehrsanlagen sinnvoll berücksichtigt.

    Es wird an vielen Stellen wohl so ablaufen, dass diese Ampeln irgendwann nach Ablauf der Frist (ist ja schon übermorgen) auf eben diese Scheiben umgerüstet werden. Dann ist wieder alles wie vorher, weil die Steuerung der Ampel nicht angepasst werden wird. In der Zwischenzeit kann man (eigentlich muss man sogar) dann legal die Signalgeber für Fußgänger ignorieren. Das aber nur unter Lebensgefahr.

    Nur das Problem der Übergangsreglung mit dem evt. im fließenden Verkehr anhalten müssen, weil Furten aneinander grenzen, man diese aber nicht nutzt, dass ist dann endlich vom Tisch. Natürlich nur sofern es nicht wieder eine Verlängerung der Übergangsreglung gibt, weil die Städte ja nicht in der Lage sind die Signalgeber entsprechend an zu passen.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Das Problem ist die alte Reglung und dass diese sehr schwer aus den Köpfen der Leute zu bekommen sein wird.

    Da sehe ich kein Problem.
    In vielen (ich behaupte mal: den meisten) Köpfen war das mit der Dreistrichfurt nie als Regelung drin.
    Und wenn sich auch nach 2016 mal jemand an einer solchen Furt an die Fußgängerampel hält, ist ja kaum mit feindlichem Grün zu rechnen, wo parallel zum Radverkehr auch die Fußgänger laufen dürfen.
    Gegen die Autofahrer, die sich aus sichtbaren und nicht sichtbaren Lichtern irgendwelche Drittregelungen herbeifantasieren, hilf ohnehin keine wie auch immer geartete StVO.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • In München-Innenstadt sehe ich mit der neuen Regelung kaum Probleme, da man auch heute eher selten wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Rotlichtfahrt angehupt wird (mal davon abgesehen, dass es kaum noch nicht angepasste Ampeln gibt). In Vororten und Städten mit einem deutlich geringeren Radfahreranteil ahne ich jedoch, dass die Zeiten für den informierten Radfahrer schwerer werden.

  • Ich entschuldige mich mal vorab, weil ich die Regelung immer noch nicht verstanden habe. ;(

    Teil der gesetzlichen Regelung ist "auf Radverkehrsführungen sind die besonderen Lichtzeichen für den Radverkehr zu beachten"

    1. Sind Radfahrstreifen Radverkehrsführungen?
    2. Sind Schutzstreifen Radverkehrsführungen?
    3. Falls das so ist, wäre ich zwar auf der Fahrbahn unterwegs, müsste aber prüfen, ob die Fussgängerampel mit einem kombinierten (Fussgänger/Fahrrad) Symbol ausgestattet ist und ggf. bei Grün der Fahrbahnampel anhalten?

  • Teil der gesetzlichen Regelung ist "auf Radverkehrsführungen sind die besonderen Lichtzeichen für den Radverkehr zu beachten"

    1. Sind Radfahrstreifen Radverkehrsführungen?
    2. Sind Schutzstreifen Radverkehrsführungen?

    Ich habe vor einer Weile mal in anderem Kontext versucht, das herauszubekommen.
    Ergebnis: Es ist noch nicht eindeutig definiert.
    Vereinzelt wird sogar ein Gehweg mit "Radfahrer frei" als Radverkehrsführung angesehen.

    Es dürfte aber schwer werden, sich vor Gericht rauszureden, wenn man auf einem Radfahr- oder Schutzstreifen über eine rote Radfahrerampel fährt.

    Wirklich interessant können eigentlich nur Fälle werden, in denen es einen nicht benutzungspflichtigen Hochbordradweg mit Fahrradampel und daneben noch einen Schutz- oder Radfahrstreifen ohne eine solche Ampel gibt.

  • Auch Recht für Radfahrer meint - allerdings zum Thema abbiegen - das es dafür bislang keine Definition gibt was eine Radverkehrsführung eigentlich ist. Ich würde mich, ohne Gewähr das das rechtlich einwandfrei so richtig ist, immer an die Ampel halten auf dessen Straßenteil ich unterwegs bin bei Fahrbahn, Rad- und Schutzstreifen also die Autoampel, auf (benutzungspflichtigen) Radwegen bei Streuscheibe mit Fahradsysmbol die Fußgängerampel. Bleibt nur die Frage was macht man wenn nur eine Fußgängerstreuscheibe installiert ist, man aber keine andere Ampel zu Verfügung hat. Absteigen und Schieben kanns ja wohl nicht sein...


    Zitat von Epaminaidos

    Vereinzelt wird sogar ein Gehweg mit "Radfahrer frei" als Radverkehrsführung angesehen.


    Das würde ja bedeuteten man müste an jeder Kreuzung auf den Gehweg und dann wieder auf die Fahrbahn wechseln so fern man keine Schrittgeschwindigkeit fahren möchte. Macht das Radfahren ja sehr viel sicherer :(

  • Ganz so schlimm ist es wohl nicht. Es gab ja auch jetzt schon parallele Radverkehrsführungen - immer dann wenn es ein Radfahrer frei Schild und die Fahrbahn gab.

    Theoretisch problematisch war die Regelung doch bis Januar. Auf der Fahrbahn unterwegs (oder schlimmer noch, auf einem Schutzstreifen) - auf dem Hochbord war aber Radfahrer frei und an der Kreuzung eine Ampel mit Streuscheibe für Fußgänger und Radfahrer. Da hätte der Radler auf der Fahrbahn bei frühem Fußgängerrot (so kenne ich die Situation jedenfalls hier) auch auf der Fahrbahn halten müssen. Weil der Fußgänger eine längere Räumzeit hat ist das ja auch häufig sinnvoll. Also für den Fußgänger.

    Dieser Käs ist jetzt erst mal ausgeräumt. Blöd jetzt nur, wenn die Streuscheibe Rad/Fuß weiter existiert. Und irgendwo stand mal (ich finde es aber nicht mehr), die Übergangszeit wäre dazu da, damit die Gemeinden solche überzähligen Streuscheiben entfernen können. Letztes Jahr habe ich versucht mir die Nürnberger Übergänge anzusehen - die meisten sind hier schon i.O. (auch wenn das nicht immer so wirkt ... weil mir auch nur die blöden Stellen in Erinnerung bleiben).

    Weil die neue Regelung aber eh keiner versteht und kennt (und der Franke an sich nichts im Wasser hat und mutwillig Radler zam fährt) werde ich vermutlich erst mal einfach Emails schicken, wenn irgendwo eine unklare Stelle übrig bleibt. Streuscheiben austauschen ist ja schon im Vandalismusbudget, vermute ich ... so schlimm kann das auch finanziell für die Stadt nicht sein. Die arme..

  • @Malte, auf fahrradampel.de fehlt meiner Meinung nach das Ausrufezeichen bei Fahrbahnbenutzung→keine Radverkehrsführung→Fahrradampel vorhanden (gemischte Streuscheibe mit Fußgängern). Denn da muss man fahren, obwohl es eine Ampel gibt die sich offensichtlich an Radfahrer wendet und es auf dem Fußweg keine Radfahrer geben darf (an wen soll sie sich also richten wenn nicht an die Radfahrer auf der Fahrbahn?)

    Beispiel steht Nedderfeld/Offakamp.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob hier auf dem Radweg Gefahr besteht. Aber seltsam ist es allemal. Am Knotenpunkt Dorotheenstraße/Krohnskamp zeigt die Fußgängerampel 25 Sekunden lang grün und die Fahrbahnampel gleichzeitig rot.
    Auch wenn dort viele Radfahrer im Mischverkehr fahren, gibt es auch einige, die lieber auf den Radweg ausweichen und dann bei Rot über die Ampel fahren. Vor zwei Wochen war das noch legal, nun ist es ein Rotlichtverstoß.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ach, du meinst der Radweg sei gar nicht straßenbegleitend? Kann man durchaus so sehen.

    Ich hab dem PK33 eine Mail geschickt. Mal schauen was die daraus machen :)

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • sicher?Ich würde das auf Grund der Kreuzungsgestaltung, der Fahrbeziehungen und der abgesetzten Furt durchaus anders sehen und im Fall der Fälle auch vors Amtsgericht zockeln. :huh:


    Ich würde auch sagen nun wäre es ein Rotlichtverstoß. Laut jetziger STVO ist es völlig egal was das Signal für zu Fuß gehende anzeigt, man muss auf dem Rad den Signalgeber für den Fahrverkehr beachten. Und wenn der rot zeigt muss man davor stehen bleiben.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Leider habe ich feststellen müssen, dass es auf meinem täglichen Weg tatsächlich ungünstige Auswirkungen der neuen StVO gibt :cursing: .

    Und noch was lustiges habe ich entdeckt: Eine "Babyampel" (die für Radfahrer), aber OHNE jegliche Fahrradsymbolik. Für wen gilt die jetzt? Daneben hängt auch eine große Ampel.