Verkehrswacht-Hamburg

  • So liebe Forengemeinde,

    ich muss mir gerade mal so ein bisschen den Frust von der Seele schreiben.
    Nach 2 Wochen Fahrradurlaub im Ausland bin ich wieder in Hamburg und bekomm schon bei der Ankunft am Hauptbahnhof das Kotzen, wenn ich die massiv überlastete Infrastruktur dort erlebe. An einem Sonntag Morgen um 10 Uhr sind die Fahrstühle zu den Gleisen derart ausgelastet, dass ich 10min(!) warten durfte, bis ich eine Etage nach oben durfte. Aber das ist nicht Kern meiner üblichen Hasstirade.

    Der Sonntag ist jung, das Wetter schön und die Packtaschen daheim schnell ausgeräumt, so dass Zeit für einen Abstecher nach Planten un Blomen bleibt.
    Und wer ist noch dort? Die Verkehrswacht-Hamburg. Die 3 netten Herren haben unter der Brücke des Sievekingplatzes den üblichen Fahrradparkours aufgebaut, mit Flatterband gesichert und stellen ein paar Übungsräder nebst Helmen. So weit so gut.

    Laut Plakat sind die übrigens jetzt in den Ferien öfter dort. Samstag und Sonntag 14-18uhr, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht.

    Und wie ich so daran vorbeischlendere und den Kindern zusehe, die mit den Leihrädern brav parcourieren, fällt mir auf:
    kein einziges Kind hat den obligatorischen Helm vernünftig auf. Leicht windschief in den meisten, völlig fehlende Gurteinstellung in allen Fällen.

    ok, ich lege eine Pause ein und beobachte die Szenerie mal genauer:
    Kind kommt an, bekommt ein Fahrrad und einen Helm auf, soll/darf losfahren.

    Auf dem Infotisch liegen ein paar Flyer. Passenderweise auch der "Bitte immer mit Helm" des UKE, in der Ärzte kindgerecht herumwinseln, wieso man auf dem Fahrrad immer einen Helm tragen soll. Immerhin fehlt der "so trägt man den Helm richtig"-Absatz nicht.

    Ich entscheide mich, den Übungsleiter (den vom Plakat) auf die Helmsituation anzusprechen.
    Wieso denn hier im Flyser erläutert wird, dass der Helm richtig sitzen muss - aber kein einziges Kind mit einem richtig sitzenden Helm herumfährt?

    Ich erhalte als Antwort, dass aus Zeitgründen keine exakte Einstellung der Kinnriemen erfolgen kann. Es stünden teilweise enorm viele Kinder an und da könne man das nicht leisten.
    Als ich nachhake und wissen möchte, wie der Helm dann im Falle eines Sturzes schützen soll, winkt der Übungsleiter ein Kind heran, wackelt am Helm und meint, dass man nur "hier hinten" auf "fest" stellt und das reicht dann bei einem Sturz.
    Ich gucke wohl mal wieder mit einer Mischung aus 8o und :huh: , wage auch noch vorzuschlagen, dann doch die lästigen Gurte gleich abzuschneiden, wenn man die eh nicht bräuchte. Er kommt wieder mit dem Argument: "Wir haben keine Zeit für eine Einstellung jeden Helmes!". Außerdem: "Es wird auch niemand gezwungen, hier zu fahren!"

    Aha.
    Als ich dann den Hinweis gebe, dass an den Kinderrädern zum Ausleihen die Bremsgriffe so weit vom Lenker entfernt sind, dass nicht einmal ich mit meinen Pranken die Bremsen zu erreichen vermag, bekomme ich zu hören: "Geben Sie uns bessere?" gefolgt von "Außerdem wird niemand gezwungen, hier zu fahren!" Und überhaupt: "Die Fahrräder verfügen über 3(!) Bremsen!"
    Aber grundsätzlich stimme man mir zu: die Bremsgriffe sind nicht kindgerecht. Erneut frage ich nach, wieso man dann Kinder auf ein Fahrrad setzt, das offensichtlich nicht verkehrssicher ist und das auch noch mit einem Helm, der ganz klar im Falle eines Sturzes nicht ausreichend schützt.
    Tja, da war es dann mit der Contenance des Herrn vorbei. Er hätte schließlich 19 Jahre Erfahrung und könne besser beurteilen, was sicher ist. Außerdem wird niemand gezwungen, hier zu fahren.
    Und überhaupt diskutiere er das nicht mehr weiter. Und ließ mich da stehen.


    Als ich nach 1h nochmal auf dem Weg zurück vorbeikam: 3 Herren saßen unter der Brücke in ihren Stühlen. Kein Andrang. 1 Kind fuhr auf dem Parcour. Mit einem Helm, bei dem die Kinnriemen auf Kehlkopfhöhe baumelten und beide Riemen jeweils hinter den Ohren verliefen.


    Und das schöne: die Verkehrswacht gibt sich nichtmal auf ihren Plakaten Mühe, Helme richtig einzustellen. Bild oben links. Kinnriemen baumelt auch hier locker herum.


    Mich kotzt sowas massiv an.
    Soll man doch den Kindern mal bitte sagen, dass Helmtragen mehr ist als nur ein Styroporhütchen irgendwie am Kopf zu befestigen. Sollen die mal Schulungen zum richtigen Anpassen eines Helmes anbieten. Von 1x über Bodenwellen und durch 3 Tore fahren wird kein Kind ein sicherer Verkehrsteilnehmer.

    Die Verkehrswacht bietet auch einen Verkehrsübungsplatz an. Fürs Autofahren. Gibts da statt Sicherheitsgurten dann so Gummiseile? Bremspedal ausgebaut, weil man schließlich langsam fährt und außerdem noch die Handbremse hat?
    Und dann die Arroganz, sich hinzustellen und zu sagen: "ja, die Bremsen sind nicht für Kinder geeignet. Aber bessere Räder hätten mehr gekostet! Die hier von Kalkhoff gab es schon für 150 Euro."

    Mag sich jemand am kommenden Wochenende mal in der oben genannten Zeit nach Planten un Blomen begeben, um mal Fotos zu machen? Ich hab mich heute nach der unprofessionellen Unterhaltung nicht mehr getraut.
    Vielleicht mal mit "Beweismitteln" eine Stellungnahme verlangen oder das nach oben eskalieren lassen. Kann ja nicht sein, dass die einerseits mit Fördergeldern und Preisen prahlen - sich bei Pflichten aber hinter dem "keine Zeit!" und "Ehrenamt!"-Schild verstecken wollen.

    Das wäre auch so ein Fall von "Schade, dass ich keine Kinder hab". Denn obgleich die Teilnahme freiwillig wäre - einen Haftungsausschluss hat kein Teilnehmer unterschrieben. Und da möchte ich schon mal ganz gern wissen, wie das aussieht, wenn Kinder im Rahmen einer Veranstaltung wissentlich auf Räder gesetzt werden, die nicht verkehrssicher sind.

  • Neulich habe ein Kind mit einem noch dämlicheren Helm gesehen, und zwar so was in blau:


    Ich dachte: Das kann ja wohl nur ein blöder Witz sein! Wenn diese Plastikfinne an einer Kante hängenbleibt oder in einem Gullischlitz, macht es einmal »knacks« und das Genick ist durch. Und dann dieses:

    CE EN1078, TÜV

    Spinne ich oder spinnen die?

  • Man hätte dem Übungsleiter vielleicht demonstrieren können, dass selbst an billigen Bremsgriffen meist eine Einstellschraube für die Griffweite vorhanden ist. Und wozu sie dient.

    Und das Argument "keine Zeit" ist wirklich erbärmlich. Wenn ich zu schnell fahre und der Rennleitung "keine Zeit" als Rechtfertigung präsentiere, kann ich froh sein, wenn ich keinen Aufschlag wegen Vorsatz zahlen muss.
    Auch bei gar nicht oder nicht korrekt gesicherten Kleinkindern im Fahrzeug wird dieses Argument nicht entlastend wirken.
    Aber wenn die Verkehrswacht keine Zeit für wichtige Detailles hat, soll der Bürger das hinnehmen.
    Wie krank ist das denn?

    bye
    Explosiv smilie_be_131.gif

  • ach mein Gott, ich hab gerade mal etwas "recherchiert" (aka "rumgeklickt")

    Also die Verkehrswacht-Hamburg ist ein e.V., der sich aus
    - Spenden
    - Mitgliedsbeiträgen (25EUR p.a. und Mitglied)
    - Einnahmen durch den Verkehrsübungsplatz
    - Geldbußen der Hamburger Gerichte
    - Zuwendungen der Behörde für Inneres und Sport (BIS) der Stadt Hamburg. Allein hierdurch 50.000 p.a.
    finanziert.

    eine Offenlegung von Zahlen und Fakten durch die Verkehrswacht-Hamburg e.V. erfolgt nicht. Vielleicht frage ich mal an, ob man als zahlendes Mitglied einen Rechenschaftsbericht zu sehen bekommt, in dem auch mal Ausgaben/Einnahmen gelistet sind.

    im frei einsehbaren Tätigkeitsbericht für 2015 wird unter der Kategorie "Neben-, freiberufliche und ehrenamtliche Mitarbeiter/-innen" auch Herr T. Fischer erwähnt.

    folgt man dann auf der Webseite der Verkehrswacht-Hamburg dem link zum www.Fahrradaktionstag.com, wird dort der Herr Fischer vorgestellt. Seines Zeichens pensionierter Polizeiverkehrslehrer. Daher also die 19 Jahre lange Erfahrung, dass man den Gurt beim Fahrradhelm nicht einstellen muss, wenn man keine Zeit hat. Schau an.

    auch die Website ist über Herrn Fischer registriert. Das sind nach meiner "Erfahrung" alles zusammen eher Anzeichen dafür, dass Herr Fischer nicht 100% seiner Tätigkeiten ehrenamtlich abwickelt, sondern sich - natürlich nicht zu unrecht! - dafür auch bezahlen lässt.
    Gleichzeitig soll aber kein Geld vorhanden sein, um entsprechende Kinderfahrräder zu kaufen oder aber zumindest die bereits getätigten Fehlkäufe entsprechend nachzurüsten?
    Es soll kein Geld vorhanden sein, um einen Satz Kinderfahrradhelme zu kaufen, die man den "vielen wartenden Kindern" bereits vor dem Aufsatteln aufs Rad an die Hand geben könnte, damit diese den Helm wenigstens rudimentär richtig aufsetzen, man als verantwortlicher Übungsleiter nur noch "nachjustieren" muss?
    Das ist ein Witz!

    Gleichzeitig noch das BMVI als Partner zu listen, passt dann aber wieder.

  • Boah, ich hatte am Wochenende am Falckensteiner Strand in Kiel auch solche Profis, die ihren drei Kindern Helme für Jugendliche oder sogar Erwachsene aufgesetzt hatten, die nicht mal ansatzweise passten. Da war der Vergleich mit Lord Helmchen echt nicht verkehrt.

    Ist das in diesen Fällen nicht schon eine versuchte Körperverletzung (bedingter Vorsatz)?

    Nein. Dazu hätte er ja vorsätzlich die Riemen falsch einstellen müssen, damit sich ein Kind bei einem Unfall verletzt. Das ist nun auf mehreren Ebenen schon weit hergeholt.

  • Wie sieht das eigentlich mit der Hygiene und solchen Leihhelmen aus?

    In jedem Schuhgeschäft gibt es "überziehsocken", die man bei der Anprobe (vor allem bei "nacktem Fuß") auch nutzen soll.
    Aber bei den Helmen wird der von einem Kopf zum nächsten gereicht? Einfach so? Ohne "Buff" oder "Bandana" drunter? Ich bin wahrlich kein Sagrotaniker und klar schleppen Kinder in der Kita auch gern mal Kopfläuse nach Haus. Da hat dann in der Regel die gesamte Kita was davon, alle machen das durch, jeder weiß bescheid. Fertig. Bei solchen Leihhelmen...? hmmm.

  • Läuse werden praktisch nie durch Kopfbedeckungen übertragen. Nichtmal durch Wollmützen. In dieser Hinsicht würde mich am Helm höchstens ein gewisser Ekelfaktor stören, falls ihn jemand so wie ich getragen hat (und die Polster nassgeschwitzt).

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • oh, wieder was gelernt. Läuse also nur durch Köpfe zusammenstecken :)
    gut - vollgeschwitzt werden die Helmpolster bei den Leihdingern da im Parcours sicherlich weniger. Ob die ausgetauscht werden, nachdem sich ein Kind hingelegt hat? Oder ob da 19 Jahre Erfahrung ausreichen, um beurteilen zu können, ob ein Sturz-Helm auch ruhigen Gewissen weiter verwendet werden darf?

  • Neulich habe ein Kind mit einem noch dämlicheren Helm gesehen, und zwar so was in blau:


    Ich dachte: Das kann ja wohl nur ein blöder Witz sein! Wenn diese Plastikfinne an einer Kante hängenbleibt oder in einem Gullischlitz, macht es einmal »knacks« und das Genick ist durch. Und dann dieses:

    CE EN1078, TÜV

    Spinne ich oder spinnen die?

    Die spinnen. Und die Eltern , welche so einen Müll kaufen auch. Letzte Woche hatte ich auch so einen gesehen, in blau. Vater drauf angesprochen. " Hab dich mal nicht so, sieht doch voll lustig aus." Na dann...

  • Mag sich jemand am kommenden Wochenende mal in der oben genannten Zeit nach Planten un Blomen begeben, um mal Fotos zu machen? Ich hab mich heute nach der unprofessionellen Unterhaltung nicht mehr getraut.
    Vielleicht mal mit "Beweismitteln" eine Stellungnahme verlangen oder das nach oben eskalieren lassen. Kann ja nicht sein, dass die einerseits mit Fördergeldern und Preisen prahlen - sich bei Pflichten aber hinter dem "keine Zeit!" und "Ehrenamt!"-Schild verstecken wollen.

    Hätte eventuell Lust und Zeit. Kämest du denn noch mal mit?

  • Die spinnen. Und die Eltern , welche so einen Müll kaufen auch. Letzte Woche hatte ich auch so einen gesehen, in blau. Vater drauf angesprochen. " Hab dich mal nicht so, sieht doch voll lustig aus." Na dann...

    Hmm. In welcher seltsamen Welt lebt ihr?

    Teil 1: Konstruktiv ist das so gelöst, dass die "Rückenflosse" nicht fest mit der Außenhülle verbunden ist. Sieht man schön im Bild. da ist ein hervorragender Spalt. Das Flosserl kann also erfreulich leicht wegknicken, wenn es denn tatsächlich mal auf Scherung belastet werden sollte. Die furchtbar gefährlichen Zähne sind auch aus weichem Kunststoff. Die beißem dem Kind schon nicht das Gesicht ab. Das sieht nur so aus.

    Und Teil 2: In welchem Belastungsfall bleibt denn bitte ein Kind mit der Flosse auf der Helmoberseite an einem Gulledeckel hängen?! Die Begründung gegen den Helm ist doch eine völlig richtige "mit dem Fahrrad passieren sehr wenig Unfälle und diese betreffen dann nochmal seltener den Kopf". Da jetzt einen nochmal zusätzlich um mehrere Faktoren unwahrscheinlicheren Fall der Kratz-Schab-Bewegung, Kopf vorran an einem Gullydeckel so vorbei, dass die Finne hängen bleiben kann, das Kind aber noch genug Schwung drauf hat sich tatsächlich mit Kindergewicht ein Kindergenick zu brechen?

    Wow ... da geh ich lieber Lotto spielen.

    Ruhig und entspannt bleiben. Ein Helm schadet gar nicht so viel, wie es hier gerne propagiert wird. Und auch ein gelegentlicher lustig verzierter Motorradhelm führt nicht automatisch zum grausamen Tod des Fahrers. Das ist in den allermeisten Fällen einfach nur Deko.

  • Boah, ich hatte am Wochenende am Falckensteiner Strand in Kiel auch solche Profis, die ihren drei Kindern Helme für Jugendliche oder sogar Erwachsene aufgesetzt hatten, die nicht mal ansatzweise passten. Da war der Vergleich mit Lord Helmchen echt nicht verkehrt.

    Nein. Dazu hätte er ja vorsätzlich die Riemen falsch einstellen müssen, damit sich ein Kind bei einem Unfall verletzt. Das ist nun auf mehreren Ebenen schon weit hergeholt.

    Er nimmt doch aber billigend in Kauf, dass den Kindern dort etwas passiert. Genauso gut könnte ich ein Fahrzeug verleihen, dessen Bremsen falsch eingestellt sind und dessen Sicherheitsgurte u.U. nicht funktionieren. Dieses billigend in Kauf nehmen ist doch eine Art Vorsatz.?

  • Er nimmt doch aber billigend in Kauf, dass den Kindern dort etwas passiert. Genauso gut könnte ich ein Fahrzeug verleihen, dessen Bremsen falsch eingestellt sind und dessen Sicherheitsgurte u.U. nicht funktionieren. Dieses billigend in Kauf nehmen ist doch eine Art Vorsatz.?

    Falsch eingestellte Bremsen und defekte Sicherheitsgurte sind aber eine bewusste Manipulation mit dem Ziel, anderen Menschen Schaden zuzufügen. Jemandem einen Helm zu verleihen und dessen ordnungsgemäßen Sitz nicht zu kontrollieren halte ich für eine Begründung für versuchte Körperverletzung recht weit hergeholt. Nach der Argumentation wäre es ja auch eine vorsätzliche Körperverletzung, eine Schaukel für Kinder aufzustellen, weil man sich da auch verletzen kann.

  • Jetzt nach 1,5 Jahren würde mich es aber schon interessieren, wie die Geschichte denn ausgegangen ist. Seid Ihr (Malte & DMHH) tatsächlich nochmal dort gewesen? Was war das Ergebnis der hoffentlich lustigen Diskussion?

  • Jetzt nach 1,5 Jahren würde mich es aber schon interessieren, wie die Geschichte denn ausgegangen ist. Seid Ihr (Malte & DMHH) tatsächlich nochmal dort gewesen? Was war das Ergebnis der hoffentlich lustigen Diskussion?

    Öh — soweit ich mich erinnern kann, hat sich das wetterbedingt nicht mehr ergeben.