RWBP - außerorts

  • Das habe ich auch schriftlich von der Stadt Stade bekommen: Wenn man an einer unübersichtlichen Einmündung auf dem "Radweg" umgenietet wird, ist man selbst schuld. :/

    Es ging um solche Stellen:

    An diesen Stellen hat die Straßenverkehrsbehörde die Verpflichtung, gegen den üppigen Bewuchs einzuschreiten, zB indem von den Eigentümern ein Rückschnitt vorgenommen wird. Dies ist entweder durch Zwangsgeld durchzusetzen oder aber durch Ersatzvornahme, wenn diese nicht zu Potte kommen.

    In Bayern steht das in § 29 BayStrWG (in den anderen Bundesländern dürfte es analoge Vorschriften geben):
    "(2) 1Anpflanzungen aller Art und Zäune sowie Stapel, Haufen und ähnliche mit dem Grundstück nicht festverbundene Gegenstände dürfen nicht angelegt werden, soweit sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen können. 2Soweit sie bereits vorhanden sind, haben die Eigentümer und Besitzer ihre Beseitigung zu dulden. 3Die Straßenbaubehörde kann die Verantwortlichen nach Satz 1 verpflichten, verbotene Anpflanzungen und Gegenstände im Sinne von Satz 1 innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen."

  • Also bei einem meiner VG-Verfahren hat die damalige Berichterstatterin der Beklagte das sehr deutlich gemacht, dass sie da einschreiten müsste.

    Daraufhin die Beklagte: "Wissen Sie, was das heißt, wenn man auf dem Dorf in Bayern verlangt, dass die Hecke zur Hauptstraße hin gestutzt werden soll??"

    Berichterstatterin: "Das Recht und die Verpflichtung dazu im Hinblick auf Art. 29 BayStrWG haben Sie jedenfalls".

    In dem Moment wusste ich, dass ich das Verfahren gewinnen werde ;)

    Nachtrag: es ging um diese Stelle.

  • An solchen Grundstücksausfahrten fahre ich auf dem Radweg vorsichtig und langsam vorbei und rechne damit, dass ein Auto unvorsichtig die Ausfahrt verlassen könnte. Gegebenenfalls fahre ich langsam genug, um noch bremsen zu können.

    Höre ich da gerade ein klitzekleines bisschen Victimblaming?:whistling:

  • Eher eine Kombination aus Verdrängung (es fühlt sich auf dem "Radweg" so flauschig an, also kann es gar nicht gefährlich sein) und Selbstüberschätzung (wenn ich nur genug aufpasse, wird mir schon nichts passieren).

  • Eher eine Kombination aus Verdrängung (es fühlt sich auf dem "Radweg" so flauschig an, also kann es gar nicht gefährlich sein) und Selbstüberschätzung (wenn ich nur genug aufpasse, wird mir schon nichts passieren).

    Wo wäre da eigentlich der Unterschied zu einem "Ich fahre auf der Fahrbahn immer vorsichtig und ohne plötzliche Schlenker geradeaus. Bei Dunkelheit benutze ich eine ausreichend helle aktive Beleuchtung. Linksabbiegen zeige ich stets rechtzeitig an und fahre erst, wenn ich sicher erkannt habe, dass ich niemanden dabei gefährde. Die Menschheit braucht daher keine Radwege."

  • Ich glaube, dass da mehrere Dinge zusammenkommen. Als Erstes natürlich, dass den Leuten immer wieder erzählt wird, dass Radfahren ohne "Radweg" eigentlich lebensgefährlich ist. Das fällt aus anderen Gründen auf fruchtbaren Boden:

    In zahlreichen Gesprächen habe ich festgestellt, dass die Angst auf der Fahrbahn vor allem eine Angst ist, den Autoverkehr zu behindern. Das führt dann dazu, dass Aggressionen, denen man dort durch ungeduldige Autofahrer ausgesetzt ist, irgendwie als berechtigt und angemessen akzeptiert werden. Es muss also gar keiner hupen, drängeln oder dicht überholen: Es reicht schon der Gedanke, dass das jederzeit passieren kann und bestimmt gleich passieren wird, weil man das auch irgendwie verdient hat.

    Wer sich selbst als Verkehrshindernis betrachtet, verhält sich auch so: Dicht am Bordstein, in der Dooringzone und auf 50m Entfernung als schreckhaft und unsicher wahrnehmbar.

    Wenn mir Leute erzählen, dass sie in der xy-Straße ständig bedrängt und zu eng überholt werden, kann ich das aus eigener Erfahrung nicht nachvollziehen. Entweder bin ich unempfindlicher, oder es passiert mir tatsächlich deutlich seltener, weil ich mich auf dem Fahrrad so bewege, dass man mir ansieht, dass das völlig normal ist, was ich tue. Wenn hinter mir einer hupt, dann grüße ich freundlich zurück. Wenn ich überholt werde, interessiert mich weniger der Abstand als die Änderung des Abstandes: Wird der Abstand beim Überholen geringer, weil Autofahrer meine Geschwindigkeit unterschätzt haben, dann bremse ich und lasse mich zurückfallen.

  • Das habe ich auch schriftlich von der Stadt Stade bekommen: Wenn man an einer unübersichtlichen Einmündung auf dem "Radweg" umgenietet wird, ist man selbst schuld. :/

    Die Ausführungen beweisen - für jemanden, der logisch denken kann - dass Gefahrenstellen bestehen, denn sonst würde man ja nicht empfehlen, die Geschwindigkeit zu reduzieren. Aber Logik und deutsche Behörden, na ja, schwieriges Thema.

  • Sinngemäß war das auch meine Antwort darauf, dass die Stadt damit selbst eingeräumt hat, dass es auf dem "Radweg" Gefahrenstellen gibt.

    Die "Argumentation" der Stadt ging in die selbe Richtung, wie man es auch immer wieder von Fahrbahnverweigerern hört: Die Risiken auf dem Radweg kann man durch umsichtiges Verhalten selbst beeinflussen, während man auf der Fahrbahn den Gefahren hilflos ausgeliefert ist.

    Ein Blick in die Unfallstatistik zeigt, wie gut das in der Realität klappt (gar nicht). Ich glaube sogar, dass es umgekehrt ist und die gefühlte scheinbare Sicherheit auf Radwegen die Leute äußerst unvernünftige Dinge tun lässt.

  • Wo wäre da eigentlich der Unterschied zu einem "Ich fahre auf der Fahrbahn immer vorsichtig und ohne plötzliche Schlenker geradeaus. Bei Dunkelheit benutze ich eine ausreichend helle aktive Beleuchtung. Linksabbiegen zeige ich stets rechtzeitig an und fahre erst, wenn ich sicher erkannt habe, dass ich niemanden dabei gefährde. Die Menschheit braucht daher keine Radwege."

    Mache ich alles so auch beim Benutzen des Hochbordfahrradweges. Und nicht nur das Linksabbiegen zeige ich an, sondern auch das Rechtsabbiegen. Und beim Rechtsabbiegen immer auch auf Fußgänger achten! Kurioserweise ist es so, dass Fußgänger*innen häufig den abbiegenden Fahrradverkehr Vorrang gewähren lassen wollen. Auch wenn ich auf der Fahrbahn fahre passiert mir das. Mache ich aber nicht mit, weil es Verwirrung stiftet, wo ohnehin schon Verwirrung herrscht. Denn es gibt Fußgänger*innen, die machen das aus Sympathie mit den Radfahrenden, die wollen nicht, dass du den Schwung verlierst.

    Es gibt aber auch Fußgänger*innen, die meinen, sie seien auch dann wartepflichtig, wenn sie sich selbst im Geradeausverkehr bewegen und dann ein abbiegendes Fahrzeug ihren Weg kreuzt. Und da werde ich lieber "erzieherisch tätig", indem ich warte bis der Geradeaus-Fußverkehr die Straße überquert hat.

    Höre ich da gerade ein klitzekleines bisschen Victimblaming?:whistling:

    Ich schrieb, dass ich auf dem Hochbordradweg an Ausfahrten vorsichtig fahre, das hat aber nichts mit Victimblaming zu tun, sondern ist wohl vor allem dem Umstand geschuldet, dass ich in der Regel auf einem wenig agilen "Biobike" unterwegs bin. Aber selbst mit einem sportlichen Biobike bin ich kaum schneller als 15 km/h unterwegs, mehr gibt meine Kondition nicht her außer für kurze Streckenabschnitte oder wenn es bergab geht. (Ist in Hannover topografisch bedingt eher die Ausnahme.) Und 15 km/h ist an und für sich schon ein eher vorsichtiges Tempo. Und wenn dann eine besonders kritische Ausfahrt kommt, dann reduziere ich halt auf 12 km/h (geschätzt).

    Es ist mir klar, dass es deutlich schnellere Fahrradfahrer*innen gibt, für die ein Schnitt von 25 bis 30 km/h üblich ist. Und dafür sind alte Hochbordradwege ein komplett ungeeignetes Terrain. Und deshalb habe ich großes Verständnis für die Kritik an vielen Fahrradwegen. Als mögliche Antwort sehe ich duale Radverkehrsangebote. Habe dazu auch einen eigenen Thread gestartet.

  • Freigegebene Gehwege meide ich überall.

    Sind schon 241er kaum in irgendwas von Gehwegen unterscheidbar, gilt das für 240er erst recht. Sie sind freigegebene Gehwege, in der Praxis, bei den Gerichten. Bei beiden natürlich nur in eine Richtung: Als Pflicht an den Radfahrer und recht an alle anderen. Hier vor Ort war dem Amtsrichter das so egal, das er nichtmal nachsah.

    An den Fall in den 90ern, der es in die juristische Fachpresse schaffte, muß ich hoffentlich nicht erinnern.