Es ist also ein Frage des Ausbaus, trotzdem wird der ÖPNV nie alle Verbindungen so darstellen können, wie ein Gefährt, mit dem man einfach von A nach B fährt.
Das ist absolut richtig und es ist zugleich ein Problem, dass sich erst durch die Anwesenheit des Autos als schnelles Verkehrsmittels ergibt. In einer Welt ohne Autos würde es schnelle ÖPNV-Verbindungen dort geben, wo viele Menschen zusammenkommen, das ist durchaus vergleichbar mit den heutigen ÖPNV-Netzen. Nur dass heute von vielen Autofahrer*innen erwartet wird, genauso schnell oder besser schneller noch als mit dem ÖPNV dorthin zu kommen, wo vernünftige Menschen, den ÖPNV benutzen. (Oder das Fahrrad.) Diese Erwartungshaltung, mit dem Auto überall hinzukommen, ist ja ein wichtiger Hintergrund für die Diskussion um Parkplätze in der Innenstadt.
Ein anderer Aspekt ist: Vielen Menschen, ist es wichtig, dass sie das Auto als ein Verkehrsmittel ständig zur Verfügung haben, um dort hinzukommen, wo sie mit dem ÖPNV nicht hinfahren könnten oder nur umständlich hinfahren könnten. Besonders an den Landkreis-Grenzen, bzw. an den Grenzen der Nahverkehrs-Tarifverbünde spielt das eine große Rolle.
Link zu Wikipedia, Karte mit Tarifverbünden in Deutschland: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…Deutschland.png
Je näher man an den Rand eines Nahverkehrs-Tarifverbundes kommt, umso einseitiger sind die guten ÖPNV-Verbindungen ausgerichtet. Daran wird sich im Prinzip auch dann nichts ändern, wenn das Auto als Verkehrsmittel, so wie wir es heute kennen, "endgültig Geschichte ist". Allerdings gäbe es dann deutlich bessere und attraktivere Verbindungen mit dem ÖPNV dorthin, wo Einkaufsmöglichkeiten, viele Arbeitsstätten, Ärzte, Kultur usw. ist. Das Pedelec oder Speed-Pedelec kann dann dazu beitragen, Menschen "Flügel zu verleihen", die zusätzlich mal im Nachbar-Tarifverbund vorbeischauen wollen, was es dort so gibt und denen die Tarifverbund-übergreifenden ÖPNV-Verbindungen nicht ausreichen.
Die Frage ist doch eher, was finden die Leute noch zumutbar. Und so lange das Auto überall noch flott hinkommt und nahezu umsonst rumstehen darf, ist die Zumutbarkeitsspanne eher gering.
Sehe ich auch so. Was die Sache allerdings noch schwieriger macht: Das Wort Zumutung ist ziemlich vergiftet. Das führt in der Diskussion immer gleich zu heftigen Abwehrhaltungen. Musste ich gerade selbst hier erleben, als ich den Vorschlag auf den Tisch packte, dass Pedelecs schon bei 20 km/h abgeregelt werden sollten. Wie es trotzdem funktionieren kann, mit den Zumutungen, zeigt in einer noch umfangreicheren Darstellung Ulrike Herrmann auf. Sie sieht die britische Kriegswirtschaft als Vorbild für eine umfassende Wende zu einem nachhaltigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem.
Abschied vom Wachstum: Schrumpfen in Schönheit, taz vom 12.10.19