Weihnachtsmarkt, Fahrradständer, Glühweintische und rechtliche Grundlagen

  • Beim Weihnachtsmarkt in der Hamburger Innenstadt werden auch in diesem Jahr wieder Fahrradstellplätze zu Glühweinständen umfunktioniert:

    Die Stellplätze auf der linken Seite werden erfahrungsgemäß ebenfalls noch umgebaut.

    Nun könnte man ja wenigstens rechtzeitig ein Schild anbringen, dass diese Plätze ab dem 21. November nicht mehr zur Verfügung stehen, aber dazu sieht man sich offenbar nicht in der Lage. Laut meinen Kollegen waren einige an den rechten Stellplätzen angeschlossene Räder so weit gekippt und die Schlösser an den seitlichen Beinen heruntergezogen worden, damit die Tischplatte montiert werden konnte. Das kann ich nicht verifizieren, ich habe es leider nicht gesehen, aber ich wäre ja nicht so froh, wenn jemand mein angeschlossenes Rad auf den Boden dreht.

    Nun kann man natürlich zurecht bemängeln, dass eh niemand mit dem Fahrrad zum Weihnachtsmarkt führe, aber diese Stellplätze befinden sich vor unserem Bureaugebäude, dort herrscht selbst im Winter eine gewisse Knappheit an Fahrradstellplätzen, da schmerzt es durchaus, wenn die Hälfte noch zu Glühweintischen umgebaut wird.

  • Ich finds, abgesehen von der Vorgehensweise ohne Sperrung, eine coole Idee. Hier zur Kieler Woche werden die Fahrradbügel auf dem Rathausparkplatz auch zu Stehtischen.

    Fährräder würden dort heutzutage wahrscheinlich eh als Sicherheitsrisiko nicht mehr geduldet. Insofern kann ich mir sogar vorstellen, dass die Nutzung als Tisch nur der sekundäre Nutzen ist.

  • Hier zur Kieler Woche werden die Fahrradbügel auf dem Rathausparkplatz auch zu Stehtischen.

    Da drüben am Fleethörn?

    Für mich stellt sich aber immer noch die Frage, die man sonst nur als Kraftfahrer kennt: Wo parkt man denn nun? Mit dem Auto bekommt man werktags grundsätzlich immer einen Stellplatz, spätestens im nächsten Parkhaus für ein paar Euro pro Stunde. Mit dem Weihnachtsmarkt drumherum ist der nächste Stellplatz fürs Fahrrad jetzt echt weit entfernt und weiter hin zum Hauptbahnhof will man ja auch nicht unbedingt parken.

  • Es geht nun wieder los. An der Mönckebergstraße wurden Zettel an den Fahrradständern aufgehängt, die man aber erst einmal finden und dann auch noch lesen muss. Die vielen leeren Kabelbindern an den übrigen Fahrradständern lassen mich vermuten, dass hier schon einige Zettel abgängig sind. Ich find's allerdings auch ein bisschen sportlich, dass diese Zettel nach meiner Kenntnis mit nicht einmal zwei Tagen Vorlauf aufgehängt wurden — bei einem temporär eingerichteten Haltverbot beträgt die Vorlauffrist immerhin ganze 72 Stunden und wenn der Wagen bei der Aufstellung der Schilder bereits dort stand, wird nur das Bußgeld fällig, aber nicht die Kosten für den Abschleppvorgang. Bei diesen Rädern wird dann offenbar kein Bußgeld fällig, dafür bezahlt man quasi den Abschleppvorgang und darf sich dann mit Kratzern und Schäden am Fahrrad herumärgern.

    Nun wieder zu meiner Lieblingsstelle direkt gegenüber vom Bureau. Ich lauere da schon täglich drauf und schoss Freitag noch dieses Foto — wie man sieht, keinerlei Hinweise auf etwaige Sperrungen, kostenpflichtige Entfernungen der Räder oder eine Umwidmung der Fahrradständer in Tische.

    Aber wozu auch Schilder aufhängen, wenn’s auch so geht? Die 2G-Umfriedung fasst jetzt teilweise den Fahrradständer mit ein, wo meines Wissens wieder Tische aufgebaut wurden, und das Fahrrad dort ist mit einem Schloss meines Arbeitgebers angeschlossen, gehört also mutmaßlich einer Kolleg*in.

    Ich fragte also nach, bis wann das Rad entfernt werden muss: Am liebsten sofort, aber allerspätestens morgen. Sonst kommt die Flex und das Rad wird der Entsorgung zugeführt. Nachdem die Leute dort schon ein bisschen schroffer waren, weil sie ihren Weihnachtsmarkt aufbauen wollten und ich mit meiner Anwesenheit die Arbeiten mit dem Gabelstapler behinderte, fragte ich lieber nicht nach der Rechtsgrundlage für diesen Vorgang.

    Aber hier im Forum traue ich mir die Frage dann doch zu: Nach welcher Rechtsgrundlage kann denn ein solcher Fahrradständer „entwidmet“ werden, um dort angeschlossene Räder einfach mal so binnen zwei Tagen abflexen und entsorgen zu wollen? Ich selbst käme ja bekanntlich nie auf die Idee, mein Fahrrad draußen stehen zu lassen, geschweigedenn über Nacht, aber für den einen oder anderen mag es ja eine Option sein, hier übers Wochenende zu parken, weil man beispielweise von Freitag bis Montag mit der Bahn in die Heimat fährt. Da guckt man dann aber schon blöd, wenn ohne Vorwarnung das Rad am Montag einem Weihnachtsmarkt gewichen ist.

  • Das geht natürlich alles auch noch mal eine Nummer lustiger:

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  • Alles rund um das Entfernen des Fahrrades ist Zivilrecht, solange die Polizei nicht hoheitlich tätig wird.

    Danke für den Paragraphen. Das heißt, wenn tatsächlich im Laufe des morgigen Tages das Rad dort weggeflext wird, dann kann der Eigentümer aber doch erst einmal mit der Polizei anrücken und den Verdacht der Sachbeschädigung in den Raum stellen?

  • Uff. Aber dann wird doch wohl die Sondernutzung nur unter der Maßgabe erteilt, dass solche Veränderungen wie die Entfernung von Fahrrädern nur mit einer entsprechenden Ankündigung und dazugehöriger Frist durchführbar sind?

  • Ich habe momentan noch ein Problem mit der Vorstellung, dass ich einfach fröhlich für einen Weihnachtsmarkt oder eine andere Veranstaltung eine Sondernutzung beantrage, damit einen Fahrradständer in Beschlag nehme, kurzerhand von heute auf morgen ohne weitere Ankündigung die Flex ansetze und die Räder anschließend einfach auf den Müll werfe. Oder ich werfe sie nicht in den Müll, sondern suche mir noch ein schönes Rennrad raus für die Cyclassics.

    Und das einzige Instrument des Geschädigten, der am nächsten Morgen sein Fahrrad sucht, ist der kostenintensive Privatweg über das Zivilrecht? Da lacht mich meine Rechtsschutzversicherung direkt aus, ich kann also entweder ein paar hundert Euro für den Anwalt hinlegen oder mir einfach ein neues Fahrrad kaufen? Das mag ich irgendwie nicht einsehen.

  • und die Räder anschließend einfach auf den Müll werfe. Oder ich werfe sie nicht in den Müll, sondern suche mir noch ein schönes Rennrad raus für die Cyclassics.

    Das ist natürlich Blödsinn. Es gilt weiterhin das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Außerdem entsteht durch die Geschäftsführung ohne Auftrag ein vertragsähnliches Verhältnis mit allen Rücksichtnahmepflichten. D.h. der Typ mit der Flex kann das Schloss knacken, wenns nicht anders geht (!) und ist dann dafür zuständig, das Fahrrad sicher zu verwahren und an den rechtmäßigen Eigentümer herauszugeben. Ggfs, hat er Ersatz für das Schloss zu leisten. Soweit die Theorie.

  • bei einem temporär eingerichteten Haltverbot beträgt die Vorlauffrist immerhin ganze 72 Stunden

    Anmerkung eines Germanisten: das Wort "ganze" bedeutet in dieser grammatikalischen Konstruktion: "nur, lediglich".

    Du meinst sicherlich das Gegenteil. Dafür steht "volle" zur Verfügung: "volle 72 Stunden".

    Sehr häufiger Fehler in den letzten Jahren, auch in Profimedien.

  • D.h. der Typ mit der Flex kann das Schloss knacken, wenns nicht anders geht (!) und ist dann dafür zuständig, das Fahrrad sicher zu verwahren und an den rechtmäßigen Eigentümer herauszugeben. Ggfs, hat er Ersatz für das Schloss zu leisten. Soweit die Theorie.

    Dann werde ich mir morgen im Bureau mal einen Platz am Fenster buchen und genau beobachten, was sich dort unten tut.

  • Gibt es schon Neuigkeiten? Offenbar passiert gerade in München dasselbe:

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