Der neue Bußgeldkatalog ist da

  • Es geht um alle Verstöße im ruhenden Verkehr. Wenn der Halter keine Auskunft über den Fahrer erteilt, trägt er die Verfahrenskosten iHv 28,50 €.

    Ist das spezifisch für Verstöße im ruhenden Verkehr? Wodurch?

    Geht das beliebig oft?

    Jedenfalls dämlich. Haben Punkte-Verstöße damit überhaupt den gewünschten Abschreckungseffekt?

    Und ist es dann eventuell besser, eher Verstöße ohne Punkt zu verschicken, wie z. B. nur kurzes Gehwegparken statt 1h?

  • Ist das spezifisch für Verstöße im ruhenden Verkehr? Wodurch?

    Ja, gilt mWn nur im ruhenden Verkehr. Quelle nehme ich gerne, wenn du eine findest :)

    Geht das beliebig oft?

    Das kommt darauf an, wie die Behörden reagieren. Es gibt viel Rechtssprechung zur Verhältnismäßigkeit von Fahrtenbüchern.

    Die Grundregel ist:

    - Verstöße ohne Punkte -> Fahrtenbuch erst nach vielen Verstößen

    - Verstöße mit 1 Punkt -> Bereits der erste Verstoß kann ausreichend sein, wenn noch ein paar weitere Dinge erfüllt sind. 6 Monate Fahrtenbuch sind dann gerechtfertigt.

    - Verstöße mit mehr Punkten -> keine Ahnung.

    Die Anordnung eines Fahrtenbuchs ist für die Behörde auf jeden Fall optional. Wenn die nicht wollen, wird es auch keine vermehrten Fahrtenbücher geben. Und selbst wenn sie wollen, wird die Einhaltung nicht unbedingt kontrolliert.

  • - Verstöße ohne Punkte -> Fahrtenbuch erst nach vielen Verstößen

    Für welche Fälle ist das relevant? Vermutlich nur für die, die über der Verwarnschwelle von 60 Euro liegen und trotzdem keinen Punkt bringen. Oder auch für so 30-Euro-Krams?

    - Verstöße mit 1 Punkt -> Bereits der erste Verstoß kann ausreichend sein, wenn noch ein paar weitere Dinge erfüllt sind. 6 Monate Fahrtenbuch sind dann gerechtfertigt.

    Mein Fokus sind Themen mit einem Punkt, weil die laut neuem BKAT doch recht oft auftreten können. Was für weitere Umstände gibt es denn, die so ein Fahrtenbuch begünstigen?

    Eigentlich geht es mir einfach um die Frage, wie man mit notorischen Radwegparkern umgeht. Was passiert, wenn die 10x in zwei Monaten mit Behinderung auf dem Radweg parken? Reden die sich raus und zahlen lächerliche 285 Euro oder müssen die auch mal den Lappen abgeben?

  • Stand momentan ist imho:

    Fahrender Verkehr -> Fahrerhaftung

    Ruhender Verkehr -> Halterhaftung

    im Gegensatz zu Österreich z. B. Deswegen ist in vielen europäischen Ländern das Blitzfoto von hinten ausreichend, hier im Land wird eben von vorne geblitzt zur Fahrerfeststellung. Sonst wirds schwierig und genau deswegen kann man EU-Auslands-Geschwindigkeitsverstöße relativ relaxt sehn, solange es kein Bild von vorne gibt oder vor Ort der Fahrer festgestellt wurde. Die können in Deutschland zwar ab 75€ meine ich, vollstreckt werden, aber ohne Angabe zum Fahrer problematisch, weil nicht dem hiesigen Recht entsprechend. Deswegen kostet Falschparken in Italien als Nicht-Italinier automatisch über 75€. Ausnahme Österreich, die haben schon lange ein Rechtshilfeabkommen mit Deutschland, da weiß ich, das schon kleinere Beträge vorllstreckt werden + Gebühren.

    Prinzipiell hat der private Halter hier immer die Möglichkeit, die Fahrerauskunft zu verweigern. Man muss z. B. keine Familienmitglieder belasten. Oder er weiß nicht, wer gefahren ist, weil mehrere Personen Zugriff auf den Wagen haben. Antwort auf die Weigerung kann die Fahrtenbuchauflage sein.

    Großer Wurf wäre, die Halterhaftung für den ruhenden Verkehr zu ändern, nicht zu erwarten.

    Ob es groß Fahrtenbuch-Auflagen geben wird, leibt wiederum abzuwarten. Aber es wird sich relativ schnell herumsprechen, das man nicht schlau ist, wenn man de Fahrer bei derartigen Delikten angibt.

    Sind Österreicher oder Schweizer hier? Wie siehts da aus im ruhenden Verkehr?

  • Ruhender Verkehr -> Halterhaftung

    Ich finde den Begriff "Halterhaftung" in dem Zusammenhang irreführend. Denn der Halter haftet nicht für den Verstoß. Das wäre eine echte Halterhaftung

    Er muss nur die Verwaltungsgebühren bezahlen, wenn er keine Auskunft erteilt, wer gefahren ist.

    Sind Österreicher oder Schweizer hier?

    In Österreich besteht nach kurzer Recherche IMMER die Pflicht, den Fahrer mitzuteilen. Auch bei nahen Angehörigen. Wenn er dem nicht nachkommt, bekommt er dafür eine Strafe. Die ist dann genauso hoch wie die Strafe für den eigentlichen Verstoß.

  • So müsste man das halt dann auch hier ändern, aber das wäre wohl ein ziemlich großer Eingriff in unserer Rechtsprinzip.

    Vielleicht wars ja auch Absicht mit den Strafen und Punkten, weil dabei so wieso nicht wirklich was passiert. Und deswegen der "Fehler", um die Strafen bei den Geschwindigkeitsübertretungen zu mindern, während die für den ruhenden Verkehr gar nicht zur Diskussion standen, soweit ich das überhaupt mitbekommen habe.

  • aber das wäre wohl ein ziemlich großer Eingriff in unserer Rechtsprinzip.

    Ja, wäre es wohl.

    Das Zeugnisverweigerungsrecht ist ja durchaus eine gute Sache. Denn der Angeklagte in einem Strafprozess muss ja zumindest mal mit irgendwem offen reden können. Das gehört zu einem fairen Prozess.

    Aber der Staat muss Missbrauch vorbeugen können und es auch machen. Gerade im ruhenden Verkehr ist das durch die seltenen und laschen Fahrtenbuchauflagen mMn aktuell nicht unbedingt gegeben.

  • Den Vergleich finde ich spannend. Also ein Auto verhält sich ähnlich wie ein Internetanschluss: er gehört jemandem und man kann damit Straftaten begehen.

    Das kann man ja mal miteinander vergleichen. Das Folgende ist mein Laienergebnis.

    Der erste große Unterschied im Umgang ist der Datenschutz: praktisch jeder Polizist kann locker abfragen, wem ein Auto gehört. Bei einem Internetanschluss braucht er dafür einen Gerichtsbeschluss.

    Dann gibt es beim Internetanschluss eine Änderung der Beweislast: wenn über einen Anschluss eine Straftat verübt wird, gehen Gerichte davon aus, dass es der Inhaber war. Wie hoch die Hürde zur Widerlegung ist, ist umstritten. Wenn das bei einem Internetanschluss verfassungsrechtlich möglich ist, müsste es ja auch bei Autos gehen.

    Allerdings treibt es bei Internetanschlüssen auch mal komische Blüten, wie der Link zeigt.

    Die Störerhaftung hingegen ist nicht auf beide anwendbar. Denn sie ist ein zivilrechtliches Konstrukt, das soweit ich sehe nicht auf das Strafrecht übertragen wird.

  • Der erste große Unterschied im Umgang ist der Datenschutz: praktisch jeder Polizist kann locker abfragen, wem ein Auto gehört. Bei einem Internetanschluss braucht er dafür einen Gerichtsbeschluss.

    Sowas unterschreiben Richter im Akkord ohne raufzugucken. Ist also ne reine Formsache.

    Dann gibt es beim Internetanschluss eine Änderung der Beweislast

    Und genau das ist der Punkt. Ich würde sagen da waren sowohl die Auto-Lobby als auch die Content-Mafia sehr erfolgreich.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Vom Grundsatz her halte ich es für angemessen, wenn der Inhaber so eines "Anonymisierers" (also Fahrzeughalter oder Anschlussinhaber) Auskunft über die tatsächlich handelnden Personen erteilen muss. Sonst entstehen Räume, in denen das Recht nicht mehr durchgesetzt werden kann.

    Die Ausgestaltung in der Praxis wäre beim Auto recht einfach: der Halter kann und muss es wissen.

    Bei Internetanschlüssen ist das dicht an der Grenze zur technischen Unmöglichkeit. Selbst wenn die Router die gesamte Kommunikation aufzeichnen würden.

  • Oder anders zusammen gefasst: Wenn du der Allgemeinheit etwas gutes tust, indem du z.B. den von der Politik verpennten Netzausbau privat etwas durch einen Freifunkknoten ausgleichst, dann riskierst du bestraft zu werden. Auch wenn du von dem was da passiert überhaupt keine Ahnung hast und selbst nichts böses getan hast.

    Wenn du allerdings der Allgemeinheit etwas schlechtest tust, indem du egoistisch dein Wohl über das aller Anderen setzt und dir ein SUV für die Stadt kaufst, dann:

    - Bist du das arme Opfer wenn dir jemand das Auto stiehlt und damit Schaden anrichtet. Du konntest ja nicht wissen, das schlüssellose Systeme leicht zu knacken sind.

    - Wirst du selber so gut wie nie für vorsätzliche Vergehen (Führerschein heißt man müsste es wissen) wie falsches parken bestraft, weil so sollst du denn auch sonst dein Ungetüm abstellen.

    Ich fände die Vorstellung interessant, man würde Autofahrer genauso behandeln wie Internetnutzer:

    - Man würde als riskieren Störer für Schäden die damit angerichtet wurden zu haften, wenn einem, das Auto geklaut wird.

    - Man würde Wohnungen durchsuchen, weil jemand einen anderen Fahrer, der provokant fährt, angehupt hat, dieser Andere aber zufällig den Job eines Innensenators hat.

    - Leute würden nach dem Autokauf feststellen, das das Auto nur 20 km/h schafft, der Hersteller hat halt bis zu 200 km/h angegeben, aber Autos auf dem Land schaffen oft nicht viel Tempo.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Man würde als riskieren Störer für Schäden die damit angerichtet wurden zu haften, wenn einem, das Auto geklaut wird.

    Soweit ich weiß, haften Autofahrer durchaus für Schäden, wenn sie ihr Fahrzeug nicht abschließen und es dann "fremdgenutzt" wird. Und wahrscheinlich erst recht, wenn sie ein großes Schild "zur freien, anonymen Benutzung" dranmachen.

    Das dürfte in etwa das Analogon zu den Freifunkern sein, oder?

  • Soweit ich weiß, haften Autofahrer durchaus für Schäden, wenn sie ihr Fahrzeug nicht abschließen und es dann "fremdgenutzt" wird. Und wahrscheinlich erst recht, wenn sie ein großes Schild "zur freien, anonymen Benutzung" dranmachen.

    Das dürfte in etwa das Analogon zu den Freifunkern sein, oder?

    Da ging es mir mehr darum, dass auch schlecht gesicherte WLANs zur Störerhaftung führen können. Man denke bei PKWs da mal an die KeyLess Systeme, die massiv unsicher sind....

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • Hier der bundeseinheitliche Tatbestandskatalog: https://www.kba.de/DE/Themen/Zent…btkat_node.html

    Ich habe gestern mal ein bisschen gestöbert und ein paar Tatbestände gefundenden, die ich noch nicht kannte, die nicht primär zum Schutz von Radfahrenden konzipiert wurden aber evtl hilfreich sein könnten und solche, bei denen ich gar nicht wusste, wie hoch das Bußgeld ist.

    Überraschat war ich zum Beispiel von folgendem Tatbestand und dessen Bußgeldhöhe (ist das neu, und warum fehlt da das Halten auf dem Radwegteil?!):

    Code
    141737 Sie hielten mit einem Kraftfahrzeug über 3,5 t zul. Gesamtmasse  
    (ausgenommen Pkw und KOM) auf dem Gehweg/auf dem gemeinsamen
    Geh- und Radweg/auf dem Gehweg des getrennten Rad- und Gehwegs/im
    Bereich einer Fußgängerzone *), obwohl dieser für Sie durch Zeichen
    239/240/241/242.1 **) gesperrt war.
    § 41 Abs. 1 iVm Anlage 2, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG;
    141.1 BKat
    
    
    100,00 Eur
  • (ist das neu, und warum fehlt da das Halten auf dem Radwegteil?!)

    Das mit dem Radwegteil dürfte bei den Radwegen stehen. Die Tatbestände sind nicht wirklich neue, aber deren Höhe wurde kräftig hochgeschraubt mit der Option auf einen Flenspunkt bei Behinderung, was man eig. oft konstruieren können sollte. Allerdings braucht man dafür rechtssicher den Fahrer und nicht nur den Halter ...

  • Code
    141090 Sie hielten auf einem Geh- und Radweg (Zeichen 240/ 241*)). 0 
    § 41 Abs. 1 iVm Anlage 2, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG;
    -- BKat Tab.: 741034
    50,00

    Da ist der gesuchte TB. Seltsamerweise kostet das für Fahrzeuge >3,5t (bei getrenntem Rad/Gehweg oder separtem Radweg ) auf dem Radwegteil 50 Eur und auf dem Gehwegteil 100 Eur....

  • Code
    141090 Sie hielten auf einem Geh- und Radweg (Zeichen 240/ 241*)). 0 
    § 41 Abs. 1 iVm Anlage 2, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG;
    -- BKat Tab.: 741034
    50,00

    Da ist der gesuchte TB. Seltsamerweise kostet das für Fahrzeuge >3,5t (bei getrenntem Rad/Gehweg oder separtem Radweg ) auf dem Radwegteil 50 Eur und auf dem Gehwegteil 100 Eur....

    Autofahrer sind immer auch Fußgänger, nämlich auf dem Weg zum/vom geparkten Fahrzeug, oder beim Gassigehen mit dem Wauwau, der zuvor im Käfig im Kofferraum rantransportiert wurde.

    Fahrradfahrer sind halt immer nur Fahrradfahrer.

  • Gilt das Halteverbot auf dem Radfahrstreifen auch für ADAC-Pannenhilfe-Fahrzeuge?

    Und gibt es für den ganz speziellen Fall, dass ein Auto abgeschleppt, bzw. aufgeladen und abgefahren werden muss, Ausnahmen von der Regel, dass auf Radfahrstreifen nicht gehalten werden darf?

    Hier die Stelle auf googlemaps:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.com

    Habe die Szene von der Haltestelle aus fotografiert und hatte keine Zeit zu beobachten was, weiter passiert.