Rad oder Auto - wem gehört die Straße?
So fragt das Hamburger Abendblatt in der Wochenendausgabe vom 13./14. September 2014.
Die Frage selbst wird, wie üblich, nicht klar beantwortet; ist sie doch bereits linguistisch unscharf, wenn nicht absichtlich provokant falsch gestellt.
Das der Autor die begriffliche Trennung von Straße und Fahrbahn kennt, geht zumindest aus dem Folgetext eindeutig hervor.
Immerhin: Selbst beim autofixierten Leser dürfte hängen bleiben, dass der "breite und bestens ausgebaute Radweg" in HH größtenteils marode ist, dass es scheinbar Regeln wie Mindestmaße gibt, die so gut wie nie erfüllt werden, und es scheinbar deswegen bereits mehrere Gerichtsurteile gab, die dem Rad fahrenden das radeln auf der Fahrbahn erlauben. Die 'Normalmaße' eines Radwegs nach ERA werden sicherheitshalber gar nicht erst erwähnt.
Ob aber die Ankündigung, nun alle Radwege zu überprüfen, eine ernst zu nehmende politische Neuigkeit ist, oder ob das nicht eh zu den regelmäßigen Standardaufgaben gehört, die hier medial aufgebauscht wird und deren bisheriger Erfolg ja für sich selbst spricht, sei dahin gestellt. Die Zukunft wird's zeigen. Das nun rasch zumindest alle illegal und regelwidrig weiterbestehenden Benutzungspflichten freiwillig abgebaut werden, scheint dann doch utopisch.
Die Straßen gehören aber, nur, um es noch erwähnt zu haben, und weil es im Artikel fehlte, bis auf weiteres zumindest, weiterhin dem Staat (HH) und über die Nutzung entscheidet die StVO. Nichts neues also seit über 15 Jahren! Erschreckend nur, wie lange man benötigt hat um in HH die Gesetze umzusetzen, was ganz versteckt am Rande in der Aufzählung der Historie anklingt.
Der Leserkommentar von Axel Tiedemann schwört dann, im Einklang mit dem Artikel, auf Fahrbahnpinseleien, die für eine "Trennung" auf der Fahrbahn sorgen.
Was eben diese Trennung an Nachteilen gegenüber gemeinsamer Fahrbahnnutzung birgt, und wie fachkundig solche Malereien angelegt werden und die Situation vielfach eher verschlimmbessert haben, will man dabei wohl gekonnt ignorieren.
Die Situation wird als alternativlos dargestellt und bessere Schutzstreifen der einzig mögliche Ausweg um in der 'fertigen' Stadt alle zufrieden zu stellen.
Das es sehr wohl noch andere Alternativen gibt wird dem Leser gekonnt vorenthalten. Es wäre auch ebenso möglich, alles Blau von den Radwegen zu entfernen und diese generell als optional anzubieten, aber eben trotzdem zu sanieren, um auch dem Rentner und dem unsicheren Freizeitfahrer weiterhin eine Plattform zu bieten. Gleichzeitig mittels medialer Mittel und Aufklärung auch in Schulen und Fahrschulen die freundschaftliche, gemeinsame Nutzung von Fahrbahnen zu fördern und zu forcieren und deren oft angezweifelte Legalität und Sicherheit unmissverständlich klarzustellen.
Schilder abzuschrauben und Medienkampagnen dürfen dabei wahrscheinlich sogar noch deutlich günstiger sein, als halbgare, schlechte durchdachte Straßenpinseleien, die staatlich konditionierte Geisterfahrer plötzlich auf die Fahrbahn lockt, ängstliche Radler in den Dooringbereich zwingt, und ungeduldige Autofahrer zu noch riskanteren Überholmanövern animiert, ohne dabei das "Prinzip Radweg" auch nur im geringsten zu mindern.
Nicht, das es gar keine Beispiele gäbe, wo Radpinseleien auf der Fahrbahn nicht auch schon Sinnvolles bewirkt hätten. Doch meist beschränken sich diese wenigen Positivbeispiele auf eh schon verkehrsarme und beruhigte Strecken, die vorher mit nicht benutzungspflichtigen Fake-Radweg ausgestattet waren und wo die 'gesamte' Straße in kompletter Länge saniert und überarbeitet wurde, es also ein Gesamtkonzept gab, und nicht mal hier 50 m und dort 100 m hingewurschtelt wurden um dann wieder zurück aufs marode Hochboard zu führen.
Immerhin: Schaden kann so eine Überprüfung nicht. Und die Hoffnung stirbt zuletzt.
Ps: Ich bin ja sehr gespannt, ob es in den Kommentaren wieder wie üblich 'rund' geht.
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