Tolle Radwege in Schleswig-Holstein

  • Ansonsten bot sich heute das übliche Bild: „Radwegschäden“ überall. Das geht nicht nur aufs Material, sondern auch auf die Nerven. Der Schnitt bleibt irgendwo unterhalb der 20 Kilometer pro Stunde hängen, aber mehr ist halt nicht drin, außer man wechselt auf die Fahrbahn und legt sich dort mit zornigen Kraftfahrern an.

    Mitunter gibt es dann solche Kunstwerke, wobei leider offen bleibt, ob hier der Radverkehr wirklich nicht mehr auf dem gemeinsamen Fuß- und Radweg gewünscht wird oder ob es beim Versuch blieb, eine Benutzungspflicht aufzuheben, das Radfahren aber weiterhin zu gestatten. Das klappt natürlich nicht, denn ein Gehweg ohne [Zeichen 240] ist ein Gehweg, aber ich frage mich, warum man nicht einfach mit [Zeichen 239] für Klarheit gesorgt hat. Vermutlich wollte man eben doch nur die Benutzungspflicht aufgehoben werden. Dort auf der Fahrbahn zu fahren war echt unentspannt.

    Dann die berühmte Strecke entlang der ehemaligen Kursbuchstrecke 113r der meterspurigen Eckernförder Kreisbahn. Hier wurden die Schilder ebenfalls vor Urzeiten entfernt, um den Verwaltungsvorschriften jedenfalls einigermaßen zu entsprechen, aber der heute nur mäßige Ausflugsverkehr verstand dort echt keinen Spaß.

    Hier wurde ich übrigens auch angehupt. Keine Ahnung, ob der renitente Kraftfahrer ernsthaft dachte, ich müsste auf diesem Matschweg fahren, oder ob er andere Sorgen hatte.

    Ich find’s langsam echt lästig. Entweder rumpelt man in Schleswig-Holstein auf grauenvollen Radwegen herum oder setzt sich den Aggressionen der Kraftfahrer aus.

  • Ich bin hier auf der Fahrbahn weitergefahren und wurde auf drei Kilometern immerhin „nur“ fünf Mal angehupt.

    Ich find das wirklich immer unheimlich interessant, wie krass die Unterschiede bzgl. des Autofahrerverhaltens in den nachweislich stark separierten norddeutschen Bundesländern im Vergleich zur Pfalz sind. Das ist für mich kein Zufall.

    Gibt es da denn wirklich keinen, der da mal eine Studie drüber verfassen könnte...!? Dann hätte man auch ggf. mal schwarz auf weiß bestätigt, dass schon das Vorhandensein von (vermeintlicher) Radinfrastruktur das Verhalten von Autofahrern gegenüber Radfahrern deutlich - und zwar negativ - beeinflusst. Und zwar auch in Form von vermehrten Belästigungen, Nötigungen oder auch tätlichen Angriffen. Dann wundert es mich auch nicht, dass bei einer derart offensiven Revierverteidigung die Leute lieber weiter allem herumeiern, was nicht die Fahrbahn ist...

  • Ich bin ja im letzten Jahr einmal die B4 entlang von Braunschweig nach Uelzen gefahren, wo es größtenteils keinen Radweg gibt. Dort, wo wieder ein Radweg vorhanden war, bin ich wegen einer Straßensperrung eine Umleitungsstrecke über Bad Bodenteich gefahren, ebenfalls ohne Radweg. Gehupt wurde auf den 95km nicht ein einziges Mal und knappe Überholmanöver gab es auch nicht.

    Offenbar ist es von Vorteil, wenn es überhaupt nichts gibt, was bei Autofahrern den Eindruck erweckt, es könne sich dabei um einen "Radweg" handeln.

  • Ich find das wirklich immer unheimlich interessant, wie krass die Unterschiede bzgl. des Autofahrerverhaltens in den nachweislich stark separierten norddeutschen Bundesländern im Vergleich zur Pfalz sind. Das ist für mich kein Zufall.

    Bestimmt ist das kein Zufall. Und es dürfte auch von der Jahreszeit abhängig sein: Gestern war da draußen ganz leicht frühjahrhaftes Wetter, da brechen die Ersten zum Kaffeetrinken auf den Aschberg auf und sind nicht bereit, Radfahrer auf ihrem Wegen zu akzeptieren. Das bessert sich nach meiner Erfahrung im Laufe des Jahres, wenn sie häufiger mit Radfahrern konfrontiert werden. Und dazu kommen noch die ganzen Motorradfahrer, die nun auch nicht gerade den allerbesten Ruf haben, aber laut mit ihren Maschinen durch die Gegend knattern.

  • Du mußt dir vor Augen halten das rund 95% derer die mit dem Motorrad unterwegs sind sogenannte Biker sind - also Autofahrer die ein nettes Zweithobby betreiben, gern bei gutem Wetter. Und die meisten von denen haben offenbar ein Kompensationsproblen das sie gerne durch sehr defekte Auspuffanlagen auszugleichen versuchen.

  • Du mußt dir vor Augen halten das rund 95% derer die mit dem Motorrad unterwegs sind sogenannte Biker sind - also Autofahrer die ein nettes Zweithobby betreiben, gern bei gutem Wetter. Und die meisten von denen haben offenbar ein Kompensationsproblen das sie gerne durch sehr defekte Auspuffanlagen auszugleichen versuchen.

    Ah, "Biker" sind also den "Auch-Radfahrern" gar nicht so unähnlich.8o

    "I've noticed that the majority of traffic 'safety' campaigns seem to focus on everything except the bull in the china shop - the automobile." copenhagenize.com

  • Die zuständigen Personen halten das bestimmt für einen "tollen Radweg."

    Das seltsame ist, dass einzig der Radweg um den Kreisverkehr herum benutzungspflichtig ist. Der Heideweg hat einen unbeschilderten Seitenweg bzw. gilt ab dem Kreisel wohl rechtsseitig [Zeichen 240]. Im Luruper Weg ist [Zeichen 239]+[Zusatzzeichen 1022-10], außer der kleine Stummel nach Norden weg bis "Am Hollhorn". Dort endet der Radweg sowieso auf der Fahrbahn.

    Kreisverkehr mit Beschilderung bei Mapillary-Street-View

  • Steht natürlich auf beiden Seiten. Links die einzige abgesenkte Stelle des Bordsteins. Hier.

    Oh, schön, meine ehemalige Nachbarschaft. Da soll es ja nachts mal einen mittelschweren Unfall gegeben haben, als ein Radfahrer wohl in Erwartung von freier Fahrt die Schwerkraft ausgenutzt hat und unerwartet gebremst wurde. Als ich nach meinem Umzug nach Eidelstedt dort langefahren bin, war die Straßenbeleuchtung immer noch defekt und das Gitter entsprechend schlecht sichtbar.

    Andererseits: Es gibt immerhin eine Verbindung über die Autobahn, die mehrere Kilometer Umweg spart.

  • Stimmt, so richtig abkürzen lässt sich durch dieses Gewerbe-Wohngebiet aber auch nicht. Wenn es auf beiden Seiten einen vernünftigen Anschluss gäbe, wäre das bestimmte eine attraktive Verbindung. Verkehrsberuhigt durch die Autobahn. :S

    Das mit dem Unfall kann ich mir vorstellen. Ich kam zuerst ja von der anderen Seite. Allerdings schiebend. Das Gitter sieht man erst nach der Kurve. Und da braucht es schon ziemlich gute Bremsen. Auf der anderen Brückenseite dürfte es spätestens ab der Hälfte des starken Gefälles zu spät zum Bremsen sein auf dem Rutschbeton da.

  • Ich hatte mich ja vor Ewigkeiten beim Kreis über diese tolle Beschilderung beschwert. Bislang bin ich nur drei mal langgefahren, aber auch jedes Mal angehupt worden, denn durch die Windschutzscheibe wird natürlich primär das gut sichtbare Zeichen 240 wahrgenommen. Die Nummer mit den „Radwegschäden“ gerät da schnell in Vergessenheit. Warum dann aber keine fünf Meter später ein freigegebener Gehweg beschildert werden muss? Tja. Man hat also die Wahl, entweder mehrere Kilometer in Schrittgeschwindigkeit auf einem straßenbegleitenden Gehweg zu rollen, der ganz so schlecht eigentlich gar nicht ist, oder sich auf der Fahrbahn maßregeln zu lassen.

    Den Begriff „Naturerlebnispfad“ nutze ich ja eigentlich für verlotterte Radwege, die sich die Natur längst zurückerobert hat. Mir war gar nicht klar, dass solche Wege auch mit voller Absicht in einen schlecht befahrbaren Zustand versetzt werden:

    Es ist natürlich toll, dass hier endlich mal etwas für den Umwelt- und Klimaschutz getan wird und sowohl Bäume als auch Insekten von diesen Wegen profitieren. Allein: Das ist dann bitteschön kein Radweg mehr. Der Kraftaufwand beim Fahren ist ungleich höher als auf einer vernünftigen Oberfläche, die kleinen Steinchen schleudern unter den Reifen in alle Richtungen, der Bremsweg verlängert sich signifikant, insofern kann man dort eigentlich kaum mehr als zehn Kilometer pro Stunde fahren. Zehn Kilometer pro Stunde wären ja schon glatt eine Ordnungswidrigkeit, handelt es sich doch um einen freigegebenen Gehweg, auf dem dann also eher vier bis sieben Kilometer pro Stunde angesagt sind, aber auf einer solchen Buckelpiste kann man echt am besten nur absteigen und schieben.

    So etwas gibt es dann auch mit Benutzungspflicht und über aberthunderte Meter.

    Und so sehr ich es auch schätze, dass mal jemand an die Umwelt denkt, bin ich nicht der Meinung, dass das sinnvoll ist. Wenn ich das Fahrrad auch auf dem Land nutzen möchte, sei es zu Freizeitzwecken oder sei es auf dem Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen, dann möchte ich nicht mit solchen Umweltschutzmaßnahmen beglückt werden, die meine Geschwindigkeit signifikant senken und das Unfallrisiko erhöhen.

    Gehe ich recht in der Annahme, dass diese Späße direkt zum Erlöschen der Benutzungspflicht beitragen und die zuständige Behörde mit dieser Schotterpiste nicht einmal freigegebene Gehwege ausstatten dürfte?

    Edit: Ich weiß nicht, warum ich von dieser Stelle kein besseres Foto habe, aber hier kann man zum Beispiel durchaus mit einigem Tempo ankommen; entweder dank Muskelkraft und dem leichten Gefälle oder eben aufgrund eines Elektromotors mit 25 Kilometern pro Stunde. Und dann schält sich plötzlich im Gegenlicht hinter der Kuppe dieser miese Belag aus der Oberfläche. Dann lass es noch ein bisschen nass sein, angesichts des anwachsenden Gefälles will man bremsen, noch ein bisschen in der Kurve, Zack.

  • Gehe ich recht in der Annahme, dass diese Späße direkt zum Erlöschen der Benutzungspflicht beitragen und die zuständige Behörde mit dieser Schotterpiste nicht einmal freigegebene Gehwege ausstatten dürfte?

    Im Verkehrsportal hatte vorhin jemand gefragt, ob Gehwege befestigt sein müssen (wegen eines Parktickets auf etwas, was nach Seitenstreifen aussieht, nach dem Ticket aber ein Gehweg sein soll), da habe ich gerade eben dort eine ähnliche Frage zu Radwegen mit mehr oder weniger wassergebundener Decke in Bremerhaven ausgegraben. Ich dachte ähnlich, aber womöglich kann man sowas doch wirksam ausweisen, erst mal, bis jemand den Rechtsweg findet ...

  • Edit: Ich weiß nicht, warum ich von dieser Stelle kein besseres Foto habe, aber hier kann man zum Beispiel durchaus mit einigem Tempo ankommen; entweder dank Muskelkraft und dem leichten Gefälle oder eben aufgrund eines Elektromotors mit 25 Kilometern pro Stunde. Und dann schält sich plötzlich im Gegenlicht hinter der Kuppe dieser miese Belag aus der Oberfläche. Dann lass es noch ein bisschen nass sein, angesichts des anwachsenden Gefälles will man bremsen, noch ein bisschen in der Kurve, Zack.

    Da hat das OLG des Saarlands doch einen lebensnahen Tipp für dich parat!

    Es liegt gewissermaßen in der Natur der Sache, dass es immer wieder Verkehrssituationen gibt, in denen es der Radfahrer nicht vermeiden kann, die asphaltierte Fahrbahn zu verlassen. Diese Gefahr ist einem Radweg gewissermaßen immanent. Allerdings sind die Interessen zwischen Radfahrer und Verkehrssicherungspflichtigem gegeneinander abzuwägen: Wollte man verlangen, dass der Verkehrssicherungspflichtige ein mehr oder weniger gefahrloses Überfahren der Fahrbahnbegrenzung ermöglichen muss, so liefe diese Forderung im Ergebnis darauf hinaus, unbefestigte Bankette zu verbieten. Eine so weitgehende Verkehrssicherung ist nach den unter lit. c) genannten Gründen nicht zumutbar. Sie ist auch im wohlverstandenen Interesse der Radfahrer nicht erforderlich, die sich auf die erkennbare Gefahr einrichten können. Die Nutzer eines Radwegs gehen das Risiko, aufgrund einer Unwägbarkeit dennoch über den Rand fahren zu müssen, bewusst ein. Ein Radfahrer, der die fehlende Befestigung des Banketts erkennt, weiß, dass das Überfahren der asphaltierten Fläche mit Gefahren verbunden ist. Er wird sein Fahren vernünftigerweise so einrichten, dass er an der fraglichen Unfallstelle den asphaltierten Belag nicht verlässt. Kommt es ausnahmsweise doch zu einem Schadensfall, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen.

    Wer Radwege in gutem Galuben nutzt, ist selber Schuld und muss auch damit rechnen, dass er gar nicht mehr auf ihnen fahren kann, und deshalb sollte er sie dann in so einer Situation auch nicht verlassen!

    Aber Spaß beiseite, es ist leider tatsächlich so, dass Radwege als Wege zweiter Klasse gesehen werden, was die Verkehrssicherungspflicht angeht. Je nach Bundesland bestehen nicht einmal Pflichten, schlechte Wege überhaupt instand zu setzen, und wenn, dann auch nur in Extremfällen (z. B. wenn sonst kein Durchkommen möglich ist). Der Tenor im Verkehrslexikon ist da ähnlich - Sicherung nur insoweit, dass gar nicht erwartbare Hindernisse entfernt werden müssen oder davor gewarnt werden muss. Ansonsten muss man im Prinzip mit allem rechnen, was die jeweilige Straßenkategorie hergibt, und das ist bei kleinen Landstraßen dann auch unbefestigter Belag, bei Bäumen Wurzeln, bei schlechtem Zustand Schlaglöcher etc. - und wegen Sichtfahrgebot kriegt man sowieso immer eine Teilschuld bzw. bleibt auf einem Teil des Schadens sitzen. In diesem Fall käme noch hinzu, dass sowieso nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt ist und daher im Prinzip nie ein Unfall passieren kann...

    Benutzungspflichtige Wege haben höhere Anforderungen, der Belag muss geeignet sein. Im "Recht für Radfahrer" von Dietmar Kettler steht das am Beispiel eines Rennrades bei mangelnder Asphaltdecke allgemein drin, aber ohne Bezug auf konkrete Urteile. Online habe ich dazu nur ein Urteil von vor 1997 gefunden, in dem ein Rennradfahrer auf der Fahrbahn trotz Radweg mit unbefestigtem Belag fuhr (damals war ja alles verpflichtend) und ihm die Vorfahrt genommen wurde. Da entschied das Gericht, dass es für den jeweiligen Fall unerheblich war, weil die andere Verletzung so schwerwiegend war, dass es auf die Radwegfrage gar nicht mehr ankäme. Ich vermute mal, es gibt dazu wenig Urteile, weil die Situation so selten ist - ich habe z. B. schon sehr viele unbefestigte Radwege befahren, aber noch nie einen straßenbegleitenden unbefestigten mit Schild gesehen.

    So etwas gibt es dann auch mit Benutzungspflicht und über aberthunderte Meter.

    Rein nach grober Augenschätzung ist der Weg doch locker zehn Meter von der Straße entfernt und unabhängig vom Belag eh nicht dazugehörig. Dazu noch von Graben, Büschen und Bäumen getrennt und in anderem Material, würde mich nicht wundern, wenn am Ende noch ein [Zeichen 205] wartet...

  • Wir haben gestern noch ein paar von diesen Wegen genießen dürfen, die sich sich immer wieder für ein paar hundert Meter durch den Asphalt brechen. Immerhin wird man sofort an die geltenden Kontaktbeschränkungen erinnert und hält genügend Abstand vom Vordermann, um nicht von aufgewirbelten Steinchen den Steinwerfer, Pardon, Scheinwerfer sandstrahlen zu lassen.

    Wenn sich aber bei normaler Nutzung ohnehin ein kiesfreier Mittelstreifen herausbildet, wozu war dann noch mal der feingranulare Oberflächenbelag gedacht?

  • Als Betreiber unterschiedlicher impressumspflichtiger Webseiten bekomme ich ja regelmäßig einen ganzen Haufen ungebetener E-Mails. Vor ein paar Wochen schrieb mir ein Bürgermeister einer kleinen schleswig-holsteinischen Gemeinde eine E-Mail in einem Tonfall, der sogar für den Straßenverkehr unangemessen ist, weil er nach „tollen Radwegen in Schleswig-Holstein“ gesucht und dann diesen Thread auf Platz 1 seiner Suchergebnisseite finden musste.

    Ich wurde angehalten, doch auch mal etwas schönes zu schreiben! Zum Beispiel hätte seine Gemeinde ganz schön viel für den Radverkehr getan, es gäbe sogar einen neuen Fahrradständer an der Bushaltestelle und ganz viele neue Radwege.

    Ihr werdet es erraten: Ich kenne die Gemeinde durchaus. Vielleicht hat sich in den letzten zwei, drei Monaten dort viel getan, ich muss da wohl noch mal hinfahren. Denn ansonsten kann ich nur feststellen: Der Fahrradständer an der Bushaltestelle ist der übliche Felgenbrecher, bei den vielen tollen Radwegen handelt es sich um blau beschilderte, aber untermaßige Gehwege, wie sie in jedem schleswig-holsteinischen Dorf zu finden sind.

    Und dann muss ich lesen, dass Schleswig-Holstein unter die Top-Ten der „Radfahr-Paradiese“ Deutschlands möchte. Das finde ich erstmal lustig, denn wenn ich von den 16 Bundesländern schon mal die fünf neuen Bundesländer mit ihrer nicht ganz so geilen Radverkehrsinfrastruktur abziehe, sind noch elf übrig. Berlin und Hamburg sind auch nicht so ganz geil, Bums, bleiben neun Bundesländer übrig, insofern könnte es mit den Top-Ten von neun Bundesländern ganz gut funktionieren.

    Nun gut, vielleicht bemisst man die Fahrrad-Paradiese auch nicht in Bundesländern.

    Grundsätzlich bietet Schleswig-Holstein ja allerbeste Voraussetzungen: Es ist relativ flach, weil die letzte Eiszeit bis auf den 167 Meter hohen Bungsberg alles glattgeschrubbt hat, man kann im Westen und Osten am Meer entlangradeln oder den Nord-Ostsee-Kanal, das ist bestimmt schön. Mit der Fahrradmitnahme in der Bahn klappt’s kapazitätsmäßig nicht ganz so gut, insofern bleibt es in der Regel bei Rundtouren um das Auto mit Fahrradträger oder die Ferienwohnung, aber immerhin.

    Trotzdem bin ich aber verwundert, wenn hier offenbar aus einer Umfrage folgendes zitiert wird: „Die Radfahrmöglichkeiten waren für mich ein triftiger Grund, im echten Norden Urlaub zu machen.“

    Nun sind wir hier im Radverkehrsforum bestimmt überaus empfindlich, was kaputte Radwege oder Radwegbenutzungspflichten angeht und außerhalb unserer Filterblase ist das Leid wohl auch nicht ganz so groß, wenn irgendwo ein Signalgeber nicht mit Fahrradpiktogrammen ausgerüstet wurde. Trotzdem wundert es mich, dass die Leute so begeistert sind, denn von den stolz zusammenaddierten 5.200 Kilometern Radweg sind nach meiner Erfahrung ein nicht unerheblicher Teil mit [Zeichen 101] und „Radwegschäden“ ausgewiesen.

    Vor ein paar Jahren hätte ich ja noch gedacht, dass das normale Touristen nicht stört, die ihr für ein paar Ausflüge ihr Fahrrad mitbringen, insgesamt aber nicht mehr als 500 Kilometer im Jahr abreißen, ohnehin keine Reisegeschwindigkeit erreichen, ab der diese ganzen Wurzelaufbrüche lästig werden. Aber seitdem das E-Bike quasi zum Ausweis eines Touristen mit Fahrrad geworden ist, werden plötzlich locker Reisegeschwindigkeiten von 20 bis 25 Kilometern pro Stunde erreicht. Da bricht man sich auf den meisten außerörtlichen Radwegen ja glatt die Federgabel durch.

    Insofern… ich weiß nicht. Ich kann mit solchen Ankündigungen echt nicht viel anfangen. Nach meinem Dafürhalten müsste erstmal ein Großteil der vorhandenen Radverkehrsinfrastruktur außerorts wie innerorts erneuert werden, und zwar auf eine Art und Weise, dass nicht nach fünf Jahren die ersten Wurzelaufbrüche auftreten.

    Oder aber man hebt die Radwegbenutzungspflichten quasi landesweit auf. Aber auch explizit nicht für den Radverkehr vorgesehene und ausnahmslos schlechte Sonderwege neben Überlandstraßen werden nach meiner Beobachtung noch begeistert von touristischen Radfahrern genutzt.