• Was sind denn "begründete technische Zweifel"? Dass es zu Fehlarmen kommt? Dass Kontakte unentdeckt bleiben?

    Gibt es überhaupt irgendjemanden, der das bestreitet?

    Bei der App geht es darum, die Verfolgbarkeit von Ansteckungen zu verbessern. Selbst wenn sie am Ende nur 10 % der sonst nicht verfolgbaren Ansteckungen aufdeckt, ist schon einiges gewonnen.

  • Es gibt ja auch Maßnahmen der Nachverfolgung von Ansteckungswegen, die auf ganz konventionelle Weise ablaufen. Zum Beispiel muss man sich bei einem Restaurantbesuch vom Wirt registrieren lassen. Da kann es einem schon mal durch den Kopf schießen: "Du hast jetzt da deine Adresse und Telefonnummer hinterlassen. Muss ich damit rechnen, dass in ein paar Tagen möglicherweise jemand vom Gesundheitsamt anruft und mir mitteilt, dass ich jetzt erst mal 14 Tage unter Quarantäne stehe?" Natürlich muss ich genau damit rechnen, sonst macht es ja keinen Sinn, seinen Namen und Anschrift zu hinterlassen.

    Und das ganze jetzt automatisiert mit einer Handy-App. Was ist zum Beispiel, wenn wer die automatisierte Nachricht nicht ernst nimmt? Vielleicht nach dem Schema, ist bestimmt blinder Alarm und ich hab' grad was Besseres vor. Gut, auch bei einem Restaurantbesuch könnte natürlich jemand den falschen Namen angeben usw. Aber gefühlt ist das für mich so ähnlich wie bei den Wahlen, da trau ich auch mehr der traditionellen Methode mit Stift und Wahlzettel und auszählen von Hand. Bin ich einfach zu altmodisch?

  • Die App kostet praktisch nichts. Und sie hat das Potential, den R-Wert weiter zu drücken, so dass auf die eine oder andere teurere Maßnahme verzichtet werden kann.

    Sie ist genauso wenig perfekt wie ein Schal vor Nase, 1,5 m Abstand oder eine der anderen Maßnahmen. Sie ist einfach nur ein Baustein, der bei der Eindämmung der Pandemie hilft. Und zwar sogar einer der billigsten.

    Das sollte eigentlich ein No-Brainer sein: Machen und fertig.

  • Was sind denn "begründete technische Zweifel"? Dass es zu Fehlarmen kommt? Dass Kontakte unentdeckt bleiben?

    Gibt es überhaupt irgendjemanden, der das bestreitet?

    Bei der App geht es darum, die Verfolgbarkeit von Ansteckungen zu verbessern. Selbst wenn sie am Ende nur 10 % der sonst nicht verfolgbaren Ansteckungen aufdeckt, ist schon einiges gewonnen.

    Das ist die deutsche Gründlichkeit: eine neuartige Lösung muss zu 100% in jeder Situation funktionieren und von Anfang an absolut perfekt sein, oder man lässt es gleich ganz bleiben oder torpediert es sogar noch.

    Hat man schön bei den Masken im März und April gesehen: während Länder wie China, Tschechien oder Österreich sich die Datenlage zur jeweiligen Zeit angeschaut haben und dann daraus folgernd gesagt haben "Masken sind wohl nicht ganz verkehrt, kosten fast nichts und schaden auch nichts, probieren wir einfach mal aus!", gab es bei uns erst Abstreiten von offizieller Seite (weil man nicht genug Masken gekauft hatte), dann vorsichtiges "wäre vielleicht doch nicht so ganz dumm...", ellenlange Diskussionen auf allen Ebenen und in allen Talkshows, und schließlich am Ende wieder einen Flickenteppich von Vorgaben, weil jede Grafschaft ihre eigene Suppe kochen durfte. Durch dieses Hin und Her vergingen im Ganzen fast zwei Monate ohne nennenswerte Maskendichte und als alles ausgeknobelt war, waren die Fälle aufgrund anderer Maßnahmen und dem zeitlichen Verlauf (inklusive der vermeidbaren Todesfälle) schon so weit gesunken, dass der Nutzen wieder verhältnismäßig klein war, was natürlich prompt die Verweigerer auf den Plan gerufen hat, die das ganze ja sowieso sinnlos fanden und weiterhin finden und außerdem hätten wir ja eh kaum noch Fälle... ja logisch, wenn ich zwei Monate nur mit palavern statt handeln verbringe, dann können die Masken in der Zeit ja nichts bewirken, wenn man sie nichtmal aufsetzt. Wenn man sich aber mal die Statistiken von Deutschland, Österreich und Tschechien im Vergleich anschaut, dann sieht man, dass das wohl eine ziemlich gute Idee gewesen wäre (und immer noch ist, Stichwort zweite Welle). Interessiert nur wieder keinen, weil die Maske ja nicht 99,999% aller Viren filtert, und mit weniger gibt man sich natürlich nicht zufrieden, da atmet man lieber gleich 100% ohne Maske ein!

    Das ist übrigens im Straßenverkehr sehr ähnlich, um mal bei der Grundidee dieses Forums zu bleiben: anstatt einfach mal testweise für 3 Monate eine Tempo-30-Zone einzurichten und mittels Verkehrszählung, Fragebögen und Beschwerden rauszufinden, ob das in der jeweiligen Situation eine gute Idee ist und beibehalten werden sollte, wird nur dann eine eingerichtet, wenn quasi schon im Voraus hieb- und stichfest bewiesen wurde, dass sie eigentlich längst hätte eingerichtet werden müssen - aber durch diesen Aufwand passiert das erst Jahre später oder verläuft sich im Sande der Bürokratie. "Das haben wir schon immer so gemacht", "Wo kämen wir denn da hin?" und "Da könnte ja jeder kommen" vereinen sich hier zu einer unheiligen Allianz der Blockadehaltung.

    Es gibt ja auch Maßnahmen der Nachverfolgung von Ansteckungswegen, die auf ganz konventionelle Weise ablaufen. Zum Beispiel muss man sich bei einem Restaurantbesuch vom Wirt registrieren lassen. Da kann es einem schon mal durch den Kopf schießen: "Du hast jetzt da deine Adresse und Telefonnummer hinterlassen. Muss ich damit rechnen, dass in ein paar Tagen möglicherweise jemand vom Gesundheitsamt anruft und mir mitteilt, dass ich jetzt erst mal 14 Tage unter Quarantäne stehe?" Natürlich muss ich genau damit rechnen, sonst macht es ja keinen Sinn, seinen Namen und Anschrift zu hinterlassen.

    Und das ganze jetzt automatisiert mit einer Handy-App. Was ist zum Beispiel, wenn wer die automatisierte Nachricht nicht ernst nimmt? Vielleicht nach dem Schema, ist bestimmt blinder Alarm und ich hab' grad was Besseres vor. Gut, auch bei einem Restaurantbesuch könnte natürlich jemand den falschen Namen angeben usw. Aber gefühlt ist das für mich so ähnlich wie bei den Wahlen, da trau ich auch mehr der traditionellen Methode mit Stift und Wahlzettel und auszählen von Hand. Bin ich einfach zu altmodisch?

    Die Telefonnummernsache wird gemacht, weil wir a) noch keine brauchbare App haben und b) die Gaststätten öffnen möchten, obwohl sie eigentlich noch zu bleiben sollten. Das ist lediglich ein Kompromiss, den sich die verantwortlichen Politiker ausgedacht haben, damit sie dann bei Ausbrüchen wenigstens ein bisschen was vorzuweisen haben. Dass niemand die Nummern auf Echtheit überprüft, das Zusammentragen der Listen und Anrufen von Personen im Ernstfall auch einen ziemlichen zeitlichen Aufwand bedeutet, man damit nicht zuverlässig die jeweilige Situation (Sitzordnung, Aufenthaltsdauer, Raumgröße, Belüftung, Sprechdauer/-art etc.) einschätzen kann, die datenschutztechnischen Fragen der kompletten Weitergabe solcher Listen, etc. sind alles Nachteile, die der Offlineerfassung geschuldet sind. Kompromisse, die man eingeht, um wenigstens irgendwie wieder aufmachen zu können.

    Manche davon wären mit einer entsprechend gestalteten und breit genutzten App leicht lösbar: z. B. würde da jeder eine Meldung erhalten, dass er Kontakt hatte, ohne dass das Gesundheitsamt davon weiß. Die Weitergabe ganzer Nummernlisten oder deren Verlust entfiele komplett, das Weitergeben der eigenen Nummer ebenfalls. Es werden nicht alle Dinge gelöst, z. B. ist die Erkennung relativ ungenau und kann damit zu deutlich mehr False Positives führen als gewünscht, was dann mehr (negative) Tests kostet, oder zu mehr False Negatives, was zu neuen unerkannten Herden beitragen kann. Aber zweiteres ist nahezu egal, denn das wäre ohne App auch passiert, und ersteres könnte man dann je nach Stärke anpassen (bei vielen Fällen nur Quarantäne, bei wenigen mit Testen).

    Das mit Wahlsystemen zu vergleichen ist nicht zielführend, weil es völlig verschiedene Situationen sind. Bei Wahlen ist enorm wichtig, dass das Ergebnis nachträglich und jederzeit überprüft werden kann, und zwar von jedem Bürger. Gleichzeitig darf keine unerkannte Manipulation möglich sein. Es gibt mathematische Verfahren, die diese Eigenschaften gewährleisten (habe vor einigen Jahren dazu ein Paper gelesen, aber gerade nicht zur Hand) und die in Verbindung mit Opensource-Wahlmaschinen genau das gewährleisten würden. Das Problem daran: a) niemand hat bis jetzt solche Maschinen gebaut, die auf dem Markt verfügbaren sind untauglich, b) selbst wenn man welche hat, ist der Nutzen gering, da Wahlen nur sehr selten sind und die Stimmen schnell ausgezählt, c) das Verfahren selbst relativ kompliziert zu verstehen ist und deswegen nicht von jedem Bürger nachvollziehbar (das bisherige braucht nur Addition, die versteht jeder).

    Bei Corona-Tracing ist die Geschwindigkeit von zentraler Bedeutung, selbst Verzögerungen von wenigen Stunden können fatal sein. Falsche Ergebnisse sind nicht so schlimm, wenn sie nicht Überhand nehmen und wenn eher sehr aggressiv gewertet wird (und damit mehr getestet). Das Verfahren ist zwar nicht so simpel wie Addition, aber doch relativ einfach und ohne mathematische Kenntnisse nachvollziehbar. Und schließlich wird es nur für einen definierten Zeitraum gebraucht, dort aber dann rund um die Uhr und überall, was mit Zettel und Stift enorm viel mehr Aufwand bedeutet oder teils gar nicht möglich ist (ÖPNV, Supermarkt).

  • Die Telefonnummernsache wird gemacht, weil wir a) noch keine brauchbare App haben und b) die Gaststätten öffnen möchten, obwohl sie eigentlich noch zu bleiben sollten. Das ist lediglich ein Kompromiss, den sich die verantwortlichen Politiker ausgedacht haben, damit sie dann bei Ausbrüchen wenigstens ein bisschen was vorzuweisen haben. Dass niemand die Nummern auf Echtheit überprüft, das Zusammentragen der Listen und Anrufen von Personen im Ernstfall auch einen ziemlichen zeitlichen Aufwand bedeutet, man damit nicht zuverlässig die jeweilige Situation (Sitzordnung, Aufenthaltsdauer, Raumgröße, Belüftung, Sprechdauer/-art etc.) einschätzen kann, die datenschutztechnischen Fragen der kompletten Weitergabe solcher Listen, etc. sind alles Nachteile, die der Offlineerfassung geschuldet sind. Kompromisse, die man eingeht, um wenigstens irgendwie wieder aufmachen zu können.

    Ist nicht zu befürchten, dass eine Corona-Handyapp ebenso wie das Liste-Führen als Vorwand benutzt wird, um Öffnungen vorzunehmen, die besser noch unterbleiben sollten? Zumindest hatte ich in der Diskussion häufig den Eindruck, dass ähnlich wie bei den Masken der Zusammenhang hergestellt wurde, wenn wir jetzt die Masken alle tragen, dann können wir auch wieder mehr Geschäfte und andere Besuchermagneten öffnen.

    Im Gleichklang dazu: Wenn wir erstmal die Corona-App haben, dann können wir auch wieder zu einem normalen Alltag zurückkehren: Die Begründung ist allerdings eine andere, bei der Corona-App wird so argumentiert: Wenn wir die Corona-App haben, dann können wir ja die Virusherde schnell entdecken und die entsprechenden Gebiete isolieren.

    Vielleicht ist das auch ein Grund der Abneigung gegen die Corona-App erzeugt. Nämlich die Furcht davor, zu denen zu gehören, die dann isoliert werden? Dann doch lieber Beschränkungen für alle gleichermaßen.

    Wie schätzt du folgende Gegenüberstellung ein: Wenn jetzt einer käme und sagte: Das Maskentragen muss jetzt nicht mehr sein, wir haben jetzt die Corona-App, da brauchen wir keine Masken mehr. (Eine solche Gegenüberstellung ist natürlich eigentlich Quatsch, aber ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass genau so argumentiert würde.) Hältst du es dann für eher wahrscheinlich, dass sich die Menschen sich mehrheitlich für das Maskentragen entscheiden würden und gegen die App oder umgekehrt?

    Oder würde eine Mehrzahl sagen: Ist doch klar, wir brauchen beides.

  • Was Du befürchtest, ist der zentrale Zweck der App: den R-Wert durch eine preiswerte Maßnahme senken, so dass eine teurere Maßnahme wieder aufgehoben werden kann.

    Genau darum muss es in der jetzigen Phase gehen: die volkswirtschaftlichen Kosten für die Eindämmung zu minimieren.

    Bisher ging das aufgrund der Hektik und Ungewissheit nicht.

  • Was ist zum Beispiel, wenn wer die automatisierte Nachricht nicht ernst nimmt? Vielleicht nach dem Schema, ist bestimmt blinder Alarm und ich hab' grad was Besseres vor.

    Was täte man denn als Nachricht bekommen?
    Nacktes "Ihnen ist ein Infizierter begegnet"?
    Oder was detaillierteres?
    "Sie saßen 'ne halbe Stunde neben einem Infizierten",

    "Ihnen ist bei Windstärke 10 von der Seite ein Infizierter entgegengeradelt",

    ...?

    Ersteres täte ich auch nicht wirklich ernst nehmen wollen, solange ich nicht bspw. zwischen den beiden nachfolgenden Varianten mit Risiko 99% zu 0,0000001% unterscheiden könnte ...

    ... davon mal abgesehen, dass ich derzeit noch ganz gut ohne Schmarrnphone auskomme, was eine zusätzliche persönliche Hürde wäre ...

  • Ist nicht zu befürchten, dass eine Corona-Handyapp ebenso wie das Liste-Führen als Vorwand benutzt wird, um Öffnungen vorzunehmen, die besser noch unterbleiben sollten? Zumindest hatte ich in der Diskussion häufig den Eindruck, dass ähnlich wie bei den Masken der Zusammenhang hergestellt wurde, wenn wir jetzt die Masken alle tragen, dann können wir auch wieder mehr Geschäfte und andere Besuchermagneten öffnen.

    Bis die App verfügbar ist, ist doch sowieso schon wieder alles auf... im April wurde das als Ausblick für den Sommer diskutiert, Lockerungen ja, aber nur mit entsprechenden Gegenmaßnahmen wie u.a. der App. Als dann im Mai durch Vorstöße einiger Politiker, die um das Wohl der Küchenbauer besorgt waren, eine allgemeine Öffnungshysterie ausgebrochen war, die App aber noch in weiter Ferne, wurde das einfach stillschweigend fallen gelassen und gar nicht mehr groß erwähnt. Das was du als Befürchtung äußerst, ist leider in den letzten zwei bis drei Wochen bereits passiert, und wenn es keine Listen geben würde, wäre ihnen etwas anderes eingefallen, vielleicht ein Sprechverbot - Hauptsache aufmachen.

    Dass es den Wirten genauso wenig hilft, wenn die Hälfte der Kundschaft aus Angst wegbleibt und die andere Hälfte vollkommen sorglos ist und dann nach neuen Fällen wieder zugesperrt werden muss wie aktuell gerade in Leer/Ostfriesland, das interessiert nicht wirklich. Jeder hofft, dass es den Konkurrenten erwischt und nicht ihn selbst, und die Politik ist fein raus, weil sie keine Hilfen mehr zahlen muss - "Selber Schuld, wenn Sie Ihren Laden aus Rücksichtnahme weiter geschlossen halten, Sie könnten ja aufmachen, also ist das Ihr persönliches Risiko!".

    Wenn wir die Corona-App haben, dann können wir ja die Virusherde schnell entdecken und die entsprechenden Gebiete isolieren.

    Vielleicht ist das auch ein Grund der Abneigung gegen die Corona-App erzeugt. Nämlich die Furcht davor, zu denen zu gehören, die dann isoliert werden? Dann doch lieber Beschränkungen für alle gleichermaßen.

    Das sehe ich jetzt nicht so schwarz, selbst im unkontrollierten und panischeren Modus Ende März gab es hier keine großartigen Isolierungen, es wurden keine Wohnblocks versiegelt, es patrouillierte weder Polizei noch Militär, um Spaziergänger einzusperren, selbst offiziell quarantänisierte Menschen wurden nur einmal täglich durch einen Besuch oder gar nur einen Anruf zu Hause kontrolliert und nicht durch Fußfesseln oder Einzelhaft. Es besteht wenig Anlass zur Sorge, dass das jetzt plötzlich anders werden sollte.

    Dass einzelne Menschen aber aus Angst vor zwei Wochen zuhause-rumsitzen sich tatsächlich nicht melden und dann andere anstecken, diese Gefahr besteht denke ich immer und der ist auch schwer zu begegnen, wenn man nicht zu wirklich drakonischen Maßnahmen greifen will. Dagegen wirken Strafen bzw. die Angst erwischt zu werden auf der einen Seite und der Appell an die Vernunft bzw. Mitarbeit andererseits. Schließlich wirken die allgemeinen Maßnahmen ja auch weiterhin, denn wenn ein Infizierter Quarantäneverweigerer nicht ins Kino, die Bar oder die Disco kann, weil sie zu sind, und ihm alle Menschen mit Maske aus dem Weg gehen dann kann er - egal ob absichtlich oder unwissend - auch kaum jemand außerhalb des eigenen Hausstands anstecken, ohne negativ aufzufallen. Das ist ein positiver Nebeneffekt der allgemeinen Schließungen, sie reduzieren die notwendigen Einzelmaßnahmen.

    Wie schätzt du folgende Gegenüberstellung ein: Wenn jetzt einer käme und sagte: Das Maskentragen muss jetzt nicht mehr sein, wir haben jetzt die Corona-App, da brauchen wir keine Masken mehr. (Eine solche Gegenüberstellung ist natürlich eigentlich Quatsch, aber ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass genau so argumentiert würde.) Hältst du es dann für eher wahrscheinlich, dass sich die Menschen sich mehrheitlich für das Maskentragen entscheiden würden und gegen die App oder umgekehrt?

    Oder würde eine Mehrzahl sagen: Ist doch klar, wir brauchen beides.

    Die Frage kann man reduzieren auf "Sind die Menschen da draußen dumm?", und da weiß ich keine zufriedenstellende Antwort.

    Da ich persönlich an das Gute im Menschen glaube, würde ich sagen, es kommt auf die Vermittlung an. Wichtig ist, dass klar und eindeutig kommuniziert wird, was Sache ist. Dazu gehört natürlich, eigene Fehler aus der Vergangenheit offen anzusprechen, aber auch klarzustellen, dass jetzt eben Ende Mai und nicht Anfang März ist und die Lage eine andere. Darauf aufbauend müsste eine einheitliche (bundesländerübergreifende) und verständliche Verhaltensweise auf wissenschaftlicher Basis geschaffen werden, die die Menschen verstehen und die nicht willkürlich ist, denn der einzelne Bürger hat ein feines Gespür für Willkür (z. B. diese Parkbank-Buchlesen-Bußgeldstreits im März/April).

    Neuseeland ist da ein gutes Vorbild, die haben verschiedene Eskalationsstufen und eindeutige Kriterien, aufgrund deren die Stufen geändert werden. Sowas könnte man hier auch einführen. Dabei muss dann die jeweilige Maßnahme sich am aktuellen Wissensstand orientieren, und konkrete Handlungsempfehlungen für jeden Tag bieten. Bei uns wäre das z. B. aktuell:

    • Zuhause bleiben und Homeoffice, falls möglich
    • Wenn unterwegs, dann besser draußen als drinnen
    • Wenn drinnen, dann gut belüftet und möglichst kurz
    • Wenn länger drinnen, dann möglichst wenige Leute
    • Wenn viele Leute, dann Kontakte notieren und sich möglichst danach isolieren
    • Allgemein möglichst zueinander Abstand halten, wenig singen/husten/schreien/niesen/sprechen und Maske tragen (drinnen nochmals viel wichtiger als draußen)

    Das wären ein paar grundlegende Verhaltensweisen, von denen man dann auch die Verbote/Erlaubnisse ableiten könnte:

    • Gastronomie draußen mit Abstand okay, drinnen noch nicht
    • Freiluftveranstaltungen wie Zoos, Parks, Golfplätze, Berge, Open-Air-Auftritte, Freibäder jeweils mit Einzelfalleinschränkungen erlaubt, Indoor-Varianten noch nicht
    • Große Läden mit wenig Besuchern eher erlauben als kleine mit vielen

    Das ist natürlich absolut unfair, aber dem Virus ist das egal, also können wir damit nicht argumentieren. Stattdessen müssten wir für die, die dabei Pech gehabt haben, eben Geld locker machen, damit sie über die Runden kommen. Das wäre dann wahre Fairness, nicht einfach alles aufmachen, damit sich keiner ungleich behandelt fühlt. Das würde diese sinnlosen "Aber der da hinten darf seinen Frisörsalon aufmachen, wieso ich nicht mein Nagelstudio?"-Diskussionen beenden und gleichzeitig die Zahlen unten halten.

    So wie es jetzt aktuell ist, dass jedes Bundesland andere Sachen anders erlaubt, die erlaubten Sachen jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren (Beispiel Bayern: Biergärten bis 20 Uhr auf, Innenräume aber bis 22 Uhr, absolut kontraproduktiv), die meisten Situationen mangels Polizeistärke gar nicht kontrolliert werden können, die Wirte und Geschäftsinhaber sinnlose Konzepte wie Abstände in Räumen mit stehender Luft sklavisch umsetzen, weil sie dann aufmachen dürfen, das ist alles ein Haufen Mist, das muss man leider so deutlich sagen. Und dann ist es auch nicht verwunderlich, dass der normale Bürger nicht mehr durchblickt und es ihm irgendwann egal wird. Klare und nachvollziehbare Kommunikation hätte diese Situationen verhindern können.

  • Das sehe ich jetzt nicht so schwarz, selbst im unkontrollierten und panischeren Modus Ende März gab es hier keine großartigen Isolierungen, es wurden keine Wohnblocks versiegelt, es patrouillierte weder Polizei noch Militär, um Spaziergänger einzusperren, selbst offiziell quarantänisierte Menschen wurden nur einmal täglich durch einen Besuch oder gar nur einen Anruf zu Hause kontrolliert und nicht durch Fußfesseln oder Einzelhaft. Es besteht wenig Anlass zur Sorge, dass das jetzt plötzlich anders werden sollte.

    Ein Verstoß gegen Quarantänevorschriften gemäß §§ 30 und 75 IfSG kann sanktioniert werden mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren. https://www.bussgeldkatalog.org/news/corona-qu…rstoss-2170302/ Das hört sich jetzt erst mal nicht so harmlos an, wie das, was du schreibst. Allerdings dürfte auch klar sein, dass eine allzu schnelle Umsetzung solcher Sanktionen schon bei leichten Verstößen, unwahrscheinlich ist, weil es den unerwünschten Nebeneffekt haben kann, dass Menschen sich erst gar nicht melden bei Corona-Verdacht. Aber nur aufgrund einer Handy-App-Nachricht sich melden? Das werden vielleicht auch viele als übertrieben ansehen.

    Ist denn sicher gestellt, dass ggf. die Handydaten nicht ausgelesen werden dürfen. Zum Beispiel wenn jemand mit Symptomen auffällt, kann man dann von ihm verlangen, dass er die Nachrichten seiner Corona-Handy-App preisgeben muss?

  • Jetzt ist sie da - die Corona-App:

    ZDF vom 16.6.2020:

    Gesundheitsminister Spahn - "Corona-App ist kein Freifahrtschein"

    https://www.zdf.de/nachrichten/po…-spahn-100.html

    Einem weiteren bericht ZDF-Bericht zu Folge ist die App freiwillig: "Das hat Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) zuletzt noch einmal im ZDF versprochen. Eine Pflicht zur Nutzung der App gibt es nicht. Und auch im Gegenzug gilt: Wer die App nutzt, soll keine Belohnungen erhalten."

    Allerdings wird in dem ZDF-Bericht auch erwähnt: "... Kinos oder Fitnessstudios könnten theoretisch nur denjenigen reinlassen, der die App installiert hat. Die Bundesregierung appelliert aber an die Betreiber, auf solche Praktiken zu verzichten. Grüne und Linke kritisieren allerdings, dass dieses Prinzip nicht gesetzlich festgeschrieben wurde."

    So schafft man eine "Zwei-Klassen-Gesellschaft", ich finde es absolut nicht hinnehmbar, dass der Besitz eines Handys, das setzt ja die Möglichkeit ein Warn-App zu installieren voraus, darüber entscheidet, ob ich zum Beispiel ins Kino gehen kann oder nicht. Und selbst wenn ich ohnehin schon ein Händy hätte gäbe es immer noch genug Gründe eine Corona-Warn-App nicht zu installieren.

    Das ist so ähnlich wie einen großen Supermarkt ohne ÖPNV-Anschluss zu bauen. Es werden Menschen, die über

    bestimmte Konsumgüter nicht verfügen, systematisch ausgeschlossen. Geht gar nicht!

    Eigentlich meinte Spahn mit seiner Bemerkung, die Corona-App sei kein Freifahrtschein, dass diejenigen Menschen mit App jetzt keine "Ischgl-Partys" starten sollten. Aber da gäbe es auch noch eine zweite mögliche Interpretation, die er vermutlich gar nicht im Sinn hatte: Die Corona-App ist kein Freifahrtschein, Menschen zum Smartphone-Kauf zu zwingen.

  • "Welchen Stadtgeländewagen wollt ihr nie wieder sehen?"

    "Wir brauchen eine ehrliche Verkehrswende jetzt, damit alle Menschen Saubere Luft atmen können und unsere Städte wieder lebenswert werden. Monster-SUV bedrohen Fahrradfahrer und Fußgänger, vergiften mit ihren Abgasen die Atemluft und tragen mit ihren hohen CO2-Emissionen zur Klimakatastrophe bei."

    aus: Der Goldene Geier 2020, aktuelle UMFRAGE auf der Internetseite der Deutschen Umwelthilfe, läuft noch bis 27.7.2020

    Hier geht es zur Umfrage:

    https://www.duh.de/goldenergeier/goldener-geier-2020/

    Zur Abstimmung steht eine Auswahl der hässlichsten und entsetzlichsten Stadtpanzer der bekannten Konzerne, die die Droge Auto herstellen.

    Nur schade, das kein E-SUV dabei ist, diese Stadtpanzer mit "scheingrünem" Anstrich hätten ebenso Grund zur Anwartschaft auf den Goldenen Geier, zumal sie mit ihren vielen Zentnern schweren Batterien noch mehr Gewicht auf die Wage bringen als die Spritmonster.

  • Umfragen sind bisweilen nicht wirklich geeignet, die komplexen Fragestellungen bei der Verkehrsplanung dahingehend aufzulösen, dass ein Konsens durch die Abstimmung herbeigeführt wird.

    Andererseits sind insbesondere finanziell stark unterstützte "Pseudo-Bürgerbegehren" in der Lage wichtige verkehrspolitische Weichenstellungen zu hintertreiben. Wer einmal die Biebricher Allee in Wiesbaden entlanggefahren ist, wird sich in dieser Einschätzung bestätigt fühlen.

    Dort hängen viele Protestplakate gegen das Wiesbadener Vorhaben eine City-Bahn zu bauen mit zum Teil "unterirdischen" verkehrspolitischen Ambitionen an den Zäunen großer Villengrundstücke.

    Dass viele Städte in den letzten Jahren die Straßenbahn wiederentdeckten und ausbauten oder gar wiedereinführten (bekanntestes Beispiel ist Straßburg) ist an den Villenbesitzern vermutlich vorbeigegangen.

    Leider haben aber solche Leute auch den nötigen finanziellen Spielraum einfach mal frech die Behauptung in den Raum zu stellen, die "Citybahn sei Technik von gestern" und das vieltausendfach bei jeder Gelegenheit hinauszuposaunen. Und mit der FDP haben sie einen (finanz-)starken Partei-Verbündeten.

    So strengte die FDP sofort eine Klage gegen die Fragestellung an, mit der die Wiesbadener am 1. November über den Bau der City-Bahn entscheiden sollen:

    "City-Bahn-Frage: FDP zweifelt Entscheidung an

    Nach dem Beschluss über die Fragestellung zur City-Bahn hat die Wiesbadener FDP eine kommunalaufsichtliche Prüfung beim Innenministerium beantragt."

    Und die Allgemeine Zeitung (10.7.2020) dient der FDP als Sprachrohr:

    https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/rhein-…ung-an_21931234

    Trotz des Versuches, die Fragestellung für die Bürgerbefragung durch einen Filmbeitrag (eingebettet in die genannte Quelle) ins Lächerliche zu ziehen, blitzt bei den Interviews durch, dass es eben wirklich keine einfach zu entscheidende Frage ist, wenn alle "Nebenwirkungen" berücksichtigt werden. Genau deshalb ist die Fragestellung so komplex.

    Deutlich positioniert haben sich die Wiesbadener RadverkehrsaktivistInnen:

    "Radfahrer wollen für Citybahn demonstrieren"

    https://merkurist.de/wiesbaden/arbe…monstrieren_Cc9

    In dem verlinkten Artikel wird deutlich, dass die Autolobby verbissen ihre Privilegien verteidigt, indem sie die City-Bahn verhindern will:

    "Trotz der vielen Schritte, die in der Wiesbadener Verkehrspolitik in den vergangenen Wochen unternommen wurden, sei noch viel zu tun, so Ralf Dreis vom AKU (Arbeitskreis Umwelt Wiesbaden). „Um einer neuen Verkehrspolitik zum Durchbruch zu verhelfen, muss die seit Jahrzehnten von der Autolobby in Wiesbaden verhinderte Straßenbahn, endlich durchgesetzt werden“, sagt Dreis. Dies könne nur gelingen, wenn alle politischen Kräfte, die den Bau der Bahn unterstützen, gemeinsam für das Projekt einstehen und die Wähler davon überzeugen."

    Immerhin ist es der FDP nicht gelungen, ihre Ablehnung der Fragestellung durchzusetzen:

    "BÜRGERENTSCHEID

    Nach Prüfung: Fragestellung zur Citybahn-Entscheidung ist zulässig"

    Merkurist vom 6.8.2020

    https://merkurist.de/wiesbaden/buer…t-zulaessig_ED9

    Wiesbadener macht euch auf zur Teilnahme an der Bürgerbefragung und stimmt für die Citybahn und unterstützt so den Bau der City-Bahn!

    Und hier ist die Frage, über die am Sonntag, 1. November 2020, in Wiesbaden abgestimmt wird:

    „Soll der Verkehr in Wiesbaden, zur Vermeidung von Staus und weiteren Verkehrsbeschränkungen für den Autoverkehr, durch eine leistungsfähige Straßenbahn (CityBahn) von Mainz kommend über die Wiesbadener Innenstadt bis Bad Schwalbach weiterentwickelt werden, um Verkehrszuwächse aufzufangen und Umweltbelastungen (Luftverschmutzung, Lärmbelastung) zu verringern?“

  • Umfrage zur Nutzung von (e)Lastenrädern: https://limesurvey.rz.tu-bs.de/index.php/366835?lang=de

    Infos zum Projekt: https://lifecycling2.de/

    Gleich mal mitgemacht - da ich nicht vorhabe, mir jemals wieder ein Auto anzuschaffen, wenn die aktuelle Karre final abgedankt hat. Allerdings zähle ich auf die Erscheinung von 4-rädrigen eCargo-Dingens. Weiß nämlich nicht, ob ich mir ab 60 noch viele Winter auf dem Rad antun will...

  • Umfrage zum Thema wo man auf der Straße fahren soll/möchte. Explizit auch für "nicht-Radfahrer".

    Umfrager: Technische Universitaet Dresden, Fakultät Psychologie, Diagnostik und Intervention

    Dauer: 10 Minuten

    Ergebnisse wie erwartet. Radfahrer gönnen sich mehr Platz, KFZ'ler "gönnen" Radfahrern weniger Platz.

    Interessant ist evtl. noch dass der Schutzstreifen wohl eher das Gegenteilige vom Namen bewirkt:

    Zitat

    Die Markierung hatte keinen signifikanten Einfluss darauf, welche Position im Mittel als "in Ordnung" eingeschätzt wurde.
    Es gab allerdings eine Tendenz, dass beim Schutzstreifen Positionen näher an der Bordsteinkante als "in Ordnung" eingeschätzt wurden.

  • Die Streifen zur Einordnung waren allerdings auch etwas irritierend. Ich vermute, dass da ein ähnlicher Effekt wie bei Streifenmarkierungen allgemein auftritt - sobald das Auge eine Markierung hat, an die es sich klammern kann, wird anders geurteilt, als wenn keine Markierung da wäre. Ich hätte es deshalb für besser gehalten, wenn man statt fester Werte und aufgemalter Streifen frei auf die gewünschte Stelle hätte klicken können.

    Schade fand ich, dass immer nur die gleiche Situation dargestellt wurde, weder gab es anders breite Straßen noch Gegenverkehr oder sonstigen Verkehr (falls ich das jetzt nicht falsch im Kopf hatte). Ich fände z. B. auch die Frage interessant, wie die Einstellung bei Gegenverkehr, wo sowieso nicht überholt werden kann, im Vergleich zur sonst freien Fahrbahn ist. Als Autofahrer hasse ich es, wenn Radfahrer bei Gegenverkehr sich nach rechts drücken - man kann trotzdem nicht überholen, schon rein physisch nicht (vom Verbot ganz zu schweigen), aber man hat diesen "leeren Fahrstreifen" vor sich und ein seltsames Gefühl im Hinterkopf - ähnlich, wie wenn man bei schönem Wetter auf der Landstraße 70 fährt, wo 100 ginge - nicht verboten, aber anerzogene Schuldgefühle. Nehmen sie stattdessen den Streifen mittig, ist alles klar und man kann gemütlich dahinter herfahren, genau wie man es bei einem Traktor auch tun würde - besser für alle Seiten.

  • Ergebnisse wie erwartet.

    Ich persönlich finde solche "Zentimeter-Untersuchungen" irgendwie sinnfrei. M.E. sind die eigentlichen Fragen

    • warum wir überhaupt täglich Millionen von leeren Beifahrersitzen einen innerörtlichen Platzanspruch geben? Woher kommt der? Sind wir verrückt?
    • warum zwei Radfahrer in einer Ortschaft nicht nebeneinander fahren dürfen, einen leeren Beifahrersitz neben sich zu haben aber jederzeit erlaubt ist?
    • warum zwei nebeneinanderfahrende Radfahrer ein Problem sein sollen, während ein parkendes Auto offenbar kein Platzproblem darstellt?

    Mir fehlt bei dem Ganzen die "Sinnfrage". Metrische Detailmessungen kommen doch erst viel später?