Recht am eigenen Bild bei Ordnungswidrigkeitenanzeige?

  • Moin,

    Malte hat mich netterweise auf dieses nette Forum hingewiesen, da ich eine rechtliche Frage habe.

    Ich nutze fleißig die Wegeheld-App auf den vielen Wegen durch die Stadt.

    Nun habe ich Post vom Rechtsanwalt mit einer Unterlassungserklärung einer Rechnung über 255 € bekommen.

    Ich habe eine Falschparkerin in ihrem Auto fotografiert und das Foto ans OA geschickt. Das örtliche OA nutzt die Hinweise per App auch und so musste die Fahrerin den Witzbetrag bezahlen. Allerdings hat sie mich nun abgemahnt, da ich gegen Paragraph 22 KUG verstossen habe. Was meint ihr? Vor allem der Gegenstandswert von 2.000 € sind natürlich heftig.

  • Der Gegenstandswert dient bei persönlichen Sachen nur zur Berechnung der Kosten. Ich kann dir mal ins Kommentar schauen, am Donnerstag. § 22 KUG betrifft das verbreitet oder öffentlich zur Schau stellen. Letzteres liegt schon mal nicht vor.

    Du hast jetzt drei Möglichkeiten: a) Unterschreiben. Dann musst du zahlen und bei Zuwiderhandlung die Konventionalstrafe an die Flaschparkerfut bezahlen. b) Nix machen. Dann müsste Klage erhoben werden, ggf. kommen weitere Kosten auf dich zu, wenn du gewinnst muss sie deine Kosten tragen oder c) Feststellungsklage erheben. Dann kannst du schwarz auf weiß feststellen lassen, dass du im Recht bist (wenn das Gericht dir folgt, natürlich).

    Magst du mir mal die Begründung (anonymisiert) schicken?

  • Danke für deine Einschätzung. Anbei das anonymisierten Schreiben. Was ich mittlerweile erfahren habe, dass die im Gesetz beschriebenen Ausnahmen nicht zutreffen, da das Gesicht eindeutig identifizierbar ist und sie, auch wenn es um PKW, Kennzeichen und Ort, kein Beiwerk im Bild ist.

    Der Wert ist, da es nicht gewerblich ist, also passend?

    Dann birgt ein Gerichtsverfahren doch ein gewisses Kostenrisiko, auch wenn ich natürlich keinen RA brauche.

    Zu den Möglichkeiten:

    a) In der Unterlassungserklärung ist keine Konventionalstrafe genannt.

    b) Würde durchaus antworten, aber mitteilen, dass das Bild nur ans OA ging.

    c) Hätte ich auch Bock drauf. ;)

  • Ah, ohne Konventionalstrafe ist eher selten. Normal steht dann so etwas drinnen wie "verpflichtet sich, für jeden weiteren Verstoß 500 Euro zu zahlen". Ich persönlich würde den Wert niedriger ansetzen, weil das Bild ja nicht auf Twitter für alle landet, sondern allenfalls ans OA/Polizei und Wegeheld. Da gibt es aber ein Ermessen (§ 3 ZPO), es hängt also davon ab, welchen Richter du bekommst. Ich hatte mal nen Fall mit meiner Adresse, die von einem Nazi (alter Mann, der nicht verkraften konnte, dass sein Nazidystopia von den Alliierten kaputtgebombt wurde) der im Internet veröffentlicht wurde und einem Streitwert von 4000 Euro, wobei der Richter angedeutet hat, dass er den Streitwert eigentlich höher festsetzen würde. Ab 5000 Euro brauchst du einen Anwalt, weil dann das LG zuständig ist. Kann ich mir bei dem Fall aber beim besten Willen nicht vorstellen.

    Den Rest kann ich am Do mitteilen, wenn ich wieder meinen Beck-Zugang habe. Ich würde am ehesten bei dem Wort "verbreiten" ansetzen, aber das ist aktuell mehr Bauchgefühl.

  • Fiese Sache, wenn die eigene Privatadresse auf einmal bei diesen ganzen Schmutz-Seiten auftaucht.

    Haben sowas aktuell hier in der Stadt mit pi-news.

    Wenn das Bild gewerblich genutzt worden wäre, ist der Wert definitiv zu hoch. Aber bei Privat kann ich es nicht einschätzen.

    Verbreitung bedeutet leider schon die Weitergabe und das ist unstrittig.

    Dass ich gegen das Gesetz verstoßen habe, ist mir leider nun klar. Was allerdings der „Wert“ dieses Verstoßes ist, nicht. ;)

    Danke, dann warte ich mal ab, was die Datenbank noch so hergibt.

  • Das ist doch eigentlich der Klassiker. Du hast nicht verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt, sondern Du hast der Polizei einen notwendigen Beweis geliefert, denn wäre die Frau nicht zu erkennen, würde sie sicher behaupten, sie sei nicht gefahren.

  • Erstaunlich, dass man hier nicht mit der DSGVO kommt...!?

    Ich würde die Frau ja ggf. als Beiwerk einer sonstigen Örtlichkeit betrachten. Es hilft beim Falschparkerknipsen ggf. ganz allgemein auch schon, wenn ein architektonisch / touristisch interessanter Bildhintergrund vorhanden ist. ;) Und das Auto nicht unbedingt im Mittelpunkt steht. Bei lesbarem Kennzeichen natürlich.

    Eigentlich sind das auch alles Dokumente der Zeitgeschichte (also: aus der Ära des Falschparkens).

    Ein "berechtigtes Interesse", also eine Owi-Anzeige abzuwenden, sehe ich hier auch nicht.

    Link zu meinem X-Account. Poste dort u. a. regelmäßig Videoclips zu meinen Erlebnissen auf der Straße.

  • Schau mal hier: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/bonn/…l_20140128.html

    Der Fall ist dort aber etwas anders gelagert, weil a) die Person geziehlt Vorfälle kontrolliert, die sie nicht betreffen (Leinenzwang im Naturschutzgebiet) und b) zahlreiche Bilder heimlich beim Gassigehen aufgenommen wurden. In deinem Fall liegt es aber wohl so, dass die Person mit dir eine Aussprache hatte und auch jederzeit aus dem Bild hätte weggehen können, außerdem hat sie dich selbst auf einem von dir zurückgelegten Weg behindert. Und es waren nicht gleich ein dutzend Bilder. Der Streitwert wurde vom AG Bonn aber trotzdem nur mit 500€ angesetzt. Und: http://www.vgwe.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/02C2470D729EEAD0C12579E3002B7FC2/$File/11-2K-00373-U-A.pdf?OpenElement

    Du findest dort die Definitionen. Das VG sieht das "Verbreiten" auch wie ich. Es geht dabei darum, das Bild mehreren Personen zugänglich zu machen, nicht nur dem Bürohengst bei der Bußgeldstelle.

    Zitat

    Die Vorschrift enthält zwei Alternativen: Verbreiten und zur Schau stellen. Diese müssen voneinander abgegrenzt werden. Der Begriff des zur Schau Stellens bedeutet nach allgemeinen Verständnis "etwas den Blicken Anderer aussetzen, von Anderen betrachten lassen" oder "der Betrachtung durch Andereaussetzen". Dabei genügt es, dass der Betrachter des Bildes die Möglichkeit hatte es wahrzunehmen, da der Begriff auf den Vorgang des Sichtbarmachens abstellt (vgl. Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 07.11.2006, Az.: 56/05, zitiert nach juris, Rdnr. 32). Typisches zur Schau Stellen ist etwa die Plakatierungoder Einstellung auf Internet-Seiten. Im Gegensatz dazu bedeutet Verbreitung eine einer Vielzahl von Menschen unmittelbar zugängliche Weitergabe. Typische Synonyme sind Bekanntmachungen, Weiterleitung, Verteilung, Weiterverbreitung und ähnliches. Verbreitung erfolgt hauptsächlich durch Presse, andere Druckerzeugnisse wie Flugblätter, E-Mail. Die Weitergabe eines Bildes an eine einzelne Person zum Zwecke der Beweissicherung für eine Strafanzeige kann unter keine der Alternativen subsumiert werden.

  • Bei Abmahnungen dürfen ja nur die Kosten geltend gemacht werden, die der Gegenseite tatsächlich entstanden sind.

    Sieht das Gesetz hier irgendeine Möglichkeit zur Überprüfung vor?

    Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, dass die Frau für die Abmahnung den genannten Betrag vorstreckt.

  • Angenommen, es würde ein Mord begangen werden und dir gelingt es, vom Täter ein Foto zu machen. Du zeigst das an, der Täter wird (dank Foto) ermittelt und verurteilt. Es ist doch offensichtlich, dass dies von deiner Seite kein Rechtsverstoß sein kann.

    Hier geht's aber nur um eine OWI, aber wenn ich's richtig verstanden habe, warst du von dieser betroffen. Du hast somit ein berechtigtes Interesse an einer Verfolgung. Hierfür darfst du selbstverständlich auch Fotos (Beweismittel) machen. Zumindest in Hamburg muss man dies sogar.

    Man könnte nun argumentieren, ob es verhältnismäßig ist, dass du in diesem Fall nicht nur Fahrzeug + Verstoß fotografiert hast, sondern auch noch das Gesicht der Täterin, und dass das nicht nötig gewesen sei. Wäre das so einfach möglich gewesen? Oder ist es aus SIcht der Strafverfolgung nicht sogar sinnvoll, nicht nur Fahrzeug, sondern auch Fahrer identifizieren zu können, um Aussagen wie "Das war ich gar nicht! Keine Ahnung wer gefahren ist!" zu begegnen?

    Ggfs. ist die DSGVO anwendbar. Die dürfte diese Datenverarbeitung jedoch erlauben.

    Ich würde durch Tor c) gehen. Anwalt nehmen, negative Feststellungsklage einreichen. Wenn du verlierst, kostet's natürlich Geld (Alles zusammen 1-2k€?). Wenn du gewinnst (was ich natürlich hoffe) zahlt die Gegenseite noch einen netten Bonus auf die OWI oben drauf. 2x. eigener Anwalt, dein Anwalt, ggfs. Gerichtsgebühr.

    Da das Verfahren recht simpel ist, sollte eine Vergütung nach RGV ausreichen.


    Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, dass die Frau für die Abmahnung den genannten Betrag vorstreckt.

    Ich hatte mal jemanden verklagt und musste meinem Anwalt im Voraus 2x was überweisen. Letztlich hat sich's für mich gelohnt.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Worauf ich hinaus wollte: der Kostenbetrag darf mWn nur dann in der Abmahnung stehen, wenn seiner Mandantin diese Kosten bereits entstanden sind.

    Der Abgemahnte ersetzt also dem Abmahnenden die ohnehin entstandenen Kosten. Das ist kein "Honorar im Erfolgsfall".

    Wenn alles richtig gelaufen ist, schuldet die Dame (evtl deren RSV) dem Anwalt jetzt 255 €. Vollkommen unabhängig davon, ob der OP zahlt oder nicht.

    Leider wird das in der Praxis oft anders gehandhabt: der Anwalt mahnt kostenlos ab und hofft auf die Zahlung der Abmahngebühr.

    Das ist unzulässig. Im vorliegenden Fall könnte ich es mir genau das aber gut vorstellen.

    Daher die Frage nach der Möglichkeit, das zu kontrollieren.

  • Was ich mich wundere: Ist diese Verpflichtung, die Mandantin künftig nicht mehr zu fotografieren, nicht etwas zu grob gefasst? Darunter fiele ja auch ganz alltägliche Schnappschüsse, etwa von einem schönen Sommertag am See, auf einem Stadtfest in der Fußgängerzone oder womöglich sogar im Ausland am Strand von Mallorca. Das käme ja geradezu einem Fotoverbot im öffentlichen Raum gleich, obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass die Dame rein zufällig auf besagtem Foto landet, natürlich lächerlich gering ist.

    Ich unterschriebe diese Formulierung jedenfalls auf gar keinen Fall, damit kommt man ja in Teufels Küche.

  • Da sie nicht strafbewehrt ist, könnte man diese natürlich unterschreiben. Ich vermute auch, dass die Kosten nicht tatsächlich entstanden sind, was kaum zu beweisen ist. Ich vermute eher ein Verwandtschaftsverhältnis, aber das ist ja auch irrelevant.

    Zur Klärung: Wenn ich mit den Kindern durch die Stadt fahre, mache ich nur Fotos, von Falschparkern, die auf dem Geh- oder Radweg stehen. Ich gehe also nicht gezielt vor, sondern nur, wenn ich gefährdet werde. Das war auch auch hier der Fall. Ich habe die Frau dann von vorne fotografiert, d. h. sie saß im Auto und hat vermutlich auf jemanden gewartet, der nur mal kurz Brötchen holen war. Sie hat nicht gemerkt, dass ich sie fotografiert habe. Mir ist auch jetzt erst aufgefallen, dass sie mit drin war, habe ja eigentlich nur den Verstoß dokumentieren wollen.

    Ich habe schon bei frag-einen-anwalt.de Geld investiert und herausbekommen, dass Beiwerk hier nicht zutrifft, denn dafür muss es wirklich um eine touristische Landschafts- oder Gebäudeaufnahme handeln.

    Allerdings ist der Teil mit der Verbreitung wirklich interessant, da ich ja das ungeschwärzte Foto an eine Behörde geschickt habe. Da fällt es schon sehr schwer von einer Verbreitung zu sprechen.

    Ich werde mal schauen, wie das mit der Feststellungsklage aussieht. Kann in so einer Klage auch der Gegenstandswert reduziert werden? Denn nur davon sind ja alle Gebühren abhängig.

  • Ich werde mal schauen, wie das mit der Feststellungsklage aussieht. Kann in so einer Klage auch der Gegenstandswert reduziert werden? Denn nur davon sind ja alle Gebühren abhängig.

    Bei der FS ist der Streitwert in aller Regel etwas niedriger. Es kann aber sein, dass die Dame Widerklage erhebt (also in diesem Fall die Unterlassung vor Gericht einfordert). Die Streitwerte der beiden Anträge werden dann zusammengerechnet (§ 45 I GKG). Malte hat außerdem Recht, dass die Erklärung viel zu weit gefasst ist. § 22 KUG wäre selbst bei Verbreitung nicht taugliche Grundlage für den Unterlassungsanspruch, da das Recht am eigenen Bild nur vor der Verbreitung und zur Schau Stellung schützt, nicht aber generell davor, dass Bilder gemacht werden. Das betrifft allenfalls das allgemeine Persönlichkeitsrecht, und da müssen die Interessen der beiden Seiten abgewogen werden, es muss insb. festgestellt werden, dass die Aufnahme rechtswidrig war.

  • Für mich ist das ne Luftnummer zum Einschüchtern.

    Aber das Prozessrisiko bleibt nun mal. Ich kann gut reden, ich könnte mir das leisten. Und würd mir das nicht bieten lassen.

    Wenn das Geld knapp ist, einfach gar nix tun. Ist sehr fraglich, ob der RA damit tatsächlich vor Gericht ziehen wird. Bilder zur Beweissicherung, die lediglich der zuständigen Behörde zugänglich gemacht werden, sind regelmäßig legal. Wie das mit dem Anzeigenportal aussieht, ob dort auch Behördenfremde Zugriff auf die Bilder haben, kann ich aber nicht beurteilen. Ich schicke meine Falschparkerbilder immer per Email an den Sachbearbeiter.

    bye
    Explosiv smilie_be_131.gif

  • Ich schicke meine Falschparkerbilder immer per Email an den Sachbearbeiter.

    Ich habe bislang nur zwei Fälle verschickt, in denen der Fahrzeugführer zu sehen war, dabei hatte ich jeweils seine Erscheinung unkenntlich gemacht und ihn stattdessen schriftlich beschrieben.

  • Das Leistenkönnen ist ja auch relativ. Ein Prozessrisiko von ca. 300 € würde ich auch eingehen, aber 1000 - 2000 €. Ne, das ist bisschen viel.

    Im Grunde wird das Foto ja auch per Email an den Sachbearbeiter geschickt. Das Foto wurde auch bei Twitter und auf der Seite wegeheld.org veröffentlich, ABER mit geschwärztem Kennzeichen und natürlich Gesicht. Nur das ungeschwärzte Foto geht per Email an das OA raus.

  • Bei einem Streitwert von 500 Euro liegt das Prozesskostenrisiko bei max. 470 Euro. Außerdem gibt es idR keine zweite Instanz. Das Bild auf Twitter würde ich mal rausnehmen, der Kläger muss die Gründe darlegen, die die Rechtsverletzung begründen sollen. Solange sie hiervon nix weiß, wird es auch nicht im Prozess angeführt. Wenn du wenig Geld hast (wg. Hartz IV oder Schulden) kannst du natürlich auch Prozesskostenhilfe beantragen.