LKW Fahrer tötet Radfahrer

  • Hochbord, Konfliktschaltung, Baustellenfahrzeug und ein Kurvenradius, der dazu einlädt mit Schwung abzubiegen.

    "Übersehen" nicht vergessen. Gut einsehbare Strecke, keine Stehzeuge, keine anderen Sichtbehinderungen.

  • Es wird heute Abend um 19 Uhr eine Mahnwache am Unfallort geben:

    Malte
    19. März 2019 um 14:23

  • Im Prinzip scheint das ja der typische Unfall zwischen einem abbiegenden Lastkraftwagen und einem Radfahrer gewesen zu sein:


    Die Hamburger BILD-Ausgabe musste sich leider ebenfalls äußern und hat als riesiges Aufmacherfoto noch den Kreiseumriss mit Blutspritzern abgebildet. Entscheidet selbst, ob ihr so etwas sehen wollt: https://www.bild.de/regional/hamburg/hamburg-aktuell/beim-abbiegen-muell-laster-uebersieht-radfahrer-tot-60750102.bild.html

  • Exakt diese Stelle passiere ich täglich auf dem Weg zur Arbeit, und zwar wie der getötete Radfahrer in östliche Richtung. Neben der Gefährdung durch den von der Fahrbahn abgesetzten Hochbordradweg, der vor der Großen Bahnstraße in berüchtigter Manier nach rechts verschwenkt wird, tritt hinzu, dass es in Richtung Osten ein starkes Gefälle gibt. Ich als Radfahrer gerate dort immer wieder in Versuchung, mit Schwung (nämlich einer Geschwindigkeit um die 35 km/h) über diese Kreuzung zu segeln. Da man als Radfahrer aufgrund des starken Autoverkehrs auf der Fahrbahn und der daraus resultierenden Staubildung an dieser Stelle vergleichsweise hurtig vorankommt, haben Autofahrer nur dann die Möglichkeit, den Radfahrer wahrzunehmen, wenn sie tatsächlich den Schulterblick praktizieren. (Denn der vorherige Überholvorgang fand deutlich früher und ganz woanders statt. Dass da irgendwo ein Radfahrer parallel zur Fahrbahn fuhr, weiß dann kein Autofahrer mehr, wenn er die Kreuzung erreicht hat.)

    Ich hatte hier schon mehrfach Beinahunfälle und achte darum höllisch darauf, ob die abbiegenden Kfz irgendwie zu erkennen geben, dass sie mich sehen und meinen Vorrang beachten. Die traurige Wahrheit ist und bleibt (bis auf weiteres): Als Radfahrer muss man im Straßenverkehr seine Augen wirklich überall haben.

    Was an der Schuldfrage natürlich nichts ändert. Welch ein grauenhafter Tod.

  • Nunja. Die Unfallstelle ist nun wenig überraschend, eigentlich relativ übersichtlich bis auf diese sagenhafte „Berliner Lösung“ Verschwenkung. An diese langgezogene Gerade, die genügend Zeit für die Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs lässt, schließt sich leider im entscheidenen Moment dieser blöde Schlenker nach rechts an, der Radfahrer und andere nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer während des Abbiegens aus dem Sichtbereich der Außenspiegel manövriert.

    Das leichte Gefälle von der berühmten Holstenkampbrücke herunter ermöglicht Radfahrern ein höheres Tempo, während Kraftfahrer im Stau vor der roten Ampel vermutlich nicht ständig den rückwärtigen Verkehr beobachten. Und wenn’s dann beim Rechtsabbiegen um den Schulterblick geht, ist dank der Berliner Lösung Verschwenkung direkt im Kreuzungsbereich nichts von Radfahrern zu sehen:

    Hier wurde dann der Radfahrer vom abbiegenden Lastkraftwagen erfasst und getötet:

  • Es gibt inzwischen die Mitteilungen von Polizei und Feuerwehr. Interessant sind die sprachlichen Unterschiede, die den Unfallhergang jeweils umgekehrt erscheinen lassen: Bei der Polizei erfasst der Lastkraftwagen den Radfahrer, bei der Feuerwehr kollidiert der Radfahrer mit dem Lastkraftwagen. Das ist ja nun ein wesentlicher Unterschied, der sich auch auf die Bewertung des Unfallherganges auswirkt:

    Schauderhaft ist ja der Begriff der „nicht mit dem Leben zu vereinbarenden Verletzungen“. Da kann man sich ja ausmalen, wie diese riesige Blutlache auf dem Aufmacherfoto der BILD Hamburg zustande kam.

  • Wie man andere Verkehrsteilnehmer tötet, stellte dieser Handwerker anschließend direkt unter Beweis, als einen mit Angstweste bewehrten Radfahrer „übersah“:

    Am Ende folgt die berühmte, krumm-geschwungene Radfahrer-Faust und ein bisschen unhöfliches Gebrülle. Übrigens: Die Polizei stand direkt nebenan und schaute zu. Andererseits: Was sollen die Beamten auch machen? Wollte man sich die Zeit nehmen, wirklich jeden unachtsamen Verkehrsteilnehmer anzuhalten, bräuchte man mehr als nur zehn Mal so viel Personal.

  • Nunja. Die Unfallstelle ist nun wenig überraschend, eigentlich relativ übersichtlich bis auf diese sagenhafte „Berliner Lösung“.

    oh, mit meiner Formulierung zur "baulichen Anti-These zur Berliner Lösung" wollte ich gerade darauf hinaus, dass ich die Berliner Lösung eigentlich als sehr gangbaren Kompromiss empfinde.

    An der Kreuzung hier hat es nun gerade keine Berliner Lösung, der Radfahrer wird nicht parallel zur Fahrbahn geführt, sondern eben von der Hauptlinie weg verschwenkt. Wie in den Fotos und Text richtig dokumentiert.

    Einmal editiert, zuletzt von DMHH (19. März 2019 um 19:53)

  • oh, mit meiner Formulierung zur "baulichen Anti-These zur Berliner Lösung" wollte ich gerade darauf hinaus, dass ich die Berliner Lösung eigentlich als sehr gangbaren Kompromiss empfinde.

    An der Kreuzung hier hat es nun gerade keine Berliner Lösung, der Radfahrer wird nicht parallel zur Fahrbahn geführt, sondern eben von der Hauptlinie weg verschwenkt. Wie in den Fotos und Text richtig dokumentiert.

    Ups — wie heißt diese Art der Verschwenkung denn? Diese Bezeichnung hatte ich mal bei irgendeiner Planung aufgeschnappt, als auch noch in diesem Jahrtausend diese unsinnigen Verschwenkungen gebaut werden sollten.

  • Ups — wie heißt diese Art der Verschwenkung denn?

    holländisches Kreuzungsdesign. :rolleyes:

    fachbegriff für diese Verschwenkung? Keine Ahnung. nach ERA2010 ist sowas nur noch als außerorts-Lösung zu realisieren. 2-4m Abstand zur Fahrbahn, Rotmarkierung.

  • Hallo,

    ein aufrichtiges Beileid allen Betroffenen!

    Danke für die Mahnwache. Leider konnte ich gestern Abend nicht, sonst wäre ich gerne dabei gewesen.

    Wie schon woanders geschrieben mag ich solche Verschwenkungen auch als Autofahrer nicht. Wenn ich da mit 50km/h ankomme, weiß ich ja ob ich gerade einen Radfahrer überholt habe. Staut es sich aber, muss ich schon vorm Abbiegen sehr aufmerksam schauen ob nicht ein Radfahrer von hinten kommt. Denn sobald ich schon etwas um die Kurve gefahren bin, kann ich weder im Rückspiegel noch aus dem Auto heraus richtig nach hinten gucken. Zumal ich ja auch zusätzlich auch nach vorne gucken muss. Bei Lkw wo hinten keine Scheibe ist geht das noch weniger. Im Prinzip ist dies zumindest gefühlt ein "echter" toter Winkel. Man muss sich schon echt anstrengen um etwas zu sehen. Fährt der Radfahrer im Dunkeln ohne Licht ists ganz vorbei...

    Eine Führung unmittelbar neben (oder besser: auf) der Fahrbahn ist da viel besser einsehbar. Daher kann ich ehrlich gesagt ebenfalls nicht verstehen, warum das so gerne propagiert wird. Die "Berliner Lösung" mit einer Führung neben der Fahrbahn ist mir sowohl als Radfahrer als auch als Autofahrer lieber (oder natürlich Mischverkehr).

    Am liebsten wäre mir wenn man eine separate Ampelphase schafft, in der der Kfz-Verkehr komplett ruht, aber Fußgänger und Radfahrer in alle Richtungen gleichzeitig fahren dürfen. Radfahrer "mit der nötigen Vorsicht und in angepasster Geschwindigkeit, Fußgängern ist Vorrang zu gewähren"

    Edit: Das soll jetzt auf keinen Fall den Lkw-Fahrer verteidigen. Wenn man nichts sehen kann, darf man nicht fahren.