Ich hatte im Zuge der gestrigen Critical Mass eine kleine Diskussion darüber, ob mir die Polizei wegen des so genannten Handy-Verbotes aus § 23 Abs. 1a StVO etwas anhängen kann. Schließlich wurde das Handy-Verbot im letzten Herbst im Zuge der 53. Änderungsverordnung der Straßenverkehrs-Ordnung auf Geräte erweitert, die „der Kommunikation, Information oder Organisation“ dienen. Verstöße dagegen kosten auf dem Fahrrad 55 Euro, am Lenkrad beginnen die Tarife bei 100 Euro und einem Punkt, bei Gefährdung oder Sachbeschädigung gibt es zwei Punkte und einen Monat Fahrverbot.
Nun fotografiere ich bei der Critical Mass die Touren auch während der Fahrt mit der rechten Hand an der Kamera. Bis Oktober 2017 war das unproblematisch, weil Kameras in der damaligen Fassung der Straßenverkehrs-Ordnung definitiv nicht vom Verbot betroffen waren. Vorweg: Ich kann mich an eine einzige brenzlige Situation während der letzten sieben Jahre, in denen ich regelmäßig bei Critical-Mass-Radtouren teilnehme, erinnern und das war noch nicht einmal bei der Critical Mass – bei der Fahrradsternfahrt im Juni 2012 fotografierte ich mit meiner Spiegelreflexkamera in der rechten Hand und versuchte mit der linken Hand zu bremsen. Ich hatte damals ein relativ neues Fahrrad mit Scheibenbremsen, war die Bremskraft ganz offenbar nicht gewohnt und legte mich aufs Maul. Dumm gelaufen.
Die Begründung zur Änderungsverordnung stellt auf die Ablenkung des Fahrzeugführers durch technische Geräte ab. Die ist bei einer Kamera sicherlich in ähnlicher Weise gegeben wie bei einem Handy, wobei allerdings der Einsatzzweck ein anderer ist: Auf dem Handy lese oder tippe ich womöglich Kurznachrichten, die Kamera halte ich locker mit einer Hand in die Höhe, peile kurz in die richtige Richtung und drücke ab, schaue dabei aber gar nicht die ganze Zeit durch den Sucher oder auf das Display. Ich bilde mir ein, dass meine Aufmerksamkeit weiterhin dem Straßenverkehr gehört, wobei das vermutlich auch jeder Smartphone-Nutzer am Lenkrad von sich behaupten wird. Nun ja: In dieser Hinsicht sollte man das Fotografieren wohl lieber bleiben lassen.
Nun ist aber die Frage, ob eine Kamera unter ein Gerät fällt, dass für „Kommunikation, Information oder Organisation“ bestimmt ist. Das kann ich bislang nicht erkennen. Der Verordnungsgeber schweigt sich leider darin aus, was er sich dabei gedacht hat, aber es dreht sich nach meiner Meinung um Smartphone, Infotainment-Systeme und Diktiergeräte, etwas in der Art. Weiter hinten auf Seite 25 findet eine nicht abschließende Aufzählung statt:
ZitatDie Vorschrift enthält im Übrigen einen technikoffenen Ansatz, um etwaige Neuentwicklungen ebenfalls erfassen zu können. Die Aufzählung der Geräte ist nicht abschließend. Unter die Geräte fallen z. B. sämtliche Handys, Smartphones, BOS- und CB-Funkgeräte, auch solche mit reinem push-to-talk-Modus, Tablet-Computer, Touchscreens, elektronische Terminplaner, Diktiergeräte, E-Book-Reader, MP3-Player, Personal Computer, DVD und Blu-Ray-Player, CD-Rom-Abspielgeräte, Smartwatches, Walkman, Discman und Notebooks. Nicht erfasst sind atemalkoholgesteuerte Wegfahrsperren.
Ich weiß nicht. Vielleicht hat der Verordnungsgeber schlichtweg nicht damit gerechnet, dass Fahrzeugführer noch mit digitalen Kameras hantieren könnten. Auch wenn diese Aufzählung nicht abschließend ist, habe ich nicht das Gefühl, dass er meine Kamera als Kommunikations-, Informations- oder Organisationsgerät sieht.
Was meint ihr dazu?