Art. 13 und ähnliches: Die nächste Internet-Bedrohung

  • Erstmal muss das die Verordnung in nationales Recht umgesetzt werden. Und ich gehe nicht davon aus, dass Foren wie dieses unter die Regeln fallen; weil es nicht profitorientiert ist. Dafür ist sich dann aber der genaue Wortlaut anzuschauen, sobald er verfügbar ist.

    Du steckst aber viel Vertrauen in Leute, die in den letzten Wochen mehrfach ihre völlige Ahnungslosigkeit bewiesen haben.

  • Es ist -jedenfalls bei mir- weniger Vertrauen in Voss und seine Kollegen als die Erkenntnis, an welcher Stelle man nun weiter dagegen kämpfen muss. Und da hat Gerhart natürlich recht, dass Art. 13 nicht direkt heute in Kraft tritt, sondern die Verordnung zunächst in nationales Recht überführt werden muss.

    Natürlich wäre es besser gewesen, wenn die Abstimmung heute anders ausgegangen wäre. A propos: Wo kann man einsehen, welche Abgeordneten wie abgestimmt haben?

  • Theoretisch könnte die SPD beinhart auf den Koalitionsvertrag bestehen, so dass die Bundesregierung ihre Zustimmung im Rat (vrsl 09.04.) zurückzieht. Leider ist es die SPD und es wird nicht passieren...

  • Nun nachdem die Sache durch ist, hab ich endlich einen Link zur deutschen Übersetzung gefunden: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document…-271-271_DE.pdf

    Dieses Forum ist sicherlich ein "Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft".

    Die meisten hier hochgeladenen Inhalte (wie z. B. dieser Text) dürften aber urheberrechtlich nicht geschützt sein, einfach weil die nötige Schöpfungshöhe fehlt. Vieles sind bloße Meinungsäußerungen oder künstlerisch irrelevante Schnappschüsse von gammeligen Verkehrsanlagen.

    Gewinnerzielung findet keine statt und dürfte auch nicht der Zweck sein. Die Kosten übersteigen die Einnahmen bei Weitem, und dabei wird's wohl auch bleiben.

    §17 (ehemals §13) ist damit nicht anwendbar.

    Wie das mit §15 (§11) genau aussieht weiß ich nicht. Vom Gefühl her wird sich nicht viel ändern. Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger gibt's ja in Deutschland eh schon.

    Hoffentlich wird bald die Namensliste veröffentlicht, wer wie abgestimmt hat. Dann heißt es, sich auf Ende Mai vorzubereiten.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • SPD, oder wie Sascha Lobo neulich schrieb: Von der Mitmach-Partei zur Alles-Mitmach-Partei.

    So sieht bei denen "Aufbruchstimmung" aus:

    Zitat von BR24.de

    Wie diese Demonstranten will die SPD erreichen, dass bei der Reform umstrittene Filter für Internetportale wie YouTube vermieden werden. "Ja zu einem starken Urheberrecht, Nein zu Uploadfiltern" - so lautet die Empfehlung der Antragskommission.

    Brisant dabei: Deutschland hat der geplanten EU-Reform und damit auch dem möglichen Einsatz von Filtern zugestimmt. Die Stimme in Brüssel kam von Bundesjustizministerin Katarina Barley, der jetzigen Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagt nun zu diesem Zwiespalt: "Frau Barley hat ihre Position immer deutlich gemacht; aber natürlich ist klar, dass man in einer Kabinettsdisziplin ist, dass auch die Bundeskanzlerin Druck gemacht hat, dass Artikel 13 kommt."

    https://www.br.de/nachrichten/de…konvent,RLW89bk

    Wäre die SPD eine Katze, würde man sie einschläfern lassen.

  • Die meisten hier hochgeladenen Inhalte (wie z. B. dieser Text) dürften aber urheberrechtlich nicht geschützt sein, einfach weil die nötige Schöpfungshöhe fehlt.

    Würde ich nicht in allen Fällen so unterschreiben. Gerade wenn ausführlicher Verkehrsanordnungen dargestellt, analysisert und rechtlich bewertet werden. Spätestens beim Upload von Bildern ist es ja vorbei. Problem sind aber ja nicht der urheberrechtliche Schutz, sondern ein potentieller Verstoß dagegen. Wenn du deinen eigenen Text hier hochlädst, kann dieser zwar immer noch urheberrechtlich geschützt sein (falls Schöpfungshöhe erreicht), aber trotzdem kein Verstoß gegen Urheberrecht, weil du ja explizit einwilligst. Die Gefahr für Malte ist, dass irgendjemand ein Bild auf Twitter sieht, es hier hochlädt und der Rechteeigentümer Stress macht. Oder vielleicht noch realistischer: Jemand stellt einen abfotografierten Zeitungsartikel ein und der Verlag will die Hand aufhalten, weil Malte den Upload nicht durch geeignete Maßnahmen (vulgo Uploadfilter) verhindert hat.

  • Was die User hier selbst schreiben, ist für Malte kein Problem, ebenso, wenn von uns selbst erstellte Fotos oder Skizzen hochgeladen werden. Dann sind wir selbst die Urheber und veröffentlichen selbst unsere eigenen Inhalte.

    Das Problem ist, dass Malte nicht überprüfen kann, ob die Bilder oder Inhalte wirklich von uns erstellt wurden oder ob wir uns irgendwo bedient haben.

  • Das Problem ist, dass Malte nicht überprüfen kann, ob die Bilder oder Inhalte wirklich von uns erstellt wurden oder ob wir uns irgendwo bedient haben.

    Daran ändert sich allerdings durch die Reform bzw. deren Umsetzung rein gar nichts. Das UrhG ist ja nun wahrlich keine neue Erfindung ;)

    Hauptproblem der Copyright in the Digital Single Market Directive ist die Auslegung von "online content sharing services":

    ‘online content sharing service provider’ means a provider of an information society service

    whose main or one of the main purposes is to store and give the public access to a large

    amount of copyright protected works or other protected subject-matter uploaded by its users

    which it organises and promotes for profit-making purposes.

    Artikel 13 betrifft explizit diese "online content sharing service providers". Der Gesetzgeber wollte also „kleine Seiten“ (wie diese hier) von den Regelungen ausnehmen. Das Hochladen geschützter Werke ist hier weder Hauptzweck, noch erfolgt es in großen Mengen, noch werden diese (wenigen) Werke mit Gewinnstreben geordnet oder gar beworben.

    Wie allerdings Juristen "one of the main purposes", "large amount", "organises" etc. auslegen werden, wird sich zeigen.

    Artikel 11 betrifft "information society service providers". Diese sind in Directive (EU) 2015/1535 wie folgt definiert:

    Zitat

    ‘service’ means any Information Society service, that is to say, any service normally provided for remuneration, at a distance, by electronic means and at the individual request of a recipient of services.

    Zitat

    „Dienst“ eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.

    Auch das trifft hier nicht zu.

    Darüberhinaus ist in Artikel 11 folgendes geregelt:

    […] These rights shall not apply to private or non-commercial uses of press publications carried out by individual users.

    The protection granted under the first subparagraph shall not apply to acts of hyperlinking. The rights referred to in the first subparagraph shall not apply in respect of uses of individual words or very short extracts of a press publication.

    Auch hier gibt’s wieder genug Ansatzpunkte für juristische Spitzfindigkeiten …

    Nachdem die Reform angenommen wurde, können wir wohl bald zusperren

    … halte ich trotz der o. g. Unsicherheiten bzw. möglichen Kollateralschäden für eine unangebracht fatalistische Einstellung.

    Das alles ändert i. ü. nichts daran, dass ich die Artikel 11 bis 13 für größtenteils kontraproduktiv halte – selbst wenn sie wirklich nur für ohne jeden Zweifel kommerzielle Plattformen gelten sollten. Der Effekt wird am Ende wohl sein, dass die Marktmacht der heute schon großen Plattformen zementiert wird. Ich bezweifle stark, dass sich die Lage der Urheber signifikant verbessern wird. Aufgrund von Artikel 12 wird sogar einiges definitiv schlechter werden.

  • Würde ich nicht in allen Fällen so unterschreiben.

    Das Problem ist

    §17 (ehemals §13) ist auf das Forum hier nicht anwendbar. Der weitere Inhalt des Artikels ist damit egal.

    Das alles ändert i. ü. nichts daran, dass ich die Artikel 11 bis 13 für größtenteils kontraproduktiv halte – selbst wenn sie wirklich nur für ohne jeden Zweifel kommerzielle Plattformen gelten sollten.

    Eben. Selbst wenn nur Youtube betroffen wäre, ich wäre noch immer gegen die Verordnung. Ich mag Google nicht, wegen mir können deren Dienste reguliert und Gewinne abgeschöpft werden; die Marktmarkt der großen Internetkonzerne gehört zusammengestaucht. Aber das möge man bitte mit sinnvollen Reformen und Gesetzen tun. Deshalb bin ich auch ein Fan der DSGVO.

    Die nun beschlossene Reform ist technisch nicht sinnvoll umzusetzen, so zumindest meine professionelle Meinung als studierter Informatiker. Und sie dient letztlich nur den kapitalistischen Interessen einiger weniger, den Rechteverwertern. Die Nutzer, die Internetwirtschaft, die Kreativen, sie alle werden verlieren. Die Reform schadet unserer in Europa liberalen und sozialen Gesellschaft.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Artikel 13 betrifft explizit diese "online content sharing service providers". Der Gesetzgeber wollte also „kleine Seiten“ (wie diese hier) von den Regelungen ausnehmen.

    Auf Seiten wie diese hier wird "online content" "geshared" und "provided". An dieser Stelle hat er (der Gesetzgeber) diese Seite schon mal nicht ausgenommen. Ob er kleine Seiten ausnehmen wollte, ist egal. Im übrigen glaube ich Voss und Trüpel kein Wort, wenn diese behaupten, sie wollten etwas. Leute, die Kommunikation (egal, wo) unter Erlaubnisvorbehalt stellen und zu diesem Zweck Zensurinfrastruktur (auch egal, wo) errichten bzw. errichten lassen und sich dazu miesester rot-brauner Diffamierungsmethoden bedienen, sind für mich glasklar Freiheits-, Demokratie- und Verfassungsfeinde. Außerdem wurden sie mehrfach der Lüge überführt. Denen glaube ich wirklich gar nichts. Null.

    Das Hochladen geschützter Werke ist hier weder Hauptzweck, noch erfolgt es in großen Mengen,

    Jeder Text, der die Schöpfungshöhe erreicht, ist vom Urheberrecht geschützt. Unter Umständen können das bereits Einzeiler sein. Das wird im Zweifel ein Richter zu entscheiden haben. Ich "freue" mich schon auf Buskes Auslegungen. Texte gibt es hier in großen Mengen. Sie sind auch graphisch aufbereitet und thematisch geordnet. Des weiteren können hier Bilder hochgeladen werden. Dafür gibt es sogar eine eigene Galerie. Ich hoffe, daß klar ist, daß nahezu alle Bilder schon bei Entstehung quasi in den Urheberrechtsschutz hinein erzeugt werden. Damit ist das Hochladen von urheberrechtlich geschütztem Material ein "one of the main purposes". Einzig das Gewinnstreben "wackelt" hier. Spätestens beispielsweise im Radforum zweifelsohne aber nicht mehr, denn dort gibt es Affiliate-Links zu Amazon.

    Ich sehe mich schon ins Darkweb auswandern... Was für ein Dreckshaufen. Ich bin wirklich sauer.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Das mit den "großen Mengen" wird noch interessant. Vermutlich geht die Formulierung auf einen handwerklichen Fehler zurück. Denn in den früheren Fassungen war die "große Menge" noch durch Umsatz bzw. Nutzerzahl irgendwie definiert.

    Später kam die 3-Jahres-Regel dazu und vermutlich wurde einfach die Formulierung "große Menge" nicht mehr angepasst. Also muss man jetzt abwarten, was daraus gemacht wird.

    Wenn man das im ursprünglichen Sinne versteht, ist alles gut. Dann wäre aber die 3-Jahres-Regel praktisch überflüssig.

    Also wird man sich irgendetwas anderes einfallen lassen.

    Jetzt ist erstmal der deutsche Gesetzgeber dran. Man darf gespannt sein, was die daraus machen. Dann kann man weitersehen.

    Unter dem Strich war die Hinterzimmerpolitik mal wieder erfolgreich. Andere Länder in Europa hatten halt keinen Wölken und keine Reda, die Transparenz herstellen. Und dementsprechend hielt sich der Aufschrei leider in Grenzen.