Art. 13 und ähnliches: Die nächste Internet-Bedrohung

  • Naja, zum Anschieben hat man die Urheber mit ins Boot geholt, und als man in sicherem Wasser war hat man sie wieder über Bord geschmissen. Nur die Rechteverwerter werden geschützt. Also business as usual....

    bye
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  • Gerade darüber gestolpert

    https://www.radforum.de/

    Das soll keine "Werbung" für die "Konkurrenz" werden, aber die Idee einer derart knalligen Startseite mit weiterführenden Links gefällt mir. Man sollte sie hier aufgreifen.

    Edit: Malte

    So unterschiedlich sind dir Geschmäcker. Ich bekomme bei dem Design augenblicklich Kopfschmerzen.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Ich habe mir jetzt nochmal den aktuellen Regelungstext bis einschließlich Artikel 13 durchgelesen (danach hatte ich einfach keinen Bock mehr).

    Eins muss man den Verantwortlichen lassen: sie haben offensichtlich zugehört und noch massive Änderungen an Artikel 13 vorgenommen.

    Im Grunde ist der jetzt eine Variante von "notice, take down, stay down". Und das gilt doch schon heute, oder?

    Dazu kommt noch ein Vergütungsmodell für die Urheber, das es meines Wissens nach außerhalb vom Internet auch heute schon gibt (GEMA).

    Viel mehr ist nicht übrig geblieben. Daneben gibt es nur noch diverse weitere Regelungen, die offensichtlich dazu gedacht sind, die bekannten guten Argumente zu entkräften (durch tatsächliche Änderungen).

    Ich finde, das geht in die richtige Richtung. Leider bleiben die Details sehr ungenau. Nach den massiven Veränderungen in letzter Sekunde ist das auch nicht weiter verwunderlich. Eigentlich wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, das Dokument "rund" zu machen. Also jemand sollte sich hinsetzen und den jetzigen Text so nach bestem Wissen und Gewissen ausarbeiten, dass die Gedanken, die Artikel 13 jetzt enthält, anständig ausformuliert und zu einem stimmigen Gesamtpaket geschnürt werden.

    Dann hat man einen anständigen Artikel 13. Und wenn das geschafft ist, müsste man sich mindestens den Artikeln 11 und 12 nochmal mit der gleichen Akribie widmen.

    Sehr schade, dass das organisatorisch nicht mehr möglich ist. Jetzt wird leider über einen halbfertigen Text abgestimmt, der für sehr viel Unsicherheit sorgt.

  • Die Abstimmung scheint nicht vorgezogen zu werden: https://twitter.com/ARD_BaB/status/1102995970109988864?s=19

    Versucht hat die CDU das trotz gegenteiliger Beteuerungen trotzdem:

    https://twitter.com/Senficon/status/1103325317744214016

    Zitat von Julia Reda

    Beim heutigen informellen Vorbereitungstreffen der Fraktionen hat @EPPGroup ihren Antrag auf Vorziehen der Abstimmung explizit wiederholt, aber niemand hat sie unterstützt.

    Daraufhin hat sie angekündigt, die Vorziehung nicht weiter zu verfolgen.

    #SaveYourInternet #NiemehrCDU

    16:27 - 06 März 19

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Im Grunde ist der jetzt eine Variante von "notice, take down, stay down".

    Stell Dir einfach vor, das hier wäre Dein Forum und dann die Frage, wie man das hier umsetzen könnte. Ohne Vorabkontrolle. Ohne Uploadfilter.

    Das geht nicht. Und selbst dann, wenn Du einen Filter "handklöppelst": Ein paar Bits an der Datei geändert und er greift nicht mehr. Ein einzelner Troll könnte das Forum "abschießen".

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Im Grunde ist der jetzt eine Variante von "notice, take down, stay down".

    Das auch, aber noch mehr.

    Angenommen ich drehe ein Video, eingeleitet mit den Worten

    "Hallo, mein Name ist ...; dieses Video darf ohne meine Zustimmung nicht weiterverbreitet werden. Zu erreichen bin ich unter ...

    Ich zeig euch heute, wie ihr ein Fahrrad kaputt bekommt und wo die nächste Werkstatt ist, die's wieder heile macht."

    Das Video stelle ich auf meine Webseite und verlinke es hier im Forum. Jemand von euch lädt es bei YouTube hoch.

    Wenn ich §13 richtig verstanden habe, ist Youtube nun für diese Copyrightverletzung haftbar.

    Ich meine es kann doch nicht zuviel verlangt sein, jedes neue Video einmal anzuschauen und auf Urheberrechtsverletzungen hin zu untersuchen?! ;)

    Und es bleibt auch immernoch die Problematik, dass Algorithmen unmöglich korrekt entscheiden können, ob Parodie (oder die anderen DInge) vorliegen oder eine Urheberrechtsverletzung. Die Plattformen müssen sich dann entscheiden, ab wo der Algorithmus den Upload wegblockt.

    Auch heute schon gibt es Uploads von ganzen Kinofilmen auf Youtube, die teils Jahre online bleiben. Ein Mensch erkennt die Urheberrechtsverletzung recht einfach. Der Algorithmus nicht, wenn der Ton verzerrt ist, das Bild gespiegelt und leicht modifiziert ist. YouTube wäre dann wohl für solche Uploads haftbar.

    Aus meiner Sicht kann es nur bei einem notice+takedown bleiben, auch wenn dann nicht alles vom FIlter erfasst wird.

    "stay down" könnte man z. B. per checksummen machen, das heißt nur byte-identische Dateien können nicht mehr hochgeladen werden. Bei kleinsten Veränderungen jedoch schon. Sowas kann auch jeder kleine Webseiten- und Plattformbetreiber implementieren, dafür braucht man keine teure Filtertechnik.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Wenn ich §13 richtig verstanden habe, ist Youtube nun für diese Copyrightverletzung haftbar.

    Gerade in der Ecke gab es noch einige Überarbeitungen.

    Vor ein paar Wochen war es das allgemeine: "Youtube haftet praktisch immer".

    Heute ist es: Youtube haftet nur, wenn:

    - nicht ausreichend ernsthaft mit "den Rechteinhabern" (in der Praxis wohl eine Handvoll Verwertungsgesellschaften (Artikel 6 oder 7)) verhandelt hat

    - UND der Rechteinhaber den spezifischen ("specific") Content vorher an Youtube gemeldet hat.

    Neu ist nur der erste Punkt. Den zweiten gibt es meines Wissens nach schon heute.

    Wie mit minimalen Veränderungen auf bit-Ebene umzugehen ist, hängt an der Auslegung des "specific" von oben, bleibt also erstmal unklar. Da steht nur "hoher Industrie-Standard" als Anforderung an die Technik. Außerdem gibt es noch den Punkt, dass die Größe und Zwecke der Plattform bei den Anforderungen zu berücksichtigen sind.

    Das ist doch alles die richtige Richtung, um die Bedenken ernst zu nehmen. Es ist "nur" noch noch nicht richtig ausgearbeitet.

  • Das frage ich mich auch schon eine Weile. Aber soweit ich weiß gilt diese Anforderung halt bereits heute schon.

    Der Punkt ist, dass sich durch Artikel 13 am "Stay down", von "Notice, Take down, stay down" nichts ändern würde.

    Also gilt die Meinungsfreiheit im Internet nur für Informatiker? Ich denke, wir sind uns einig, daß

    1. dies letztlich eine unzulässige Einschränkung eines elementaren Grundrechts darstellt,
    2. eine "Reform" des Urheberrechts, die das auch noch zementiert, mit einer Modernisierung und notwendiger Anpassung an technische Entwicklungen rein gar nichts zu tun hat.

    Eigentum, auch das sogenannte "geistige", ist nicht sakrosant. Genauso wird es aber behandelt. Eine Abwägung verschiedener Interessenssphären sähe anders aus:

    1. Notice and take down.

    2. Rechtssichere Schranken des Urheberrechts für den zulässigen Gemeingebrauch geistigen Eigentums.

    Diese sogenannte "Reform" ist für die Tonne. Sie führt zurück ins Mittelalter.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • 1. Und wie stellst Du das an?

    Naja, die jeweilige Datei zu sperren ginge einigermaßen problemlos, indem ich beispielsweise einfach den Hash der Datei speichere und im Uploadprozess überprüfe. Der Hash verändert sich aber bei minimalen Veränderungen an der Datei, die kann ich auf diese Weise nicht überprüfen. Wenn jemand also eine gesperrte Bilddatei hochladen möchte, sie in Photoshop um einen Pixel verbreitert und wieder um einen Pixel verschmälert, wird der Hash anders sein und ich bekomme das nicht mehr mit. Ich muss also erkennen, was auf dem Bild zu sehen ist, und das muss nach Möglichkeit automatisiert ablaufen.

    So etwas ist technisch einigermaßen möglich — aber mit geradezu extremen Fehlerwahrscheinlichkeiten behaftet, als dass man damit arbeiten könnte.

  • Ich denke, bisher reicht es, die konkrete Datei zu sperren und zusätzlich alles, was der betreffende Nutzer bisher und in Zukunft hochlädt, besonders zu kontrollieren, ob es legal ist.

    Bei einem Forum mit etwa 100 Usern vielleicht noch händisch zu machen. Bei erneutem Verstoß kann man den betreffenden Nutzer ja sperren auf Fake-Acounts achten.

    Aber je größer das Forum, je mehr User, je größer wird das Problem.

    Solange man zufrieden ist, wenn etwas zeitnah wieder gelöscht wird, geht es irgendwie. Wenn es aber darum geht, dass illegales erst gar nicht hochgeladen und freigegeben werden kann, ist man am Ende.

    bye
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  • Wenn es aber darum geht, dass illegales erst gar nicht hochgeladen und freigegeben werden kann, ist man am Ende.

    In diesem Punkt wurde Artikel 13 geändert. Es muss nur noch das geblockt werden, was von Rechteinhabern vorher an die einzelne Plattform gemeldet wurde.

    Wie gut die Filter Änderungen erkennen müssen, weiß ich leider auch nicht. Im Text steht nur, dass der spezifische ("specific") Content vorher gemeldet worden sein muss. Vielleicht steht in den Erläuterungen genaueres. Ich weiß es nicht.

  • Bei einem Forum mit etwa 100 Usern vielleicht noch händisch zu machen. Bei erneutem Verstoß kann man den betreffenden Nutzer ja sperren auf Fake-Acounts achten.

    Man könnte mit technischen Mitteln Fake-Accounts verhindern:

    Mein neuer Personalausweis hat die Funktionalität drin, dass ich mich mit diesem identifiziere.

    Und bevor hier das Geschrei losgeht wegen Datenschutz: Man könnte damit auch eine Lösung umsetzen, über die weder der Webseitenbetreiber an die Identität des Users kommt, noch der Staat herausfinden kann, auf welchen Webseiten sich der Bürger rumtreibt. Auch könnten zwei verschiedene Webseiten nicht herauskriegen, ob ein User auf beiden Seiten einen Account hat.

    Lediglich Doppelregistrierungen könnten erkannt und unterbunden werden.

    Wer sich dann nicht an die Haus-Regeln hält, wird dauerthaft entfernt. Zugang gibt's erst wieder, wenn man sich einen neuen Ausweis holt.

    Leider hab ich derzeit zuviel zu tun, um sowas mal zu programmieren.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Laut dem Welt-Artikel (Ich würd den Absatz ja gerne komplett quoten, aber das darf man ja nicht.) würde es ein "extended collective licensing" geben; eine große Verwertungsgesellschaft könnte damit automatisch Lizenz-Verträge für Künstler abschließen, die gar nichts mit der Gesellschaft zu tun haben; diese Künstler müssten sich über ein opt-out dagegen wehren.

    WTF??

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.