Ride of Silence

  • Gestern in Hamburg:

    Ich habe hier ein paar Fotos hochgeladen:


    [album='7'][/album]

    Allerdings war ich doch sehr erschrocken, wie aggressiv einige Kraftfahrer dort zugange waren. An der Sternschanze ergoss sich das Teilnehmerfeld schließlich von den überfüllten Gehwegen auf die Fahrbahn der Sackgasse, dumme Sache, das gefiel einigen Kraftfahrern nicht, die dort reinfahren wollten. Soweit verständlich, aber die Tonlage war doch etwas angespannt. Dann hoch zur Weidenallee: Nachdem die Polizei vorne die Kreuzung sperrt und wieder abrauscht, setzen sich die Kraftfahrer wieder in Bewegung, die Ampel ist ja grün, und versuchen durchs Teilnehmerfeld zu fahren. An der Kreuzung zum Schulterblatt hing ein Kraftfahrer mit dem kompletten Oberkörper aus dem Fenster und brüllte uns Obszönitäten entgegen, von wegen er wolle nach Hause und wir wären alle bescheuert und so weiter und so fort. An der Sternbrücke stieg ein Kraftfahrer nach Belehrung seitens der Motorradpolizisten aus und lief mit wedelnder Faust und brüllend im Teilnehmerfeld herum, um sich dann wieder ins Auto zu setzen und zu wenden.

    Und so weiter und so fort. Die Aggressivität legte sich erst im Laufe des Abends, als der Großteil des Feierabendverkehrs schon vorbei war.

    Und dann dieses permanente Gehupe und Gebrülle an den Gedenkstellen. Wahnsinn. Da weiß ich auch gleich wieder, warum dieser Ride of Silence notwendig ist.

  • An der Kreuzung zum Schulterblatt hing ein Kraftfahrer mit dem kompletten Oberkörper aus dem Fenster und brüllte uns Obszönitäten entgegen, von wegen er wolle nach Hause und wir wären alle bescheuert und so weiter und so fort. An der Sternbrücke stieg ein Kraftfahrer nach Belehrung seitens der Motorradpolizisten aus und lief mit wedelnder Faust und brüllend im Teilnehmerfeld herum, um sich dann wieder ins Auto zu setzen und zu wenden.

    Warum holt die Polizei solche Leute nicht und unterzieht sie einem Drogen-Schnelltest plus Personalienfeststellung plus Anzeige?

    Ich frag' ja nur ...

  • Warum holt die Polizei solche Leute nicht und unterzieht sie einem Drogen-Schnelltest plus Personalienfeststellung plus Anzeige?

    Selbst wenn nur an jeder dritten Kreuzung jemand ausstiege und strafrechtlich relevante Dinge tut oder äußert, wären die Polizisten so sehr beschäftigt, dass der Demonstrationszug nach zwei Kilometern zum Erliegen käme. Das ist in dieser Form einfach nicht machbar.

  • Und so weiter und so fort. Die Aggressivität legte sich erst im Laufe des Abends, als der Großteil des Feierabendverkehrs schon vorbei war.

    Ich erinnere mich noch an den Beifahrer eines Taxis (ich hoffe, dass es der Beifahrer war), der beim Wenden aus dem Fenster rief: "Ihr spinnt doch alle!" Zu dem Zeitpunkt ist mir aufgefallen, dass man uns auch für die CM hätte halten können, wenn man keine Ahnung hat. Für Uninformierte gab es nur wenig Anhaltspunkte dafür, dass es sich um den Ride of Silence handelte. Ich fand's auch schade, dass die Vertreterin der Veranstalter nur für die Leute direkt neben ihr zu verstehen war. Zum Glück hatte ich einen kundigen Mitfahrer, der mir die groben Eckpunkte zu den Orten sagen konnte.

  • Ah, schöner Zufallstreffer:

    [image='1078','small'][/image]

    Die Polizei hat beim Einfahren in die Kreuzung den vordersten Kraftfahrern bedeutet, dass jetzt erstmal Pause angesagt ist, ist dann aber weitergefahren. Dann müssen sich zwei Radfahrer ums Corken kümmern, was der Polizei bei Fahrrademonstrationen aber eigentlich gar nicht so recht ist, weil die beiden Teilnehmer nunmal ihre rechtlichen Kompetenzen ganz deutlich überschreiten. Dann kommt von ganz hinten auf dem Fahrstreifen des Gegenverkehrs jemand angefahren, mutmaßlich um sich zu beschweren, das dürfen die beiden dann ebenfalls abfedern.

    Ich kenne das aus eigener Erfahrung bei der Critical Mass und auch bei vollkommen friedlichen Demonstrationen: Man wird als Corker nicht unbedingt freundlich angesprochen. Ich habe für so etwas überhaupt nicht den notwendigen Charakter, wenn mich der zehnte oder elfte oder zwölfte beschimpft, beleidigt, oder mit der Stoßstange beiseite schieben möchte, dann ist bei mir relativ bald Schluss mit lustig und dann war’s das für den Abend mit dem Corken. Glücklicherweise habe ich mich bislang immer rechtzeitig zurückgezogen. Andere haben da sicherlich ein dickeres Fell.

    Und obwohl ich verstehe, dass die Polizei in der jetzigen Aufstellung überhaupt gar nicht die notwendigen Kapazitäten hat, um alles abzusichern, halte ich das schon ein bisschen für ein Unding. Wenn die Teilnehmer nicht aufpassen, gibt’s beim Ride of Silence gleich die nächsten Verletzten, weil wieder jemand mit dem Auto durchs Teilnehmerfeld saust? Ehrlich, dann sollten solche Demonstrationen nicht genehmigt werden.

    Ich halte es rückblickend auf den gestrigen Abend wirklich für ein Unding, gerade im Hinblick auf die Thematik der Demonstration, was da an Begrifflichkeiten geäußert, was da an Gefährdungen vorsätzlich verursacht wurde.

  • Ehrlich, dann sollten solche Demonstrationen nicht genehmigt werden.

    Wegen (politisch zumeist gewollten, mindestens aber sehenden Auges herbeigeführten) Kapazitätsengpässen eines der wichtigsten bürgerlichen Grundrechte massiv einschränken?

    Sorry, aber nein.

    ebayForumKopfverkl.jpg
    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Wegen (politisch zumeist gewollten, mindestens aber sehenden Auges herbeigeführten) Kapazitätsengpässen eines der wichtigsten politischen Grundrechte massiv einschränken?

    Sehe ich auch so. Aber ich habe langsam die Nase voll davon, mich von aufgebrachten Verkehrsteilnehmern bei einer angemeldeten Demonstration gefährden zu lassen, sei es bei Sternfahrten, sei es bei Fahrraddemonstrationen, sei es bei „normalen Demonstrationen“. Zu dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit zählt meines Erachtens auch, ohne körperliche Verletzungen fürchten zu müssen an einer Demonstration teilnehmen zu können. Das sehe ich immer weniger gewährleistet.

    Man könnte natürlich auch ein paar zusätzliche Beamte abstellen und knallhart gegen Leute vorgehen, die mit dem Auto durch eine angemeldete Demonstration fahren wollen, aber darauf braucht man wohl nicht zu hoffen.

    Das fällt mir auch bei jeder Sternfahrt wieder auf — Anfang Mai in Düsseldorf sperrte die Polizei nach einem mir unbekannten Prinzip einige Kreuzungen ab, andere nicht. Da stand dann entweder niemand, so dass die Kraftfahrer Anstalten machten, durch das Teilnehmerfeld zu fahren, oder es fand sich noch jemand, der das Corken übernahm:

    [image='707','small'][/image]

    Aber sowas hier geht einfach nicht:

    [image='617','small'][/image]

    Das ist das Ende einer Autobahn und das Teilnehmerfeld wird gesichert von irgendeinem Radfahrer. Wenn der keine Lust mehr hat und weiterfährt, geht’s rund. Wenn der vorderste Kraftfahrer keine Lust mehr hat und weiterfährt, geht’s rund. Wenn ein weiter hinten wartender Kraftfahrer keine Lust auf Stau hat und rechts vorbeifährt, geht’s rund. Dann müssen wir Teilnehmer uns irgendwie mit unseren Rädern vor die Stoßstange werfen. Darauf habe ich absolut keine Lust mehr, darum will ich auch eigentlich in Hamburg nicht mehr bei der Sternfahrt mitmachen. Es stinkt mir einfach. Und wenn dann was passiert, ist mein Fahrrad mal wieder hinüber und ich darf mir im besten Fall noch anhören, dass ich den Kraftfahrer genötigt hätte.

  • Ein geschlossenes Teilnehmerfeld könnte helfen, das Durchfahren zu verunmöglichen.

    Da bin ich mir nicht sicher — ich denke, die Leute versuchten’s trotzdem.

    Außerdem ist ein geschlossenes Teilnehmerfeld halt so eine Sache, das ist ja keine Ausfahrt von Rennradprofis, sondern eine Demonstration mit allen möglichen Arten von Teilnehmern auf dem Rad. Da ist nicht jeder in der Lage, die Lücke zum nächsten Hinterreifen auf konstanter Länge zu halten.

  • Ich gehe doch aber davon aus, dass bei einer Demo ein Anmelder und Verantwortlicher da ist, der ein paar Takte zur Lage sagt, also »vorne wird nicht geheizt, und bitte alle zusammenbleiben«. Klappt bei »Latsch-Demos« doch auch, denn das sind keine Marathonläufe.

  • Was mich bei der Fahrradsternfahrt gewundert hat, wie gedankenlos manche Fußgänger meinen, sie könnten den Demonstrationszug einfach so queren und das wird schon irgendwie gut gehen / die Leute werden schon bremsen. Wieso passiert wenn Autos kommen sowas nichtmal bei einspurigen Straßen, aber bei mehrspurigen voll mit Fahrrädern läuft man einfach los?

  • Ich gehe doch aber davon aus, dass bei einer Demo ein Anmelder und Verantwortlicher da ist, der ein paar Takte zur Lage sagt, also »vorne wird nicht geheizt, und bitte alle zusammenbleiben«. Klappt bei »Latsch-Demos« doch auch, denn das sind keine Marathonläufe.

    Das passiert ja, sowohl bei der Fahrradsternfahrt in Hamburg oder in Düsseldorf als auch bei der Demonstration am Mittwoch. Nur: Bei der Hamburger Fahrradsternfahrt wird ab Wedel irgendwann der hügelige Sülldorfer Kirchenweg befahren — da ist das heterogene Teilnehmerfeld schlichtweg nicht in der Lage, ein einheitliches Tempo zu fahren. Da gibt’s auch kein Tempo, das langsam genug ist: 2015 wurde mal versucht, möglichst langsam als Einheit dort hochzufahren, so dass einige Teilnehmer wiederum abstiegen und schoben, um nicht vom Rad zu kippen. Man wird bei normalsterblichen Radfahrern meines Erachtens nie gewährleisten können, dass keine Lücken entstehen, man muss eben regelmäßig vorne das Tempo drosseln, um das Teilnehmerfeld wieder zusammenzuführen.

    Doch auch das wird im Endeffekt nicht bewirken, dass niemand mit dem Auto durchfahren möchte.