Woche 17 - 25.4.-1.5.2016

  • Wäre es nicht wesentlich sinnvoller (und umweltfreundlicher), endlich eine Verkehrspolitik zu betreiben, die zu einer deutlichen Reduktion der privaten Autos führt?

    Ja.

    Die Milliarden, mit denen der Autoverkehr subventioniert wird, könnte man gut für eine echte Verkehrswende einsetzen.

    Korrekt.

    Und was ist jetzt die Schlussfolgerung für obige Überlegungen/Erörterungen? Alles obsolet, weil man nur den Schalter umlegen muss, um von heute auf morgen im Radfahrerparadies ohne Autos in der Stadt zu landen?

    Meiner Ansicht nach wäre es für Mensch und Umwelt am sinnvollsten, insbesondere den privaten Kraftverkehr in deutlich engeren Grenzen als heutzutage zuzulassen. Vorbild London: Wenn jede Fahrt in den Citybereich 20 € kostet, wird’s sicherlich etwas leerer (in London waren’s in den ersten 10 Jahren nur 10 % Reduktion iirc). Und wenn das nicht reichen sollte, macht man’s halt so lange teurer bis die gewünschte Verkehrsdichte erreicht ist. Ähnliches gilt für sämtliche Kfz-relevanten Steuern. Selbstverständlich Tempo 30 innerorts (notfalls mit Ausnahmen auf den Magistralen) und schon wären die Städte deutlich lebenswerter, menschen- und damit auch radfahrerfreundlicher. Ergänzt man noch 70 außerorts und 120 auf Autobahnen und sorgt auch dafür, dass sich alle daran halten, könnten Umwelt und Rettungskräfte (etwas) durchatmen. Ich nehme mal an, dass mir da im Groben und Ganzen die meisten hier zustimmen werden.
    Dummerweise ist hier keiner König von Deutschland, sondern meist nur ein kleines Rädchen in einer Demokratie. Was nutzt es da, wenn man die wahre Lehre erkannt hat, aber nicht in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass sich diese auch in der Mehrheit der Bevölkerung oder bei den Entscheidungsträgern durchsetzt? (vgl. Lobbykratie) Einiges wird die Zeit regeln, manches können "wir" anschieben, aber vieles wird sich nicht von heute auf morgen ändern lassen. Es wird auch mittelfristig MIV geben. So sehr man das alles verteufeln mag, so muss man den Realitäten meines Erachtens auch ins Auge blicken und eben auch Überlegungen anstellen, die nicht den (eigenen) Idealvorstellungen entsprechen.
    Ich würde gerne auf die angesprochenen Apps oder Geschwindigkeitsanzeigen verzichten. Grüne Welle bei Tempo 25 und gut ist. Aber so lange das nicht umsetzbar (oder mehrheitlich gewollt) ist, gilt es eben auch, mögliche Alternativen zu erwägen, um den Status Quo wenigstens erträglich zu gestalten oder gar zu verbessern.

    /rant

  • Ich stimme Dir ausnahmslos zu.

    Frage: GB ist ja als Gesellschaftsform nicht soooo viel anders, als D (also eine von Lobbyisten gesteuerte "Demokratie"). Was war eigentlich der Antrieb für London, die Citymaut einzuführen? Und warum ginge das nicht auch in Deutschland? ?(

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Der Antrieb war der Wunsch, den MIV zu reduzieren. In Deutschland geht das nicht weil die Autolobby zu stark ist. Und genau die "fehlt" meines Erachtens in UK weil es einfach keine großen Autohersteller mehr gibt.

  • Puh. Ich will ja nicht sagen, dass das alles gar nicht sein kann. Aber geht's nicht eine Nummer kleiner als solche fast schon an Verschwörungstheorien erinnernden Herleitungen? Will mir doch hoffentlich keiner erzählen, dass "die Autolobby" großen Einfluss hätte auf eine Entscheidung einer einzelnen Großstadt über Verkehrsverbote im Innenstadtbereich.

    In London waren alle Straßen permanent verstopft, die Busse standen mit im Stau, die Luft verpestet. Da ging es schlicht nicht mehr anders.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Ich glaube, dass die von Dir gefürchtete "Autolobby" in Wirklichkeit eine "Autofahrerlobby" ist.
    Und sollte z.B. die Großstadt Stuttgart aus nachvollziehbaren Gründen überlegen, ihre Probleme mit einem teilweisen Verbot von Kraftfahrzeugen im Innenstadtbereich anzugehen, "die Politik" viel mehr Angst vor dem schwäbischen Rentner hätte als vor der benachbart angesiedelten Autoindustrie.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Ich glaube, dass die von Dir gefürchtete "Autolobby" in Wirklichkeit eine "Autofahrerlobby" ist.

    Natürlich ist es das. In Deutschland haben Autofahrer aber das anscheinend selbstlose Argument, dass Arbeitsplätze gesichert werden müssen. Und wer will schon dagegen argumentieren und Arbeitsplätze riskieren?
    Ganz nebenbei gibt es sehr gute sachliche Argumente, dass es Deutschland auch ohne Autoindustrie gut gehen würde. Denn die ganzen schlauen Köpfe würden dann halt irgendetwas anderes schlaues machen.
    Das will aber niemand hören. Eben weil man damit der Autofahrerlobby das beliebteste Argument schlechthin nimmt.

  • Ich höre einerseits immer die Schreie nach gefährdeten Arbeitsplätzen und auf der anderen Seiten immer das Gejammer vom Fachkräftemangel. Ich glaube, da müssten sich einige Leute mal miteinander unterhalten.

  • off-topic

    das Gejammer vom Fachkräftemangel

    Das ist eine Mär, die verbreitet wird, um Arbeitskosten zu senken. Es gibt weitgehend ausreichend Fachkräfte, nur halt nicht zum Discount-Tarif.
    Immer, wenn Kapitalismus und Markt tatsächlich mal funktionieren, wie sie sollen, und zur Mehrung des Allgemeinwohls führen, der vielgerühmte Markt also selber über Arbeitsentgeltsteigerung eine Umverteilung von oben nach unten herbeiführt, sind die Neoliberalen prompt dagegen, jammern über Fachkräftemangel, faseln über Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und Zuwanderung. Denen sind die Fachkräfte nur zu teuer, that's it.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Ich stimme Dir ausnahmslos zu.

    Frage: GB ist ja als Gesellschaftsform nicht soooo viel anders, als D (also eine von Lobbyisten gesteuerte "Demokratie"). Was war eigentlich der Antrieb für London, die Citymaut einzuführen? Und warum ginge das nicht auch in Deutschland? ?(

    Um hier nochmal ein Link hineinzuwerfen: Die englischsprachige Wiki ( ) fasst ganz gut zusammen: Zu viel Verkehr - damit es weniger wird müssen wir es unattraktiver machen (Originalbericht hier: ).


    Aber (weil in einem der anderen Fäden auch gerade England als leuchtendes Beispiel für den Radverkehr hingestellt wurde): Das gilt nur für London - und erstmal nur für die Zeit, in denen der gute Boris Bürgermeister war. Wie es dort in Zukunft weitergeht ist offen. In den dortigen Tageszeitungen wird normalerweise Deutschland als leuchtendes Vorbild der Radverkehrs_entwicklung_ gezeigt. Dänemark und die Niederlande gelten als gut, Deutschland als "die machen es gerade ganz furchtbar richtig in der Umstellung". Dabei wird auch immer wieder auf den - für den gemeinen britischen Journalisten wohl unverständlichen - Wunsch hingewiesen, dass wir gerne auf der Straße, statt auf einem sicheren Radweg fahren möchten.

    Beispiele hab ich gerade nur zwei gefunden - und es sind auch noch beides Quellen aus dem selben Magazin: und . Dies gilt aber ebenso für etwa die Sun (das Bild-Äquivalent). Der Guardian ist eine insgesamt recht fahrradfreundliche Publikation.

  • Puh. Ich will ja nicht sagen, dass das alles gar nicht sein kann. Aber geht's nicht eine Nummer kleiner als solche fast schon an Verschwörungstheorien erinnernden Herleitungen? Will mir doch hoffentlich keiner erzählen, dass "die Autolobby" großen Einfluss hätte auf eine Entscheidung einer einzelnen Großstadt über Verkehrsverbote im Innenstadtbereich.

    Nicht die Autolobby [1] alleine, in Hamburg kommen dann die zahlreichen anderen Industrie- und Handels-Lobbys hinzu: Denkt denn keiner an den armen Hafenarbeiter, den kleinen Handwerker der nicht mehr in die Innenstadt kommt um Oma Müller den Abfluss zu reparieren? Und wie soll man ohne Auto von Ottensen aus zum Friseur in der Walddörferstraße kommen?!

    [1]

  • Ich glaube, dass die von Dir gefürchtete "Autolobby" in Wirklichkeit eine "Autofahrerlobby" ist.
    Und sollte z.B. die Großstadt Stuttgart aus nachvollziehbaren Gründen überlegen, ihre Probleme mit einem teilweisen Verbot von Kraftfahrzeugen im Innenstadtbereich anzugehen, "die Politik" viel mehr Angst vor dem schwäbischen Rentner hätte als vor der benachbart angesiedelten Autoindustrie.

    "Autolobby" beinhaltet "Autofahrerlobby". Letztere ist ein Resultat der jahrzehntelangen Verhätschelung der Autobesitzer durch den Staat. Man braucht nur offenen Auges durch eine beliebige deutsche Großstadt laufen und sieht auf einen Blick die unglaubliche Bevorzugung des MIV. Alle anderen Verkehrsteilnehmer werden diskriminiert bis zum Geht-nicht-mehr. Das führte natürlich langfristig zu Überheblichkeit und einem soliden Selbstbewusstsein der Autler.

    An unseren "Strafen" (man vergleiche diese mal mit anderen EU-Ländern!) kann man schon ablesen, dass Autofahrer fast machen können, was sie wollen, ohne wirklich etwas befürchten zu müssen.

    Das Arbeitsplatz-Argument bleibt bewusst an der Oberfläche und soll alles andere totschlagen. Eine Industriesparte, die extrem umwelt- und lebensfeindlich ist, jährlich mit ca. 80 Mrd. Euro zu subventionieren, ist ganz sicher nicht alternativlos! So lange die Politiker allerdings nicht mehr sind, als Marionetten der Konzerne, wird sich von allein nichts ändern... :cursing:

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Dieses Video eines abbiegenden und beschleunigenden Sportfahrzeugs sagt, dass dazu auch weniger als 60 km/h ausreichen. Der Abbiegevorgang beginnt bei etwa Sekunde 45 und endet bei etwa Sekunde 49. Voll beschleunigt hat er nicht. Traktion ist halt in Kurven so eine Sache ...

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    ...stelle nur ich mir hier die Frage, ob die Zeugen dieses Unfalls "korrekt" gehandelt haben? Sich als Unfallzeuge(n) einfach so aus dem Staub zu machen und das dann auch noch als "Beweis" bei YouTube hochzuladen? *Hust*

    --
    [Zeichen 244] sike tu li ilo tawa li pona! [Zeichen 244]

  • Hmm. Andere Länder, andere Sitten etc.

    Dorten soll es ja sogar Menschen geben, die sich nicht zur Polizei trauen, weil sie gefürchten erschossen zu werden etc. Da trau ich mich aus der Ferne immer nicht. Ich versteh ja schon den Hamburger Verkehr nicht.. was soll da erst in Chicago sein :)